Audi RS Q3 gegen Mercedes GLA 45 AMG
Zweimal SUV-Power im Vergleichstest

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Wir haben nachgeschaut: Das Wort „Gelände“ fällt in den Unterlagen zum 360 PS starken Mercedes GLA 45 AMG kein einziges Mal. Wie der Audi RS Q3 mit 310 PS tobt er sich lieber auf Straßen aus und kneift noch nicht einmal vor Rennstrecken.

Audi RS Q3, Mercedes GLA 45 AMG, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Warum einen Kompakten wie die Mercedes A-Klasse erst zum SUV aufpäppeln, um ihn danach als dessen Sportversion wieder tieferzulegen? Warum aufwendig ein Offroad-Fahrwerk entwickeln, um es dann ausgerechnet dem Top-Modell vorzuenthalten? Und warum mit grauen Kunststoffbeplankungen ringsum auf robust machen, um dann lackierte 20-Zoll-Alufelgen aufzuziehen?

Mercedes GLA 45 AMG zerstreut Zweifel in 4,8 Sekunden

Ganz einfach: Weil's total Laune macht. Als fünfter Mercedes-SUV aus dem Affalterbacher Fitness-Studio steht der Mercedes GLA 45 AMG in bester Tradition. Bei keinem Modell ist die AMG-Quote übrigens so hoch wie ausgerechnet bei dem knochigen Kletter-Dino G, von dem weit über 50 Prozent als AMG ausgeliefert werden. Letzte Zweifel an seiner Daseinsberechtigung zerstreut der Mercedes GLA 45 AMG in 4,8 Sekunden – mit einem einzigen Sprint auf Tempo 100.

Gegen seine 360 PS sieht nicht nur die 310 PS starke RS-Variante des Audi Q3 kein Land: Selbst einen Porsche Cayman mit Handschaltung ledert er um 1,1 Sekunden ab. Beim Sprint auf 200 km/h liegt er mit 18,4 Sekunden sogar rund vier Sekunden unter dem schwäbischen Mittelmotor-Flachmann. Mit rund 55.000 Euro spurtet er wie der Audi RS Q3 jedoch auch beim Kaufpreis in die Porsche- Liga. Ein Cayman mit dem 2,7-Liter-Sechszylinder ist für gut 51.000 Euro zu haben.

Anders als bei seinen Kraxel-Brüdern mit G im Namen dient der Allradantrieb beim Mercedes GLA 45 AMG nicht der Verbesserung der Steigfähigkeiten. Vielmehr geht es darum, die Wucht des derzeit stärksten Serienvierzylinders der Welt mit einer Literleistung von 180 PS auf die Straße zu bringen. Sobald die Vorderräder durchdrehen, lotst eine hydraulisch geregelte Lamellenkupplung bis zu 50 Prozent der Kraft zur Hinterachse. Da die Hydraulikpumpe permanent aktiv ist, reagiert sie im Bedarfsfall besonders schnell.

Mächtige 1,8 Bar Ladedruck

Selbst bei Nässe stemmt sich der Mercedes GLA 45 AMG daher ansatzlos aus dem Block, dreht leichtfüßig hoch, grüßt Insassen und Außenwelt bei jeder Schaltunterbrechung per Klappenauspuff mit Fanfarensalven. An das Ansprechverhalten eines Saugers kommt der zwei Liter große Bonsai- AMG allerdings nicht heran. Angesichts rekordverdächtiger 1,8 Bar Ladedruck verkneift sich der Twinscroll-Turbo jedoch allzu langes Luftholen und legt einen extrabreiten Drehmomentteppich aus.

Das ist umso erfreulicher angesichts dessen, dass der Mercedes GLA 45 AMG weit mehr kann als nur Geradeaus. Zum Einlenken lässt er sich nicht lange überreden, biegt motiviert ab und zieht neutral durch. Auf kurvigen Landstraßen gehört er ganz klar zu den Schnellen und macht mit seiner leichtgängigen, aber dennoch feinfühlig ansprechenden Lenkung viel Spaß. Haben wir anfangs noch über die dickwangigen Sportsitze mit ihrer H-Gurt-Durchführung geschmunzelt – spätestens beim Track-Test in Hockenheim wollen wir sie genauso wenig missen wie das mit Wildleder bezogene Lenkrad, die tiefe Sitzposition oder das zackig agierende Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe.

Im manuellen Modus hält es selbst dann den Gang, wenn der Vierzylinder schon im Drehzahlbegrenzer röchelt. Dem Mercedes GLA 45 AMG liegen vor allem die schnellen Kehren auf dem Grand-Prix-Kurs, die er dank niedrigem Schwerpunkt mit wenig Seitenneigung durcheilt, wobei er mit seiner hohen Stabilität Vertrauen beim Fahrer aufbaut. Dieser darf am Kurvenausgang schon früh aufs Gas, ohne dass ihm das ESP dazwischenfunkt.

Fünfzylinder-Gurgeln im Audi RS Q3

Im Motodrom hält der Audi RS Q3 mit dem Sound seines Fünfzylinders locker dagegen. Mit der 1-2-4-5-3-Zündfolge stellen kehlig gurgelnde Reihenturbos seit den 80er-Jahren die Nackenhaare der Audi-Fans auf Empfang. Der mit maximal einem Bar zwangsbeatmete 2,5-Liter wirkt dazu über den gesamten Drehzahlbereich laufruhiger und kommt ebenfalls ohne größeres Turboloch aus.

Zudem hält er auf der Geraden besser mit, als es die Papierwerte vermuten lassen – schließlich fehlen 50 Pferdestärken und 30 Newtonmeter Drehmoment. Von null auf 100 liegt der Audi RS Q3 gerade einmal 0,2 Sekunden hinter dem Mercedes. Der Quattro-Antrieb delegiert bei Bedarf ebenfalls Traktionsarbeit über eine Lamellenkupplung nach hinten. Hastiges Einlenken entspricht jedoch nicht dem Naturell des Audi RS Q3, trotz RS-Logo am Kühlergrill und mächtigen 255er-Schlappen samt Serie-35-Rädern.

Audi RS Q3 geht Kurven gelassener an

Spürbar wankend und über die Vorderräder schiebend, versucht er am zwei Zentner leichteren Benz dranzubleiben. Vergebens, auch weil sich sein ESP nicht komplett abschalten lässt und am Kurvenausgang viel zu lang die Gasannahme verweigert. Mit einer Rundenzeit von 2.10,8 min – ausnahmsweise auf dem GP-Kurs in Hockenheim gemessen – genehmigt sich der Audi exakt drei Sekunden mehr Zeit als der Mercedes GLA 45 AMG.

Besonders deutlich wird der Unterschied in den schnellen Abschnitten: Kurz vor dem Anbremspunkt zur Spitzkehre bescheinigt das Messgerät dem Q3 210 km/h, dem GLA hingegen 223 km/h. Da in Hockenheim noch die Aufräumarbeiten des DTM-Saisonauftakts liefen, war der Kleine Kurs zum Testzeitpunkt belegt. Die sonst obligatorischen Rundenzeiten konnten daher nicht gemessen werden. Vergleiche zu anderen Fahrzeugklassen lassen jedoch die Kurvengeschwindigkeiten im Motodrom zu:

Ein Porsche Cayman nahm die Südkurve beim letzten Test mit 106 km/h, GLA 45 und Q3 hingegen mit 99 bzw. 96 km/h. Die Sachskurve geht in den beiden Kompakt-SUV mit 74, im Porsche mit 80 km/h. Auch ohne die üblichen Rundenzeiten sammelt der Mercedes GLA 45 AMG mehr Punkte. Beispiel Bremse: Mit seinen Vierkolbensätteln und 350-Millimeter-Scheiben vorn steht er bei heißer Bremse aus Tempo 100 in 35,7 Metern – und damit einen Meter früher als der Audi. Und das, obwohl der Audi RS Q3 mit Achtkolbensätteln und 365 Millimeter mächtigen Bremsscheiben antritt.

Audi RS Q3 mit besserem Federungskomfort als der GLA 45 AMG

Mit ihrem harten Druckpunkt lassen sich die Q3-Stopper jedoch bei starker Beanspruchung bestens dosieren. Ihre wellenförmige Außenkontur soll ein halbes Kilo Gewicht pro Rad sparen. Die Gelassenheit des Audi dürfte nicht jeder als Nachteil empfinden. Wer sich für einen SUV entscheidet, will schließlich bequemer einsteigen und höher sitzen. Genau das tut er im Audi RS Q3, der den AMG um zehn Zentimeter Höhe überragt und so für mehr Überblick im Verkehrsgetümmel sorgt. Auch kein Nachteil: dass Audi einen Rest Federungskomfort beibehalten hat.

Während der Mercedes GLA 45 AMG bei kurzen Querrillen trocken auskeilt und selbst auf scheinbar glatten Belägen noch Unebenheiten entdeckt, nimmt der Sport-Q3 Verwerfungen gekonnt die Spitzen und überrascht mit ordentlichem Abrollkomfort. Umso mehr, als er ebenfalls auf 20-Zoll-Rädern zum Test antritt und dem Asphalt 25 Millimeter näher kommt als seine zivilen Brüder. Auf längeren Strecken freuen sich Audi-Mitfahrer über mehr Platz in Reihe eins und zwei, die bequemeren Sitze und das deutlich niedrigere Geräuschniveau. Jenseits von 160 km/h wird es nämlich im Mercedes GLA 45 AMG richtig laut. Darüber hinaus erleichtern größere Türen und die breitere Kofferraumöffnung Zustieg und Beladung des RS gleichermaßen.

Die beim stärksten Q3 aus Balancegründen in den Kofferraum verlegte Batterie kostet allerdings etliche Liter Volumen. Zudem reagiert sein Doppelkupplungsgetriebe nicht immer sofort auf manuelle Befehle. Wer meistens auf D fährt, dürfte sich kaum daran stören. Im Alltag ist der Audi in jedem Fall das praktischere Auto.

Technische Daten
Mercedes GLA 45 AMG AMGAudi RS Q3 2.5 TFSI Quattro
Grundpreis56.168 €54.600 €
Außenmaße4445 x 1804 x 1479 mm4410 x 1841 x 1580 mm
Kofferraumvolumen421 bis 1235 l356 bis 1261 l
Hubraum / Motor1991 cm³ / 4-Zylinder2480 cm³ / 5-Zylinder
Leistung265 kW / 360 PS bei 6000 U/min228 kW / 310 PS bei 5200 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h4,8 s5,0 s
Verbrauch7,5 l/100 km8,8 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten