F-Type, Elise S CR, SLK 350 und Boxster
Vier Roadster im Vergleichstest

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Der Platzhirsch Porsche Boxster muss sich gegen die Konkurrenten Mercedes SLK 350, Jaguar F-Type und Lotus Elise S Club Racer wehren. Welcher Open-Air-Zweisitzer seine Schnauze beim stürmischen Vierkampf vorn hat, verrät unser Vergleichstest.

Jaguar F-Type, Lotus Elise S CR, Mercedes SLK 350, Porsche Boxster, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Zur gleichen Zeit, als April-bis-Oktober-Saisonkennzeichenfahrer angesichts der für März viel zu milden Temperaturen mit juckendem Gasfuß ungeduldig vor ihrer Garage hockten, musste auch bei uns die erste Roadsterausfahrt etwas warten. Porsche sträubte sich zunächst, mit der Basisvariante des Boxster gegen den Lotus Elise S Club Racer anzutreten. Nach vielfachem Drängen gab's dann doch eine Testzusage aus Zuffenhausen, und die große Roadstertour mit Porsche Boxster, Lotus Elise S Club Racer, Jaguar F-Type und Mercedes SLK 350 konnte beginnen.

Unsere Highlights

Jaguar F-Type als Schwergewicht des Vergleichstests

Heute hangeln wir uns von "schwer" nach "leicht" durch – damit ist die Startreihenfolge klar: Jaguar (1.705 Kilo), Mercedes (1.558 Kilo), Porsche (1.422 Kilo), Lotus (932 Kilo). Apropos Gewicht – der Jaguar F-Type wiegt mit 893 Kilogramm allein auf der Vorderachse schon fast so viel wie der gesamte Lotus. Der Jag ist nicht nur das Schwergewicht des Vergleichstests, sondern widerlegt damit auch wohlklingende Sätze aus der Pressemappe, die da lauten: "Der Werkstoff Aluminium sichert auch im neuen Modell eine hohe Steifigkeit und sorgt für eine signifikante Gewichtseinsparung. In seiner Basisausführung startet der der F-Type mit einem Gewicht von knapp unter 1.600 Kilogramm."

Jaguar verspricht genau 1.597 Kilo. Doch angesichts des Mehrgewichts von 108 Kilo wäre folgender PR-Satz ehrlicher gewesen: Auch wenn der Jaguar F-Type kein Leichtgewicht ist, macht er seine Pfunde durch sein Fahrtalent vergessen.

Trotz seines Gewichts rennt der Jaguar F-Type fast leichtfüßig über den Kleinen Kurs in Hockenheim, lenkt präzise ein und glänzt dank seiner fast ausgeglichenen Gewichtsbalance mit neutralem Fahrverhalten. Im Vergleich zur komfortbetonten XK-Baureihe fühlt sich die Lenkung dabei wesentlich direkter um die Mittellage an. Über Schaltwippen am Lenkrad oder den Getriebewählhebel können Gänge des Achtstufen-Automatikgetriebes auch manuell angewählt werden. Der Jaguar F-Type wechselt die Fahrstufen mit schnellen Schaltzeiten, ohne dass das gähnend lang gezogene Automatik-Schaltgefühl vergangener Epochen aufkommt. Außerdem hält der manuelle Modus die Gänge beim Erreichen der Drehzahlgrenze.

Adaptivfahrwerk des F-Type überzeugt im Vergleichstest

Sowohl auf der Landstraße als auch auf der Rennstrecke überzeugt das Adaptivfahrwerk mit seiner knackigen Federung, wobei Komfortfans die straffe Feder- und Dämpferkennlinie auf Querfugen sicherlich bemängeln werden. Egal, uns gefällt's, genauso wie der Guten-Morgen-hier-bin-ich-Gasstoß beim Motorstart. Ob mit oder ohne aktivierte Soundtaste, ähnlich wie der Achtzylinder mit 495 PS und der V6 mit 380 PS kann auch das V6-Basismodell mit 340 PS nie den Flüsterer spielen. Wer die Soundwertung gewinnt, müssen wir nicht lange diskutieren.

Auch wenn der Jaguar F-Type seine Werksangabe (5,3 s) um zwei Zehntelchen verpasst, unterstreicht er seinen subjektiv empfundenen, emotionalen Charakter objektiv mit guten Fahrleistungen. Die Sportbremsanlage mit 354 Millimeter großen Bremsscheiben vorne (hinten: 325 mm) verzögert sowohl bei den schnellen Runden in Hockenheim als auch bei der Standardbremsung aus 100 und 200 km/h mit konstanten Werten. Mit einer Hockenheim- Rundenzeit von 1.15,2 Minuten sortiert sich der 340-PS-V6 brav in der internen F-Type-Hackordnung hinter seinen Brüdern V8 S (1.13,9 min) und V6 mit 380 PS (1.14,7 min) ein.

Mercedes SLK 350 ohne befriedigende Note im Fach Sport

Was würde der Brite bloß für eine Querdynamik-Leistung hervorzaubern, wenn er mit 147 Kilo weniger Speck auf den Rippen antreten würde? Diese Frage können wir leider nicht beantworten. Wir wollen Ihnen dafür aber nicht verschweigen, dass der Mercedes SLK 350 den Gewichtsvorteil von 147 Kilo auf den F-Type in keine befriedigende Note im Fach Sport umsetzen kann. Bildlich gesprochen: Wenn der Mercedes SLK ein Grundschüler wäre, würde er bei der Mannschaftsaufstellung im Sportunterricht wohl oft als Letzter gewählt werden.

Aber Schluss jetzt mit dem Spott. Es macht keinen Sinn, dem Benz-Roadster immer wieder seine Unsportlichkeit vorzuhalten Vielmehr sollte man Respekt vor Mercedes haben, dass sie den aktuellen SLK trotzdem noch zu den sport auto-Vergleichstests schicken. Nicht falsch verstehen: Der Mercedes SLK kann komfortabel federn, komfortabel nackenföhnen und komfortabel Einkaufstüten verstauen – aber der Sport ist eben nicht seine Paradedisziplin.

Seinen Leistungsvorteil gegenüber Porsche Boxster (265 PS) und Lotus Elise S CR (220 PS) kann der SLK 350 mit seinem 306 PS starken, bei höheren Drehzahlen rau laufenden 3,5-Liter-V6-Sauger nicht ausspielen. Die Bremsanlage verzögert nur mit unterdurchschnittlichen Werten, was auch an der groben ABS-Regelung liegt. Trotz Sport-Paket (1.570 Euro Aufpreis) sowie Zehn-Millimeter-Fahrwerks-Tieferlegung und trotz der optionalen Direktlenkung (321 Euro Aufpreis) kann der Benz-Roadster auf dem Kleinen Kurs nicht wirklich überzeugen.

Karosserie rollt verstärkt im Kurvenverlauf

Das Einlenkverhalten wirkt zwar zunächst direkt, fühlt sich aber synthetisch überspitzt an. Trotz des strafferen Sportfahrwerks rollt die Karosserie verstärkt im Kurvenverlauf. Beim Herausbeschleunigen setzt die Regelelektronik mit spürbaren ESP-Eingriffen eine viel zu frühe Fahrspaßgrenze. Das 7G-Tronic-Plus-Automatikgetriebe schaltet auf der Hockenheim-Runde selbst im manuellen M-Modus hoch und runter, wann es will.

Die Befehle des Piloten über die Schaltwippen interessieren den Mercedes SLK 350 im Vergleichstest dabei nicht sonderlich. Den zwiepältigen Fahreindruck im Grenzbereich vollendet dann die Bremsanlage, die bereits nach vier Runden auf dem Kleinen Kurs mit länger werdendem Bremspedal deutliche Ermüdungserscheinungen zeigt.

Unser Tipp: Wenn Sie einen sportlichen Mercedes SLK suchen, halten Sie nach einem gut gepflegten Exemplar des Vorgängermodells (R171) Ausschau. Das belastet die Geldbörse weniger und ist darüber hinaus noch 1,6 Sekunden schneller in Hockenheim unterwegs als der aktuelle Mercedes SLK 350, der in Hockenheim 1.18,8 Minuten benötigt.

Im Porsche Boxster nervt das Klappern

Wir steigen im Vergleichstest aus dem SLK in den Porsche Boxster um. Wer diesen Schritt vollzieht, dem kommt im Alltag auf Querfugen und Bodenwellen sofort ein klapperndes Geräusch von der Beifahrerseite entgegen. Während sich das komfortable Mercedes-Cockpit mit derartigen Erscheinungen komplett zurückhält, wird der Porsche Boxster-Pilot, sofern er alleine unterwegs ist, mit nervigen Klapperattacken von der Beifahrerseite bedrängt. Der Grund: Die Gurtschnalle des Sicherheitsgurts schlägt immer wieder zwischen der Verkleidung des Seitenairbags im Sitz und der Karosserie-Innenverkleidung an.

Klack, klack, klack – Abhilfe schafft entweder, den Beifahrergurt auch ohne Beifahrer anzulegen, da der Gurt sonst immer wieder über die Sitzseitenwange rutscht, oder den Porsche Boxster nur mit einer charmanten Copilotin zu bewegen. Mercedes und Jaguar umgehen diese Klappergeräusche übrigens durch eine simple Schlaufe am Sitz als Gurtführung, Porsche nicht...

So, das musste einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden, bevor wieder irgendwelche Verschwörungstheoretiker in den Forenniederungen eine Verbandelung von sport auto mit dem VAG-Konzern im Allgemeinen oder mit Porsche im Speziellen wittern – vor allem angesichts der nächsten Lobeszeilen.

Boxerkapelle geigt ab 4.500/min so richtig auf

Auch wenn der 2,7-Liter-Sechszylinder mit 265 PS im unteren Drehzahlbereich zunächst etwas leblos wirkt und die Boxerkapelle erst ab 4.500/min so richtig aufgeigt, hat der Porsche Boxster aus fahrdynamischer Sicht einen Perfektionsgrad erreicht, der nun wirklich kaum noch zu überbieten ist.

Neben der leichtgängigen, aber sehr direkten elektromechanischen Servolenkung glänzt der Porsche Boxster im Vergleichstest mit dem Torque-Vectoring-System PTV, welches in Verbindung mit einer mechanischen Hinterachsquersperre (Aufpreis 1.309 Euro) auch bei abgeschaltetem ESP durch feinfühlig regelnde, kaum spürbare Bremseingriffe die Lenkpräzision sowie die Traktion unter Last verbessert.

Der Vergleich ist so abgegriffen wie ein altes Ledersofa, aber kann kaum zutreffender sein: Der Porsche Boxster umrundet den Kleinen Kurs in 1.14,9 Minuten wie auf Schienen. Er reagiert dabei leicht auf Lastwechsel, doch sein Fahrverhalten bleibt jedoch weitestgehend neutral. Wie beim Standardbremstest aus 100 und 200 km/h verzögert der Porsche auch auf der Rennstrecke mit den besten Werten.

Dabei bleibt die Vierkolben-Serienbremsanlage ohne Schwächeanfälle und arbeitet immer auf einem konstantem Niveau. Dank des herausragenden Gesamtpakets lässt der Porsche Boxster sich sehr einfach am Limit bewegen. Alle schnellen Runden auf der Rennstrecke ähneln sich, die Unterschiede liegen in wenigen Tausendstelsekunden.

Doch will man das wirklich? Präzision macht zwar konstant schnell, doch eine fahrerische Herausforderung sieht anders aus. Ihnen ist der Porsche Boxster zu glatt, Sie pfeifen auf seine bestechenden Alltagsmanieren? Dann gibt Ihnen nur noch der Lotus Elise S Club Racer den richtigen Kick.

Lotus Elise S Club Racer hungert

Rein in die harten Glasfaser-Schalensitze ohne nennenswerte Polsterung. Aufgewacht, die Karosserie knistert und knackt fröhlich vor sich hin, während die Gischt erfrischend fein ins Gesicht sprüht. Seit Langem haben wir mal wieder einen Elise-Testwagen erwischt, bei dem trotz geschlossener Stoffmütze zwischen Dachkante und Verdeck bei Autobahntempo locker die flache Hand Platz findet. Über die nicht ganz passend verarbeitete Dichtung regen sich hier nur Spießer auf.

Club Racer steht bei Lotus für die Leichtbaumodelle unter den Fliegengewichten. Unter anderem durch den Verzicht auf Geräuschdämmung, Teppiche, Airbags, Zentralverriegelung und den Einsatz leichterer Schmiederäder sowie einer leichteren Batterie hungerte sich die Elise im Vergleich zum normalen, ebenfalls unter 1.000 Kilogramm schweren S-Modell nochmals 24,66 Kilogramm von den Rippen. Das ist in etwa so, wie wenn Kate Moss eine Fastenkur durchzieht.
Die aktuelle Ellie basiert immer noch auf dem seit April 2010 gebauten Facelift der Mk2-Generation.

Seit 2012 ist der Nachfolger der ehemaligen Elise SC unter dem Namen S auf dem Markt. Statt des 1,8-Liter-Kompressor-Vierzylinders mit 220 PS arbeitet in der S nun ein ebenfalls von Toyota stammender 1,6-Liter-Vierzylinder mit Kompressor-Aufladung und erneut 220 PS. Dank des um 38 auf 250 Nm angestiegenen und nun ab 4.600 statt 5.000 Touren anliegenden Drehmoments kann das S-Modell mit besseren Elastizitätswerten punkten als der letzte SC-Testwagen (sport auto 5/2008). Auch wenn das per se eher hakelige Lotus-Getriebe in diesem Fall so gut wie noch nie durch die Gassen flutscht, verpasst die Elise die Werksangabe von null auf Tempo 100 um 0,6 Sekunden. Kein Beinbruch angesichts des vollen Tanks und zwei Personen Besatzung bei der Standardmessung.

Hohes Niveau beim Bremsen

Die Bremswerte der Elise S CR bewegen sich auf dem hohen Niveau des Boxster. Auch auf dem Kleinen Kurs von Hockenheim zieht Porsche dem Lotus nur sehr angestrengt davon, obwohl die Elise im Fahrverhalten das komplette Gegenteil darstellt. Kurven beginnen mit leichtem Einlenkuntersteuern. Über den gezielten Einsatz von Lastwechsel kann das Lenkverhalten verbessert und die Elise perfekt ausgerichtet werden. Unter Last schmiert der Zweisitzer leicht mit dem Heck. Das Fahrwerk könnte deutlich härter sein. Karosseriebewegungen kann die Elise nicht verheimlichen.

Der Druckpunkt des Bremspedals ist manchmal etwas undefiniert und hart. Auf Bodenwellen funktioniert die ABS-Regelung bei zu späten Bremspunkten nicht perfekt. Und die Lenkung? Superdirekt, superstößig, aber supergeil! In Zeiten von elektromechanischen Servolenkungen ist hier endlich mal wieder Muskelkater vorprogrammiert. Lotus verzichtet traditionell in der Elise auf eine Servounterstützung. Die schnelle Hockenheim-Runde ist geprägt von ständigen Lenkkorrekturen. Anders als der Boxster verzeiht die Elise Fahrfehler nicht ganz so einfach. ESP off heißt bei ihr noch wirklich "alles aus". Hier regelt nix im Unterbewusstsein.

Fahrspaß pur mit dem Elise S Club Racer

Mit einer Rundenzeit von 1.15,6 Minuten umrundet die Club-Racer-Elise S den Kleinen Kurs 0,9 Sekunden schneller als die gleich starke Elise SC (siehe sport auto 5/2008). Wichtiger als die Rundenzeit: Jede Runde ist ein Unikum. Oder kurz: Fahrspaß pur!

Selten hat ein Lotus einen Porsche im sport auto-Test mehr unter Druck gesetzt als in diesem Vergleich. Hätte der Boxster in Hockenheim nicht die 1.15,0-Minuten-Marke geknackt, wäre die Elise S CR mit einem Punkt Vorsprung als Sieger aus dem Vierkampf hervorgegangen. Doch für Lotus-Fans gilt die alte Fußballer-Weisheit: Manchmal kann sich auch ein Unentschieden wie ein Sieg anfühlen.

Technische Daten
Mercedes SLK 350 BlueEFFICIENCY Jaguar F-Type Cabrio Porsche Boxster Lotus Elise Club Racer S
Grundpreis53.223 €74.500 €52.069 €48.250 €
Außenmaße4134 x 1810 x 1301 mm4470 x 1923 x 1308 mm4374 x 1801 x 1282 mm3824 x 1719 x 1117 mm
Kofferraumvolumen225 l196 l280 l112 l
Hubraum / Motor3498 cm³ / 6-Zylinder2995 cm³ / 6-Zylinder2706 cm³ / 6-Zylinder1798 cm³ / 4-Zylinder
Leistung225 kW / 306 PS bei 6500 U/min250 kW / 340 PS bei 6500 U/min195 kW / 265 PS bei 6700 U/min162 kW / 220 PS bei 6800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h260 km/h262 km/h234 km/h
0-100 km/h5,9 s5,5 s5,9 s5,2 s
Verbrauch7,2 l/100 km8,4 l/100 km7,7 l/100 km7,5 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten