KL Racing-VW Golf R gegen Wolf-Ford Focus RS
1.047 PS messen sich im Vergleichstest

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Sie stehen auf Après-Ski in Österreich? Wir haben mit Wolf-Ford Focus RS und KL Racing VW-Golf R eine launige 1047-PS-Party in Obertauern gefeiert. Anschließend ging’s natürlich zurück ins sport auto-Wohnzimmer nach Hockenheim.

KL Racing-VW Golf R, Wolf-Ford Focus RS, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Der Turbo-Beat klingt nach Comeback: Zischeln, pfeifen, röcheln, dazu staubt immer wieder Schnee auf, während der Focus am Limit über das winterliche Geläuf carvt. Hier formiert sich nicht etwa das Ford-Rallye-Werksteam neu, um gegen die Weltmeistertruppe von VW zu kämpfen. Wir lassen mit dem Wolf-Ford Focus RS von Wolf Racing und dem VW Golf R von KL Racing zwei Allradmonster mit insgesamt 1.047 PS gegeneinander kämpfen.

Unsere Highlights

Showdown im Joy of Drive Ice Park Obertauern. Dahinter verbirgt sich kein Après-Ski-Stadel in den österreichischen Alpen, sondern ein 22 Hektar großes Test- und Trainingsgelände zwischen Obertauern und Mauterndorf mit präparierter Handling- und Dynamikpiste auf Schnee und Eis. Der ursprünglich nur mit Frontantrieb gebaute Focus RS fordert in der Wolf-Version mit nachgerüstetem Allradantrieb den KL Racing-VW Golf R mit Serien-Allradantrieb heraus.

Wolf-Ford Focus RS mit Kuga 4x4-Einheit

Den Wolf-Ford Focus RS im Biene-Maja-Look treibt die 4x4-Einheit des Kompakt-SUV Kuga an, allerdings nicht mit elektronisch geregelter Kraftverteilung. „Wir haben einen starren Durchtrieb verbaut. 63 Prozent der Kraft wird nach vorne verteilt, 37 Prozent an die Hinterachse. Für eine 50:50-Kraftverteilung hätte man die gesamte Bodengruppe ändern müssen. Das wäre zu teuer geworden“, erklärt Walter Wolf, Chef von Wolf Racing aus dem schwäbischen Neuenstein.

Auch so waren neben der Nachrüstung eines Verteiler- und Hinterachsgetriebes sowie einer Kardanwelle und der Antriebswellen hinten weitere umfangreiche Modifikationen, wie beispielsweise der Umbau von einem Einzeltank auf einen zweigeteilten Kraftstofftank, nötig. Kurzer Gewichtsvergleich: Statt 1.485 Kilo mit Frontantrieb wiegt der Allrad-RS nun 1.550 Kilo.

Erster Gang, auf dem Wolf-Schaltknauf flammt jetzt in Rot eine digitale Eins auf. Mehr als die beleuchtete Schaltanzeige im Wörthersee-Essen-Motorshow-Stil gefällt uns die frenetische Fünfzylinderfanfare des von 305 auf 512 PS gepushten 2,5-Liters.

Zusammen 1.047 PS auf Eis und Schnee

Technikcheck des getunten RS-Motors im Stakkato: optimiertes Motormanagement, modifizierter Turbolader, andere Einspritzdüsen, geänderte Benzinpumpe, größerer Ladeluftkühler, spezieller Ölkühler, Drei-Zoll-Abgasanlage mit 200-Zellen-Kat. Der mit Nokian-Winterreifen WR A3 besohlte Wolf-Ford Focus RS stürmt als Erster auf den 1,1-Kilometer-Handlingkurs. Trotz Allrad ist das Fahrverhalten des RS auf dem rutschigen Belag weiter über die Vorderachse definiert.

Anders als im 2010 eingestellten Serienmodell bemüht sich hier keine Quaife-Sperre, sondern ein Drexler-Lamellensperrdifferenzial um Traktion. Doch trotz dieser traktionsfördernden Sonderausstattung drehen die Räder an der Vorderachse bei zu ambitioniertem Lasteinsatz gerne wild durch. Das wäre alles kein Problem, wenn die Hinterachse produktiver mitarbeiten würde. Vor allem beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven fehlt die Unterstützung der Hinterachse, und der Focus schiebt über die Vorderachse. Anpendeln und der Einsatz der Handbremse tragen teilweise zur Linderung bei, kosten jedoch auch wertvolle Zeit. Nach 1.19,2 Minuten endet der Winterausflug, und der Wolf-Ford Focus RS tobt an der 2-D-Lichtschranke vorbei ins Ziel.

KL Racing-VW Golf R mit 535 PS

Auf geht’s, nun rückt der KL Racing-VW Golf R aus Meerbusch bei Düsseldorf aus. Jeden DSG-Schaltvorgang unter Volllast quittiert die F-Town-Abgasanlage mit einem infernalischen Auspuffknallen sowie kleinen blauen Flammen, die aus dem mittigen Doppelendrohr schlagen. Auch der einst 270 PS starke Zweiliter-TSI des rasenden Bunsenbrenners ist nicht mehr wiederzuerkennen.

Der EA113-Vierzylinder lässt es jetzt mit 535 PS im KL Racing-VW Golf R krachen. Der Motorenumbau wurde von BTS Racing im schwäbischen Althütte realisiert. Neben verstärkten Innereien (Kurbelwelle, Lager, Pleuel, Kolben, Zylinderkopf) geht der TSI mit Garrett-Turbolader, anderem Krümmer, größeren Einspritzdüsen und voluminöserem Ladeluftkühler auf die Jagd.

Der mit Michelin-Winterreifen (Pilot Alpin PA4) bereifte Golf R krallt sich im Vergleichstest wesentlich effektiver ins winterliche Geläuf und punktet mit besserer Traktion. Über eine Haldexkupplung wird die Kraft zwischen Vorder- und Hinterachse variabel verteilt. Dadurch umrundet der KL Racing-VW Golf R den Handlingparcours deutlich neutraler als der Wolf-Ford Focus RS.

ABS reagiert harmonischer im Wolf-Ford Focus RS

Enge Kurvenradien meistert der Golf dadurch mit höheren Tempi. Zu motivierte Quersteher unterbindet das nicht vollständig deaktivierte ESP mit spürbaren Regeleingriffen. Apropos Regelung: Die ABS-Eingriffe verlaufen im Wolf-Ford Focus RS auf Schnee und Eis harmonischer als im Golf. So behält der Fünfzylinder-RS zumindest in puncto Verzögerung, am Bremspunkt nach dem schnellsten Streckenabschnitt, die Nase vor dem Vierzylinder-R. Mit 1.15,8 Minuten gewinnt der KL Racing-VW Golf R den Eis- und Schneetest jedoch deutlich.

Servus Winter, servus Obertauern: Die nächsten Stationen der Allrad-Tournee heißen Lahr und Hockenheim. Auf der Testpiste im württembergischen Lahr ermitteln wir Beschleunigungswerte. Der nun mit Dunlop Sport Maxx Race besohlte KL Racing-VW Golf R rollt als Erster auf den Dragstrip. Dank DSG mit Launch Control springt er ohne spürbaren Schlupf aus den Startblöcken, stürmt in 4,0 Sekunden auf Tempo 100 und durchbricht nach 13,6 Sekunden die 200-km/h-Marke.

Respekt, ein Serienmodell benötigt für die Prüfung 6,1 respektive 24,1 Sekunden. Trotzdem drückt einen das Ladedruckmonster (max. 2,1 bar) nicht bis zur Atemnot in die Serien-Recaro-Sitze mit perfektem Seitenhalt.

Vor allem bei der Elastizitätsmessung zeigt sich, dass der KL Racing-VW Golf R es im Drehzahlkeller ruhiger angehen lässt. Die Musik spielt hier erst ab 4.000 Touren, dann aber mit der Sanftheit einer Heavy-Metal-Band. Mit einer GPS-gemessenen Höchstgeschwindigkeit von 301 km/h rockt der böse Golf mit einem ruhigen Geradeauslauf nächtliche Autobahnen. Von den vorzüglichen Alltagsmanieren des Tuningmodells wäre sicherlich auch VW-Chef Winterkorn überrascht. Hier scheppert nix!

Wolf-Ford Focus RS bremst aus 100 km/h besser

Das kann man von dem nun mit Pirelli-P-Zero-Trofeo-R-Schlappen bereiften Wolf-Ford Focus RS nicht sagen. Die Radkastenverkleidung schleift beim starken Anbremsen an den Vorderrädern. Das hindert den Focus mit einer größeren Bremsanlage vorne (Vierkolbensättel von Brembo, 365er- statt 336er-Scheiben) nicht, einen Bremswert von 34,9 Metern aus 100 km/h hinzulegen (Serien-RS: 37,8 m).

Dagegen hat der KL Racing-VW Golf R mit 36,1 Metern keine Chance, obwohl seine Bremsanlage vorne mit Audi R8-Sätteln und TT-RS Bremsscheiben sowie hinten mit Bremsscheiben aus dem VW Phaeton aufgerüstet ist. Dass die Allrad-Idee des Focus nicht mit einem modernen 4x4-Antrieb vergleichbar ist, zeigen auch die Beschleunigungsversuche.
Schon ab einer Anfahrdrehzahl von 2.200/min kapitulieren die Vorderräder mit zu viel Schlupf. Trotzdem unterbietet der getunte RS das Serienauto beim Sprint bis 200 km/h um 7,5 s. Durch den früher anliegenden PS-Punch fühlen sich Beschleunigung und Durchzug faszinierender an als im KL Racing-VW Golf R.

Und wer krönt sich zum Hockenheim-König? Dem Viertürer von KL Racing wird auf der Rennstrecke seine konservative Abstimmung des KW-Clubsportfahrwerks an der Hinterachse zum Verhängnis (Sturz vorne: – 2°50’, Spur vorne: 0°14’, Sturz hinten: – 2°19’, Spur hinten: 0°05’). Mit einer Rundenzeit von 1.13,0 Minuten wedelt er zwar 4,4 Sekunden schneller um den Kurs als die Serienversion, doch sein Rennstreckenauftritt wird von starkem Untersteuern geprägt.

Wolf-Ford Focus RS für Freunde des Heckschwenks

Da hilft auch die Dunlop-Sport-Maxx-Race-Bereifung mit sehr gutem Gripniveau nicht mehr. Auch bei vermeintlich deaktiviertem ESP bremsen Regeleingriffe im Grenzbereich. So kann der KL Racing-VW Golf R auch nicht über provozierte Lastwechselreaktionen aus dem Untersteuern gezwungen werden.

Wer agile Heckschwenks liebt, freundet sich sofort mit dem Wolf-Ford Focus RS an. Schon die auf unserem Supertestprüfstand ermittelten Fahrwerkswerte seines H&R-Gewindefahrwerks versprechen, mit einer weit offenen Spur hinten, ein „loses“ Focus-Heck (Sturz vorne: – 2°16’, Spur vorne: 0°16’, Sturz hinten: – 1°02’, Spur hinten: – 0°47’). So heiter geht es dann auch im RS ums Eck.

Schon beim Anbremsen steht der Focus leicht quer. So kann er entweder über die Bremse oder mit einem Lenkimpuls durch bewusstes Anstellen schon für den nachfolgenden Kurvenverlauf ausgerichtet werden. Insgesamt lenkt der Focus direkter als der KL Racing-VW Golf R ein. Dabei fällt jedoch die um die Mittellage spürbar verhärtende Lenkung auf.

Verbesserungspotenzial offenbart auch die Traktion unter Last. Trotz Drexler-Sperre versetzt der Wolf-Ford Focus RS beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven mit durchdrehenden Vorderrädern fast um eine Wagenbreite. Die angetriebene Hinterachse hält sich auch hier für einen Allradler etwas zu viel zurück. Doch wir jammern mal wieder auf allerhöchstem Querdynamikniveau: Mit 1.12,8 Minuten unterbietet der Wolf-Ford Focus RS die Rundenzeit der Serienversion um fünf Sekunden und des Sondermodells RS500 um drei Sekunden.

Ice Park Obertauern

Der Ice Park Obertauern liegt auf 1.200 Meter Höhe und ist eines der größten Winterfahrtrainingsgelände Mitteleuropas. Auf 22 Hektar Gesamtfläche finden sich sechs Fahrtrainingspisten sowie eine Kartbahn und ein Offroad-Gelände. Auf drei großen Handlingkursen bietet der Betreiber, das Joy-of-Drive-Team, Fahrtrainings auf Eis und Schnee mit dem eigenen Auto oder mit gestellten Fahrzeugen an. Weitere Infos unter www.joyofdrive.com.

Technische Daten
KL-Racing VW Golf R RWolf Focus RS
Grundpreis68.000 €
Außenmaße4276 x 1790 x 1436 mm4402 x 1842 x 1497 mm
Kofferraumvolumen343 bis 1233 l385 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder2521 cm³ / 5-Zylinder
Leistung393 kW / 535 PS bei 6800 U/min376 kW / 512 PS bei 6400 U/min
Höchstgeschwindigkeit309 km/h288 km/h
0-100 km/h4,0 s5,2 s
Verbrauch7,1 l/100 km9,4 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten