MTM-Audi S3 gegen Heico-Volvo V40 T5 HPC
Zwei Punks auf Erfolgskurs

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Ein Audi S3 und ein Volvo V40 T5 entfernen sich bereits im Serienzustand maximal weit vom öden Kompaktklasse-Einerlei. Wenn die Tuner MTM und Heico mit den beiden fertig sind und ihnen bis zu 360 PS entlockt haben, fehlt nicht mehr viel bis zur totalen Anarchie.

MTM-Audi S3, Heico-Volvo V40 T5 HPC, Kurvenfahrt
Foto: Rossen Gargolov

Zu Beginn der Neunziger war definitiv nicht alles Zuckerwatte. Wer beispielsweise als Wintersportler etwas auf sich hielt oder von mangelndem Können ablenken wollte, blendete mit einer Funktionsjacke von Elho in Neongelb oder Neongrün sein Publikum. Eben jenes Grün kehrt nun zurück, umhüllt als matte Folie den Heico-Volvo V40 T5 HPC - und besitzt zugleich Symbolcharakter, ein bisschen zumindest.

Unter der Haube zog neben den kräftig aufgemöbelten Fünfzylinder ein kleiner Zusatztank ein, der mit einem Gemisch aus Wasser und Bio-Ethanol gefüllt wird. Erst damit erreicht der 2,5-Liter-Motor des Heico-Volvo V40 T5 HPC die Höchstleistung von 350 PS, erst dann entwickelt er sein maximales Drehmoment von 510 Newtonmeter.

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MTM-Audi S3 stärker dank Zusatzsteuergerät

Und der MTM-Audi S3? Er tritt ohne die übliche Kriegsbemalung in Weiß-Orange-Schwarz an, mit der Firmenchef Roland Mayer seine Kreationen gerne mal in Szene setzt. Brillantrot leuchtet der S3 dagegen, was auch ziemlich egal ist, denn schließlich kommt es darauf an, was drinsteckt. Das Zweiliter-TFSI-Aggregat entwickelt nun dank eines 1.899 Euro teuren Zusatzsteuergerätes 360 statt 300 PS und ein maximales Drehmoment von 450 statt 380 Nm.

Zugegeben, MTM musste diesmal keine allzu kniffelige Aufgabe lösen, denn der MTM-Audi S3 hat im Vergleich zum Heico-Volvo V40 T5 HPC die deutlich dynamischere, aufwendiger entwickelte Basis - wenngleich der Audi im Vergleichstest gegen den BMW M135i xDrive nicht zur Gänze überzeugen konnte.

Heico absolvierte dagegen beinahe schon einen Ironman, um den V40 auf Krawall zu bürsten: Geänderter Turbolader, modifizierte Ladeluftkühlung, überarbeitete Ansaugung, komplett neue Abgasanlage mit Klappensteuerung und besagte Zusatzeinspritzung - im hessischen Weiterstadt glühen noch heute die Werkzeuge. Als Basis dient übrigens die Cross Country-Variante des V40, da derzeit nur sie mit Allradantrieb angeboten wird. Vom hochbeinigen Offroad-Gehabe ist jedoch nichts mehr zu sehen, also bitte Platz nehmen. Und endlich, ja endlich, bietet ein Volvo eine tiefe, sportliche Sitzposition. Ganz nebenbei packen die Recaro-Schalensitze richtig zu, ohne den Ein- und Ausstieg unnötig zu erschweren.

Heico-Volvo V40 T5 HPC lehrt Turbo-Klang

Jetzt noch schnell das frisch bezogene Lenkrad zu sich heranziehen, die ungünstig hoch positionierten Schaltpaddel ignorieren, Motor starten und den knuffigen Wählhebel in D rücken. Und dann ist mal wieder Schluss mit Zuckerwatte. Das Fünfzylinder-Triebwerk des Heico-Volvo V40 T5 HPC retourniert Gaspedalbefehle bissiger und entschlossener als einst John McEnroe die Aufschläge seiner Gegner, presst fauchend, pfeifend und grollend erhebliche Mengen Luft, Superplus, Wasser und Alkohol in seine Brennräume - und schleudert den Schweden in 5,7 Sekunden von null auf 100 km/h.

Ein bisschen klingt das alles so, als habe der Heico-Volvo V40 T5 HPC ein paar Nächte zu lang neben einem Audi Quattro S1 geparkt. Sollte jedenfalls irgendwo der ultimative Turbo-Klang gelehrt werden, hier rollt die Referenz heran.

Dass der über 1,6 Tonnen schwere Heico-Volvo V40 T5 HPC nicht noch flotter beschleunigt, liegt zum einen am erst spät abrufbaren maximalen Drehmoment (bei 3.500/min) und zum anderen am wirklich gruseligen Automatikgetriebe, mit dem Volvo den Fünfzylinder zwangsverheiratet. Das Zahnrad-gewordene Sechsstufen-Phlegma ist es auch, das einer besseren Rundenzeit auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim im Weg steht.

Selbst wenn es dem Fahrer gelingt, bereits 500/min vor der eigentlichen Schaltdrehzahl den Gang zu wechseln, vergeht zu viel Zeit, bis der Kraftschluss wieder steht. Das ist umso bedauerlicher, weil die Fahrwerksabstimmung in jeder Kurve die Mühe der Heico-Techniker erkennen lässt.

Allradantrieb zur Bändigung der Motorkraft

Trotz nach wie vor frontlastiger Gewichtsverteilung lenkt der Heico-Volvo V40 T5 HPC flockig ein - wobei die Rückmeldung der Lenkung markentypisch eher mau ausfällt - und folgt unter Zug mild untersteuernd der Ideallinie. Spektakuläre Lastwechsel? Nicht vorgesehen. Stattdessen kultiviert Heico die sichere Umsetzung der ungeheuren Kraft des Motors, wozu der Allradantrieb mit seiner Lamellenkupplung nach dem Haldex-Prinzip (ähnlich wie beim Audi) erheblich beiträgt.

Was auf der Rennstrecke im Verborgenen bleibt, ist ein ziemlich rüdes, besser gesagt rudimentäres Ansprechen des Fahrwerks auf Querfugen. Auf der Autobahn fällt dies hingegen schmerzlich auf, erst recht, weil lange Bodenwellen ziemlich geschickt ausgebügelt werden. Der MTM-Audi S3 macht dagegen weder das eine noch das andere. Das Clubsport-Gewindefahrwerk des S3 mimt stets den harten Hund, was auf langen Strecken schon mal erst aufs Kreuz, dann auf die Stimmung drückt - doch das bleibt bekanntlich bei sport auto in der Punktewertung unberücksichtigt.

Die Vorstellung auf dem Rundkurs dagegen umso mehr, wo der MTM-Audi mit seiner Abstimmung geradezu brilliert. Befreit von jeglicher Stromlinienförmigkeit der Großserie bolzt der MTM-Audi S3 mit gut zu parierenden Ausfallschritten über die Strecke, ruht dabei in sich, lässt kaum Aufbaubewegungen zu.

Ungeachtet der Leistungssteigerung passen die Anschlüsse des manuellen Sechsganggetriebes perfekt, der kühle Alu-Schalthebel saust schnell und geschmeidig durch die Gassen. Allzu viele Eingriffe erfordert der Antrieb ja ohnehin nicht, weil bereits bei 1.800/min das maximale Drehmoment die Belastbarkeit sämtlicher Antriebs- und Gelenkwellen auslotet.

MTM-Audi S3 verbindet Fahrer und Asphalt

Tatsächlich vermittelt das Zweiliter-Aggregat hinsichtlich der Leistungsentfaltung und der Akustik eher den Eindruck eines hubraumstarken Saugmotors. Zunächst voluminös bassend, ab 4.000 Umdrehungen daher eher posaunend schraubt sich der Direkteinspritzer (1,5 statt 1,2 bar Ladedruck) durch das Drehzahlband, ermöglicht dem MTM-Audi S3 so eine Zeit von 4,9 Sekunden beim Standardsprint - eine halbe Sekunde schneller als das zuletzt gemessene Serienmodell.

Doch vor allem das quirlige Kurvenverhalten berauscht, macht süchtig und wirft überdies die Frage auf, was der nächste RS3 noch besser können soll? Okay, vielleicht bietet er mehr Komfort als der MTM-Audi S3 - aber dieses Fahrverhalten! Da kommt auch der sehr dynamische Heico-Volvo V40 T5 HPC nicht mit, was vermutlich eben weniger an Heico, sondern eher an Volvo liegt. Stichwort Lenkung: Die Audi-Konstruktion vermittelt jenes Maß an Präzision und Rückmeldung, das dem V40 fehlt und gibt dem Fahrer so das Gefühl, optimal mit seinem Fahrzeug verdrahtet zu sein.

Gleiches gilt für die Bremsanlage von Brembo, die im Verbund mit dem 19-Zoll-Radsatz tapfere Verzögerungswerte frei von drastischen Ermüdungserscheinungen ermöglicht. In dieser Disziplin erlaubt sich auch der giftgrüne Heico-Volvo V40 T5 HPC keine Schwäche, bevor er fauchend wie eine Jahresproduktion Schweißbrenner entschwindet. Irgendwo im dunstigen Horizont liegt auch das Preisniveau der beiden Kompakt-Kracher - was einmal mehr beweist, dass gutes Tuning nicht für 500 Euro bei ebay zu ersteigern ist. Und eine Elho-Jacke gab es schon Anfang der neunziger Jahre nicht zum Zuckerwatte-Preis.

Technische Daten
MTM S3 Heico Sportiv V40 T5 HPC
Grundpreis61.707 €73.645 €
Außenmaße4254 x 1777 x 1370 mm4370 x 1783 x 1458 mm
Kofferraumvolumen340 bis 1180 l335 bis 1032 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder2497 cm³ / 5-Zylinder
Leistung264 kW / 360 PS bei 5500 U/min257 kW / 350 PS bei 5400 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h265 km/h
0-100 km/h4,9 s5,7 s
Verbrauch12,5 l/100 km16,5 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

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