Sommerreifen-Test 2012
9 Reifen (Größe 235/35 R19) im Vergleich

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Sie sind Versicherung und Vorsorge, Lebensretter und Spaßbringer zugleich, sollen auf heißem Asphalt ebenso haften wie auf kühler, nasser Piste. Welcher der ausgewählten neun Sommerreifen in der Größe 235/35 R19 diesen Pflichten am besten nachkommt, zeigt unser Reifentest auf einem VW Golf GTI.

Reifenstapel, Testauto
Foto: Reinhard Schmid

Da feilscht man nun um jedes Gramm, und dann das. Reduziert die ungefederten Massen nach Kräften beziehungsweise finanziellen Mitteln, investiert zum Beispiel in geschmiedete, möglichst leichte Aluminiumräder – und dann macht der Reifen alle Mühen zunichte. Oder führt sie zumindest ad absurdum. Zwischen dem leichtesten (Continental, 9,5 kg) und dem schwersten Reifen im Sommerreifentest der Dimension 235/35 R19, dem Dunlop, liegen nämlich tatsächlich über zwei Kilogramm Differenz. Auch der Bridgestone gehört eher zu den Schwergewichten im Vergleichstest, während sich Hankook, Pirelli und Toyo ebenfalls unter die Zehn-Kilo-Marke kasteien.

Sicher fahren im Sommer

Zwei Kilo unterschied bei Reifen im Format 235/35 R19

Nun könnte man zumindest vorschnell zu dem Schluss kommen: viel hilft viel. Also viel Gummimaterial für viele schnelle Runden. Dem ist aber nicht so. Weder der schwerste noch der leichteste der in der Dimension 235/35-19 getesteten Sommerreifen tut sich bei den 15 am Stück absolvierten Runden hervor. Es ist der neue Hankook S1 evo2, der sich auch nach der extrem harten Beanspruchung am tapfersten hält. Lediglich eine knappe Sekunde Zeitdifferenz liegt zwischen der ersten und der letzten heißen Runde. Das direkte Einlenkverhalten und das tendenziell nur leicht untersteuernde Fahrverhalten bleiben konstant.

Auf die Reifenmischung kommt es an

Die meisten Federn bei der Dauerbelastung im Sommerreifentest 235/35 R19 lässt der Nokian Z G2. Und das liegt teilweise wohl auch darin begründet, dass der Finne mit der weichsten Gummimischung zum Vergleich antritt. Beim schnellen Trockenhandling hilft ihm das jedoch relativ wenig. Ganz im Gegenteil: Mit dem Nokian-Sommerreifen bestückt folgt der VW Golf GTI den Lenkbefehlen vergleichsweise träge und unpräzise. Sportlich ist anders. Zudem steht ein ausgeprägter Hang zum Untersteuern besseren Rundenzeiten im Weg.

Wer die Frage nach der allerbesten Rundenzeit im Sommerreifentest mit 235/35 R19er auf trockener Piste stellt, findet die Antwort beim Michelin Pilot Super Sport. Der Franzose wird seinem Namen absolut gerecht. Mit ihm bestückt hängt der VW Golf GTI an der Lenkung wie Kaiser Franz am FC Bayern. Auch mehrere Runden am Stück steckt der Michelin Pilot Super Sport locker weg. Erst ab der zehnten schnellen Runde flacht sein hohes fahrdynamisches Niveau ab, die Rundenzeiten steigen um eine knappe Sekunde an. Trotz seiner nicht ganz optimalen Bremsperformance kann sich der Michelin eine Krone aufs Profil heften.

Was die Anforderungen bei den Trockenkriterien betrifft, die zudem höher gewichtet werden als die Nässeperformance, schneidet er am besten ab. Dabei behilft sich der Michelin Pilot Super Sport als Einziger im hochkarätigen Sommerreifentest-Feld der Ultra-High-Performance-Reifen im Format 235/35 R19 einer ausgeklügelten Technik. Während alle anderen Pneus im Feld eine einheitliche Gummimischung auf der Lauffläche tragen, ist die Härte des Michelin-Profils zwischen außen, Mitte und innen unterschiedlich, wie die Shorehärte-Messungen zeigen.

Zaubern kann der Sommerreifen Michelin Pilot Super Sport deswegen aber nicht. Denn die Kehrseite der Trockenmedaille ist die, dass der Michelin auf nasser Fahrbahn den Rest des 235/35 R19 Test-Feldes geschlossen und mit deutlichem Abstand ziehen lassen muss. Seine Topleistungen bei Trockenheit erfordern Eingeständnisse bei Nässe – und das sowohl beim Bremsen als auch bei der Aquaplaningprüfung. Beim Fahrverhalten schlägt das Pendel ebenfalls in die andere Richtung: Dem weiterhin spitzen Einlenken folgt ein im Grenzbereich verhältnismäßig loses Heck. Auf Lastwechsel reagiert der VW Golf GTI nun ziemlich allergisch.

Testergebnisse müssen individuell bewertet werden

Das Prädikat „Sehr empfehlenswert“ sichert sich der Michelin Pilot Super Sport im Sommerreifentest der Dimension 235/35 R19 dennoch, womit wir bei der tiefgründigen Interpretation der Testergebnisse sind. Über alle Kriterien hinweg, mit den dabei von uns aufgestellten Gewichtungen und der daraus resultierenden Bepunktung, ergibt sich zwar ein Endergebnis und eine darauf basierende Bewertung. Dennoch sollte sich jeder Nutzer die Mühe machen, die Messergebnisse im Detail zu betrachten und für seine Ansprüche zu adaptieren.

Worauf liegt der persönliche Fokus? Welche Kriterien soll der Sommerreifen primär und bestmöglich erfüllen können? Liegen die Präferenzen bei guten, möglichst ausgeglichenen Leistungen sowohl bei Nässe als auch bei Trockenheit? Dann sind im Format 235/35 R19 beispielsweise der Continental und der Dunlop zu empfehlen, unter denen der SP Sport Maxx GT den noch etwas direkteren, sportlicheren Eindruck hinterlässt. Dafür ist der SportContact 5P in der Lage, höhere Gripreserven zu bieten, was sich zumindest in der Rundenzeit bei Nässe positiv auswirkt.

Als Nässespezialisten unter den Sommerreifentest der Größe 235/35 R19 überhaupt entpuppen sich allen voran der Goodyear sowie der mit einem vergleichbar ausgeglichenen Fahrverhalten und einer Top-Traktion aufwartende Toyo. Der im Grenzbereich leicht untersteuernde Nokian reiht sich hier ebenso in die Spitzengruppe ein.

Auch der Pirelli P Zero gehört bei den Nässetests zum Spitzentrio. Und obwohl der Italiener schon einige Jahre auf dem Buckel hat, kann er mit den neuesten Konstruktionen immer noch mithalten. Er ist im Laufe der Jahre weiter gereift und belegt mit insgesamt 230 Punkten am Ende sogar Rang eins. Der Reifen kommt mit den Sommerreifentest-Anforderungen bei Nässe ebenso gut zurecht wie mit den harten Strapazen bei trockener Strecke. Wenngleich ihm zumindest die 15 schnellen Runden am Stück letztlich doch etwas zusetzen. Weniger beim Anstieg der Rundenzeit als beim subjektiven Empfinden. Nach dem zehnten Umlauf verliert der P Zero der Größe 235/35 R19 seine ursprünglich überzeugende Lenkpräzision, tendiert mehr zum Untersteuern, zeigt auch leichte Ansätze zu Lastwechselreaktionen. Doch grundsätzlich beherrscht der P Zero das sportliche Fach par excellence, gehört allerdings auch zu den teureren UHP-Reifen im Vergleich.

Preisunterschied bei Sommerreifen der Größe 235/35 R19

Um noch eine weitere mögliche Entscheidungshilfe mit ins Spiel zu bringen: Der kostspieligste Reifen im Sommerreifentest der Dimension 235/35 R19 Y, so hat der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk für sport auto ermittelt, ist der Michelin Pilot Super Sport. Im Vergleich zum vermeintlich günstigsten, dem Toyo, ergibt sich eine Differenz von fast 300 Euro pro Satz.

Pirelli P Zero
Feinfühlig und verbindlich in der Lenkung, sehr agil und dennoch auch im Grenzbereich ausgesprochen neutral – so gibt sich der Pirelli P Zero sowohl auf nasser als auch auf trockener Fahrbahn. Hinzu kommen noch ausgezeichnete Bremswerte – und der Sieg nach Punkten ist perfekt. Dass der P Zero dann in den Kriterien Aquaplaning und Dauerbelastung etwas schwächelt, fällt angesichts der restlichen Topleistungen nicht mehr groß ins Gewicht.

Goodyear Eagle F1 Asym.2
Auf Nässe ist der Goodyear Eagle F1 Asymmetric2 eine Macht. Bei nahezu allen Kriterien sichert er sich volle Punktzahl. Er bietet ein hohes Gripniveau und ein exzellentes Fahrverhalten. Bei Trockenheit kann er zwar nicht mit der besten Rundenzeit glänzen, aber dafür mit einem neutralen Verhalten im Grenzbereich. Einschränkungen gibt es nur bei der Dauerbelastung und beim Ansprechen aus der Mittellage der Lenkung zu vermelden.

Hankook Ventus S1 evo2
15 schnelle Runden hintereinander jucken den neuen Hankook Ventus S1 evo2 am wenigsten. Er behält sein gutes Einlenkverhalten bei, hält im Grenzbereich nur sachte Lastwechselreaktionen parat. Somit gehört der Hankook bei Trockenheit zu den Besten im Feld. Bei Nässe fällt er etwas ab, weil er im Grenzbereich relativ stark zum Untersteuern neigt, was sich letztlich auch in der Rundenzeit bemerkbar macht. Die Verzögerungswerte sind auf sehr hohem Niveau, auch die Aquaplaningeigenschaften sind prima.

Michelin Pilot Super Sport
Dass sich der Michelin Pilot Super Sport auf Rang vier einreihen muss, liegt an der mäßigen Leistung auf Nässe. Das Fahrverhalten ist geprägt von hektischen Lastwechselreaktionen, die Aquaplaningleistung ist nicht zufriedenstellend. Bei Trockenheit trumpft der Michelin aber mit einem höchst präzisen Einlenkverhalten auf. Im Grenzbereich gibt sich der VW Golf GTI sehr neutral. Bei der Rundenzeit im Trockenen setzt der Franzose die Benchmark. Auch die Dauerbelastung steckt der Pilot Super Sport locker weg.

Dunlop Sport Maxx GT
Was die sicherheitsrelevanten Kriterien wie Bremsen oder auch Aquaplaning betrifft, so hat der Dunlop Sport Maxx GT zu den Besten im Feld aufgeschlossen. Die Sportlichsten muss er jedoch ziehen lassen. Zwar lenkt der Sport Maxx präzise ein, jedoch giert der VW Golf GTI dann bei Nässe um die Hochachse. Bei Trockenheit gehört der Dunlop nicht zu den Schnellsten, brilliert aber mit einem ausgewogenen, neutralen Fahrverhalten. Bei Dauerbelastung fällt die Rundenzeit nur leicht ab.

Toyo Proxes T1 Sport
Bei Nässe kann der Toyo Proxes T1 Sport mit höchstem Gripniveau sowie einer beeindruckenden Traktion glänzen. Im acht Millimeter tiefen Aquaplaningbecken schwimmt er erst spät auf, was ihm zu Rang zwei auf nasser Fahrbahn verhilft. Bei Trockenheit fehlt ihm jedoch etwas der Biss, um ganz vorn zu landen. Vor allem bei den Bremstests verliert der Proxes T1 Sport wertvolle Punkte. Die Verzögerungswerte sind sowohl bei Nässe als auch bei Trockenheit auf eher mäßigem Niveau.

Continental SportContact 5P
Auch der SportContact 5P verfolgt die typische Continental-Linie: Bremsen geht vor. Somit verzögert der 5P auf Nässe wie auf Trockenheit exzellent. Überhaupt versucht er den Spagat zwischen den beiden Elementen am besten zu meistern, was ihm etwas Sportlichkeit raubt. Mit dem SportContact gibt sich der VW Golf GTI brav und sicher, tendenziell untersteuernd. Die Lenkung spricht aus der Mittellage allerdings mit etwas Verzögerung an. Hinsichtlich der Aquaplaningleistung spielt der SportContact ganz vorne mit.

Bridgestone Potenza S 001
Der Bridgestone Potenza S 001 zeigt keine eklatanten Schwächen, jedoch auch keine überragenden Stärken. Nur in der Aquaplaningwertung ist er top, ansonsten bewegt er sich im Mittelfeld. Sein Lenkverhalten ist ausreichend präzise, das Fahrverhalten sicher, tendenziell untersteuernd. Bei Nässe gibt der Potenza wenig Feedback, auch um die Traktion ist es nicht gerade bestens bestellt. Bei der Dauerbelastung lässt das an sich präzise Fahrverhalten von Runde zu Runde nach.

Nokian Z G2
Gute Aquaplaningeigenschaften, ein neutrales Fahrverhalten und ein hohes Gripniveau bei Nässe zeichnen den Nokian Z G2 aus. Die Kriterien bei trockener Fahrbahn kann er jedoch nicht so gut erfu¨llen. Hier fehlt es an Lenkpräzision und auch an Grip, was die Rundenzeit verdeutlicht. Bei den 15 aufeinanderfolgenden schnellen Runden bleibt die ermittelte Zeit relativ konstant, das Fahrverhalten verwässert sich jedoch zusehends.

So wird beim Sommerreifentest der Größe 235/35 R19 bewertet

Der Reifen mit dem besten Wert pro Kriterium bekommt jeweils die volle Punktzahl. Bei der Lenkpräzision zählen die Direktheit und das Ansprechverhalten aus der Mittellage, beim Fahrverhalten eine möglichst hohe Neutralität im Grenzbereich.

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Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten