Reifen in 225/40 R18 und 255/35 R18 im Vergleich
Zehn 18-Zoll-Sommerreifen im Test

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Auch wenn es abgedroschen klingt: Der Reifen ist die einzige Verbindung mit der Straße. Gut, wenn man vier davon hat, die das individuelle Anforderungsprofil erfüllen. Was von den jeweiligen Produkten zu erwarten ist, zeigt ein Test von zehn hochkarätigen Probanden im 18-Zoll-Format.

Sommerreifentest
Foto: Reinhard Schmid

Allein schon die Entscheidungsfindung zur Entscheidungshilfe ist eine komplexe Prozedur. Welche Reifengröße soll es sein? Auf welchem Fahrzeug wird getestet? Mischbereifung oder doch rundum die gleiche Dimension? Seriengröße oder besser eine Nachrüstoption? Welche Produkte sind neu oder kommen neu auf den Markt? Zumindest die letzte Frage hat sich bei der sisyphushaften Vorplanung zum diesjährigen Sommerreifentest nicht gestellt. Tatsächlich nichts Neues auf dem Markt der sportlichen High Performance-Produkte? Zumindest nicht auf den ersten Blick, denn auch innerhalb einer Produktlinie wird stetig gefeilt und weiterentwickelt. 

Sicher fahren im Sommer

Im vorliegenden Sommerreifentest müssen sich die aktuellen Entwicklungsstände auf einem BMW 135i Coupé beweisen. Ein adäquates Sportcoupé, das nicht nur aufgrund der an der Hinterachse zupackenden 306 PS den Testobjekten alles abverlangt. Dank der komplett abschaltbaren Stabilitätskontrolle sind die Reifen im Grenzbereich absolut auf sich allein gestellt. Das schwarze Gold soll unbefangen zeigen, was es auf dem Kasten oder, besser ausgedrückt: im Profil, hat.

Reifen der Dimension 225/40 R18 vorne und hinten in 255/35 R18

Auf dem Prüfstein diesmal ein gängiges 18-Zoll-Format als Nachrüstkombination – an der Vorderachse in der Größe 225/40, hinten in 255/35 und beides jeweils auf 8,5 x 18 Zoll großen Leichtmetallrädern montiert. Serienmäßig wird der BMW 135i auf etwas schmaleren Füßen angeboten. Dann allerdings mit Runflat-Reifen. Also mit in den Seitenwänden verstärkten Pneus, die auch dann noch zu bewegen sind, wenn ihnen die Luft ausgeht.

Und genau ein solch geartetes Exemplar mischt sich ebenfalls unter das sonst herkömmlich aufgebaute Testvolk: der Bridgestone Potenza RE050 A. Laut Aussage des japanischen Herstellers ist der Potenza in dieser Konfiguration schon länger im Programm, trägt ein Sternchen als Hinweis der BMWSpezifikation und dennoch bestens gerüstet, um sich mit den übrigen neun Konkurrenten zu messen, die da wären: Continental Sport Contact 3, Dunlop Sport Maxx GT, Goodyear Eagle F1, Hankook Ventus S1 Evo, Kumho Ecsta KU19, Michelin Pilot Sport, Pirelli P Zero, Toyo Proxes T1-R und Vredestein Ultrac Sessanta.

Allerdings gibt schon der Testauftakt einen ersten Hinweis darauf, dass der Bridgestone zwar Notlaufeigenschaften zu bieten hat, auf Nässe jedoch dann schnell in Not gerät. Kurz gesagt: Auf dem bewässerten Parcours schwächelt der Potenza. Nur 59 von 100 möglichen Punkten kann er in den Nässedisziplinen ergattern. Der Kumho tut es ihm gleich und hilft im asiatischen Schulterschluss, die rote Laterne zu tragen. Wenngleich der Potenza die Aquaplaningprüfung noch passabel hinter sich bringen kann. Im sieben Millimeter tiefen Wasserbecken schwimmt er erst bei einer Geschwindigkeit von 85,5 km/h auf.

Der Continental holt sich 94 von 100 Punkten

Es gibt noch eine Handvoll deutlich schlechtere Aspiranten – auch unter den namhaften Typen in diesem Vergleich. Aber spätestens in der Bremsdisziplin aus Tempo 100 zeigt der Japaner dann Schwächen. Der BMW benötigt über sechs Meter mehr Bremsweg als mit dem in dieser Prüfung bestplazierten, dem Continental. Da ist es wohl auch nur als ein schwacher Trost zu werten, dass sich der Dunlop und auch der Toyo mit dem Bridgestone auf ein Niveau begeben. Ganz zu schweigen vom Kumho KU19, mit dessen Hilfe das 135i Coupé sogar erst nach 49,6 Metern zum Stehen kommt – fast acht Meter mehr als die Spitze. Und diese markiert auf dem nassen Terrain klar und eindeutig der Continental Sport Contact 3. Mit 94 von 100 möglichen Punkten verweist er den Hankook (89) und den Goodyear (86) auf die Plätze.

Neben dem höchsten Gripniveau kann der Conti auch durch ein sehr ausgewogenes Fahrverhalten glänzen. Nur in Bezug auf die Lenkagilität und das Feedback in der Lenkung gibt es andere Meister: den Goodyear, den Pirelli oder auch den Bridgestone. Letzterer fordert auf dem 1.850 Meter langen Handlingparcours den Fahrer ordentlich heraus. Schlagartig reißt das per se schon niedrige Gripniveau der Hinterachse ab. Die vermeintlich schnellen Runden gestalten sich eckig und unharmonisch, sind gezeichnet von latenten Rettungsaktionen am Lenkrad. Auch der Dunlop verlangt nach einem wachen und aktiven Künstler am Volant.

Mit dem Kumho bestückt zeigt sich der BMW eher als beschaulicher Untersteuerer, mit dem Vredestein als beherrschbarer Übersteuerer. Gleiches gilt auch für den Goodyear. Der Toyo gibt sich ausgewogener mit leichten Traktionsschwächen. Während der 135i mit dem Michelin ausgerüstet sachte über die Vorderachse schiebt und Lastwechsel nur zahm vorträgt. Geschmeidig und fahrdynamische Freude spendend präsentieren sich schließlich der Hankook und auch der Pirelli. Letzterer, nach den Nasskriterien noch auf Rang vier der Hitliste, setzt bei den Trockenkriterien zum Sturmlauf auf die Spitze an. Und, um keine unnötige Spannung aufzubauen, erobert diese auch in einer beeindruckenden Manier. 150 Punkte sind bei den Trockenkriterien zu vergeben. 149 davon sammelt der P Zero auf seinem Konto. Ein Traumergebnis, das die eine oder andere bei Nässe zugezogene kleine Scharte eindrucksvoll ausmerzt.

Pirelli, Michelin und Hankook sind bei Trockenheit top

Ob subjektiv oder objektiv betrachtet – der Pirelli ist ein Garant für Fahrspaß. Der Schulterschluss mit dem Grenzbereich wird durch ein sanft einsetzendes Schieben über alle Viere dokumentiert. Die Lenkung arbeitet brillant, die Verzögerung liegt auf höchstem Niveau. Die 1.900 Meter lange Handlingstrecke umrundet der Pirelli-besohlte BMW 135i mit einer Zeit von 1.04,6 Minuten am schnellsten. 

Tatsächlich sind in der Paradedisziplin die zeitlichen Unterschiede innerhalb der Spitzengruppe marginal. Der Dunlop Sport Maxx GT und der Michelin Pilot Sport, aus fahrdynamischer Sicht beide auf einer Augenhöhe, sind dem Pirelli nur mit wenigen Zehntelsekunden Rückstand auf den Fersen. Der Hankook und der Goodyear spielen auch nicht weit von der Spitze entfernt. Obgleich es sich mit dem Eagle F1 weniger präzise ans Werk gehen lässt. Er kann das exakte Lenkgefühl eines Michelin oder Hankook nicht bieten. Und mit der auch in schnellen Kurven überzeugenden Stabilität eines Dunlop hält der Goodyear ebenfalls nicht ganz mit. So gibt es mit dem Pirelli, dem Michelin und dem Hankook ein bei Trockenheit überzeugendes Dreigestirn.

Fahrdynamisch ist der Dunlop zweifelsfrei mit von der Partie. Aber am Ende lässt er aufgrund der schwächeren Verzögerungsleistung wertvolle Punkte liegen. Ganz im Gegenteil zum Continental. Aus 100 km/h bremst der BMW mit dem Sport Contact 3 ausgerüstet am besten. Zunächst scheint sich der Conti durch eine relativ weiche Gummimischung Vorteile zu erkaufen. Aber die Ermittlung der Shore-Härte zeigt, dass der Sport Contact im üblichen Mittel liegt. Es scheint wohl an seinem Mischungsaufbau zu liegen, wie sich nach den Strapazen des Handlingkurses offenbart. Während der Rest des Feldes die drei schnellen Runden nahezu schadlos über sich ergehen lässt, baut der Sport Contact von Runde zu Runde spürbarer ab. Nach der Zeitenhatz zeigt sich auch das Profilbild gestresster als das der Mitbewerber. Abstriche sind zudem bei der Lenkpräzision sowie bei der Stabilität in schnellen Kurven zu verzeichnen. Noch weiter abgeschlagen verlassen der Kumho, der Vredestein und der Toyo den Handlingkurs. Allen Dreien mangelt es gegenüber dem Rest des Feldes an einer wünschenswert exakten Rückmeldung in der Lenkung, was schließlich auch die Agilität schmälert.

Unterm Strich zieht sich der Kumho noch am sportlichsten, weil im Grenzbereich am neutralsten, aus der Affäre. Der Vredestein setzt die Lenkbefehle in diesem Trio zwar am besten um. Andererseits sind Lastwechselreaktionen an der Tagesordnung. Während der Toyo Proxes T1-R träge wirkt und sich dem Untersteuern hingibt. Und der Bridgestone? Der, wie eingangs erwähnt, einzige Runflat-Reifen in diesem Vergleich zeigt nun, dass er primär für den Einsatz bei Trockenheit konfiguriert ist. Die Performance ist deutlich besser als bei Nässe. Wäre da nicht die mäßige Verzögerungsleistung, der Potenza RE050 A wäre ganz vorn mit dabei. Zumindest was die fahrdynamisch relevanten Punkte betrifft positioniert sich der Bridgestone unter den Besten. Die Vorderachse reagiert feinfühlig. Das Heck bleibt verlässlich stabil, der BMW glänzt also mit Neutralität. Dass das auch in Zukunft bei Nässe so sein wird, soll eine Mischungs- und Produktionsumstellung gewährleisten. Stillstand bedeutet eben Rückschritt. Und um das bestmöglich zu belegen, wäre die Entscheidung bezüglich Reifendimension und Fahrzeug für den nächsten Sommerreifentest quasi schon getroffen.

Sommerreifentest 2009 Ergebnis
Reifensport auto Bewertung
Continental SportContact3Sehr empfehlenswert
Pirelli P ZeroSehr empfehlenswert
Hankook S1 EvoSehr empfehlenswert
Michelin Pilot SportSehr empfehlenswert
Goodyear Eagle F1Empfehlenswert
Dunlop Sport Maxx GTEmpfehlenswert
Vredestein Ultrac SessantraEmpfehlenswert
Bridgestone RFT Potenza RE050 AEmpfehlenswert
Toyo Proxes T1-RBedingt empfehlenswert
Kumho Ecsta KU19Bedingt empfehlenswert


Fazit:

Es ist das hervorragende Ergebnis in den Nässe-Disziplinen, das den Continental mit an die Spitze hievt. Allerdings scheint diese Leistung einem soften Aufbau geschuldet, wodurch die Lenkpräzision leidet. In schnellen Kurven fehlt Stabilität.


Fazit:

Mit nur einem Punkt verfehlt der Pirelli die Maximalpunktzahl in der Trocken-Wertung. Präzise, neutral, verlässlich meistert der P Zero die Handlingstrecke. Lediglich bei den Kriterien Aquaplaning und Bremsen bei Nässe lässt der Paradesportler Punkte.


Fazit:

Die Koreaner kommen, und das ist im Fall des Hankook keine Überraschung. Der S1 Evo spielt bei Trockenheit in der Spitzenliga, nur in schnellen Kurven mangelt es ihm etwas an Stabilität. Die Aquaplaningleistung ist eher durchschnittlich.


Fazit:

Auf trockener Strecke gehört der Michelin nach wie vor zur Spitze. Der Pilot Sport arbeitet präzise, neutral und auch in schnellen Kurven äußerst stabil. Bei Nässe sieht die Welt etwas anders aus – primär untersteuernd mit zahmen Lastwechseln.


Fazit:

Von allem etwas – der Goodyear präsentiert sich als ausgewogener Allrounder ohne große Schwächen – bis auf die Aquaplaningleistung. Lenkpräzision und Fahrverhalten sind gut, allerdings zeigen sich auf Nässe plötzliche Lastwechselreaktionen.


Fazit:

Mit der zweitschnellsten Rundenzeit im Feld zeigt der Dunlop, dass er bei Trockenheit zur Spitze gehört. Lediglich bei der Lenkpräzision und der Verzögerung muss er Federn lassen. Das  Gesamtergebnis verhageln die objektiven Nasskriterien.


Fazit:

Das Beste am Ultrac Sessanta ist wohl die Vorderachsbereifung, die mit hohem Gripniveau bei Nässe glänzt, was die Bremsperformance bestätigt. Ansonsten prägen starke Lastwechselreaktionen – auch bei Trockenheit – das Bild.


Fazit:

Die einzige Runflat-Konstruktion im Feld kann bezüglich der sehr guten Fahrdynamik bei Trockenheit mit der Konkurrenz mithalten. Bei Nässe herrscht jedoch ein eklatanter Gripmangel mit schlagartigen Ausbruchsversuchen des Hecks.


Fazit:

Als Trockenspezialist kann der Toyo Proxes nicht unbedingt bezeichnet werden. Ihm fehlt es an Lenkpräzision, zudem neigt er stark zum Untersteuern. Dafür verzögert er gut. Bei Nässe fällt die Traktion mäßig aus, jedoch ist der T1-R frei von Tücken.


Fazit:

Vor allem das nasse Geläufe wird für den Kumho zur Stolperfalle. Das Gripniveau ist niedrig, was sich auch bei den Bremswerten niederschlägt. Zudem neigt der KU19 zu Lastwechselreaktionen. Bei Trockenheit ist das Fahrverhalten sicherer.

So wird bewertet:

Der Reifen mit dem besten Wert pro Kriterium bekommt jeweils die volle Punktzahl. Bei der Lenkpräzision zählen die Direktheit und das Ansprechverhalten aus der Mittellage, beim Fahrverhalten eine möglichst hohe Neutralität im Grenzbereich.

Fazit:

Man sollte genau hinsehen, was einem der Reifenhändler anpreist. Auch innerhalb eines Produkts gibt es Unterschiede. So zeigt die Seitenwand eines Reifens zum Beispiel das Produktionsdatum – vermeintlich alte, abgehangene Ware entspricht nicht dem neuesten Entwicklungsstand.
Ein Sternchen, wie beim Bridgestone, deutet auf eine BMW-Spezifikation hin, die mehr auf Trockenhandling ausgerichtet ist. Während die sogenannte MO-Kennung des getesteten P Zero auch die Anforderungen von Mercedes erfüllt. Für den Käufer bindend sind solche Fabrikatshinweise jedoch nicht.

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Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten