Toyota GT86 CS-V3 und GT86 TRD
Rennwagen gegen werksgetunten Straßenfeger

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Ein loses Heck allein macht noch keinen Sportwagen – Toyota GT86-Fahrer wissen das. Daher zeigt die werksgetunte Variante TRD, welches Potenzial in dem Hecktriebler steckt. Und spaßeshalber fährt noch der Cup-Renner mit ins Bild – einfach, weil wir Lust darauf hatten.

Toyota GT86 CS-V3, Toyota GT86 TRD, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Der Zufall ließ die Angebotsseite eines Toyota-Händlers im Browser aufpoppen, der Grund des virtuellen Besuchs dort war eigentlich ein markenfremder. Aber knapp 23.000 Euro für einen Toyota GT86 in der üblichen Vollausstattung – hm. Gebraucht? Ach was. Null Kilometer, Tageszulassung. Zugegeben, unser Verhältnis zum Japan-Sportler ist speziell, vor allem aufgrund des trägen Zweiliter-Boxermotors.

Toyota GT86 TRD und CS-V3 in Hockenheim

Aber für rund 25 Prozent unter Neupreis? Schließlich lässt sich die gesparte Kohle in die Optimierung des Sportwagens investieren, zumal Toyota selbst unter dem TRD-Label (Toyota Racing Development) ein recht umfangreiches Programm bereithält – und die Presseabteilung passenderweise einen entsprechend aufgerüschten Testwagen.

Und weil sich die GT86-Idee noch auf die Spitze treiben lässt, rollt noch die nüchtern Toyota GT86 CS-V3 getaufte Cup-Variante mit nach Hockenheim. So lässt sich bei ein paar schnellen Runden verifizieren, was der Toyota zu leisten vermag, ohne gleich für Unsummen den Motor aufzuplustern.

Wobei – wirklich günstig kommt den Toyota-Fan das Zubehör selbst dann nicht, wenn er sich den Optik-Schnickschnack schenkt und sich auf die wesentlichen Technik-Komponenten konzentriert. Und das wären? Ein komplett neues, einstellbares Fahrwerk, dazu neue Stabilisatoren und Fahrwerksbuchsen sowie eine Domstrebe. Darüber hinaus rollt der Toyota GT86 TRD nun mit Michelin Pilot Super Sport im Format 225/40-18 auf OZ-Ultraleggera-Felgen – und wie er rollt!

Toyota GT86 TRD saugt den Fahrer auf

Dass der Toyota GT86 seinen Fahrer regelrecht in sich aufsaugt, ihm direkt das kleine Lenkrad und den kurzen Schalthebel in die Hand drückt, ja, das ist bekannt. Dennoch sei an dieser Stelle erneut die Idee gepriesen, ein solches Auto einfach um den Fahrer herum zu entwickeln.

Da hockst du nun dicht über dem Asphalt, der filigrane Sportsitz stützt besser, als es die dürre Optik vermuten lässt, die rechte Hand schnippt den ersten Gang rein. Natürlich rollt der Toyota GT86 TRD herber ab als die Serienversion mit den lächerlichen Energiesparreifen, aber das passt schon, denn die Modifikationen ließen noch einen passablen Rest Federungskomfort übrig. Na ja, und wieder passiert eher wenig, wenn der Vierzylinder gefordert wird.

Mit mäßiger Begeisterung arbeitet er sich durch das breite Drehzahlband, wirkt so, als seien seine Brennräume mit Kartoffelbrei gefüllt – und genau so klingt das mit 12,5 : 1 verdichtete Triebwerk des Toyota GT86 TRD auch. Selbst die, nun ja, selbstbewusste Vierrohr-Auspuffanlage ändert daran nichts. Und dann, ja dann passiert etwas geradezu Unmögliches, was bei einem Toyota schon wieder eine Doppeldeutigkeit birgt ("Nichts ist unmöglich"): Nach der ersten Runde auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim ist es wurscht. Nicht völlig, aber nahezu.

Toyota GT86 TRD lenkt wunderbar agil ein

Denn die Fahrwerksmodifikationen schärfen den Charakter des Toyota GT86 auf wunderbare Weise. Ob sie ihm das Übersteuern rauben? Nein, nur dessen originäre Hemmungslosigkeit, die nun eine höchst Scoville-trächtige Schärfe ersetzt. Ohne nennenswerte Seitenneigung tobt der Toyota GT86 TRD durch jede Kurve des Rundkurses, lenkt wunderbar agil ein, folgt neutral der vorgegebenen Linie.

Die Basis wedelt hier bereits hemmungslos mit dem Heck, nachdem sie das Einlenk-Untersteuern überwunden hat. Durch die überschaubare Leistung und das weniger überschaubare Gripniveau geht jetzt viel voll, und die erhöhte Steifigkeit hilft, den Toyota GT86 TRD optimal am Kurveneingang zu platzieren.

Darüber hinaus lässt sich prima mit der Differenzialsperre an der Hinterachse arbeiten, denn beim Herausbeschleunigen drückt der Toyota GT86 TRD bestens kontrollierbar mit dem Heck, lässt sich so hervorragend für den nächsten Einlenkpunkt in Position bringen. Herrlich, wie die Zubehörkomponenten noch mehr Sportsgeist aus dem Toyota-Blech holen, wie spielerisch und wenig risikoreich sich der Toyota GT86 TRD über den Rundkurs scheuchen lässt. Die in nahezu allen Passagen höheren Querbeschleunigungswerte gegenüber der Basis gießen dem Fahrerlebnis ein solides Fundament.

Effektive, aber teure Bremse für den Toyota GT86 TRD

Und auch die Optionsbremse (VA: Sechskolben- Festsattel, 355-mm-Scheiben; HA: Vierkolben, 345-mm-Scheiben) funktioniert bestens, steigert die Verzögerungswerte signifikant, leistet sich selbst nach mehreren Runden keine Schwäche. Apropos "sich leisten" und "Schwäche": Sie kostet 9.950 Euro ohne Einbau. Jedenfalls ermöglicht das Fahrwerkspaket eine Rundenzeit von 1.18,1 Minuten, also 1,4 Sekunden schneller als der letzte Serien-GT86 (und der war bereits mit Bridgestone Potenza RE 050 aufgerüstet).

Den großartigen Fahrspaß spiegeln diese Ziffern allerdings nur ungenügend – zumindest solange der Cup-Toyota noch auf dem Transporter parkt. Genug gefaulenzt, das gegenüber dem Toyota GT86 TRD um 49 Kilogramm leichtere Wettbewerbsfahrzeug läuft lautstark und blechern pröttelnd warm. Die übliche asiatische Ausstattungsdekadenz findet hier ihr jähes Ende – es sei denn, nacktes Blech zählt zur Ausstattung.

Um sich im martialischen Schalensitz des Toyota GT86 CS-V3 wohlzufühlen, darf der Fahrer gerne die im Motorsport üblichen Kleidergrößen sprengen, Platz gibt es reichlich, eine optimale Sitzposition findet sich ebenfalls. Also raus auf die Strecke, die 17-Zoll-Pirelli-Slicks verlangen nach Temperatur. Ohne dabei auch nur ansatzweise das Drehzahllimit von 7.450 Umdrehungen zu erreichen, scheint es, als säße man im Inneren einer Waschtrommel im Schleudergang – akustisch zumindest.

Toyota GT86 CS-V3 wirkt befreiter

Fröhlich trompetend wedelt der Toyota GT86 CS-V3 über den Asphalt, das Bilstein/Eibach-Fahrwerk erstickt jegliche Wank- und Rollbewegungen im Keim, Reifentemperatur und damit Tempo sowie Vertrauen steigen allmählich. Die Technik von Motor bis hin zur Getriebeübersetzung entspricht weitgehend der Serie, einzig ein spezieller Abgaskrümmer für einen fülligeren Drehmomentverlauf steht zur Wahl – und die Hinterachsübersetzung: 3,7 oder 4,1 (mit Sperre)? Was für eine Frage!

Jetzt tobt der Vierzylinder bis in den Begrenzer, schreit, dass sich die Spargelstangen auf den umliegenden Feldern biegen, wirkt durch den neuen Auspuff etwas befreiter – aber nur etwas. Unmittelbar folgt der Toyota GT 86 CS-V3 jedem Lenkbefehl, stur der vorgegebenen Linie, die Traktion sowohl an der Vorder- als auch der Hinterachse ermöglicht g-Werte, für die das Serienmodell erst einen Volljährigkeitsnachweis bringen muss.

Irre, wie ungefiltert, direkt und mitteilsam der Toyota arbeitet. Aber bitte nicht reizen, denn wenn die Haftgrenze erreicht ist, sollten die Reflexe nicht daheim im Nachtkastl liegen. Gutmütigkeit ist was für Serienautos. Auch wenn die Cup-Reiter bei ihren Wertungsläufen im Rahmen der VLN (Infos unter www.toyotamotorsport.com) nicht zu den Schnellsten zählen – sie fühlen sich sicher so.

45.815 Euro für das einsatzfertige Fahrzeug

Auf dem Kleinen Kurs zeigt er mit einer Zeit von 1.13,8 Minuten, was selbst dann möglich ist, wenn Lärmschutzbestimmungen nicht in jedem Streckenabschnitt Vollgas erlauben, und keine Zeit bleibt, den optimalen Reifendruck herauszufahren. Jedenfalls lassen die klare Rückmeldung von Fahrwerk und Lenkung sowie der Grip schnell erahnen, dass eine Zwölfer-Zeit nicht allzu fern liegt. Schade also, dass wir keinen CS-V3 mit Tageszulassung im Internet gefunden haben. So steht der Preis von 45.815 Euro für das einsatzfertige Fahrzeug – plus laufende Kosten für jedes Rennen. Ohne Kaltverformung, versteht sich. Aber inklusive der dichtesten emotionalen Verflechtung mit einem Sportwagen.

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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten