Abt-VW Golf GTI im Test
Mit der Basis-Version zum Kompaktklassen-Sieg?

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Völlig unbescheiden startet Tuner Abt mit einem umfangreich überarbeiteten, 290 PS starken VW Golf GTI das Wettrennen um den besten getunten Kompakt-Sportler. Na dann – Action! Wir haben den Anabolika-GTI für euch getestet.

Abt-VW Golf GTI, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Bei der Zulassung des Abt-VW Golf GTI muss irgendwas schiefgelaufen sein. Wer würde denn die Zahl des Antichristen auf ein weißes Auto pappen? Sicher niemand, der sich schon einmal mit dem „Number of the Beast“-Album von Iron Maiden auseinandergesetzt hat.

Abt-VW Golf GTI ohne mechanische Sperre

Andererseits – wenn der gedopte Abt-VW Golf GTI lossprintet, könnte durchaus der Verdacht aufkommen, hier tobe gerade der Leibhaftige durch die Brennräume des Zweiliter-Vierzylinders. Als Basis für den Umbau griff der Tuner auf einen 220 PS starken GTI der siebten Generation zurück – ohne Performance-Paket, und demnach nicht nur mit etwas weniger Leistung, sondern auch ohne mechanische Sperre und ohne große Bremse – die Performance-Variante hatten wir im Supertest.

Unsere Highlights

Dafür beim VW Golf GTI inklusive: Straff und bequem gepolsterte sowie mit reichlich Seitenhalt versehene Sportsitze mit stilsicheren Karo-Bezügen, perfekt ablesbare Rundinstrumente plus die sonstige, typisch-golfige Unfehlbarkeit im Interieur – eine kluge Entscheidung von Abt, dies alles im Serienzustand zu belassen.

Abt-VW Golf GTI mit wuchtigem Durchzug

Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit verträgt der VW Golf GTI von Abt durchaus noch eine etwas zugespitztere Dynamik, muss er es doch im Serienzustand einfach zu vielen recht machen. Also lupft ein Zusatzsteuergerät (2.349 Euro plus Einbau und Abnahme) die Leistung um 70 auf 290 PS (bei 4.800 statt 4.500/min), das maximale Drehmoment steigt von 350 auf 420 Newtonmeter, das wie gehabt zwischen 1.500 und 4.400 Touren abrufbar ist. Wie schon beim Serienmodell baut sich der Drehmoment-Berg bedrohlich steil auf, doch der Direkteinspritzer erklimmt ihn nicht drastisch und ungezügelt. Stattdessen liefert der kultivierte Vierzylinder einen gleichmäßigen, sehr wuchtigen Durchzug.

Mit zu vernachlässigender Verzögerung spricht das Triebwerk an, schultert dann den 1,4 Tonnen schweren VW Golf GTI und zieht ihn mit sanfter, aber äußerst bestimmter Gewalt in Richtung Ziellinie. In 5,9 Sekunden knackt der Abt-GTI aus dem Stand die 100-km/h-Marke und unterbietet damit die zuletzt im Test gemessene Performance-Variante (6,2 s), das Basismodell sowieso (6,4 s).

ESP nicht vollständig abschaltbar, Schwamm drüber

Ungeachtet der 225er-Reifen scharrt der Abt-GTI dabei zwar ein wenig mit den Vorderrädern, muss sich insgesamt allerdings nicht großartig um Traktion sorgen – was natürlich auch mit der Regelelektronik zusammenhängt, die sich nicht vollständig abschalten lässt.

Andererseits: Einen Stimmungstöter haben die VW-Ingenieure auch nicht programmiert. Wer beispielsweise im Kurvenscheitelpunkt spaßeshalber voll ans Gas geht, merkt, wie das System abhängig vom Lenkwinkel die Leistung fließend freigibt, bis garantiert kein Gummi mehr verraucht. Dabei kleistert der Abt-VW Golf GTI sowieso noch konsequenter auf der Straße, weil der Tuner neben 30-Millimeter-Tieferlegungsfedern 8,5 x 19-Felgen auf 225/35er-Reifen (Komplettradsatz: 3.490 Euro) montiert – die bislang getesteten Serien-GTI standen auf 18-Zoll-Rädern.

Bockiges Fahrwerk, wieseliges Handling

Damit kommt der Abt-VW Golf GTI aus 100 km/h rund einen Meter früher als die Basis. Darüber hinaus bedingen die Fahrwerksmaßnahmen ein merklich aggressiveres Einlenkverhalten bei gleichzeitig minimiertem Untersteuern, allerdings auch bei ebenso minimiertem Federungskomfort. Speziell auf langen Bodenwellen bockt der getunte VW spürbar.

Angesichts der wieseligen Agilität und des Verzichts auf adaptive Dämpfer darf die gesunde Härte kaum verwundern. Deshalb tappt der Fahrer des Abt-VW Golf GTI auch gerne wieder aufs Gas, bevor er länger darüber nachdenkt. Selbst im mittleren Drehzahlbereich spricht der Vierzylinder spontan an, feuert unablässig seine Drehmoment-Schleuder ab, dreht fröhlich in Richtung 6.000/min-Marke – jedoch nicht mehr so fröhlich darüber hinaus. Typischer Effekt des Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebes ist ein böse wirkendes Schnauben bei den blitzschnellen Gangwechseln.

Klangspektrum des Abt-GTI zwischen Bassgitarre und Tuba

Immer im Gepäck ist das Vierrohr-Endschalldämpfer-Orchester im Heck (1.490 Euro), dessen Klang zwischen tief gestimmter Bassgitarre und engagiert geblasener Tuba variiert. Spaßeshalber hat sport auto einmal nachgemessen: Bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit 130 km/h liegt der Geräuschpegel im Innenraum des Abt-VW Golf GTI bei 70 db(A) und damit auf Werksniveau, bei Tempo 160 allerdings mit 77 db(A) vier db(A) darüber.

Mit störenden Dröhnfrequenzen behelligt der Abt-VW Golf GTI seine Insassen nie, er klingt stattdessen einfach so, wie er aussieht – aggressiv, ja vielleicht sogar ein bisschen diabolisch. Dazu passt der kräftig zupackende Motor bestens, wenngleich etwas Zweifel an der rein Software-basierten Leistungsausbeute bleiben. Immerhin gewährt Abt eine entsprechend umfangreiche Garantie.

Bliebe höchstens noch die Frage, warum nicht gleich auf Basis der Performance-Variante ein Umbau entstand? „Wir arbeiten daran“, antwortet Kempten. Und bis es so weit ist, dürfte auch der Kleine Kurs in Hockenheim für den Abt-VW Golf GTI wieder zur Verfügung stehen. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn dann keine ordentliche Rundenzeit dabei herauskommt.

Technische Daten
Abt Golf GTI
Grundpreis44.500 €
Außenmaße4268 x 1799 x 1442 mm
Kofferraumvolumen380 bis 1270 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung213 kW / 290 PS bei 4800 U/min
Höchstgeschwindigkeit254 km/h
0-100 km/h5,9 s
Verbrauch10,5 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten