BMW 1er M Coupé im Test
Mehr Sportwagen braucht eigentlich niemand

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Wer das BMW 1er M Coupé als Lückenfüller sieht, der irrt sich – obwohl es fraglos eine Lücke füllt. Während der BMW M3 seine Abschiedstournee gibt und die Nummer 5 als M noch nicht leben darf, schicken die Garchinger einen hinterradgetriebenen Kompaktsportler mit 340 Sechszylinder-Biturbo-PS ins Rennen um die Gunst der Käufer.

BMW 1er Coupe, Frontansicht, Kurve, Teststrecke
Foto: Rossen Gargolov

Wer über den Tellerrand schaut, ausgetretene Pfade verlässt, muss stets damit rechnen, dass ihm dafür nicht von allen Seiten Applaus gespendet wird. So geschehen bei der BMW M GmbH. Die Präsentation der SUV- und SAC-Dickschiffe X5 und X6 M stieß nicht überall auf ungeteilte Begeisterung.

In der Fachpresse wurde mehr oder minder laut darüber spekuliert, ob die Garchinger Sportwagenschmiede mit der glorreichen Rennsport-Vergangenheit nicht vielleicht soeben dabei sei, vom Pfad der Tugend abzukommen.

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BMW kehrt zu den Wurzeln zurück

Der BMW M3 vom Typ E92 am Ende seiner Laufzeit, der BMW M5 noch in den Startlöchern und im wahrsten Sinne des Wortes von Beginn an mit einer schweren Hypothek in Form der üppigen Masse des Fünfer-Basismodells mit V8-Biturbo-Motor belastet – da erscheint eine gesunde Skepsis angesagt. Nun aber kehrt die M GmbH mit dem BMW 1er M Coupé zu alten Tugenden zurück.

Zwar tritt der neue kompakte Hochleistungs-BMW 1er M Coupé nicht mit dem ihm gemäß der herkömmlichen Typen-Diktion zustehenden Namen an. Der Spagat zwischen den Assoziationen, den die Bezeichnung M1 aufgrund der Historie weckt und dem, was das auf der aktuellen Einstiegs-Baureihe basierende Coupé tatsächlich darstellen kann und soll, erschien den Entscheidungsträgern denn doch eine Spur zu groß.

Günstiges 1er M Coupé für jüngere Kunden

Deswegen hört das jüngste und kleinste Kind der Garchinger Sport-Dependance auf den etwas umständlicheren Namen 1er M Coupé. Mit 50.500 Euro Grundpreis und seinem sportlich-stämmigen Auftritt soll der Newcomer sich eine Kundenschicht erschließen, die der M GmbH bisher schon allein aus monetären Gründen verschlossen war. Ist doch der größere Bruder mit der Kennziffer Drei und V8-Saugmotor als Coupé nicht unter 68.750 Euro zu haben.

Ein M für die weniger betuchte und in der Folge möglicherweise auch jüngere Klientel also. Da passen die sich über die wuchtigen 265/35 R 19 messenden Michelin Pilot Sport-Pneus an der Hinterachse spannenden, weit ausgestellten Kotflügel trefflich ins Bild. So muskulös wie der BMW 1er M Coupé stand schon lange kein M-Modell mehr da.

1er strotzt vor Power und drückt den Fahrer in die Sitze

Wer dem kleinen starken BMW 1er M aufs mit vier Endrohren und einem in den Kofferraumdeckel integrierten Spoiler versehene Hinterteil schaut, fühlt sich unvermittelt an einen mit abgespreizten Armen dastehenden Bodybuilder erinnert: „Seht her, hier bin ich, habe Kraft ohne Ende.“ Ohne Ende?

Na ja – da ist bei „nur“ 340 PS dann wohl doch mehr Schein als Sein, der Wunsch Vater des Gedankens, könnte man meinen. Doch weit gefehlt: Schon auf der Hockenheimer Messgeraden tritt das 4,38 Meter lange 1er M Coupé mit ausreichend, wenngleich nicht wirklich reichlich Platz für Vier an, dass dem Piloten die Luft wegbleibt. 340 PS? Aber hallo! Der kann vor Kraft ja wirklich kaum laufen.

Also runter mit der Anfahrdrehzahl. Über 2.000 Touren verdampfen die 450 Newtonmeter Drehmoment, mit denen der BMW 1er M Coupé die Hinterräder attackiert, schlicht in einer weiß-grauen Wolke. Auch oberhalb 5.000 Touren geht bei Vollgas im ersten Gang nichts mehr – ringen die Antriebsräder vergeblich um Grip.

Biturbo-Motor bringt den Einser auf Touren

Mann, hat der von zwei Turboladern mit bis zu 0,8 bar zwangsbeatmete Reihensechser in diesem Kraft-Ei Druck! Kein Wunder, dass die Reifen hinten so breit ausgefallen sind. Was ein bisschen weniger Gewicht doch ausmacht.

Schließlich steckt im Z4 35i derselbe echte Biturbo-Motor. Und dort entfaltet er nicht annähernd diese Wirkung. Tatsächlich deckelt der Newcomer sogar den großen Bruder: Keiner der in der Redaktion gemessenen BMW M3, nicht einmal das in Ausgabe 7/2010 getestete Performance-Modell, war schneller als das kleine BMW 1er M Coupé – nicht im Sprint und nicht auf dem Kleinen Kurs.

Mehr als BMW Einser-Sportwagen braucht man nicht

Jenen überfliegt der mit 1.513 Kilo vergleichsweise leichte Stufenhecksportler in beeindruckend flotten 1.14,1 Minuten. Dabei gibt sich das Einstiegsmodell der M GmbH etwas weniger handzahm als seine auch ohne ESP vorbildlich neutral agierenden Dreier-Brüder.

Unter Last drängt der BMW 1er M Coupé beim Erreichen des hoch angesiedelten Grenzbereichs nämlich durchaus schon mal ein wenig mit dem Heck. Auch diesbezüglich weckt die Sportdependance also Erinnerungen an alte BMW-Zeiten. Gut, dass sicherheitsbewusstes Untersteuern auch heutzutage nicht immer und überall ein Thema ist.

Technische Daten
BMW 1er M Coupe M
Grundpreis51.500 €
Außenmaße4380 x 1803 x 1420 mm
Kofferraumvolumen370 l
Hubraum / Motor2979 cm³ / 6-Zylinder
Leistung250 kW / 340 PS bei 5900 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,7 s
Verbrauch9,6 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten