BMW i8 im Test
Echter Sportwagen oder Marketing-Mobil?

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Wir waren zunächst äußerst skeptisch, doch das Ergebnis hat uns positiv überrascht. Ob der Plug-in-Hybrid BMW i8 mit 362 PS wirklich ein Sportwagen ist und was er auf der Rennstrecke kann, verrät der Test.

BMW i8, Frontansicht
Foto: Achim Hartmann

Langsam wandert die Hand zum Startknopf des BMW i8. Irgendwann ist immer das erste Mal. Heute ist mein erstes Mal Hybrid, genauer Plug-in-Hybrid. Es wartet eine Kombination aus Elektromotoren und Dreizylinder – aus Sportfahrersicht gewiss kein Tag der Freude, oder vielleicht doch? Elektro-Hybrid-Büchsen hatten für mich bisher eher den Charme von Birkenstock-Sandalen. Doch ich muss ehrlich sein, von „Elektro“ und „Hybrid“ habe ich bisher so viel Ahnung wie von der Brieftaubenzucht. Kein Wunder, auf dem Touri-Parkplatz der Nordschleife regieren andere Themen. Umso schneller bilden sich bei eingefleischten Sportwagenfans Vorurteile. „Genau deswegen schreibst du den Test“, macht Kollege Marcus Schurig sofort klar, als der BMW i8 in die Redaktionsgarage rollt.

BMW i8 mit 30-Liter-Tank

Was der Chef sagt, wird gemacht. Und so klettert ein Jünger von Hochdrehzahl-Saugmotoren in den BMW i8 und testet ihn. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an – heute sind sie zunächst größer als zwischen Nord- und Südkorea. Zumindest optisch erobert der Neue aus München, der im BMW-Werk Leipzig endmontiert wird, sofort die Herzen der Sportwagengemeinde. Der BMW i8 vollbringt das Kunststück, sich auch als Serienauto unfassbar nah an den 2009 und 2011 auf der IAA präsentierten Studien BMW Vision Efficient-Dynamics sowie i8 Concept zu bewegen.

Normalerweise liegt zwischen Messestand und Serienreife ein großes Stück Coolnessverlust. Das futuristische i8-Design, vor allem der Heckpartie, ist radikal und der Sportwagen-Gegenwart gefühlt um ein Jahrzehnt voraus.

Nicht nur die Optik, auch die Zutaten der BMW i8-Silhouette klingen nach großem Sportwagen-Kino. BMW verspricht intelligenten Leichtbau. Die Außenhaut des BMW i8 besteht zum Großteil aus thermoplastischen Kunststoffen. Lediglich die Frontklappe und die Türaußenhaut sind aus Aluminium. Unter dem Kunststoffkleid des 2+2-Sitzers befindet sich eine Fahrgastzelle aus CFK, während der Vorder- und der Hinterbau aus Aluminium bestehen.

Mit vollem 30-Liter-Tank wiegt unser BMW i8 im Test genau 1.486 Kilo. Da können wir Gusseisernen nicht meckern – es mündet aber auch sofort in folgende Frage: Wie leicht wäre der BMW i8 wohl ohne das ganze Elektrozeug, aber dafür mit einem anständigen Verbrennungsmotor? Rund 200 Kilo wiegt der elektrische Antrieb – halt, stopp, geben wir der Sportwagen-Entwicklung der i-Macher erst einmal eine Chance. Andere Münchner müssten da eher nachsitzen, denken wir nur an das M4 Cabrio mit einem Gewicht von unfassbar traurigen 1.825 Kilo.

Einstieg wie im McLaren MP4-12C oder 650S

Wer sich vorab nicht näher mit dem BMW i8 beschäftigt hat, reißt beim Öffnen der Flügeltüren fast die Hybrid-Konstruktion aus CFK und Aluminium aus den Angeln. Gegenüber konventionellen Türbauweisen wiegt die i8-Tür fast 50 Prozent weniger. Das Gewicht der Türen hat fast Rennwagenniveau, der Türöffnungsmechanismus gleicht den Schmetterlingstüren des McLaren MP4-12C oder 650S. Fuß voran, Oberkörper leicht nach hinten gelehnt – auch die Einstiegsturnübung erinnert an den britischen Sportler.

Klack, kurz bevor die Tür im Schloss einrastet, fällt der Blick auf die Sichtcarbon-Struktur der Fahrgastzelle und der Türränder – ein kleines, aber feines Detail, dass hier der Leichtbau-Werkstoff nicht wie bei manch anderen Herstellern mit Hochglanz-Klarlack überkippt wurde. Startknopf, Getriebewählhebel, iDrive-Controller, Navi-Bildschirm – im BMW i8-Innenraum wird der Fahrer der Gegenwart zunächst nicht überrascht sein. Das fahrerorientierte Armaturenbrett gibt genauso wenig Anlass zur Kritik wie die tiefe Sitzposition in den schlank gehaltenen Sportsitzen mit passablem Seitenhalt.

BMW i8 mit einem raumschiffähnlichen Geräusch

Startknopf drücken: Ein Moment, der akustisch an die Zeitmaschine der Science- Fiction-Filmtrilogie „Zurück in die Zukunft“ erinnert. Während draußen alles geräuschlos bleibt, meldet sich der getestete BMW i8 im Innenraum mit einem raumschiffähnlichen Geräusch zum Dienst. Kein laszives Zylindergebrüll, kein Auspuffrotzen, keine metallischen Antriebsgeräusche – ich müsste lügen, wenn mir beim i8-Startprozedere nicht etwas fehlen würde. Faszination ist ein großes Wort, aber eine gewisse Andersartigkeit der Emotion transportiert der Hybrid-BMW, wenn er geräuschlos startet und dann elektrisch mit einem kaum hörbaren Straßenbahn-Flüstersummton anfährt.

Doch gerade im rein elektrischen Fahrbetrieb sorgt der BMW i8 im Test bei sämtlichen Passanten für Verrenkungen, als ob das achte Weltwunder vorbeischwebte. Währenddessen verrät der Navi-Bildschirm mit Symbolen für Kraftstoffund Elektrotankstellen, dass Stuttgart Downtown für Plug-in-Fans und die elektrische Gangart bereits gut gerüstet ist.

Im Alltag federt der BMW i8 für Sportwagenverhältnisse angenehm komfortabel, ohne sich den Ruf einer Sänfte einzuhandeln. Zum Serienumfang gehören Adaptivdämpfer, welche die Federung je nach gewähltem Fahrmodus variieren. Fünf unterschiedliche Fahrmodi stehen zur Wahl. Neben dem Comfort- und dem Eco-Pro-Modus, in denen sowohl kombiniertes Fahren mit E-Antrieb und Verbrennungsmotor als auch rein elektrische Fortbewegung (eDrive) möglich ist, kann der Sportmodus angewählt werden.

Unverständlich, warum der Sportmodus nicht wie bei allen anderen BMW über den Fahrerlebnisschalter aktivierbar ist, sondern nur durch einen Ruck des Getriebewählhebels nach links. Warum versteckt BMW den Sportmodus? Soll der BMW i8 am Ende doch nicht als Sportwagen, sondern seine viel zitierte Nachhaltigkeit bei der Produktion und Sparsamkeit im Vordergrund stehen?

BMW i8 zieht rein elektrisch in 11,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h

Uns interessieren eher die Fahrleistungen. Rein elektrisch zieht der BMW i8 tapfer in 11,1 Sekunden von null auf 100 km/h. Maximal kann mit 120 km/h gestromert werden. Genug des geräuschlosen Elektro-Herumgerolles. Während der BMW i8 im rein elektrischen Modus von einem 96 kW starken Hybrid-Synchron-Elektromotor an der Vorderachse angetrieben wird, attackiert er bei deaktivierter eDrive-Taste dann auch mit Unterstützung seines Dreizylinders mit 231 PS, der die Hinterachse antreibt. Über die Systemleistung von 362 PS kann man nun wirklich nicht meckern.

Die Entwickler kaschieren das Turboloch des BMW i8 (max. Ladedruck 1,5 bar), dessen maximales Drehmoment erst spät anliegt, geschickt durch einen 15 kW starken Startergenerator, der direkt am Verbrennungsmotor sitzt und mit Stromschüben (eBoost) unterstützend wirkt.

Warum reicht dafür nicht nur der E-Motor an der Vorderachse? Seine Kraft genügt nicht, um mit nur einer Übersetzung stark genug fürs dynamische Anfahren oder für Geschwindigkeiten über 200 km/h zu sein. BMW greift in die Trickkiste und nutzt daher eine für E-Motoren ungewöhnliche Zweigangautomatik, die gleichmäßigere Kraft ermöglichen soll.

Ein Hochdrehzahlwunder ist der BMW i8 zwar nicht, trotzdem begeistert er mit seinem guten Durchzug über den gesamten Drehzahlbereich. Gefühlt dreht er höher als 6.500/min, was auch an der gelungenen Geräuschkulisse des Dreizylinders liegt. Dass ich so einen Satz wirklich einmal schreibe, hätte ich vor dem i8-Test für so utopisch gehalten wie die Deutsche Meisterschaft meiner favorisierten Kickertruppe. Anders als die fahrende Dreizylinder-Parklücke Smart röhrt der halbierte Reihensechszylinder mit einer Literleistung von 154 PS speziell im Sportmodus schmutzig gegen jegliches Öko-Image an.

Kernige Zwischengassalven

Wer anschließend die Stufen der Sechsgangautomatik manuell über die Lenkradwippen runterschaltet, dem wirft der BMW i8 kernige Zwischengassalven um die Ohren. Findige Ingenieure haben dem Plug-in-Hybrid einen beachtlichen Sound antrainiert. Klar, wir könnten jetzt wieder den Ansauggott M3 E46 CSL hervorkramen, aber eine natürliche Gesangseinlage ohne Playback hatte beim i8 ohnehin keiner erwartet.

Und wie geht der BMW i8? Dank Launch Control zoomt er sich im Sportmodus in 4,4 Sekunden auf Landstraßentempo. 200 km/h sind nach 15,2 Sekunden Geschichte. Da muss ein Porsche 911 Carrera S ebenfalls schon Vollgas geben, um Schritt zu halten. Mühelos sprintet der BMW i8 bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h, die auch alleine durch den Verbrennungsmotor erreicht und gehalten werden kann. Eine Tatsache, die einen im Windschatten folgenden M135i-Piloten bei unserer Autobahn-Testfahrt mit dem i8 und später an der Tankstelle beim gemeinsamen Pitstop faszinierte: „So einen Speed hätte ich dem Teil niemals zugetraut!“

An der Zapfsäule sorgt die Differenz zwischen Sportwagenoptik und Spritverbrauch beinahe für einen Ohnmachtsanfall des Tankwarts. Ein Spritsparwunder, wie der theoretische NEFZ-Verbrauchswert von 2,1 Litern auf 100 Kilometer vorgaukeln soll, ist der BMW i8 allerdings nicht. Doch der von uns ermittelte Minimalverbrauch von 7,2 Litern und ein Durchschnittstestverbrauch von 9,2 Litern sind in der Sportwagenliga einsame Spitze.

BMW i8 auf dem Hockenheimring

Selbst bei Vollgasattacken auf der Autobahn schluckt der Hybridsportler nicht mehr als 16,9 Liter im Durchschnitt. Da genehmigen sich konventionelle PS-Helden gerne mal die doppelte Portion Hochoktaniges oder gar mehr. Verbrauch und Reichweite hängen jedoch auch von den Ladezyklen am Netz ab. Der BMW i8 kann seinen 5,2-kWh-Lithium-Ionen-Akku auch selbstständig durch Schubrekuperation im Sportmodus oder Energierückgewinnung beim Bremsen aufladen.

Genug Technikdetails aus der neuen Welt: Wie schlägt sich der BMW i8 im Grenzbereich auf dem Hockenheimring? Selbstbewusst verspricht BMW eine „herausragende Fahrdynamik“. Tank voll, Ladezustand 100 Prozent – Zeit, mit dem i8 erstmals den Kleinen Kurs von Hockenheim unsicher zu machen. Während im Alltag die Dosierung des Bremspedals durch das Zusammenspiel der rein elektrischen Generator-Bremse für die Energierekuperation und der mechanischen Verzögerung eine gewisse Eingewöhnungsphase benötigt, überzeugt der i8 im Grenzbereich mit gut dosierbarem Pedalgefühl. Auch die elektrische Servolenkung erfordert eine kurze Eingewöhnungsphase. Im Comfort- oder Eco-Pro-Modus sind die Lenkkräfte synthetisch leichtgängig. Im Sportmodus ist das ganze Lenkgefühl dann deutlich straffer. Um die Mittellage könnte die Lenkung auf der Rennstrecke jedoch einen kleinen Schuss mehr Präzision vertragen.

Schneller durch breitere Reifen?

Interessanter als die Übersetzung der Lenkung (16,0:1) ist die Frage, wie das schlanke Format der Reifen unter querdynamischen Gesichtspunkten funktioniert. Die Serienbereifung des BMW i8 (195/50 vorne und 215/45 hinten) erinnert schwer an meine Fahrschulzeit auf einem Golf III im vorigen Jahrtausend. Unser BMW i8 im Test trägt immerhin die optionale Mischbereifung mit 215er- und 245er-Pneus an Vorder- und Hinterachse (Aufpreis 1.500 Euro). Laut BMW sollen „eine hohe Kurvendynamik und eine souveräne Traktion sichergestellt sein“.

Trotz der schmalen Bereifung carvt der BMW i8 erstaunlich agil über die Rennstrecke. Wer die Vorderreifen nicht durch spätes In-die-Kurve-Hineinbremsen überfordert, den beglückt der Hybridsportler mit direktem Einlenkverhalten. Unsensiblen Gaspedaltretern antwortet der i8 missmutig mit Kurveneingangsuntersteuern. Auf Lastwechsel reagiert er mit querdynamikförderlichem Eigenlenkverhalten, sofern der Luftdruck an der Hinterachse höher als an der Vorderachse ist. Zwischen dem „normalen“ Luftdruck, der für Vorder- und Hinterachse einen fast identischen Füllwert vorsieht, und dem Luftdruck für „volle Beladung“ (2,3 bar vorne, 2,8 bar hinten) liegt auf dem Kleinen Kurs eine halbe Sekunde Zeitdifferenz.

Die Traktion des Allrad-Hybrids fällt je nach Lenkwinkel unterschiedlich stark aus. Wer bei geringem Lenkwinkel am Scheitelpunkt früh ans Gas gehen will, dem schiebt der BMW i8 über die Vorderachse weg. In engen Ecken mit größerem Lenkwinkel gibt der i8 seine Leistung bei Volllast nicht sofort frei und regelt trotz deaktivierbarem DSC spürbar. Im Hybridsportler arbeitet ein ganzes Konglomerat aus unterschiedlichen Fahrhilfen wie die Kurvenbremsunterstützung Cornering Brake Control (CBC), Dynamic Brake Control (DBC), die ADB-X (Aktive Differential Brake) sowie die Antriebsmomentenvorsteuerung (FAV).

Wankbewegungen? Das gut abgestimmte Fahrwerk fällt kaum durch Rollneigung auf. Im Gegenteil – der BMW i8 bewegt sich leichtfüßig, als ob er noch deutlich weniger als seine 1.486 Kilo auf den Rippen hätte. Eingang Motodrom, Sachskurve, Senke, Südkurve – wo bleibt die Rundenzeit für den BMW i8 stehen? Mit einer überraschend schnellen Zeit von 1.15,0 Minuten sortiert sich der Hybridsportler im sport auto-Ranking zwischen Porsche Boxster (1.14,9 min), Lotus Elise S Club Racer (1.15,1 min) und Jaguar F-Type (1.15,2 min) ein. Mit einer breiteren Bereifung könnte der i8 sicherlich noch mehr arrivierte Platzhirsche in Bedrängnis bringen.

Schnelle Runde in Hockenheim

Doch das limitierende Element auf der Rennstrecke sind weniger, wie bei anderen Fahrzeugen üblich, die nachlassenden Reifen oder die Bremsanlage, sondern die abbauende Leistung des E-Antriebs. Die Ermittlung der Rundenzeit glich im BMW i8 eher einem Superpole-Zeitfahren, bei dem für die Bestzeit nur eine Runde angesetzt wurde.

1.15,0 min, 1.15,4 min, 1.15,6 min, 1,16,0 min, 1.16,2 min – innerhalb von fünf Runden schrumpfte nicht nur der Ladezustand von 100 auf drei Prozent. Durch den hohen Vollgasanteil sinkt auch die Leistung spürbar, wie die abbauenden Rundenzeiten beweisen. „Elektroschrott“, brüllt ein Kollege aus dem Nachbarzimmer, während die letzten Zeilen dieses Textes entstehen. Der BMW i8 ist alles andere als das. Manche E-Vorurteile bestätigt jedoch auch er.

Technische Daten
BMW i8 Coupé
Grundpreis134.000 €
Außenmaße4689 x 1942 x 1291 mm
Kofferraumvolumen154 l
Hubraum / Motor1499 cm³ / 3-Zylinder
Leistung266 kW / 362 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,4 s
Verbrauch2,1 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten