Dauertest Techart-Porsche Cayman GT
Tuner-Premiere mit überzeugendem Ergebnis

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Hart im Nehmen, aber auch hart gefedert: So blieb der Techart-Cayman GT in Erinnerung. Zum ersten Mal absolvierte ein getunter Porsche einen Dauertest über 60.000 Kilometer bei einer deutschen Automobilzeitschrift. Das Ergebnis überzeugt: Der 320 PS starke Mittelmotor-Sportwagen leistete sich keinerlei Schwächen.

Techart-Porsche Cayman S
Foto: Rossen Gargolov

Es war ein sentimentaler Abschied: Exakt 502 Tage verbrachte der von Tuner Techart veredelte Porsche Cayman S bei der Redaktion sport auto. Nach 63.498 Kilometern kam der Tag, an dem es hieß, auf Wiedersehen zu sagen - der Techart musste zurück in die Obhut seiner technischen Väter nach Leonberg unweit Stuttgart. Mit seiner etwas rauen, aber herzlichen Art (den Komfort betreffend) und seiner klaren Aussprache (was den Auspuff-Sound anbelangt) war der getunte Cayman S vielen in der Redaktion sehr ans Herz gewachsen.

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Getunter Porsche bei einem Langstreckentest

Nach knapp eineinhalb Jahren endete ein Experiment, das zumindest im deutschsprachigen Raum noch niemand gewagt hatte: Ein getunter Porsche war noch nie zu Gast bei einem Langstreckentest. Wer sich das traut, muss viel Vertrauen in die Qualität seiner Arbeit haben. Die Männer um Techart-Geschäftsführer Thomas Behringer bewiesen Schneid, als sie den Dauertest zusagten - und wurden belohnt. Denn um es gleich vorweg zu sagen: Die Zuverlässigkeit, oder sprachlich korrekt ausgedrückt: ein etwaiger Mangel daran, war kein Thema bei dem 104.590 Euro teuren Prüfling.

Erstausrüsterqualität ist unser Grundprinzip
 
Nur ein einziges Mal musste der Cayman außerplanmäßig in der Werkstatt einkehren - wegen einer Lappalie. Bei Kilometerstand 15.000 sorgte ein unrunder Leerlauf für Verdruss. Als Ursache wurde eine defekte Zündkerze entlarvt. Der schwarze Prachtbursche aus Leonberg unterstrich also dick und fett den Techart-Firmenslogan: "Erstausrüsterqualität ist unser Grundprinzip." Auch auf dem Parkplatz machte der Cayman eine prächtige Figur: Der Techart-Aerokit I für 4.500 Euro ließ den Mittelmotor-Sportwagen wesentlich ernsthafter und maskuliner aussehen. Die optische Hormonkur besteht aus eher dezent geformten Seitenschwellern, einer grimmig gestalteten Frontpartie mit tief über dem Boden nach Kantsteinen schnüffelnder Frontlippe sowie einem schneidigen Mini-Flügel am Heck, welcher die serienmäßige, per Elektromotor ausfahrende Abtriebshilfe ersetzt.
 
Dank kürzerer Federn rutscht der Saum des Autos um 25 Millimeter nach unten. Für eine überaus gefällige Abrundung der Optik sorgt die üppige Bereifung im 20-Zoll-Format. Mit 5.676 Euro ist das Upgrade auf die Besohlung im Format 235/30 ZR 20 (vorn) und 305/25 ZR 20 (hinten) aber auch nicht ganz billig. Die geringere Bodenfreiheit erkauft man sich durch einen kleineren Federweg, was wiederum eine strammere Kennlinie der Federn bedingt. Dies ist eine Binsenweisheit. Wie sich dies in der Praxis auswirkt, beschrieb Sportredakteur Marcus Schurig so: "Das Fahrwerk ist von klarer Aussprache." Launig fügte er hinzu: "Eine Bodenwelle ist eine Bodenwelle, und diese Nachricht kommt beim Fahrer auch an." Die Fraktion der Gusseisernen und Hartgesottenen ergötzte sich an der betonmäßigen Derbheit von Federn und Dämpfern. Zarter besaitete Gemüter rügten genau dies. Speziell bei Querfugen gebärdet sich der Techart-Cayman störrisch.
 
Hockenheim-Rundenzeit: 1.14,9 Minuten
 
Im Vergleich zu seinem geschmeidig federnden Vetter aus der Serie ist der Getunte ein ziemliches Raubein. Doch bei Besuchen auf der Rennstrecke wie dem Kleinen Kurs in Hockenheim kommt ihm die harte Abstimmung sehr zugute. Im Grenzbereich ist er wegen des spitzen, aber höher liegenden Grenzbereichs zwar nicht mehr so einfach zu kontrollieren, aber die Rundenzeit stimmt: Auf 19-Zoll-Michelin schafft die 2008er-Version beachtliche 1.14,9 Minuten.
 
Ein bisschen weckt der getunte Cayman Assoziationen an einen berühmten Porsche, der vor rund 20 Jahren debütierte: Der 911 Carrera Clubsport gab sich fahrwerksmäßig ähnlich dominant wie der Techart-Cayman - und fand gerade deshalb viele Freunde. Einen Geradeauslauf wie an der Schnur gezogen - das darf man weder von dem 911er-Youngtimer noch vom Techart erwarten. Beide geben sich etwas zappelig, speziell wenn der Tacho deutlich mehr als 200 km/h anzeigt. Kommen dann auch noch Längsrillen hinzu, erinnert das zügige Fahren ein bisschen an Krokodil-Wrestling. Da trifft es sich gut, dass der dicke Wulst des Techart-Volants dem beherzten Zugreifen sehr zuträglich ist.
 
Ob die ultrabreiten 20er-Reifen aus fahrdynamischer Sicht ein Muss sind, blieb aber auch nach mehr als 60.000 Kilometern ein heiß diskutiertes Thema in der Redaktion. Ein Vergleichstest mit der ebenfalls erhältlichen 19-zölligen Option brachte interessante Ergebnisse. Mit der kleineren Bereifung war der Techart-Cayman um exakt 1,8 Sekunden schneller. Dies liegt allerdings weniger am Format, sondern am jeweiligen Fabrikat. Die 20er-Reifen von Conti bieten nämlich fühlbar weniger Grip als die 19-Zöller von Michelin. Andererseits ist der Grenzbereich der 20-Zoll-Pneus aus Hannover deutlich breiter. Auf den 19-Zoll-Michelin-Sohlen hingegen lenkt der Cayman S wesentlich spontaner ein.
 
Unter dem Strich ergibt sich eine klare Empfehlung: Abgesehen von der fetten Optik spricht nicht viel für die Mega-Bereifung. Doch ob nun 19 oder 20 Zoll, 295 Millimeter oder gar 305 Millimeter Breite an der Hinterachse: Bei Regen ist die hurtige Fahrt im Tuning-Cayman kein ungetrübtes Vergnügen. Weil die extrem breiten Hinterräder nicht vollständig in den von den 235 Millimeter breiten Vorderrädern gezogenen Furten laufen, kann Aquaplaning durchaus zuerst an der Hinterachse auftreten. Dies wird auch von sehr routinierten Fahrern als höchst beunruhigend empfunden und führt dazu, dass man sich bei nasser Bahn fortan defensiver Fahrweise befleißigt und sich gern auch mal in den Tatzelwurm der vielen 40-Tonner auf der rechten Spur einfädelt.
 
Der Techart-Porsche Cayman polarisiert
 
Der Techart-Cayman polarisierte. Diejenigen, die ihn mochten, wollten gar nicht aussteigen: "Burschikos" sei er und "grundehrlich", meinten sie. Das Eigenlenkverhalten ist frei von Tücke - für einen Mittelmotorsportwagen nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das bei Porsche PSM genannte Antischleuderprogramm ESP aktiviert ist. Wer diese Fahrhilfe ausschaltet, sollte wissen, dass das Heck leicht in einen instabilen Zustand gehen kann. Und er sollte auch wissen, was zu tun ist, wenn er in einer zügig durchmessenen Kurve plötzlich vom Gas muss. Da die kompetente Durchführung solch komplexer Manöver nur den wenigsten Lenkradartisten in die Wiege gelegt ist, gilt im öffentlichen Straßenverkehr die klare Empfehlung: PSM an!
 
Einmütigkeit herrschte bei der Beurteilung der Soundqualität. Man einigte sich auf die Formel „ein wahrer Ohrenschmeichler“. Das Porsche-typische zornige Boxer-Bellen aus den Auspuffendrohren wird vortrefflich von der Zweitstimme aus dem Ansaugtrakt untermalt: Eine neue Airbox sowie das Sport-Ansaugsystem bringen den ersten von vier Arbeitstakten, das Ansaugen, sehr schön zu Gehör. Im Verbund mit einer modifizierten Elektronik sorgen diese Maßnahmen für ein Plus von 25 PS. Der 3,4-Liter-Motor im Dauertest-Cayman S erstarkte von 295 auf 320 PS. Künstlerpech für Techart: Seit der letzten Modellpflege im Sommer 2008 bietet der serienmäßige Cayman S ebenfalls 320 PS.
 
Der Testwagen präsentiert sich am Ende wie am ersten Tag
 
Bei der Abschlussmessung präsentierte sich der Testwagen so frisch wie am ersten Tag: Die 200-km/h-Marke erspurtete er in hurtigen 19,5 Sekunden. Die drei Zehntelsekunden, die er im Vergleich zur Eingangsmessung länger brauchte, lassen sich getrost als witterungsbedingt abhaken. Ein sehr positives Zeugnis gilt dem Benzinverbrauch: 12,7 Liter im Schnitt, das ist angesichts der hohen Leistung und der zumeist forschen Gangart ein günstiger Wert.
 
Trotz fabelhafter Zuverlässigkeit, geringem Verbrauch und der mit 30.000 Kilometer sehr langen Inspektionsintervalle: Das Vergnügen, einen Techart-Cayman zu fahren, ist nicht gerade schnäppchenverdächtig. Dies liegt an den hohen Preisen für die extrem breiten Reifen sowie an den satten Summen für Anschaffung (Grundpreis 2008: 60.043 Euro plus Extras im Wert von 12.060 Euro) und Veredelung bei Techart für 32.487 Euro. Billig ist er also nicht gerade, der getunte Porsche. Aber den Preis wert.


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Technische Daten
TechArt Cayman GT
Grundpreis104.590 €
Außenmaße4341 x 1801 x 1280 mm
Hubraum / Motor3386 cm³ / 6-Zylinder
Leistung235 kW / 320 PS bei 7500 U/min
Höchstgeschwindigkeit285 km/h
0-100 km/h5,6 s
Verbrauch12,9 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten