Mini John Cooper Works Clubman im Test
Agil und aggressiv - Liebe ohne Vernunft

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Die Liebe auf den ersten Blick ist selten von Dauer. Nach anfänglicher Begeisterung strapazierte der Mini JCW Clubman im Dauertest immer wieder Geduld und Nerven der Redaktion.

Mini John Cooper Works Clubman, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Der deutsche Rallye-Vizemeister rollte entspannt Richtung Norden. 700 Kilometer entfernt stand in Schleswig-Holstein der Saisonbeginn auf dem Programm. Der Boxer seines Subaru Impreza schnurrte zufrieden vor sich hin. Sandro Wallenwein hatte es nicht eilig. Es wäre doch mal interessant zu sehen, wie weit man den Verbrauch eines 280 PS starken Turbo drücken könnte. Doch es kam anders. Im Rückspiegel machte sich dieser Gnom breit, die Farbe wie Kondensmilch, dazu schwarzgestreifte Kriegsbemalung auf der Haube. Als das Tempolimit auf der A81 aufgehoben war, setzte der Mini John Cooper Works Clubman mit Münchner Kennzeichen zum Überholen an.

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Der Kleine scheucht die Großen vor sich her

Gemeinsam durcheilte man das kurvenreiche Jagsttal mit Tempo 240. Erst als der mit nur halb gefülltem Tank gestartete Brite zum Tanken abbog, trennten sich die Wege. Der Mini JCW Clubman scheuchte fortan einen Porsche Turbo bis kurz vor Hannover, Wallenwein nahm wieder einmal einen erschütternden Verbrauch seines Impreza zur Kenntnis.

Im 700 Kilometer entfernten Kappeln war er außer sich über den impertinenten Verfolger, der selbst mit der Macht all der Buchstaben STI WRX nicht abzuschütteln gewesen war: „Warst du das etwa mit diesem Mini John Cooper Works Clubman? Der geht ja ungeheuer.“ Der Autor dieser Zeilen bejahte freudig die Frage und notierte ins Testtagebuch: „Ich glaube, ich bin verliebt.“

Welch andere Gefühle sollte man dem hurtigen Kleinen auch entgegenbringen? Die John Cooper Works Edition, die ihren Test-Dienst im Herbst 2009 in Stuttgart aufnahm, machte schließlich einen glänzenden Eindruck. Längst vergessen die Zeiten des schlaffen Kompressormotors. Der 115 Kilo leichte Vierzylinder-Turbo mit verstellbarer Schaufelgeometrie aus dem Peugeot-Regal katapultierte den Clubman bei der Eingangsmessung in Hockenheim in 6,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Ohne nennenswertes Turboloch schoben die 211 PS das Geschoss weiter vorwärts, bis der Tacho sich der 250 näherte.

Alles in der Verpackung eines knuffigen Schosshündchens

Dazu passend ein Sportfahrwerk, das blitzschnelle Richtungswechsel ermöglicht, gepaart mit dem längeren Radstand des Mini John Cooper Works Clubman, der für wunderbare Stabilität sorgt, eine Lenkung mit messerscharfer Präzision und eine Bremsanlage, die in kaltem wie erhitzten Zustand jederzeit herzhaft zubeißt. Und das alles in der Verpackung eines knuffigen Schosshündchens, das jeden trainierten Windhund bei den Hacken packen kann, so lange ihn keine wirklich lange Gerade rettet. Nie ist britisches Understatement verständlicher erklärt worden.

Monetär zählt der Mini JCW Clubman dagegen bereits zum Oberhaus. 36.700 Euro kostete der Testwagen, der seine Gäste mit schwarzer Lederausstattung und geheizten Polstern in automatisierter Klimatisierung empfängt, die Nächte mit Xenonlicht zerreißt und von fetzig bis lauschig Musik aus dem CD-Radio spielt, das den schönen Namen „Boost“ trägt.

Zudem profitiert er, was das Raumangebot angeht, von der aus dem Namen resultierenden geringen Erwartungshaltung. Wünscht sich mancher Mini-Kunde, der Kofferraum wäre wenigstens so groß wie der eines Smart, hat der Mini John Cooper Works Clubman genau die Größe, um Utensilien für eine Balkon-Party einzuladen oder zu zweit in den Urlaub zu reisen und dabei noch eine ziemlich gute Figur zu machen. „Ein kultiger, pfiffiger Kleinlastwagen“, schwärmte Testredakteur Christian Gebhardt.

Beim Mini JCW Clubman macht Liebe blind

Liebe macht bekanntermaßen blind. Deshalb irritierte es nur wenig, dass nicht alles Chrom war, was glänzte. Zu viel Kunststoff-Imitat krittelte ein Kollege. Dazu störten andauernd Reflexionen auf dem monumentalen Rundinstrument des Mini JCW Clubman. Unmut über das Interieur ist sicherlich kein Grund zum Vandalismus, darum erregte sich die Chefredaktion völlig zu Recht mit der Anklage: „Welcher Gewalttäter hat die Abdeckung der Mittelarmlehne gekillt?“ Jemand hatte mit rohen Kräften versucht, sie hochzuklappen, sie öffnete bis zu jenem unglücklichen Tag mit einem Schiebemechanismus.

Jenes drastische Beispiel sei stellvertretend erwähnt für eine Reihe von Kollegen, die die Bedienung des Mini ohnehin zuweilen als umständlich empfanden. So fahndeten die Tester beispielsweise verzweifelt nach einer Reset-Funktion für die Reifendruckkontrolle beim Mini John Cooper Works Clubman, die nach 33.700 Kilometern zunächst berechtigt Alarm schlug, weil ein Nagel im rechten Hinterreifen steckte. Aber selbst ein neuer Pneu und rundum 2,5 bar Reifendruck ließen die Warnlampe nicht verlöschen.

Für unnötige Beleuchtung im Innenraum sorgte auch die Motorkontrollleuchte. Es fing relativ harmlos an. Der Chef vom Dienst erspürte ein leichtes Turboloch, Produktionsleiterin Eva Manzo diagnostizierte beim Mini JCW Clubman wenig später Fehlzündungen und eine unwillige Gasanahme. Nach nur 8.500 Kilometern musste der Kleine erstmals in die Werkstatt, wo im Rahmen der Garantie Zündspulen und -Kerzen ausgetauscht wurden. So richtig war das Problem aber nicht behoben, deshalb rückte er 500 Kilometer später erneut in den Service ein. Dieses Mal wechselten die Mechaniker die Hochdruckpumpe im Kraftstoffsystem.

Benzinstandsanzeige ohne Fairplay-Gedanken

Wenn der Mini John Cooper Works Clubman denn mal richtig zog, sog der schnelle Geselle in kürzester Zeit den Tank leer. Zugegeben, eine Autobahn im abendlichen Emsland erlaubt zuweilen locker 100 Kilometer ohne ein einziges Zucken im Gasfuß. Dass ein ordentlich aufgepumpter Turbo bei Vollgas einen guten Zug am Leib hat, ist für jedermann leicht verständlich, dass aber die Benzinstandsanzeige dem eiligen Reisenden so lange ein prall gefülltes Spritreservoir vorgaukelt, bis der Tank längst halb leer und eine Tanke in strukturschwachem Gebiet in weiter Ferne liegt, verletzt ebenso den Fairplay-Gedanken wie der Bordcomputer, der dann bezüglich der Reichweite im Minutentakt Hiobsbotschaften verkündet wie der Korrespondent an der Frankfurter Börse. Kurz vor Papenburg musste einer der Tester einen Notruf absetzen, damit die in der Nähe campierenden Kollegen ihm die Luft aus dem Tank lassen.

Claus Mühlberger ist als Sportressortleiter horrende Verbräuche in der Formel 1 oder DTM gewohnt, war aber angesichts von Spitzenverbräuchen bis 25 Liter auf 100 Kilometern schockiert: „Lachhaft. Das ist doch kein Porsche Cayenne Turbo.“ Nun ja, der Mini JCW Clubman ging eben nicht nur ab wie ein Großer. Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass er sich auch enorm sparsam fahren ließ. Wer es darauf anlegte, konnte unter acht Litern reisen, im Schnitt lag er bei Testende bei 11,1 Liter, dafür muss er sich nicht schämen.

Aus dem Rahmen fiel dagegen die Frontscheibe, zumindest im übertragenen Sinn. Christian Gebhardt maßt sich nicht an, über ein absolutes Gehör zu verfügen, aber dass da plötzlich auf dem linken vorderen Kotflügel des Mini John Cooper Works Clubman ein unsichtbarer Klarinettenspieler hockte, „der einen echt fiesen Ton anschlägt“, ging dann doch zu weit.

Das Phänomen trat zuverlässig beim Passieren der 200-km/h- Marke auf, zu Recht gerieten mangelnde Kompatibilität von Fahrtwind und Fensterdichtung in Verdacht. Bei knapp 20.500 Kilometern verklebte der BMW-Service die Frontscheibe des Mini JCW Clubman neu – es herrschte wieder Ruhe.

Mini JCW Clubman mit vier Werkstatt-Stops bei 30.000 km

Dass der Dauertest Mini John Cooper Works Clubman bereits vier Mal außerplanmäßig in der Werkstatt war, bevor er bei rund 30.000 Kilometern seinen ersten Kundendienst antrat, steckt eine junge Liebe mühelos weg, zudem, wenn es den Kunden nichts kostet. Die Beziehung bekam aber einen ersten ernsthaften Riss, als ein solcher die Windschutzscheibe verunzierte. Vermutlich empfand diese die Anspannung in der Works Edition als zu hoch und wollte nach 33.400 Kilometern ausgewechselt werden.

Nun ja, eine kleine Materialschwäche wäre zu verschmerzen gewesen, wir alle sind nicht ohne Fehler. Liebe hat auch viel mit Toleranz zu tun. Die wurde aber kurze Zeit später erneut auf die Probe gestellt, 1.500 Kilometer später war die Scheibe des Mini John Cooper Works Clubman abermals fällig, ebenso wie erneute 940 Euro. Im Verdacht steht neben der steifen Karosse das optionale Sportfahrwerk, das zwar im Ernstfall allenthalben für Begeisterung sorgte, auf Dauer aber nicht nur die Glasflächen, sondern auch die Geduld der Insassen überstrapazierte.

Wieder war es ausgerechnet der Sportredakteur, der kein Blatt vor den Mund nahm: „Zu hart und viel zu laut. Pseudosportliches Fahren wie vorgestern zu den Preisen von übermorgen“, maulte Mühlberger im Logbuch, um anschließend zu bekunden, dass es ihm nach dem Druckablass nun deutlich besser gehe.

Mit voller Power kam der Mini JCW Clubman aus der Kur bei BMW

Das kann man vom Mini JCW Clubman nicht behaupten, bei dessen Motor nach 35.500 Kilometern irgendwie wieder die Luft raus war. Erneut glimmte die Motorkontrollleuchte,der Motor nahm schlecht Gas an. Nachdem sich die örtliche BMW-Vertretung vergeblich ums Beheben einer erneuten und hartnäckigen Kreislaufschwäche bemüht hatte, musste der Mini nach München, wo er glatte vier Wochen in stationärer Behandlung weilte.

Eine fehlerhafte Membran am Schubumluftventil des Laders hatten die Techniker am Ende als Übeltäter ausgemacht. Möglicherweise waren die drei Werkstattbesuche zuvor mit all ihren getauschten Teilen für die Katz. Als aber der Mini John Cooper Works Clubman schließlich aus der Kur zurückkam, notierte Tester Uwe Sener euphorisch: „Der Motor geht jetzt wie die Sau.“

Schwamm drüber, dass es kurz darauf wieder im Display leuchtete. Die Bremskontrollleuchte mahnte Scheiben und Beläge an. Nach rund 40.000 Kilometern sei das verziehen, zumal der schnellste aller  Minis zur Abschlussmessung in Hockenheim wieder einmal zeigte, dass im David ein Goliath steckt – die Rundenzeit lag bei unter 1.20 Minuten. Lediglich das Scharren des kurveninneren Vorderrades hemmte den Vortrieb des Mini John Cooper Works Clubman ein wenig. Bei ausgeschaltetem ESP arbeitet die elektronisch simulierte  Differenzialsperrenicht, weshalb versierte Mini-Tuner zügig eine mechanische Drexler-Sperre montieren.

„Agil, direkt, aggressiv. Du bist fast so schnell wie mit dem Motorrad“, lobte Michael Rohrer. Der muss es wissen, er arbeitet bei der Zeitschrift Motorrad. Und es ist eben jener Motorrad-Fachmann, der die Bilanz zu diesem Mini JCW Clubman zieht: „Ein Auto wie ein Slalom-Carving-Ski – genial, aber wenig alltagstauglich.“

Eine Liebe ohne Vernunft

Nach zwei Jahren mit Höhen und Tiefen waren 50.000 Kilometer vorbei, und es hieß Abschied nehmen. Nicht nur im Herz des Autors klaffte eine tiefe Wunde, auch die Windschutzscheibe hatte neuerlich einen Riss bekommen. Bei der Entstehung dieser Zeilen ist der Dauertest Mini John Cooper Works Clubman längst schon fort. Es bleiben Schmerz und Bedauern. Selten hat ein Dauertest-Auto so schnell verzaubert, selten aber auch so viel Geduld erfordert.

Die Vernunft versucht, die Situation zu entkrampfen und sagt: So hätte die Beziehung ohnehin keine Zukunft gehabt. Aber Liebe hat bekanntermaßen wenig mit Vernunft zu tun. Und so fragt am Ende das blutende Herz: Können wir vielleicht einfach noch mal von vorn anfangen?

Dauertestbilanz Mini Cooper Works Clubman
KilometerArbeitenArbeitslohnTeilekosten
2186Übernahme in den Dauertest
8499Zündspulen und Zündkerzen erneuertGarantieGarantie
9321Hochdruckpumpe Kraftstoffsystem getauschtGarantieGarantie
13 836Sommerreifen montiert, Conti SportContact3 SSR, 205/45 R 1760 Euro716 Euro
18 130Kühlergrill und Abdeckung Mittelarmlehne getauschtGarantieGarantie
20 443Dichtung der Windschutzscheibe neu verklebtGarantieGarantie
31 154Inspektion mit Motorölwechsel, Zündkerzen und Microfilter getauscht107 Euro223 Euro
33 414Zusatzwasserpumpe, Motoröl, Ölfilter und Ölleitung erneuert, Windschutzscheibe getauschtGewährleistung / 499 EuroGewährleistung / 440 Euro
33 714Winterreifen vom Vorjahr montiert Bridgestone Blizzak LM-25V, 205/45 R 1760 Euro
35 500Fahrzeugtest München Windschutzscheibe getauscht499 Euro440 Euro
40 800Bremsscheiben und Beläge vorn erneuert86 Euro413 Euro
48 200Sommerreifen vom Vorjahr montiert Conti SportContact3 SSR, 205/45 R 17 60 Euro
49 465Bremsscheiben und Beläge hinten erneuert148 Euro272 Euro
50 148Dauertestende
Gesamt1519 Euro2504 Euro

Fazit

Am Sportfahrwerk schieden sich die Geister. Während die eine Hälfte die brettharte Abstimmung auf langen Autobahnstrecken bemäkelte, schwärmte das andere Lager von der enormen Agilität. Letztlich bleibt das Thema eine Geschmacksfrage. Ohne das Sportpaket verliert der Mini einen Tick an Präzision und neigt zum Untersteuern, bietet dafür aber spürbar mehr Abrollkomfort.

Ein wirklicher Kombi ist der Clubman bei weitem nicht. Wer regelmäßig großes Gepäck mit sich führt, wird die Rücksitze permanent umgeklappt lassen, weil es sonst nicht ins Ladeabteil passt. Dank des ebenen Ladebodens ist der Clubman aber als Zweisitzer für einen Urlaub geräumig genug. Die geteilten Türen bieten keinen Vorteil, stören aber auch nicht weiter.

Auf den ersten Blick erleichtert die hintere Tür den Einstieg, doch der diagonal verlaufende Gurt an der B-Säule ist eine Stolperfalle. Die hinteren Stühle sind ohnehin ein Notbehelf, der ausgewachsenen Fahrgästen nur auf Kurzstrecken zugemutet werden sollte.

Der lange Radstand des Clubman tut dem Fahrverhalten sehr gut. Neigt der normale Mini bei Lastwechseln zum Eindrehen, bleibt die Hinterachse des langen Bruders stabil. Allerdings fängt in welligen Kurven die Vorderachse leicht an zu wandern. Der Clubman will mit straffem Zügel geritten werden.

Technische Daten
Mini John Cooper Works Clubman John Cooper Works
Grundpreis31.300 €
Außenmaße3961 x 1683 x 1432 mm
Kofferraumvolumen260 bis 930 l
Hubraum / Motor1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung155 kW / 211 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit238 km/h
0-100 km/h6,8 s
Verbrauch6,7 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten