Jaguar F-Type S im Test
Rauch-Zeichen von der Insel

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Jaguar hat mit dem F-Type nicht einfach einen zweisitzigen Baby-XK, sondern einen faszinierenden Roadster gebaut. Was der V6 S mit 380 PS kann und wen er im Griff haben sollte, klärt unser erster Test.

Jaguar F-Type S, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Hunde, die bellen, beißen nicht – wenn man diese Redewendung wörtlich nehmen würde, dürfte der Jaguar F-Type S kein guter Sportwagen sein. Doch ganz klar vorab: Das Gegenteil ist der Fall. Der zweisitzige Roadster mit Kompressor-V6 und Klappenabgasanlage bellt nicht nur mit einem emotionalen Sechszylinder-Startschrei auf, sondern legt beim Test auch von Beginn an eine Vorstellung hin, die wir so von Jaguar nicht erwartet hätten.

Einen grandiosen Sound und eine ansprechende Optik konnten die Briten seit jeher bieten, mit der Querdynamik der bisherigen sportlichen Speerspitze XK haperte es jedoch. Anspruch und Wirklichkeit klafften bei Jaguar stets weit auseinander. Selbst in seiner aggressivsten Ausprägung konnte der XKR-S der Konkurrenz nicht im Windschatten folgen. Da halfen auch Heckflügel, Lüftungsschlitze und Schalensitze mit RS-Logo nicht.

Unsere Highlights

Der XKR-S blieb ein wohlerzogener Gran Turismo, der auf der Promenade mit distinguiertem V8-Gebrummel seine Fans suchte. Rock’n Roll à la Rennstrecke, hier hielten sich seine Groupies dezent zurück. Zu sehr erinnerte seine Seitenneigung an eine schwere Limousine, zu sehr verpufften 550 PS ohne Traktion, und zu sehr sollte seine komfortorientierte Lenkung die Alltagscruiser umgarnen. Das soll der neue F-Type S ändern.

Jaguar F-Type S: Neue Zeitrechnung

Alles vorbei? Wenn nicht, dann sind Fotograf und Tester ganz grundlos um sechs Uhr früh zum Hockenheimring geeilt, um den neuen Jaguar-Beau in gleißendes Sonnenlicht zu hüllen. Während der Lichtbildner die neueste Raubkatze in Szene setzt, bleibt uns Zeit, auf die technischen Eckdaten zu schauen.

Der V6-Motor mit drei Liter Hubraum und Kompressor-Aufladung leistet 380 PS. Ohne jaulendes Kompressor-Sirren erinnert die V6-Melodie an die Reihensechszylinder vergangener BMW-Generationen. Ähnlich direkt hängt der Jaguar F-Type S am Gas und dreht mit frischem Elan bis zur 6.500/min-Marke.

Die Kraftübertragung übernimmt dabei eine Achtgang-Automatik von ZF, die mit zügiger Schaltgeschwindigkeit keine Fragen nach einem Doppelkupplungsgetriebe aufkommen lässt. Im manuellen Modus hält die Schaltbox, die auch über mitdrehende Wippen am Lenkrad geschaltet werden kann, die Gänge. So haben es Sportfahrer gern.

1.758 Kilogramm ist definitiv zu schwer

Dank Dynamic-Launch-Modus soll der Jaguar F-Type S mit maximalem Drehmoment und maximaler Schaltgeschwindigkeit durch die Gänge 1 bis 3 eilen. Das System ähnelt keiner richtigen Launch-Control und kann nicht verhindern, dass der Zweisitzer beim Spurt von null auf 100 km/h in 5,2 Sekunden seine Werksangabe um 0,3 Sekunden verfehlt.

Kein Drama, die Traktion bei der Beschleunigung ist im Vergleich zu den XK-Modellen, die gerne mal mit den Hinterhufen scharren, hier wesentlich besser. Dem Jaguar F-Type S wird in dieser Disziplin sein Sommerspeck zum Verhängnis. Mit 1.758 Kilo wiegt er bei gefülltem Tank 144 Kilogramm mehr als von Jaguar versprochen. Zu viel!

Warum sich die Reise auf die Rennstrecke trotzdem gelohnt hat? Anders als beispielsweise der BMW Z4 sDrive 35is hat der Jaguar F-Type S trotz seines Gewichts sportliche Anlagen. Während der Jag sein Stoffmützchen innerhalb von zwölf Sekunden schließt, setzt der Pilot den Helm auf. Boxenampel grün, raus auf den Kleinen Kurs von Hockenheim.

Jaguar F-Type S: Ausgeglichenes Fahrverhalten

Die erste Überraschung wartet in der engen Ameisenkurve. Der Jaguar F-Type S lenkt wesentlich direkter ein als alles, was wir von den Briten bisher gewohnt waren. Die Lenkung verstärkt dieses Gefühl mit einer präzisen Rückmeldung um die Mittellage. Lediglich das Haltemoment fällt im Grenzbereich einen Tick zu leichtgängig aus.

Ob nun im Normal- oder Dynamic-Modus, der Unterschied bezüglich Gasannahme, Lenkungskennlinie, Fahrwerksdämpfung und Schaltstrategie des Getriebes ist fast nicht spürbar. Hier wäre eine größere Spreizung sinnvoll. Das Adaptiv-Fahrwerk überzeugt für Jaguar-Verhältnisse mit seiner sportlich-straffen Abstimmung. Für uns hätte es sogar noch eine Portion Straffheit mehr sein dürfen, aber wir wollen jetzt nicht weiter nörgeln, sondern die neue Sportlichkeit genießen.

Vor allem auf der Rennstrecke wird die ausgeglichene Balance zwischen Vorder- und Hinterachse spürbar, was zu einem angenehm neutralen Fahrverhalten gen Limit führt. Anders als bei den hochmotorisierten XK-Brüdern kämpft der Fahrer hier nicht mit einem auskeilenden Heck, sondern kann die Ideallinie präzise verfolgen. Auf Lastwechsel reagiert der Jaguar F-Type S gutmütig, aber dennoch mit gut nutzbarem Umsetzen des Hecks.

Auch unter Last drängt er ganz leicht mit seiner aufregend-schön gezeichneten Heckpartie, ohne dass die Pirelli P Zero-Schlappen zu viel Traktion verlieren. Das Maß an Neutralität und Agilität wurde hier genau auf den Punkt getroffen. Auch die Bremsanlage des F-Type S steckte die Hockenheim-Runden problemlos ohne Fading weg.

Respektabler Einstand

Das Messgerät vermeldet eine Rundenzeit von 1.14,7 Minuten, vier Zehntel schneller als das 170 PS stärkere XKR-S Cabriolet. Ein respektabler Einstand, der zum Zeitenvergleich mit den von uns bei anderen Tests gesammelten Konkurrenzzeiten reizt: BMW Z4 sDrive 35is 1.17,3 min, Nissan 370 Z Roadster 1.17,0 min, Audi TT RS Plus Roadster 1.15,8 min, Mercedes SLK 55 AMG 1.14,8 min.

Nur einer aus der Roadster-Liga ist in Hockenheim schneller als der Jaguar F-Type S – sein Namensvetter aus dem Porsche-Stall: der 1.408 Kilo schwere Boxster S (1.13,9 Minuten). Angesichts des Gewichtsnachteils von 350 Kilo kann der Jaguar F-Type S trotzdem mit seiner Leistung sehr zufrieden sein.

Fazit

Jaguar hat mit dem Roadster F-Type S endlich mal wieder einen echten Sportwagen gebaut. Ein drehfreudiger Sechszylinder-Motor mit rassigem Sound, ein gut abgestimmtes Fahrwerk – Sportfahrerherz, was willst du mehr? Nach dem Motto „weniger ist mehr“, hätte der F-Type weniger wiegen müssen. 1.758 Kilo sind einfach zu viel, dennoch ist es den Jaguar-Entwicklern geschickt gelungen, dem F-Type eine erfrischende Leichtfüßigkeit anzutrainieren.

Technische Daten
Jaguar F-Type S Cabrio S
Grundpreis86.500 €
Außenmaße4470 x 1923 x 1308 mm
Kofferraumvolumen196 l
Hubraum / Motor2995 cm³ / 6-Zylinder
Leistung280 kW / 380 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit275 km/h
0-100 km/h5,2 s
Verbrauch8,6 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten