Renault Mégane R.S. Trophy im Test
Franzose überzeugt mit inneren Werten

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Vive la France – mit einem aggressiven Turbo-Fauchen jagt der Renault Mégane R.S. in die erste Liga der Kompaktrenner. Brennt die Leidenschaft für den heißen Franzosen dauerhaft oder nervt sein ehrlicher Charakter im Alltag? Im sport auto-Dauertest stellte sich das Enfant Rapide den Fragen.

Renault Megane R.S., Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Renault, das war für Sportwagenfans einmal Erotik auf Rädern. Renault, das waren einmal heiße Rennbüchsen, die im R5-Pokal schaukelnd mit Schlagseite für legendäre Pokalschlachten sorgten. Renault, das waren einmal leidenschaftliche Mittelmotorgeschosse à la Renault 5 Turbo, die wahlweise zu Rallye- Lorbeeren oder zum Brötchenholen fauchten. Renault, das waren einmal ...

Renault-Fahrspaß-Enklave

Klingeling, der Wecker reißt aus den Träumen der Renault-Vergangenheit. Master, Espace oder Kangoo – die vermeintliche Renault-Gegenwart bestimmen Hochdachkisten, die wie ein gemütliches Sofa auf Rädern durch den Verkehr cruisen. sport auto hatte Glück und lebte 50.000 Kilometer abseits von Familienkutschen oder Kombis in einer der letzten Renault-Fahrspaß-Enklaven, dem Renault Mégane R.S.

Unsere Highlights

Was in der Jugend des frechen Franzosen passierte, wissen wir nicht. Kerngesund, aber nicht mehr taufrisch präsentierte sich der Renault Mégane R.S., als er mit einer Laufleistung von 16.549 Kilometern in den sport auto-Dauertest übernommen wurde. Wir durften quasi erst ab der Pubertät des sportlichen Kompakten dabei sein, als er wenig später bei Kilometer 21.084 zum ersten Mal zickte.
Im Kombiinstrument blinkte der Warnhinweis „Einspritzung prüfen“. Außerdem flackerten die Xenon-Scheinwerfer vor allem bei der schnellen Jagd über Bodenwellen, als ob die feingeistige französische Leuchtweitenregulierung sich angesichts des ruppigen Bauzustandes einiger deutscher Straßen beleidigt zeigen würde.

„C‘est la vie“ dachte sich wohl der Renault-Vertragshändler, bei dem der Renault Mégane R.S. daraufhin einen ungeplanten Boxenstopp einlegte. Das Serviceteam behob durch den Wechsel des Turbolader-Steuerventils zwar den Malus „Einspritzung prüfen“, doch der Fehler der zitternden Leuchteinheit blieb und wurde bis zum Ende des Dauertests auch nicht gefunden.

Leistungssteigerung per Knopfdruck

Trotz dieses Fauxpas legte der Renault Mégane R.S. vom Start weg einen anständigen Auftritt hin. Jeden Tritt aufs Gaspedal quittierte der kompakte Sportler mit emotional-aggressivem Zischeln des Twin-Scroll- Laders. Während der sport auto-Dauertester noch mit 250 PS starkem Zweiliter-Turbo fauchte, wurde der R.S. Anfang des Jahres einer Modellpflege unterzogen. Aktiviert der Fahrer in der überarbeiteten Variante die Fahrprogramme „Sport“ und „Race“, steigt die maximale Motorleistung ähnlich wie in der Sonderversion R.S. Trophy auf 265 PS.

Statt 245 km/h soll so im überarbeiteten R.S. eine Höchstgeschwindigkeit von 254 km/h drin sein. Doch ob nun mit oder ohne Leistungsspritze von 1,25 auf 1,5 bar maximalem Ladedruck, der Power-Franzose legt schon im unteren Drehzahlkeller kräftig los. Turboloch und anschließende Nackenklatsche? Nichts dergleichen stört im Renault Mégane R.S. die Beschleunigung.

Überzeugendes Cockpit

„Warum ist der Drehzahlmesser gelb unterlegt?“, fragten sich einige Kollegen, während Online-Redakteur Carsten Rose „den schrägen Tacho bei 50 km/h“ schlecht ablesen konnte. Was für die einen Kritikpunkte sind, ist für andere unwichtiges Jammern auf hohem Niveau. In Wirklichkeit überzeugt das Cockpit dank wenigen Schaltern mit nüchtern, funktionellem Sportambiente. Die optionalen Recaro-Sportschalensitze mit anthrazitfarbenem Leder (Aufpreis 2.300 Euro) bieten nicht nur perfekten Seitenhalt, sondern sind auch so komfortabel, dass Langstreckenausflüge nicht in orthopädischer Behandlung enden. Anders gestaltet sich die Lage im Fond: Außer für Kleinkinder werden längere Touren in der zweiten Reihe aufgrund der bescheidenen Beinfreiheit schnell zur Qual. Doch wer im Renault Mégane R.S. hinten sitzen muss, hat aus Sportfahrersicht ohnehin etwas falsch gemacht.

Das optionale Cup-Paket des Renault Mégane R.S. ist empfehlenswert

Als Gast von zahlreichen sport auto-Perfektionstrainings schlürfte K-PR 1259 mehrfach Nordschleifen-Luft durch seinen breiten Luftschlund. Das optionale Cup-Paket (Aufpreis 1.590 Euro) mit einer strafferen Feder- und Dämpferabstimmung als beim serienmäßigen Renault Sport-Fahrwerk erwies sich auf der Eifel-Achterbahn als guter Partner. Der Renault Mégane R.S. gautscht nicht wie einst der R5 um die Kurven, sondern hetzt ohne starke Seitenneigung und Aufschaukeln über die Nordschleife. Einen Tick mehr französische Leidenschaft könnte das Fahrverhalten beim Thema „mitlenkende Hinterachse“ vertragen.

Agile Heckschwünge beim Anbremsen oder bei Lastwechseln sind ihm eher fremd, es sei denn er wird mutwillig durch zackige Lenkimpulse provoziert. Dann wird auch der Renault Mégane R.S. zum Sambatänzer. Ansonsten bleibt er weitgehend neutral mit leichter Tendenz zum Untersteuern. Auch mit abgeschaltetem ESP bleibt der R.S. gut beherrschbar. Mit seinem ungefilterten Handling ist er ehrlicher, als so mancher weichgespülte Kompakte aus dem VW-Konzern.

Dank der außerdem im Cup-Paket enthaltenen, geschlitzten Bremsscheiben punktet die beim Mégane R.S. serienmäßige Vier-Kolben-Bremsanlage von Brembo nicht nur mit passablen Verzögerungswerten, sondern auch mit ihrer Standfestigkeit. Für gute Traktion sorgt die ebenfalls nur im Cup-Paket mitgelieferte mechanische Differenzialsperre mit 35 Prozent maximaler Sperrwirkung. Ein wild scharrendes, kurveninneres Vorderrad plagt den Sportfahrer im Mégane R.S. nicht.

Feinsinnige stellten hingegen im Alltag leichte Antriebseinflüsse in der Lenkung beim Anfahren speziell auf Spurrillen fest. Im Vergleich zu anderen Fronttrieblern zeigt das Auto jedoch erstaunlich wenig Einflüsse des Motordrehmoments. Anders als beispielsweise der Mazda 3 MPS will der Renault Mégane R.S. beim Ampelstart nicht wie ein Hase auf der Flucht Haken schlagen, sondern stapft mit gutem Geradeauslauf zielsicher los.

Komfortferne Fahrwerksabstimmung

Beim Thema „Fahrwerksabstimmung für den Alltag“ erregt der Gallier jedoch die Gemüter. Anfangs sah es zwischen dem Mégane R.S. und Sportkollege Claus Mühlberger nach der Liebe auf den ersten Blick aus. „Lenkung, Fahrwerk und Schaltung alles schön direkt“ oder „kein Schaukelpferd“ notierte der scheinbar frisch Verliebte bei Kilometer 27.173 in der Testwagenkarte. Doch bei der vermeintlichen Traumehe standen die Zeichen schon bald wie bei Heidi Klum und Seal auf Rosenkrieg. Nach 64.716 Kilometern polterte Mühlberger plötzlich: „Die komfortferne Fahrwerksabstimmung ist übel. Das ist doch kein Formel 3-Auto.“

Was will man anderes auch von einem erwarten, der privat Mercedes SLK und neuerdings auch Nissan Navara fährt, vermuteten manche Zungen in der Redaktion. Doch das war natürlich nicht der Grund. Wie im echten Leben gründete der Sinneswandel schlicht auf einer neuen Flamme im Dauertestfuhrpark von sport auto, die auf Langstrecken weniger knackig, dafür aber wesentlich komfortabler begleitet. „Der Scirocco R ist um Welten besser“, argumentiert nun der Sportredakteur. Meinte unser Kollege damit etwa den Verbrauch?

Renault Mégane R.S. ist ein schluckfreudiges Auto

Beschreiben wir den Durst des Enfant Terrible aus der Renault-Sportabteilung im französischen Dieppe einfach mal so: Der Renault Mégane R.S. kann saufen wie die Rolling Stones zu ihren besten Zeiten, aber auch mit schwäbischer Sparsamkeit dahinzuckeln. Der Spritverbrauch bewegt sich zwischen 8,3 und 26,1 Liter auf 100 Kilometer. Im Durchschnitt schluckt er 12,2 Liter. Nach der bisherigen Testerfahrung ist der Scirocco R schon deutlich genügsamer. Doch der Vorteil an der Tankstelle muss erst mal wieder eingefahren werden. Mit 34.825 Euro liegt der Grundpreis des deutschen Kompaktkonkurrenten nämlich satte 7.500 Euro über R.S.-Einstiegspreis.

„Eine standfeste Sportskanone“, lobte Wolfgang Brettschneider den gepimpten Werks-Mégane. Mit zahlreichen Fahrzeugwäschen kümmerte sich der sport auto-Grafikchef rührend um das schmucke Lackkleid in Arktisweiß. Tanken, waschen, fahren – der Kompaktrenner strapazierte anders als manch anderer Langzeitkandidat mit seiner genügsamen Art kaum die Nerven der Redaktion. Außerhalb der zwei Inspektionen bei Kilometer 36.490 und 54.366 stand der Renault Mégane R.S. jederzeit zum Angasen bereit.

Kurz vor Ende des Dauertests gab’s dann aber doch noch eine Rüge im Dauertest-Klassenbuch. Nachdem Motorsportkollege Marcus Schurig „knackende Geräusche an der Vorderachse“ anmahnte, rollte der heiße Franzose noch einmal in die Werkstatt. Bei Kilometer 54.366 tauschte Renault auf Garantie den Achsschenkel vorne rechts, den aufgescheuerten Lehnenbezug des Fahrersitzes sowie die verrosteten Radschrauben.

Wir hoffen, dass Renault nicht nur angesichts des Pressefahrzeuges so kulant war und die Kunden später mit einem „Rien ne va plus“ tröstet.

Technische Daten
Renault Mégane Coupé R.S. Trophy R.S. Trophy
Grundpreis32.990 €
Außenmaße4299 x 1848 x 1435 mm
Kofferraumvolumen377 bis 1024 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit254 km/h
0-100 km/h6,6 s
Verbrauch8,2 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten