Revive One auf Porsche-Basis
Ja, dieses 911 G-Modell parkt an der Ladesäule

Ein Start-up aus Schleswig-Holstein bietet nun Elektro-Umbauten auf Basis klassischer Porsche 911 an. Der Revive One vertraut auf Großserien-Technik.

04/2022, Revive One Elektromod Umbau auf Basis Porsche 911 G-Modell
Foto: Revive Automotive GmbH

Erst 2019 hat Max Carstensen das Unternehmen Revive Automotive gegründet. Und sich sofort etwas getraut, das viele Autofreunde als Sakrileg betrachten dürften: In Heide, gelegen in der Nähe des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeers, bauen Carstensens Mitarbeiter klassische Porsche-911-Modelle zu reinen Elektroautos um. Die ersten fertigen Autos der Norddeutschen sind Elektromods auf Basis des 911 G-Modells in Coupé- und Targa-Form; Letzterer dient als Prototyp.

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04/2022, Revive One Elektromod Umbau auf Basis Porsche 911 G-Modell
Revive Automotive GmbH
E-Maschine statt Sechszylinder-Boxer: Im Motorraum des Revive One wird das Elektro-Geheimnis endgültig gelüftet.

Der Revive One, so die Modellbezeichnung des elektrifizierten Elfers, vertraut – wo es sinnvoll ist – auf Großserien-Technik, die "minimalinvasiv" (O-Ton Carstensen) in den Porsche integriert wird. E-Motor, Inverter – beides kommt von Bosch – und das selbst entwickelte Getriebe stützen sich zusammen mit der hinteren Batterie an den originalen Aufnahmepunkten im Heck und an der werksseitigen Getriebeaufnahme ab. Dadurch bleibt die Möglichkeit erhalten, das G-Modell auf seinen ursprünglichen Verbrennerantrieb zurückbauen zu können. Vorne sitzt ein weiterer Energiespeicher neben der Zwölf-Volt-Batterie und dem Kompressor für die optionale Klimaanlage. Diese Aufteilung führt Revive Automotive zufolge zu einer ausgewogenen Gewichtsverteilung. Apropos: Mit einem Leergewicht von 1.310 Kilogramm soll der Revive One nur 100 Kilogramm schwerer sein als das Original mit Boxermotor.

Leistungswerte wie beim 930 Turbo

Mit 220 kW (299 PS) ist der Revive One deutlich stärker als das Basisfahrzeug und bietet dem damaligen 911 Turbo 3.3 mit dem Werks-Code 930 Paroli. Das maximale Drehmoment beträgt 330 Newtonmeter und erreicht damit fast das Niveau des 911 Turbo 3.0. Der Elektro-Sportwagen beschleunigt in fünf Sekunden von Null auf Hundert und erreicht höchstens 200 km/h. Eine aufpreispflichtige Flüssigkeitskühlung für die Batterie soll sich darüber hinaus positiv auf das Leistungsvermögen der Akkus und des Fahrzeugs auswirken.

04/2022, Revive One Elektromod Umbau auf Basis Porsche 911 G-Modell
Revive Automotive GmbH
Der Ladeanschluss verbirgt sich unter jener Klappe, die beim Original den Tankverschluss von der Außenwelt abschottet.

Die Batteriepakete, die aus Zellen aus dem VW-Regal bestehen, bieten zusammen eine Kapazität von 54 Kilowattstunden. Das soll für eine realistische Reichweite von 300 Kilometern reichen; maximal sind 400 Kilometer drin, sagt Revive Automotive. Das 400-Volt-System bietet serienmäßig die Möglichkeit, an Gleichstrom-Schnellladern mit maximal 50 kW neue Energie zu zapfen. Gegen Aufpreis baut das Unternehmen CCS-Technik für noch flottere Tankvorgänge ein. Per Wechselstrom sind bis elf kW möglich. Die vorhandene Elektrik bleibt – mit Ausnahme des Motor-Kabelbaums – übrigens erhalten.

Kaum als E-Auto zu erkennen

Selbst 911-Kenner müssen ganz genau hinschauen, um das Elektro-Geheimnis des Revive One zu entdecken: Die Norddeutschen nehmen lediglich minimale Änderungen an der Karosserie vor. Letztlich bringen nur die fehlenden Auspuffrohre die Betrachterinnen und Betrachter auf die richtige Spur. Erst bei offener Heckklappe wird klar, dass der ursprüngliche Sechszylinder-Boxer einem Elektromotor gewichen ist, den die Truppe aus Heide aufgeräumt im begrenzten Bauraum unterbringt. Der Ladeanschluss befindet sich dort, wo beim Original einst der Tankverschluss saß.

04/2022, Revive One Elektromod Umbau auf Basis Porsche 911 G-Modell
Revive Automotive GmbH
Wo sich früher der Drehzahlmesser befand, sitzt nun eine Leistungsanzeige mit In- und Output in Kilowatt.

Innen sieht es ähnlich aus: Erst die Instrumente verraten, dass dieser 911 Strom statt Benzin tankt. Die originalen VDO-Instrumente modernisiert Revive, indem die Zeiger nun deutlich präziser als zuvor angesteuert werden. Der Tacho erhält eine neue Skalierung, statt der Tank- gibt es eine Füllstandsanzeige für die Batterie und der normalerweise zentral angeordnete Drehzahlmesser weicht einer Leistungsanzeige mit In- und Output in Kilowatt. Weitere subtile Änderungen betreffen einzelne Bedienelemente: Über neue Tasten auf der originalen Mittelkonsole können die Fahrerinnen und Fahrer den Ladevorgang stoppen oder einen der drei Fahrmodi Eco, Normal und Sport wählen. Der vorhandene Schalt- dient inzwischen als Automatik-Wählhebel.

2023 soll ein 964-Umbau folgen

Indem Fahrwerk und Bremsanlage – guter Zustand vorausgesetzt – unangetastet bleiben und auch keine modernen Fahrassistenz-Systeme einziehen, soll das puristische Elfer-Fahrfeeling weitgehend erhalten bleiben. Wer möchte, kann aber auch in dieser Hinsicht aufrüsten: Optional bietet Revive ein Bilstein-Fahrwerk sowie eine neue Bremsanlage aus dem Hause Zimmermann an.

Dass es so den Revive One nicht zum Discount-Tarif gibt, überrascht nicht. In Deutschland kostet der Umbau 83.300 Euro. Hinzu kommt das Basisauto, das die Kundinnen und Kunden selbst stellen oder von Revive beschaffen lassen können. Wer trotzdem fürchtet, klassische Porsche 911 werden durch die Elektrifizierung beliebig, kann sich von Max Carstensen und seinen Mitstreitern beruhigen lassen. Eigenen Angaben zufolge lassen die aktuellen Kapazitäten maximal 15 Umbauten pro Jahr zu. Dennoch strebt die Firma Wachstum und Weiterentwicklungen an: 2023 will sie einen elektrischen Porsche 964 auf den Markt bringen.

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Fazit

Darf man dem Porsche 911 G-Modell das Boxerherz entreißen und gegen einen Elektroantrieb eintauschen? Diese Frage dürfte Autofans noch eine ganze Weile in zwei Lager spalten. Fakt ist: Revive Automotive hat es einfach getan. Was wir auf Fotos sehen und auf dem Datenblatt lesen, erscheint vielversprechend. Ob das Fahrgefühl letztlich den eigenen Erwartungen entspricht, muss freilich jede oder jeder selbst entscheiden.