Volvo VNR Electric (2020)
Elektrischer Fronthauber für Amerika

Volvo Trucks setzt auf Elektromobilität: Nach ersten Initiativen in Europa stellt nun auch der nordamerikanische Ableger einen Langstrecken-Lkw mit E-Antrieb vor.

02/2020, Volvo VNR Electric
Foto: Volvo Trucks North America / Facebook

Von der auffälligen Farbgebung abgesehen, sieht die Flotte an Volvo VNR-Trucks, die da kürzlich durch Fontana, Kalifornien, cruiste, ganz normal aus. Aber schon akustisch dürften sich die Lastwagen als etwas aus der Art geschlagen geoutet haben. Kein Diesel-Wummern war für die Passanten zu vernehmen, was hauptsächlich daran lag, dass unter den langen Fronthauben gar keine klassischen Verbrenner aktiv waren. Diese Flotte wird nämlich ausschließlich von Elektromotoren angetrieben.

Unsere Highlights

Batterie-Kapazität von 300 Kilowattstunden

Die beiden 600-Volt-Maschinen des Volvo VNE Electric schaffen bis zu 10.000 Umdrehungen pro Minute und sind hinter dem Fahrerhaus angeordnet. Sie wirken auf die luftgefederten Hinterräder und leisten in der Spitze 400 kW / 544 PS. Als Dauerleistung gibt Volvo Trucks North America 260 kW / 354 PS an. Das maximale Drehmoment beträgt 32.000 Newtonmeter; allerdings am Rad, nicht – wie wir es sonst gewohnt sind – an der Kurbelwelle. Die Kraft verwaltet ein automatisiertes Zweigang-Getriebe.

02/2020, Volvo VNR Electric
Volvo Trucks North America / Facebook
Die Batteriepakete des Volvo VNR Electric kommen zusammen auf 300 Kilowattstunden.

Fahrerhaus, Rahmen und Chassis der regulären VNR-Serie hat Volvo Trucks nur im geringen Umfang angepasst. Die vier Batteriepakete hängen paarweise am Rahmen zwischen den Trittstufen und den hinteren Achsen; zwei weitere lassen sich hinter dem Fahrerhaus installieren. Die nutzbare Kapazität liegt laut Volvo aktuell bei 50 Kilowattstunden pro Paket – bedeutet insgesamt 300 Kilowattstunden bei voller Bestückung. Eine Reichweite nennt der Hersteller noch nicht; als Zielmarke gilt ein Bereich zwischen 121 und 282 Kilometern.

Schwerer als ein Volvo VNR mit Dieselmotor

Das ist gerade genug, um den Laster im Verteilerverkehr einzusetzen. Eine Erklärung für die schmale Reichweite ist das Gewicht des Volvos: Der VNR Electric wiegt leer schon über elf Tonnen und kann bis zu 19 Tonnen zuladen. In dieser Hinsicht ist er noch im Hintertreffen gegenüber einem VNR mit Verbrenner, der als Zugmaschine gut sieben Tonnen wiegt und mehr als 22 Tonnen schwere Auflieger an die Kupplung nimmt.

02/2020, Volvo VNR Electric
Volvo Trucks North America / Facebook
Der Volvo VNR Electric soll im Verteilerverkehr zum Einsatz kommen. Für die Langstrecke ist die Reichweite zu gering.

Geladen wird mit 400 Volt Gleichstrom per CCS-Anschluss, der sich im Bereich der Trittstufen zur Kabine auf der Fahrerseite befindet. Unter der Haube befinden sich statt eines Dieselmotors übrigens das Kühlsystem für die Elektro-Komponenten und die Leistungselektronik. Rekuperieren kann der Elektro-Truck mit der vollen Power von 260 kW; die konventionelle Scheibenbremsanlage ersetzt das natürlich nicht. Der Auflieger wird wie üblich mit Druckluft gebremst; die dafür nötigen Kompressoren sind Teil des Antriebsstranges.

Übersichtlicher im Innenraum

Auch innen gibt es keine großen Unterschiede zum bekannten Volvo VNR Truck. Auffällig ist höchstens, dass es im elektrischen Modell etwas aufgeräumter zugeht. Hinter dem 18 Zoll großen Lenkrad gibt es weniger Instrumente, und statt eines Schalthebels gibt es drei mit D, R und N beschriftete Knöpfe, die das Getriebe steuern.

Im Verlauf des Testprogramms namens Lights, das bis zum Jahresende laufen soll, will Volvo weitere Erfahrungen speziell mit den Akkus sammeln, um die Reichweite zu optimieren. Noch 2020 sollen die ersten Exemplare regulär auf den Markt kommen und auch Preise genannt werden.

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Fazit

Der Volvo VNR Electric ist ein weiterer Versuch, die Elektromobilität auf den Lkw-Verkehr auszuweiten. Aber es zeigt sich: Die typischen Probleme – Reichweite und Gewicht – schlagen hier noch heftiger durch als bei den Personenwagen. Bevor batterieelektrische Lastwagen auf der Langstrecke verkehren, muss sich das Konzept erst einmal im Verteilerverkehr durchsetzen – und das dürfte schwer genug werden.