Retro Classics 2013
Favoriten der Redaktion Teil 2

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Muscle-Cars, 38-Liter-Hubraum-Monster, japanische Roadster im bestechenden Zustand, uralte Schlepper und Winzlinge im Karussel-Format - das alles gab es bei der diesjährigen Retro Cassics zu sehen.

Retro Classics, 2013, Highlights der Redaktion
Foto: Franz-Peter Hudek

Retro Classics-Highlights von Michael Schröder

Ford Mustang Shelby GT 500, 1976, Halle 4: Ich habe mich am Samstag zusammen mit meinem zehnjährigen Sohn Luca durch die Messehallen treiben lassen, gespannt, wie er auf bestimmt Autotypen reagieren wird. Am längsten hielten wir uns (erwartungsgemäß) in Halle 4 auf, dort, wo sich in diesem Jahr die US-Car-Szene breitgemacht hat.

Amerikanische Modelle üben auf meinen Sohn derzeit eine große Faszination aus, und an Camaro, Firebird und Mustang kann er sich einfach nicht satt sehen. Ich gebe gerne zu, dass ich mich ein wenig von seiner Begeisterung habe anstecken lassen: als gemeinsamer Star entpuppte sich am Ende ein schwarzer Ford Mustang Shelby GT 500 Fastback von 1967 mit den obligatorischen weißen Rallye-Streifen.

Unsere Highlights

Für einen zehnjährigen Auto- und Rockmusik-Fan müssen sich die Angaben zu dem Fahrzeugs schier unglaublich angehört haben: 428er Police Interceptor Motor (was immer das bedeutet) und Aerosmith-Gitarrist Brad Whitford als prominenter Vorbesitzer. Lucas Tipp: kaufen und das Auto bis zu seinem 18. Geburtstag in der Garage parken. Genau genommen keine schlechte Idee, wäre da nicht der Preis von 159.000 Euro...

Hart Parr-Traktor 30-60 von 1916 in Halle 8

Ich bin wirklich kein Trecker-Fan, doch dieses Monstrum in Halle 8 hat mich nachhaltig beeindruckt: eine über neun Tonnen schwere Zugmaschine mit 38.600 cm³(!) Hubraum. Das Zweizylinder-Aggregat leistet dabei zwischen 30 und 60 PS - genügend Drehmoment, um einen schweren Pflug über einen Acker zu ziehen, dürfte in diesem Fall vermutlich bereits schon ab fünf Umdrehungen pro Minute vorhanden sein. Interessant auch die Bremsanlage: eine riesige Metallscheibe mit zwei aus Holz gefertigten Bremsbelägen. Bei Bedarf lässt sich ein passendes Ersatzteil dann wohl auch gleich im nächsten Wald schnitzen.

Datsun Fairlady 1600 von 1970

Tapfer hält dieser kleine Roadster in der von Porsche- und Mercedes-Modellen dominierten Halle 6 (private und gewerbliche Verkaufsbörse) die Fahne für japanische Klassiker hoch – allein dafür gehört ihm meine Hochachtung. Das 90 PS starke Auto stammt aus Kalifornien und ist angeblich eines der letzten vier Modelle, die je gebaut worden sind. Wie auch immer – mir gefallen seine klassischen Roadster-Proportionen und der Gedanke, dass sich unter dem Blech robuste Großserientechnik befindet. Der Exoten-Bonus garantiert zudem einen Startplatz bei jeder Rallye.

Porsche 911 T Targa von 1971

Ein Erst-Hand-Targa von 1971 mit nur 36.815 Meilen auf der Uhr und dazu in meiner Lieblingsfarbe Blutorange – genau so dürfte mein Wunschelfer aussehen. Leider ein Restaurationsobjekt.

Retro Classics Highlights von Kai Klauder

So reist der Gentleman: In Halle 6 bleibe ich an einem Jaguar hängen. Nicht an irgendeinem XJ6 oder MK II, sondern an einem der seltenen Shooting Brakes. Es ist ein 1986er Jaguar XJS V12 Eventer, der hier angeboten wird. Damit ist man nbestens angezogen, denn neben dem überzeugenden Äußeren passen auch die inneren Werte: Der bekannte V12 mit 295 PS, eine traumhaft schöne Innenausstattung in hellem Leder und dunklen Wurzelholz - und eine Grüne Plakette gibt es auch noch.

Laut Verkäufer wurden bei Lynx insgesamt nur 67 Exemplaren dieses gelungenen Hybriden, die Linkslenker darunter dürften an einer Hand abzuzählen sein. Für das angebotene Exemplar wird eine Laufleistung von nur 4.840 km angegeben. Der Preis liegt bei 69.900 Euro.

Ein Winzling namens Potomac

Wer behauptet, ein Fiat 500 sei ein Kleinstwagen, der kennt vermutlich nicht den Potomac. Dieses Auto erinnert an einen BMW 328 im Format eines Kirmeskarussellautos, doch im Heck sitzt ein kleiner Verbrennungsmotor und Platz ist für zwei schlank gebaute Menschen mit Leidensfähigkeit vorhanden. Der Zustand des 1939er Potomac ist authentisch. Das blanke Blech trägt viele Kerben und Flugrost ist auch überall zu finden. Ein paar Durch- und Abrostungen gibt es auch. Der Fahrzeugboden ist löchrig und erinnert an Blätterteig, doch wer schaut schon so genau hin, wenn vermutlich nur drei Exemplare gebaut worden sind.

Sie nannten ihn Hanno

In der höchst sehenswerten Halle 9 gab es einige Raritäten aus dem Landmaschinenbau zu sehen. Mein Auge blieb lange an dem Hanno Typ R136 kleben, einer Zugmaschine aus dem Jahr 1936, der in Hannover-Laatzen bei der Firma Hoffmann gebaut wurde. So klein Hanno auch ist, er kann Lasten bis zu 10 Tonnen ziehen. Angetrieben wird der Kleine von einem Gegenkolbenmotor von Junkers. Der Zweitakt-Dieselmotor mit 696 Kubik leistet 12,5 PS. Nur drei Hanno sind weltweit noch bekannt.

Retro Classics-Highlights von Franz-Peter Hudek

Fiat 1400 Touring Abarth: Wer vom Eingang Ost auf dem direkten Weg zu Halle 3 und zum Stand von Motor Klassik unterwegs war, kam an einigen alten, bunten Tanksäulen vorbei. Gegenüber zeigte Enrico Bertone aus Monaco individuelle Italiener wie den von Alf Cremers geschätzten gelben Maserati Ghibli. Davor stand eine knallrote, mittelgroße, zweitürige Ponton-Limousine aus den Fünfzigern mit rotweiß lackierten Felgen und Plexiglas-Schiebefenstern. Türgriffe fehlten, dafür gab es unterhalb des Kofferraumdeckels einen Renntank-Verschluss. Der Innenraum war komplett bis auf zwei kompakte Sportsitze mit hellbraunem Leder ausgeräumt. Vierkantrohre versteiften den Fond und dienten als Ablage für zwei (nicht vorhandene) Reserve-Räder.

Der freundliche Händler Bertone aus Monaco erzählt die Geschichte des authentischen Renn-Tourenwagens von 1950. Komplette "Superleggera" Alu-Karosserie von Touring, Motor von Carlo Abarth überarbeitet. Gewichtsreduktion von 1.150 auf 850 Kilogramm, 120 PS, 188 km/h. Es entstanden nur drei Fahrzeuge, insbesondere für die Mille Miglia. Mehr Understatement und Originalität sind für einen historischen Rennwagen mit Touring-Karosserie kaum denkbar. Der Preis erscheint stolz, aber für Kenner gerechtfertigt: 150.000 Euro.

Porsche 928 Strosek

Radikal-Umbau von Strosek mit breiten Hüften und kleinen Testarossa-Kiemen in den Türen. Die Rundum-Anbauten wie auch die komplett mit Breitband-Scheinwerfern ausgefüllte Front-Stoßstange sind handwerklich perfekt ausgeführt und vor allem sehr gut erhalten. Der neue, aber im Originalfarbton gehaltene Lack in einem changierenden, dunklen Rotbraun passt wunderbar zu den chromglänzenden BBS-Felgen. Dieser 928 von 1982 wirkt knuffiger und brutaler als das abgeklärte, nüchterne Original. In der YOUNGTIMER-Ausgabe 3 ist der 310-PS-Sportler während einer nächtlichen City-Tour zu bewundern. Das Heft kommt am 3. Juli. Bitte vormerken!

Delahaye 235 Cabriolet Chapron

Nach dem Krieg versuchte die französische Luxusmarke wieder alte Zeiten zu beschwören, indem man auf die Chassis mit Sechszylindermotoren wie gewohnt Karosserien berühmter Manufakturen stellte. In diesem Fall aus dem Hause Chapron. Jedes Auto wurde individuell nach den Wünschen seines Besitzers gestaltet. Selbstverständlich hatte sich 1953 in diesem Luxus-Segment die Ponton-Karosserie bereits durchgesetzt. Die die oft nur zweisitzigen Coupés und Cabrios wirkten dadurch umso wuchtiger und wichtiger. Mehr Repräsentation war damals kaum möglich. Doch dieses Cabrio wirkt relativ leichtfüßig und machte im Nobel-Strandbad Deauville oder Honfleur eine gute Figur. Ein Auto, das mit Strohhut und Gamaschen gefahren werden musste. Leider hat es nur 152 PS.

Was sonst noch ins Auge fiel

Ebenfalls einen Rundgang-Stopp verdienten natürlich einige durchgeknallte US-Cars wie der Stutz Blackhawk, aber auch ein ganz normaler Ford Thunderbird aus den frühen Sechzigern mit dem noch immer spektakulärsten Innen-Design aller Zeiten. Mit Preisen ab 25 000 Euro bei den Coupés ist man übrigens schon Inhaber einer dieser Ford-Düsenjäger auf Räder. Dann vielleicht noch der kleinste "Neunelfer" aller Zeiten, ein bildhübsches Coupé auf Steyr-Puch-Basis mit nur Zwei Zylinder im Heck, gebaut von Intermeccania in Turin. Im Jahr 1961 entstanden nur zehn der 25-PS-Flitzer. Kleiner ist keiner.