ABT Audi RS6 E1000 im Fahrbericht
Mit Doppel-Herz und 1.018 PS Systemleistung

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Zum leistungsgesteigerten Biturbo-V8 gesellt sich im Abt Audi RS6-E 1000 ein Elektromotor und macht dem Kombi zum Hybridmodell. Damit steigt die Systemleistung auf wahnwitzige 1.018 PS. Wie sich das anfühlt? Wir haben es ausprobiert.

So beschleunigen 1.018 PS

Alles ist endlich: Geduld, fossile Kraftstoffe, die 1,1 Kilometer lange Gerade auf dem alten Memminger Militärflughafen im Besonderen. Nur der Schub des Abt Audi RS6-E1000 scheint in der Tat kein Ende zu haben. Was wiederum die Endlichkeit besagter Geraden bedauerlicherweise begünstigt. Aber von vorne: Um am eigenen Leib zu erfahren, wie sich eine Beschleunigung mit 1.018 PS anfühlt, hat uns das Team von Abt ins Allgäu eingeladen. Dort wartet der hybridisierte RS6 am Fuße einer schnurgeraden Asphalt-Symphonie.

Unsere Highlights

Die Power des bereits auf 730 PS modifizierten Vierliter-V8 bekommt per Knopfdruck zusätzliche 288 Elektro-PS und 371 Newtonmeter an die Hinterachse verladen. Allerdings geht das nicht aus dem Stand. Warum? Nunja, wenn wir den Antriebsstrang mit der gesamten Kraft von 1.291 Newtonmetern spontan überrumpeln würden, gäb’s vermutlich ähnlich lange Gesichter wie auf einem Kindergeburtstag ohne Sahnetorte. Deshalb muss der Wagen schon in Bewegung sein, damit die Kraft dann auch ihren Dienst verrichten kann.

Abt Audi RS6 E1000 Tuning Hybrid Fahrbericht
Achim Hartmann
Mit einem durchdringenden Sirren spuckt der Elektromotor alles aus, was er zu bieten hat.

Wie erfrischend schlicht ist ein Fahrbericht, der sich einzig und allein auf den Aspekt der Längsdynamik konzentriert. Kurven spielen heute überhaupt keine Rolle. Also, voll auf’s rechte Pedal gelatscht. Der 2,2-Tonnen-Koloss schiebt unter tosendem Gebrüll an. Der rechte Daumen schwebt bereits über dem grünen Boost-Knopf am Lenkrad, um keine Millisekunde der süßen Schubkraft zu vergeuden. Kaum überschreiten wir die 100 km/h ist es so weit. Mit einem durchdringenden Sirren spuckt der Elektromotor alles aus, was er zu bieten hat. Wer jetzt einen Satz vermutet wie „Es drückt einen in die Polster“ oder „Die Nackenmuskulatur hat Mühe mit dem Kampf gegen den Punch“, der irrt, denn ein Erlebnis dieser Art ist das überhaupt nicht. Das Beeindruckende an der zusätzlichen Power ist die scheinbare Unendlichkeit. Wo konventionellen Aggregaten am oberen Ende der Tempo-Skala irgendwann die Luft ausgeht, hat man im Abt RS6-E das Gefühl, er drückt einen einfach immer weiter. Ohne Gnade und ohne Einbruch. Das Ende allerdings lässt sich doch ziemlich genau beziffern: Nach zehn Sekunden ist der E-Boost vorbei. Aber so lange reicht die 1,1 Kilometer lange Gerade ohnehin nicht aus.

Abt Audi RS6 E1000 Tuning Hybrid Fahrbericht
Achim Hartmann
Der rechte Daumen schwebt bereits über dem grünen Boost-Knopf am Lenkrad, um keine Millisekunde der süßen Schubkraft zu vergeuden.

Wo verstaut man 288 PS?

Am Anfang des RS6-E-Projekts stand ein ganz normaler Audi RS6 Avant. In dessen Bug schlägt ein 560 PS und 700 Nm starker Vierlieter-Biturbo-V8. Der wurde von Tuner Abt klassisch per neuer Motorsteuerungssoftware und eine durchsatzfreudigeren Abgasanlage auf 730 PS und 920 Nm gebracht. Als „Abt Power R“ ist dieses Performance-Paket bereits im Handel verfügbar. Der Prototyp Abt RS6-E 1000 hat jedoch mehr zu bieten, denn die Abt-Ingenieure haben im Kardantunnel einen zusätzlichen Elektromotor installiert, um per Knopfdruck einen Zusatz-Boost an der Hinterachse zu ermöglichen. Der E-Motor ersetzt dabei in Kombination mit zwei kürzeren Wellen die ursprüngliche Kardanwelle und verschwindet quasi unsichtbar unter einem silbernen Wärmeschutzblech. Der Akku schmiegt sich in die Mulde des Reserverads im Kofferraum. „Unser Ziel ist es langfristig ein derartiges Tuning als Plug and Play-Lösung anzubieten. Und die Radmulde oder der Kardantunnel sind Bauräume, die man fast immer zur Verfügung hat“, erklärt Abt-Ingenieur Florian Miller.

Mit Zusatz-E-Motor auf über 1.000 PS

Der Elektromotor liefert kurzzeitig (maximal 10 Sekunden) 213 kW (288 PS) und 317 Nm Drehmoment zusätzlich an die Hinterachse. In Summe ergibt sich so eine Spitzensystemleistung von 1.018 PS und 1.291 Nm. Zugeschaltet werden kann der E-Boost allerdings erst oberhalb von 100 km/h in den Gängen 3 bis 8 wenn das Gaspedal zu wenigstens 75 Prozent durchgetreten ist. Die notwendige Energie strömt aus einer 13,6 kWh großen Batterie, die vom Zulieferer Kreisel stammt und zusammen mit der Leistungselektronik unter dem Kofferraumboden sitzt. Die Zusatzkühler für den E-Antrieb sitzen hinter der Frontmaske. Der komplette E-Antriebsstrang bringt zusätzliche 255 Kilogramm auf die Waage. Der Abt RS6-E wiegt so 2.205 Kilogramm.

Abt Audi RS6 E1000 Tuning Hybrid Fahrbericht
Achim Hartmann
Die notwendige Energie strömt aus einer 13,6 kWh großen Batterie, die vom Zulieferer Kreisel stammt und zusammen mit der Leistungselektronik unter dem Kofferraumboden sitzt.

Das Know-How für den adaptierten Elektroantrieb zieht Abt aus seinem Einsatz in der Formel E. Der Prototyp Abt RS6-E 1000 soll zudem zeigen, wohin sich die Tuningbranche künftig entwickeln könnte, wenn Hybridmodelle und andere alternative Antriebe verstärkt in den Fokus der Kunden geraten.

Bewährtes Aeropaket für den Avant

ABT Audi RS6 E1000
Abt
Das Aeropaket ist vom normalen Abt6 RS6 Avant bekannt.

Der Abt RS6-E 1000 tanzt natürlich auch optisch aus der Reihe. So bekam der Prototyp eine futuristisch anmutende Vollfolierung verpasst, die in ihrem Design an Leiterplatinen erinnert und so den Hybridantrieb auch optisch aufnimmt. In den Radhäusern stecken 21 Zoll große Leichtmetallfelgen aus dem Abt-Programm, die mit speziellen Aero-Ringen bestückt wurden. Abgerundet wird der RS6-E 1000-Auftritt durch ein Aeropaket, wie es auch für den normalen RS6 angeboten wird. Verbaut werden eine neue Frontlippe, Frontschürzenaufsätze, Spiegelkappen, Radhausentlüftungen sowie Seitenschweller- und Heckschürzenaufsätze nebst Heckspoiler. KW Gewindefahrwerksfedern sorgen für die standesgemäße Tieferlegung.

Einen Preis für den Hybrid-Prototypen nennt Abt nicht, dafür aber eine Spurtzeit. Null bis 100 km/h sollen in 3,3 Sekunden machbar sein. Schon mit dem leistungsgesteigrten Verbrenner rennt der RS6-E 1000 320 km/h schnell. Der Hybrid ist auch nicht schneller, weil die Übersetzung nicht mehr hergibt.

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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten