Fahrbericht Alpina B6 Biturbo Coupé Edition 50
Ausfahrt im 600-PS-Jubiläumsmodell

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Mal eben 60 PS mehr Leistung, ein um 70 Nm höheres Drehmoment, ein mechanisches Sperrdifferenzial, leichtere 20-Zoll-Schmiederäder und ein fesches Retro-Interieur – zum 50. Geburtstag packt Alpina sich selbst ein besonders nettes Päckchen, verkauft es aber natürlich auch gerne. Zum Beispiel als 600 PS starkes Jubiläums-Coupé B6 Biturbo.

Alpina B6 Biturbo Coupé Edition 50, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Um ein Haar wäre es passiert. Beinahe hätten Sie in diesem Artikel einen Jaguar von Alpina fahren sehen. Doch so weit kam es dann doch nicht an jenem Abend in London, als bei einem exquisiten Abendessen der gerade von BMW zu Ford abgewanderte Entwicklungschef Wolfgang Reitzle Alpina-Gründer Burkhard Bovensiepen eine erkleckliche Summe für sein Unternehmen bot.

Für die hübsche Ford-Tochter Jaguar sollte Alpina sportliche Derivate entwickeln, doch Bovensiepen lehnte ab – aus Loyalität zu BMW, wie er erzählt. Und der Seniorchef plaudert gerne über sein Unternehmen, das in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Darf Bovensiepen ja auch, feiern und erzählen, schließlich zählen seine Modelle trotz oder gerade wegen der überschaubaren Stückzahlen zur Automobilgeschichte und -gegenwart.

Alpina B6 Biturbo Coupé mit 600 PS

In beiden Epochen spielt das Sechser Coupé in der Alpina-Interpretation eine nicht unerhebliche Rolle. Damals, 1982, verhalf ein Turbolader dem 3,5-Liter-Reihensechszylinder zu fantastischen 330 PS, heute kämpfen 600 PS mit dem rund 1,9 Tonnen schweren Alpina B6 Biturbo Coupé. Ein Kampf, den der doppelt aufgeladene V8-Motor meist schnell und souverän gewinnt, obwohl die technischen Daten zunächst verwundern. Das maximale Drehmoment von 800 Newtonmetern liegt erst bei 3.500 Umdrehungen an?

Wie auch immer, darunter muss ausreichend davon zur Verfügung stehen, denn das Alpina B6 Biturbo Coupé wuchtet sich lässig und stürmisch zugleich aus dem Startblock. Das mittels optimierter Luftführung, größerem Luftfiltergehäuse und geänderter Kraftstoffversorgung von 540 auf 600 PS leistungsgesteigerte Aggregat reagiert aber nicht so fix wie ein Saugmotor, krempelt erst noch kurz die Ärmel hoch, um dann mit einer herrlich linearen Kraftentfaltung das Alpina B6 Biturbo Coupé zu schultern. In 4,2 Sekunden, verspricht der Hersteller, könne der B6 nun die 100-km/h-Marke aufschnupfen, ein Zehntel fixer als bislang und vier Zehntel schneller als ein serienmäßiger BMW 650i.

Geburtstagsständchen von Akrapovic

Das passende Ständchen zum Jubiläumsmodell spielt die zusammen mit Akrapovic entwickelte Titan-Abgasanlage, die sich mit Carbon-verzierten Endrohren schmückt und gegenüber einer Edelstahl-Variante 17 Kilogramm Gewicht einsparen soll. Das mag stimmen, doch es stellt sich wohl eher die Frage nach dem Klang des Alpina B6 Biturbo Coupé. Die Anlage intoniert schwere Bässe mit intensiverem, brodelnden Unterton, präsent, aber um des weiß-blauen Himmels willen bloß nicht aufdringlich – denn Aufdringlichkeit schätzt Herr Bovensiepen nicht.

Also bohrt sich das 4,4-Liter-Aggregat auch dann nicht fies in die Gehörgänge, wenn es gedreht wird, gerne mal bis 7.000/min, was aber aufgrund des Allgäuer Heuhaufens an Drehmoment eigentlich überflüssig ist. Ohnehin gehört jene Beschleunigung, die das Biturbo Coupé als Antwort liefert, wenn weit jenseits von 200 km/h nochmals eine unangekündigte Leistungsabfrage erfolgt, eher auf die großen Autobühnen dieser Welt. Schnaubend schaltet die Achtstufenautomatik zwei Gänge herunter, so schnell, dass es höchstens das Getriebe selbst merkt. Jetzt, da es schnell geradeaus geht, fällt auf, dass das Fahrwerk des B6 ebenso gelassen und professionell wie das mit 1,2 bar aufgeladene Triebwerk arbeitet.

Alpina B6 Biturbo Coupé mit agilem Handling

Die Alpina-spezifische Abstimmung der adaptiven Dämpfer sowie die 20-Zoll-Räder binden das Alpina B6 Biturbo Coupé ebenso straff wie ernsthaft an die Straße, schaffen es jedoch ebenso, Querfugen ordentlich zu filtern. Harte Schläge? Poltern gar? Sicher nicht. Fahrwerke austüfteln, das können sie ja schon länger, die Herrschaften von Alpina. Weshalb sollte also das jüngste Modell aus dem festlichen Rahmen fallen?

Übrigens: Gerade schnürt das Alpina B6 im Sport-Modus die A96 herunter. Die Spreizung der einzelnen Modi geriet so breit, dass bei Comfort+ leichte Vertikalbewegungen von einem Maximum an Federungskomfort erzählen, ohne in volkstümliche Schunkelei zu verfallen.

Wie sieht's denn in Kurven aus? Nun, für bayerische Landstraßen dritter Ordnung mag das 4,89 lange und vor allem 1,89 Meter breite Alpina ohnehin etwas zu üppig geraten sein, doch dafür kann ja Alpina nichts – für das agile Handling dagegen schon. Präzise folgt der B6 Einlenkbefehlen, drückt bei besonders schwungvollem Kurveneingangstempo ganz leicht mit dem Heck, bleibt neutral.

Traktion? Zur Stelle, zumindest bei Trockenheit und sogar bei nicht ultimativ glatter Fahrbahn – der ausgewogenen Fahrwerksabstimmung sei Dank. Daran ebenfalls nicht ganz unbeteiligt: das Hinterachsdifferenzial von Drexler mit 24 Prozent Sperrwirkung bei Zug und Schub. Also baut der Jubiläums-Alpina schnell massive Querbeschleunigung auf, sodass das grün-gelbe Karomuster der Sportsitze zu verrutschen droht.

B6 nimmt sich B7 S als Beispiel

Damit zitiert der aktuelle B6 im Interieur das B7 S Turbo Coupé von einst, handwerklich perfekt, optisch gewollt ein bisschen aus der Zeit gefallen, doch das hat sich das Familienunternehmen durch die nach wie vor lieferbaren Zierstreifen (gerne auch in Gold) ohnehin bewahrt. Es sind die einzigen etwas lauteren Töne, die Burkhard Bovensiepen zulässt.

Und dass Wolfgang Reitzle bereits nach drei Jahren Ford und deren Premier Automotive Group wieder verließ, zeigt, dass Bovensiepen damals die richtige Entscheidung traf, wenngleich aus anderen Gründen – von denen er auf Nachfrage gerne erzählt.

Technische Daten
Alpina B6 Coupé
Grundpreis129.200 €
Außenmaße4894 x 1894 x 1375 mm
Kofferraumvolumen460 l
Hubraum / Motor4395 cm³ / 8-Zylinder
Leistung441 kW / 600 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit330 km/h
Verbrauch9,4 l/100 km