Audi S8 (2019)
Luxusdampfer mit Aktivfahrwerk

Audis Flaggschiff kommt in der D5-Generation jetzt als S8 – bei uns ausschließlich mit kurzem Radstand, in den USA, Kanada, China und Südkorea hingegen nur als zwölf Zentimeter längere 5,30-Meter-Langversion. Anders als beim Diesel-S6 und -S7 bleibt der S8 auch in Europa beim V8-Ottomotor.

Audi S8 (2019)
Foto: Audi

38 Assistenzsysteme, fünf Radarsensoren, sechs Kameras, zwölf Ultraschallsensoren und ein Laserscanner. Dazu 48-Volt-Mildhybridisierung, ein vorausschauendes Aktivfahrwerk mit Luftfedern ringsum plus je einem elektrischen Stellmotor pro Federbein: Willkommen in der Liga der außerordentlichen Technologiebomber.

Weil auf dem Heckdeckel S8 steht und Audi dafür mindestens 140.000 Euro verlangt, muss vor allem mal die Performance passen: 3.996 cm³, acht Zylinder, zwei Turbos im 90-Grad-Innen-V für 571 PS und 800 Nm. Von Null auf Tempo 100 geht es mit dem Allradantrieb in 3,8 Sekunden. Läuft? Läuft, denn obwohl die beiden Abgaslader im unteren Drehzahlbereich einen Moment brauchen, bis sie voll dabei sind: Der Schub ist schon bei atmosphärischem Luftdruck ordentlich, der Ladedruck baut sich anschließend zügig auf. Und am Kurvenausgang? Wenn da so um die 4.000 Touren anliegen, hämmert das Dickschiff aus dem Schubbetrieb ohne jegliche Turboverzögerung los.

Unsere Highlights

Klassengemäßer V8-Klang

Dabei wird der Soundtrack im Innenraum auch synthetisch angefettet: Das fällt glücklicherweise nicht auf, zudem bleibt der Klang ohnehin immer dem Oberklasse-Knigge entsprechend dezent – auch von der automatischen Auspuffklappe bekommt man wenig mit. Dennoch gibt’s angenehme V8-Töne, die Teil des Fahrerlebnisses sind.

Audi S8 (2019), Cockpit
Audi

Das ist trotz sportlicher Ambitionen stark vom Luxus geprägt. Okay, die (so gut wie) Touch-only-Bedienung passt so recht nicht ins Bild – trotz längerem Studium in diversen Audis ist sie während der Fahrt nur so lala. Aber sonst? Tolle Verarbeitung, feinstes Leder überall und S8-spezifische Kohlefaserzierleisten. Dazu gibt’s einen mittlerweile raren Limousinenklassiker: das Vierspeichenlenkrad. Das passt nicht nur hervorragend zur Klasse, sondern die unteren Streben sind beim Cruisen mit aufliegenden Ellenbogen eben auch eine bequeme Angelegenheit: Da hat man sich halt mal was bei gedacht – genau wie beim Drehdrücksteller und richtigen Knöpfen.

Kamerabasiertes Aktivfahrwerk plus Wankausgleich

Los geht das mit dem Luxus aber schon beim Öffnen der Soft-Close-Türen, wenn der Audi S8 dann via serienmäßigem Aktivfahrwerk erstaunlich zackig fünf Zentimeter hochspringt: Das System kann die Räder mit den Stellmotoren an den Federbeinen einzeln hochziehen oder runterdrücken. Die notwendigen Informationen dafür liefert die Frontkamera, die den Fahrbahnbelag der nächsten 15 Meter permanent auf Unebenheiten untersucht. Ob’s in der Praxis klappt? Über lange Wellen rollt der S8 richtig wolkig, auf kurzen Querfugen merkt man vom System wenig bis gar nichts, komfortabel bleibt’s dennoch.

Zusätzlich lehnt sich die Karosserie in den Kurven speziell zwischen 80 und 130 km/h um bis zu drei Grad auf die kurveninneren Räder. Dabei spürst du den Wankausgleich, ohne dass sich das besonders merkwürdig anfühlen würde. Ob das jetzt aber signifikant bequemer ist, lässt sich ohne Vergleichsfahrzeug so richtig nicht sagen. Egal wie, der S8 federt klassengemäß – also luxuriös.

Sportprüfung auf der Bergstrecke

Das war zu erwarten, spannender ist also, wie der ohne Fahrer 2.230 Kilogramm schwere 5,18-Meter-Apparat durch die Ecken fährt. Dafür zunächst in den Dynamikmodus wechseln: Die Luftfedern können mit nur einer Kammer die Federrate zwar nicht beeinflussen, dafür schalten die Stoßdämpfer vom passiven in den Adaptivmodus. Vor der ersten Kurve wird’s interessant: hart aufs Bremspedal, voll ins ABS rein. Die 8.500 Euro teure Keramikbremsanlage packt heftig zu – und das Pedalgefühl ist mit passendem Druck und eindeutiger Kommunikation des ABS-Regelbereichs sauber. Ob man die Mildhybridisierung im Bremspedal spürt? Nein, gar nicht: Die Rekuperationsleistung des Riemenstartergenerators ist mit acht Kilowatt noch ausreichend gering, um auf Brake-Blending ganz verzichten zu können: Damit ist der Übergang von der Rekuperationsverzögerung auf die Hydraulikbremse gemeint, der sich bei Hybridfahrzeugen oft matschig anfühlt.

Audi S8 (2019)
Audi

Da das Aktivfahrwerk eine starke Nickbewegung des Vorderwagens verhindert, ist es außerdem einfach, ihn beim Einlenken geschmeidig zu entlasten. Und dann macht die Hinterachse in den spitzeren Biegungen richtig mit – nicht nur mit ihrer Lenkung, sondern das Sportdifferenzial liefert tatsächlich einen Rotationsimpuls. Dabei pusht der S8 nicht so stark, dass du gegenlenken müsstest – nur genau so viel, bis das Extra an Agilität spürbar wird. Und ja, trotz der 2,3 Tonnen kann man durchaus von einer gewissen Agilität sprechen.

Aufwändiges Lenksystem

Die Dynamiklenkung kann die Übersetzung ihres Wellgetriebes anpassen: Auf der ersten Testfahrt bleibt das System weitestgehend unauffällig. So weit, so gut, jedoch zeigt es gegenüber herkömmlichen Lenkungen keinen auffälligen Dynamik- oder Komfortgewinn. Unter dem Strich ist der Ersteindruck ordentlich, auf Sport eingestellt sind die nötigen Lenkkräfte auch nicht so extrem niedrig wie in den anderen Modi: Rückmeldung gibt’s auch, allerdings eher in zurückhaltendem Maße. In zügig gefahrenen Wechselkurven fühlt sich die Lenkung jedoch nicht immer gleich an: Beim Lenken über die Geradeaus-Stellung bleibt das Lenkgefühl meist gleichmäßig, gelegentlich wird’s jedoch synthetisch-eckig mit Einbrüchen und Spitzen in der Lenkunterstützung.

Klar, das sind für so ein Schiff seltene Extremsituationen: Aber weil der S8 vom Landstraßenturnen viel mehr versteht, als man meinen würde, scheint es erwähnenswert. Wo wir bei Extremsituationen sind: Die Vmax-Grenzwand mauert das Steuergerät selbst mit der Keramikbremsanlage bei 250 Klamotten – eine Anhebung bietet Audi nicht an.

Audi S8 (2019)
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Fazit

Dicker V8, 800 Biturbo-Newtonmeter, 571 PS plus geschmeidiger ZF8-Automatik. Dazu gibt’s Technologie noch und nöcher, ein prächtiges Wohnzimmer plus klangstarker 5300-Euro-Musikanlage von Bang & Olufsen. Außerdem: Für seine 2,3 Tonnen beackert der S8 kurvige Landstraßen ganz vorzüglich – und das macht mit dem Sportdiff und der Allradlenkung sogar Spaß. Was ihm fehlt? Ein Bedienkonzept mit Drehdrücksteller und richtigen Knöpfen.

Technische Daten
Audi S8 TFSI Quattro
Grundpreis142.000 €
Außenmaße5179 x 1945 x 1474 mm
Kofferraumvolumen505 l
Hubraum / Motor3996 cm³ / 8-Zylinder
Leistung420 kW / 571 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch10,7 l/100 km