Bentley Continental GT V8 im Fahrbericht
Allrad-Coupé wird zeitgemäßer

Bentley erweitert die Continental GT- und GTC-Baureihe um einen Biturbo-V8. Damit soll der Gran Turismo günstiger und vor allem sparsamer als mit dem Zwölfzylinder sein.

Bentley Continental GT V8
Foto: Karl-Heinz Augustin

Downsizing könnte man in der Premium-Liga schnell falsch verstehen. Etwa dass dem Kunden im Vergleich zu früher etwas vorenthalten wird. Dem Luxus wohnt schließlich unverrückbar der Überfluss-Gedanke inne. Im Vordergrund muss also stehen, dass das Weniger ein Mehr generiert. Im Falle des Bentley Continental GT V8 wäre das die Reichweite von 857 Kilometern – dank dem um 40 Prozent niedrigeren Verbrauch immerhin 157 mehr als im Zwölfzylinder-Modell.

Zwar werden Reiche auf Reisen kaum über Spritpreise jammern – aber sie warten nicht gerne an Tankstellen, bis der 90-Liter-Tank vollgelaufen ist. Damit wird der 2+2-sitzige Gran Turismo seinem Namen gerechter als je zuvor: Mit dem neuen Bentley Continental GT V8 ließe sich, wenn schon kein Kontinent, zumindest ein Land wie unseres durchqueren – großzügig betrachtet. Und um eine gewisse Generosität kommt man selbst beim neuen Basis-Bentley nicht herum.

Bentley Continental GT V8 zehn Prozent günstiger als W12

Um zehn Prozent günstiger als der nach wie vor erhältliche W12 steht der Bentley Continental GT V8 in der Preisliste, er leistet 68 PS weniger, ist 25 Kilogramm leichter und optisch stärker in Richtung Sport herausgeputzt. Dafür gibt es etwas weniger Ausstattung. So entfällt die bis auf die Rücksitze verlängerte Mittelkonsole, und serienmäßiges Edelholz beschränkt sich auf Eukalyptus. Wer will, kann das Gesparte natürlich in Optionen anlegen und den Bentley Continental GT V8 auf den Stand des W12 bringen.

Doch Bentley spekuliert eher auf jüngere Kunden, die eben erst zu Geld gekommen sind und es häufig beim Grundpreis von 161.840 Euro belassen dürften – wobei der Bentley Continental GT V8 serienmäßig alles andere als ein Arme-Leute-Bentley ist. Sein Biturbo-Achtzylinder arbeitet auch im Audi S8 und bringt es auf 507 PS, verfügt über Direkteinspritzung sowie Zylinderabschaltung. Legt man den Fuß zwischen 1.200 und 1.800/min nur ganz sanft ans Gaspedal an, dann ist man quasi mit einem V4 unterwegs – was nur sensible Ohren hören dürften. Sinkt das Gaspedal allerdings Richtung Teppich, dann springt das Coupé mit einer Dramatik los, die einen Hubraum-Giganten vermuten lässt. Der Vierliter schiebt wie ein TDI aus der Tiefe des Raumes, gefühlt kaum schlechter als der Sechsliter. Aus dem Stand auf 100 km/h benötigt der Bentley Continental GT V8 nur zwei Zehntel mehr, wobei die Achtgang-Automatik von ZF bei vollem Leistungs-Abruf äußerst zackig schaltet; sie soll demnächst auch im W12 kommen.

660 Newtonmeter Drehmoment-Welle

Natürlich ist der Einsatz der beiden Lader im Bentley Continental GT V8 zu spüren – aber das lässt die anschließende Drehmoment-Welle von 660 Nm umso gigantischer erscheinen. Es ertönt entschlossenes Knurren, dann das typische V8-Bollern, untermalt von einer Bass-Frequenz, die der Zwölfzylinder nahezu identisch von sich gibt: den Bentley-Beat. Schnellfahren bleibt frei von Hetze und lässt sich als bewusster Genuss von Geschwindigkeit wahrnehmen. Das Allrad-Coupé lenkt definiert ein, stützt sich fundiert gegen die Zentripedalkräfte ab und lässt sich dank heckbetonter Auslegung des Allradantriebs (60 zu 40 Prozent) noch mehr als früher auf Lastwechsel ein.

Doch das Coupé bittet nach wie vor ausreichend Raum, um sich entfalten zu können. Auf engen Landsträßchen weiß der Bentley Continental GT V8 nicht so recht, wohin mit seiner Körperfülle, wirkt wie in einen zu engen Anzug gezwängt. Entschleunigt reist es sich deshalb am angenehmsten. Der V8 wummert im yachtartigen Ruhepuls, der Körper wurzelt in nicht mehr ganz so beleibten Clubsesseln wie bei der ersten Generation, und der Geist bleibt selbst über weite Strecken frisch. Der Muskeltonus verringert sich, Gelassenheit, Zufriedenheit und Wohlbefinden stellen sich ein, unterstützt von der Aroma-Therapie des Innenraums.

Klima-Bedienung wird zur Zeremonie

Was das Auge als Leder, Metall oder Holz identifiziert, hält auch einer Materialprüfung durch neugierige Fingerkuppen stand. Stramm lassen sich Registerzüge und Metallkugeln des Luftaustritts verstellen, adeln damit scheinbar beiläufige Handlungen wie die Klima-Bedienung zur Zeremonie. Schließlich gönnt man sich Luxusartikel gerade, weil sie Achtsamkeit erfordern – wie etwa die Trennung von Bordnetz und Anlasser mittels Startknopf, die in einem Kompaktwagen eher als willkürliches, unangemessenes Gimmick wahrgenommen wird.

Die Einführung des Achtzylinder-Modells ist eine behutsame Modernisierung, die den Charakter des Bentley festigt, ihn dennoch vor der Vergreisung zum CO2-Dinosaurier bewahrt. Der Bentley Continental GT V8 ist weder zeitgeistiger noch modischer, wohl aber moderner und zeitgemäßer als der W12 – auch wenn wir auf Hybridantrieb und Diesel noch eine Weile warten müssen.

Technische Daten
Bentley Continental GT Coupé 4.0 V8 4WD
Grundpreis170.051 €
Außenmaße4806 x 1943 x 1400 mm
Kofferraumvolumen358 l
Hubraum / Motor3993 cm³ / 8-Zylinder
Leistung373 kW / 507 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit303 km/h
Verbrauch10,5 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten