BMW M3 E36 und E46
Sportwagen im Tarnanzug

Sie suchen einen Sportwagen im Tarnanzug? Dann wäre womöglich ein BMW M3 genau das Richtige für Sie. Bleibt nur die Frage: E36 oder E46? Ein Erklärungsversuch.

BMW M3 E36, BMW M3 E46, Exterieur
Foto: Arturo Rivas

Sie sind beide wilde Kerle, ihr M-Sportabzeichen steht für allerfeinste Sechszylinder-Tourenwagentechnik, perfekt hergerichtet für den Alltag – was für ein herrliches Rezept aus der heißen M-GmbH-Küche in Garching! Dem einen sieht man sein sportliches Wesen auf den ersten Blick an, der andere gibt sich optisch zurückhaltend, aber dazu gleich mehr. Für den Anfang genügt es, den Anblick der beiden schnellen 3er-Coupés zu genießen, solange der Fotograf mit den Standbildern beschäftigt ist.

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Den älteren von beiden, ein dakargelber M3 E36 Jahrgang 1992, würden wohl manche heute für ein gewöhnliches mittelaltes 3er-Coupé halten. Nur eine geänderte Front- und Heckschürze, Aero-Außenspiegel und für damalige Verhältnisse große 17-Zoll-Räder – und das bei einem Sportwagen, der mit 286 PS gleich 36 PS stärker war als ein damals aktueller Porsche 911 der Baureihe 964. So viel Understatement muss man sich erst einmal trauen.

Doch unter der Haube haben sie dafür umso mehr aus dem Vollen geschöpft: Kein Vierzylinder wie beim pausbäckigen, heckbeflügelten Vorgänger-M3 E30, sondern ein Hochdrehzahl-Dreiliter-Reihensechser mit 24 Ventilen, einer variablen Einlassnockenwelle sowie einer Einspritzung mit Einzeldrosselklappenanlage. Dessen Nenndrehzahl: 7.000 Touren. Im Jahr der Präsentation übrigens der Saugmotor mit der höchsten Literleistung weltweit. Mit 95,7 PS pro Liter Hubraum konnte damals niemand mithalten, nicht einmal Ferrari oder Lamborghini.

Wieder breit und wuchtig

BMW M3 E46, Exterieur
Arturo Rivas

Der Blick wandert hinüber zum M3 der Baureihe E46, mit der Martina Müllner, Mitarbeiterin bei der BMW Group Classic für Marketing und PR, zum vereinbarten Fototermin angereist ist. Endlich wieder breit und wuchtig, der Auftritt der dritten M3-Generation, mögen einige bei der Präsentation im Jahr 2000 gejubelt haben. Eben ein Sportcoupé wie aus dem Lehrbuch, mit um 20 Millimeter verbreiterten Radläufen, einer großen Frontschürze und der gewölbten Powerdome-Motorhaube. Eine Spoilerleiste, Gurney Flap genannt, auf der Kante der Kofferraumhaube gehörte plötzlich wieder ebenso zum Pflichtprogramm eines Sportlers wie die in die vorderen Kotflügel integrierten Kühlrippen oder vier fette Auspuffrohre. Die Zeit der formalen Zurückhaltung – vorbei.

Unter der Haube lauert dann auch ein von Grund auf neu entwickelter 3,2-Liter-Reihensechser, mit 11:1 hochverdichtet und 343 PS stark (nur der Vollständigkeit halber: Ein 911 Carrera 996 musste sich mit 320 PS begnügen). Die weiteren Eckdaten: 24 Ventile, Einzeldrosselklappen-Einspritzung und eine doppelte variable Nockenwellenverstellung (Doppel-Vanos), die für optimale Steuerzeiten auf der Einlass- und Auslassseite in Abhängigkeit von der jeweiligen Drehzahl sorgt. Gleich achtmal ergatterte dieses M-Triebwerk den Titel „International Engine of the Year“.

Raus auf die Straße

Der E36 macht den Anfang, er empfängt seine Crew mit einem üppigen Kunststoffarmaturenbrett, einem dicken Airbag-Lenkrad und zwei formschönen Sportsitzen, die viel Seitenhalt bieten und im Grunde nichts dafür können, dass man gefühlt ein wenig zu hoch und wie in einer Limousine sitzt. Eine Eingewöhnung braucht es nicht, ein Dreier, und selbst wenn er das Kürzel M trägt, dürfte zunächst von jedem Fahrschüler auf Anhieb zu bedienen sein.

Vollkommen unauffällig gleitet dieser M3 dann auch durch den Münchener Stadtverkehr, der Sechszylinder nimmt ab Leerlaufdrehzahl sauber Gas an, läuft dabei sehr seidig und dreht im nächsten Moment bereitwillig hoch – alles ohne Krawall, sondern nur von einem eher sanften Auspuffsound begleitet. Theoretisch könnte dieser M3 seinen Piloten im nächsten Moment in 5,8 Sekunden von null bis Tempo 100 katapultieren. Oder, wie auto motor und sport in einem ersten Test weiterermittelt hatte, in 8,8 Sekunden im fünften Gang von 80 bis auf 120 km/h beschleunigen, was nicht einmal einem Ferrari Testarossa gelungen ist.

Draußen auf dem Land schlägt dann auch erwartungsgemäß die große Stunde dieses M3. Ab 3.500 Touren liegen 320 Nm an der Kurbelwelle an, der Sechszylinder säuselt zuerst noch, fängt schließlich an zu heulen, bei 6.000 Touren dann der nächste Gang. Ja, alles, was sie damals geschrieben haben, stimmt: Dieser M3-Motor ist ein Meisterstück, seine Drehfreude und Laufkultur begeistern heute noch. Dass dieses Auto ein wenig in die Jahre gekommen ist, merkt man einzig an der etwas indifferenten Lenkung oder am sanften Biss der Bremsanlage.

BMW M3 E36, BMW M3 E46, Exterieur
Arturo Rivas

Perfektes Getriebe

Fahrzeugtausch. Der M3 E46 verfügt über perfekt konturierte Sportsitze, deren Lehnenbreiten sich mithilfe von Luftkammern zusätzlich variieren lassen. Das aufgeräumte Cockpit stammt aus dem herkömmlichen 3er-Coupé, nur das Lenkrad ist bei der scharfen M-Version deutlich dicker, und bei kaltem Motor leuchtet ab 4.000 Touren ein Warnfeld im Drehzahlmesser auf, das einen Piloten davon abhalten soll, die Maschine zu früh zu hoch zu drehen.

Wenige Kilometer genügen bereits, um mit diesem Auto zu einer Einheit zu verwachsen. Die Lenkung – leichtgängig und sehr direkt, das Fahrwerk neutral und dank der variablen Differenzialsperre traktionsstark. Noch beeindruckender allerdings, wie dieses Triebwerk jeden Fahrerbefehl sofort umsetzt, erst recht, wenn der kleine Schalter in der Mittelkonsole mit der Aufschrift „Sport“ aktiviert ist und dabei gefühlt eine Art Vorbrenner zündet. Jetzt dreht dieses durchtrainierte Sixpack noch eine Spur müheloser bis auf 7.900 Touren, anfangs liebenswert grummelnd, später bei Volllast kernig sägend. Das eng gestufte Sechsganggetriebe passt obendrein ziemlich perfekt zu diesem 343 PS starken Triebwerk – Kraft ist immer vorhanden, egal in welchem Gang.

Und ja, der M3 E46 war damals mit 8.22 Minuten auf der Nordschleife nur fünf Sekunden langsamer als ein Carrera, aber immerhin 15 Sekunden schneller als sein M3-Vorgänger E36. Leider haben sich viele M3-Modelle bei solchen oder ähnlich ambitionierten Versuchen in die ewigen Jagdgründe verabschiedet, was die Suche nach gut erhaltenen Exemplaren heute nicht unbedingt erleichtert. E36 oder E46? Am besten beide! Und im Idealfall natürlich noch ein M3 E30 in der Garage, das wär’s!

Fazit

Beide Modelle beeindrucken mit faszinierender Motortechnik und enormen Fahrleistungen. Die endgültige Wahl fällt schwer, womöglich ist sie aber auch nur eine Frage des Alters: Bei Martina wäre es der E46, bei mir der E36. Glücklich machen beide M3.