Ford Mustang GT 5.0 und Mazda MX-5 Skyaktiv-G 131
Leichtgewicht trifft Hubraum-Koloss

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Es gibt viele Arten sportlicher Autos zurzeit, aber nur zwei, die genau das widerspiegeln, was man von ihnen erwartet: Ford Mustang und Mazda MX-5. Eine Charakterstudie jenseits von Rundenzeit und Wertungspunkten.

Ford Mustang GT 5.0, Mazda MX5 Skyaktiv G 131, Draufsicht
Foto: Rossen Gargolov

Es fehlen in diesem Artikel zwei Dinge, zwei elementare Dinge: Messwerte und folglich die Punktebewertung. Warum wir darauf verzichtet haben, dürfte sofort einleuchten: Ford Mustang GT 5.0 mit 421 PS gegen Mazda MX-5 Skyaktiv-G mit 131 PS, das ist wie Bayern gegen den HSV, das braucht man nicht ausspielen, da ist eh klar, wie's ausgeht. Die Frage ist vielmehr, was uns veranlasst hat, die beiden in ein und dieselbe Geschichte zu packen. Antwort: Auch wenn man es ihnen womöglich nicht gleich ansieht, haben sie eine Sache gemein, eine nicht ganz unwesentliche, eine, die man in Zahlen nun mal nicht ausdrücken kann.

Ford Mustang GT 5.0 und Mazda MX-5 halten dich fest

Lassen Sie mich dazu ganz kurz ausholen: Bevor man in ein neues Modell steigt, hat man - nicht nur als Autotester - ja immer eine gewisse Erwartungshaltung. Gelegentlich wird sie übertroffen, manchmal enttäuscht, hin und wieder jedoch trifft sie auf den Punkt - wie im Falle von Ford Mustang GT 5.0 und Mazda MX-5 Skyaktiv-G 131. Sie sind, wie sie zu sein scheinen, und deswegen perfekt, alle beide - wobei erwähnt werden muss, dass eine erfüllte Vorstellung nicht gleichzusetzen ist mit einem wahr gewordenen Traum, zumindest nicht zwangsläufig.

Die Liebe auf den ersten Blick war es - rein subjektiv - jedenfalls nicht: Der eine drall, gekleidet in eine Art Next-Generation-Petticoat und umgeben von dieser leicht rotlichtigen Aura, die auch das California-Gelb nicht ganz wegzuleuchten vermag; der andere das genaue Gegenteil, ein Mauerblümchen aus Fernost, hager, blassgrau, mit zittriger Stimme, das Frauenauto schlechthin, aber von sich aus nicht übertrieben feminin. Mit anderen Worten: Es sind nicht diejenigen, die dich gleich um den Finger wickeln, und doch lassen sie dich so schnell nicht wieder los.

Der Ford Mustang GT 5.0 empfängt einen mit dem raumgreifenden Charme einer Big Mama aus Arkansas. Am Rücken spürt man die feste Umarmung der Sportsitze, gegenüber den üppigen V8, der einem seine fünf Liter Hubraum als Powerdome direkt vor die Nase hält. Im Innenraum wabert süßlich-beißender Neuwagengeruch, die Telefonbuchkontakte werden nach Vornamen sortiert, ansonsten gibt er sich größte Mühe, nicht allzu amerikanisch rüberzukommen - muss er auch, schließlich ist er der erste Mustang, der offiziell in Europa angeboten wird. HD-Displays statt Monochromanzeigen, Softtouch-Oberflächen statt Hartplastikkrusten, und - hört, hört - einzeln aufgehängte Räder rundum statt einer starren Hinterachse.

Mustang besser denn je und ganz er selbst

All das holt den Ford Mustang endlich raus aus der ewigen Gestrigkeit, macht ihn immun gegen "Schon cool, aber"-Urteile, ändert aber nichts daran, dass er weiterhin nahtlos an den roten Faden seiner Historie anknüpft – zumindest an den Stellen, an denen es erstrebenswert ist. Eine Plakette am Armaturenträger erinnert an das gut 50-jährige Bestehen seines Gestüts. Und wer dem Ford Mustang vorwirft, dass er sich nun auch mit einem Vierzylinder-Turbo einlässt, vergisst, welch furchtbare Klepper einst unter seinem Wappen entstanden sind: Keine 90 PS, Ghia-Versionen, Ölkrisenzeit - googeln Sie mal, wenn Sie's nicht vor Augen haben. Wobei: Lassen Sie's besser sein. Die nun sechste Fassung ist jedenfalls ein richtiges Pony-Car - und Ford tut alles, dass man permanent daran erinnert wird. Vorn, drinnen, überall galoppiert das Logo, sogar am Boden, wenn man im Dunkeln die Tür öffnet, bekommt man es vor die Füße projiziert.

Dabei spricht der Ford Mustang am besten immer noch für sich. Wie ihn der Anlasser mit einem kurzen Rempler weckt, das wattige Fauchen direkt danach und dieses vollbusige Fahrgefühl, wenn der Vorbau im Rhythmus der Drehmomentwellen mitwippt - oder etwas unverfänglicher ausgedrückt: Einer wie er fährt nicht nur, er flairt. Downtown motorisiert der Saugmotor aus dem Bauch heraus, emittiert seine Kraft eher, als dass er sie generierte. 530 Nm stehen im Ausweis, vergleichbar mit einem BMW M4, aber so viel entspannter in ihrem Endeffekt - schon aus Prinzip.

In seiner Leistungsklasse werden Autos in der Regel abgerichtet: Man drillt sie, Fuchsröhre runter, Bergwerk hoch, henkert sie über den Galgenkopf, martert sie durchs Karussell, so lange, bis jede Faser austrainiert ist. Nicht falsch verstehen: Auch der Ford Mustang musste zum Work-out an den Ring, speziell das Finish der EU-Version entstand dort. Unterschied nur: Der Ford Mustang lebt nicht für seine Performance, sondern lediglich von ihr.

Mazda MX-5 der Kurvenflitzer

Beim Mazda MX-5 ist das anders. Für ihn spielt Performance keine Rolle, nicht im Geringsten, wodurch sich die Frage aufwirft, was wir hier Monat für Monat eigentlich tun. Das 1,5-Liter-Saugmotörchen hat zwar kaum mehr als 1.000 Kilo zu schleppen, die 150 Nm werden davon aber auch nicht mehr. Bis 5.000 Touren rührt sich wenig, darüber nicht gerade viel, sodass sich Geraden schon mal in die Länge ziehen.

Mit Kurven jedoch macht der Mazda MX-5 kurzen Prozess. Ihnen schmeißt er sich geradezu an den Hals, tollt ihnen hinterher, rauft mit ihnen, und - wenn man ihm geschickt die Last wechselt - driftelt er sogar ein bisschen in ihnen herum. Verspielt, nimmermüde, wie ein Kätzchen, das ein Wollknäuel in die Pfoten bekommen hat.

Eigentlich sind die Federn zu weich, die Karosseriebewegungen zu ausgiebig und die Reifen zu schmal, um wirklich schnell zu sein, aber unter uns: Das ist schnurzpiepegal, einfach weil er dich mit Haut und Haaren ins Fahrerlebnis involviert. Das Motto des Mazda MX-5: nicht "Er und du", sondern "Zusammen", "Miteinander" - oder besser: "Übereinander her".

Und genau das macht den Mazda MX-5 aus. Seit jeher und mehr denn je. Die vierte Auflage ist die kürzeste von allen, schmal, drahtig, leichter als die letzten zwei und reinerbig in ihren Wesenszügen: Hinterradgetrieben, stoffverdeckt und - Ehrensache - handgeschaltet. Den sechsten Gang opfert Mazda inzwischen zwar dem Verbrauch, das verzeihen wir ihnen aber, einfach weil alle restlichen so eine Riesengaudi sind. 40 Millimeter kurze Schaltwege, Drehzahlbänder bis 7.500/min, Glücksprinzip.

Wenig ist mehr als genug

Man bekommt nicht gerade viel: Platz, Luxus, Prestige - all das existiert nur sehr eingeschränkt. Aber das wenige, was da ist, ist mehr als genug: Der Abstandstempomat arbeitet nicht radar-, sondern ausschließlich pedaleriegestützt; zum Halten der Spur hat Mazda ein sogenanntes Lenkrad vor den Fahrersitz geschraubt, das sich verblüffend intuitiv bedienen lässt; der Verdeckmechanismus ist ebenso serienmäßig wie wartungsfrei im rechten Fahrerarm integriert; das LED-Licht dient ausnahmsweise nicht der Imagewerbung, sondern als Orientierungshilfe, wenn es dunkel wird; und im Gegensatz zu den meisten anderen heutzutage, die auf Knopfdruck zwischen unterschiedlichsten Fahrgefühlen changieren, fühlt man den Mazda MX-5, während man ihn fährt.

Angeblich lässt sich über das Infotainment Social-Media-Content streamen, dazu gäbe es Apps zum Kraftstoffverbrauch - doch mal im Ernst: Wer daran rumdaddelt, checkt auch Mails am Waikiki Beach.

Wer sich auf den Mazda MX-5 einlässt, macht Urlaub von heute, bekommt Frei-Zeit, und je nach Witterung Sommer, Frische oder beides zugleich. Viele jammern ja über die zunehmende Verweichlichung der Roadster-Idee, sie alle müssten Mazda jetzt die Bude einrennen. Die zierliche Karosserie aus Alu und Hochfeststahl, die sich mit gelupfter Kapuze so luftig wie ein Flipflop trägt, und der Wind, der von allen Seiten kommt anstatt als Warmdusche aus Lüftungsdüsen im Nackenbereich - genau so!

Burn-out-Assistent im Ford Mustang

Im Ford Mustang GT 5.0 kommt man sich direkt danach jedenfalls erst mal wie der Kommandant eines U-Boots vor: kaum Ausguck, 1.700-Kilo-Rumpf, dazu das dumpfe Wummern aus dem Maschinenraum. Dennoch: So doppelgewhoppert wie sein Vorgänger bewegt er sich längst nicht mehr. Im Gegenteil: Wenn der V8-Sauger ausholt, muss man aufpassen, dass der Mazda MX-5 Skyaktiv-G 131 nicht eingeatmet oder gar niedergetrampelt wird.

Und auch in Kurven, die bisher noch jeden Mustang in die Knie gezwungen haben, stellt der Neue sich nun der Querbeschleunigung. Reifen vom Typ Pirelli P-Zero, Bremsen von Brembo, Schaltgetriebe von Getrag, ein richtig exaktes übrigens. Kurzum: Das Teil ist schon eine der unmissverständlicheren Ansagen aus den USA – obwohl das Kombi-Instrument ausgerechnet den schärfsten Modus etwas dusselig mit "Gelände" benennt.

Sei's drum: Er ist ernster gemeint als alle Mustang zuvor, zu ernst nimmt er sich aber noch immer nicht. Und es gibt eine ganz bestimmte Funktion, die das veranschaulicht – den Burn-out-Assistenten. Gibt's nicht? Gibt's! Im Prinzip arbeitet er wie diese Berganfahrhilfen, einziger Unterschied, dass er die vorderen Bremsen nicht löst, wenn man einkuppelt und aufs Gaspedal latscht. Offiziell dient das dazu, bei einer Drag-Race-Veranstaltung die Reifen anzuwärmen – selbstredend. Wozu auch sonst? Wer würde auf die Idee kommen, das mal in einer ruhigen Nebenstraße auszuprobieren? Oder publikumswirksam an der Ampel? Oder, oder, oder? Egal, einer wie er darf das.

Die einzige Ungereimtheit liegt am Ende eigentlich in der Preisstruktur: Der Fünfliter-Ford Mustang kostet 42.000 Euro, der Basis-Mazda MX-5 kaum mehr als die Hälfte. Ganz ehrlich, das ist für beide lächerlich, gemessen an dem, was man kriegt - und noch so ein Beispiel, dass sich diese zwei Autos nicht in Zahlen fassen lassen.

Technische Daten
Ford Mustang Coupé 5.0 Ti-VCT V8 GTMazda MX-5 Skyactiv-G 131 Prime-Line
Grundpreis46.500 €22.990 €
Außenmaße4784 x 1916 x 1381 mm3915 x 1735 x 1225 mm
Kofferraumvolumen408 l130 l
Hubraum / Motor4951 cm³ / 8-Zylinder1496 cm³ / 4-Zylinder
Leistung310 kW / 421 PS bei 6500 U/min96 kW / 131 PS bei 7000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h204 km/h
Verbrauch12,0 l/100 km6,0 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten