Ford Tourneo PHEV
Wie fährt der E-Bus mit Range-Extender?

Mit dem Nutzfahrzeug Transit Custom und seinem Bus-Bruder Tourneo Custom bringt Ford Anfang 2020 den ersten Plug-in-Hybrid in der VW T6-Klasse auf den Markt. Bei einer ersten Probefahrt konnten wir uns ein Bild von seinen Fähigkeiten machen.

Ford Tourneo Custom PHEV 2019
Foto: Ford

Sowohl Transit als auch Tourneo unterscheiden sich optisch bis auf ein Detail nicht von ihren Diesel-Kollegen. In der Frontstoßstange befindet sich die Klappe für den externen Stromanschluss. Hier kann der 13,6 kWh-Akku, der zwischen den Achsen im Unterboden hängt, mittels Schnelllader oder an der 230 V-Steckdose mit Power versorgt werden. Die Ladezeit soll laut Ford bei etwas über vier Stunden mit 230 V / 10 A liegen. Mit einem Typ 2 Schnelllader mit 16 Ampere soll es dann knapp 3 Stunden dauern den Stromspeicher zu füllen.

Unsere Highlights

E-Reichweite von 56 Kilometern

Die Custom PHEV Modelle haben zwei Motoren an Bord. Einen Drei-Phasen-Gleichstrom-Elektromotor und einen Dreizylinder-Benziner mit einem Liter Hubraum. Das Besondere das die beiden Motoren seriell gekoppelt sind. Bei den meisten am Markt befindlichen Hybriden sind die Motoren parallel geschaltet, das heißt sowohl der Elektro-Antrieb als auch der Verbrenner können die Antriebsräder aktiv antreiben. Nicht so bei den Custom Modellen. Hier erfolgt der Antrieb einzig und allein über den unter dem Verbrenner angebrachten E-Antrieb.

Der Benziner dient hier als reiner Range-Extender zur Stromerzeugung für Akku und Elektromotor. Für die Kraftübertragung auf die Vorderräder sorgt ausschließlich die E-Maschine. Die Maximale Systemleistung liegt bei knapp 93 kW (126 PS), die Höchstgeschwindigkeit ist bei 120 km/h abgeregelt. Ford verspricht eine maximale elektrische Reichweite von 56 Kilometern, im Alltag dürfte sie eher im Bereich um die 40 Kilometer liegen. Ist der Akku leer versorgt der Verbrenner das elektrische System mit Strom. Zusammen mit dem 54 Liter fassenden Benzinvorrat steigt die Gesamtreichweite so auf über 500 Kilometer an.

Vier verschiedene Betriebsmodi für den Antrieb

Ford Tourneo Custom PHEV 2019
Ford
Das Fahren ist angenehm geräuschlos. Schaltet sich der Verbrenner zu, wird es aber laut.

Unterwegs im Tourneo Custom PHEV fällt zu allererst die Stille auf: Untermalt von einem nur leisen Surren beschleunigt der Ford willig und vor allem zügig aus dem Stand heraus. Die 355 Newtonmeter Drehmoment ab niedrigsten Drehzahlen machen sich gleich positiv bemerkbar.

Es gibt vier verschiedene Betriebsmodi für den Antrieb. Der EV-Auto-Modus ist die Standarteinstellung beim Start des Fahrzeugs. Hier fährt der Custom PHEV nach Möglichkeit elektrisch und schaltet erst bei Bedarf den Verbrenner zu. Das funktioniert gut und auch wenn der Benziner sich mal zuschaltet bemerkt man ihn akustisch kaum, da ihm zur Stromerzeugung niedrige Drehzahlen genügen. Auf der Testfahrt starten wir mit einer elektrischen Reichweitenanzeige von 24 Kilometern bei knapp dreiviertel geladenem Akku. Im EV-Auto-Modus reichte das dann für rund 25 Kilometer.

Danach springt der Dreizylinder an und muss nun deutlich mehr Strom erzeugen, da er jetzt gleichzeitig E-Motor und Batterie versorgen muss. Das Beschleunigungsvermögen ist spürbar reduziert und der Geräuschpegel steigt beim Beschleunigen deutlich an. Der Benziner geht beim Gas Geben auf ein hohes konstantes Drehzahlniveau und die Tachonadel bewegt sich nicht gerade hyperaktiv nach oben. Geräuschniveau und Beschleunigung passen hier nicht mehr zusammen. Das fühlt sich ähnlich an, wie beim flotten Beschleunigen eines herkömmlichen Fahrzeugs mit stufenlosem Getriebe.

Zurück zu den Fahrmodi. Der zweite ist der EV-Now-Modus. Hier erfolgt der Vortrieb nur mit den Reserven des Akkus. Dieser Modus ist besonders für die Großstadtfahrverbotszonen gedacht. Es gibt ja schon Städte, in denen Fahrzeuge mit Verbrennern extra Gebühren zahlen müssen. Zum Beispiel in London. Fährt der PHEV in diese Zone, hat der Verbrenner Pause. Man kann diesen Modus natürlich auch nutzen, wenn man weiß das die Restreichweite bis zur nächsten Lademöglichkeit reicht und man dann günstig Strom tanken kann.

Der dritte Modus ist der EV-Later-Modus. Hier sorgt der Verbrenner für die Stromversorgung und der Akku wird gespart für die Fahrt in Umweltzonen.

Der letzte Modus ist der EV-Charge-Modus. Wie in der EV-Later Einstellung liefert nur der Benziner Energie, diesmal aber konsequent auf Batterieladung ausgelegt. Unterstützend kann dann noch das Getriebe von D auf L geschaltet werden. Dann rekuperiert der Ford nicht nur beim Bremsen und Bergabrollen, sondern auch sehr stark, wenn man vom Gas geht. Ein Fahrgefühl, dass man von vielen rein elektirschen Fahrzeugen kennt. Man braucht die Bremse dann eigentlich nur noch zum Stehen bleiben oder in Gefahrensituationen. Auf unserer Testrunde konnten wir in diesem Modus nach rund 15 Minuten wieder 10 Kilometer rein elektrisch zurücklegen.

Verbrauch auf Diesel-Niveau

Ford gibt für den Tourneo Custom PHEV einen WLTP-Verbrauch von 3,57 Litern an. Das gilt aber nur für die ersten 100 Kilometer mit vollem Stromspeicher. Auch der längeren Fahrt, oder, wie in unserem Fall, beim Start mit nicht ganz vollem Akku sieht das etwas anders aus. Auf der rund 90 Kilometer langen Testrunde in Schweden mit gemütlicher Fahrweise und sehr großem Landstraßenanteil zeigt der Bordcomputer am Ende 7,1 Liter an. Das ist jetzt für ein Fahrzeug dieser Größe nicht sehr viel, aber mit einem Diesel dürfte dieser Wert bei gleicher Fahrweise auch erreichbar sein.

Fazit

Das PHEV-Konzept funktioniert sehr gut. Die Custom-Modelle bieten den gleichen Nutzwert wie ihre Diesel-Brüder, da der Hybridantrieb keinerlei Platz im Innenraum wegnimmt. Fährt man viel Kurzstrecke und hat vor allem günstige Lademöglichkeiten, kann man sich über den kraftvollen Antritt des Elektromotors freuen und fährt auch sparsam und lokal emissionsfrei durch die Umweltzonen.

Auf längeren Strecken, wenn dann die Kraft nur noch aus dem Verbrenner kommt ist das Geräuschniveau in Kombination mit dem Vortrieb allerdings sehr gewöhnungsbedürftig. Und Tempo 120 als Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn sind mitunter auch störend, zumal die Tachonadel recht mühsam von 100 bis zur Höchstgeschwindigkeit kriecht.

Die Preise für den Transit Custom PHEV beginnen bei rund 57.000 Euro. Damit liegt er fast 17.500 Euro über der vergleichbaren Diesel-Variante mit Automatikgetriebe. Was man für den Tourneo Custom PHEV bezahlen muss steht noch nicht fest. Nimmt man aber die gleiche Preisdifferenz wie beim Transit als Basis, sollte er ab rund 63.000 Euro im Frühjahr 2020 beim Händler stehen.