Hyundai Kona N Fahrbericht
Das ist ein echter N

Schon wieder einer dieser Hochstapler? Täuschen Sie sich bloß nicht. Die neue N-Version des Hyundai Kona wurde nach denselben Prinzipien dynamisiert wie seinerzeit der i30. Und das spürt man.

Hyundai Kona N
Foto: Uli Sonntag

Wie schnell sich doch alles ändert. Man stelle sich nur mal vor, Hyundai hätte vor, sagen wir, fünf Jahren verkündet, ein sportliches SUV auf den Markt zu bringen. Wie wären da wohl die Reaktionen ausgefallen? Verdutzte Blicke, Naserümpfen, gellendes Gelächter. Wahrscheinlich genau in dieser Reihenfolge! Und jetzt: Drücken sich die N-Junkies bereits am Bildschirm ihres Virtuell-Showrooms die Nase platt und warten, dass die N-Serie endlich in eine neue Modellstaffel geht.

Unsere Highlights

280 PS und 392 Nm Drehmoment

Triebfeder des kometenhaften Imageaufstiegs war, na wer wohl, der i30 N, der Hyundai von der automobilen Bedeutungslosigkeit in den elitären Reigen der Nürburgringer beförderte. Kein Witz: Wer droben an der Nordschleife heute Civic Type R oder Mégane R.S sagt, der sagt mittlerweile auch i30 N.

Und dessen DNA steckt nun nahezu unverdünnt im Kona N. Also nix mit Naserümpfen oder ähnlichem. Zumal sich die Hardware mit Ablauf des letzten Erfolgsjahres noch weiterentwickelt hat. Leistung und Drehmoment kletterten in der jüngsten Ausbaustufe des Zwei-Liter-Turbomotors auf 280 PS und 392 Nm. Außerdem wölbt sich das Kraftspektrum nun breitflächiger unter die Drehzahlbänder, was den üppigeren Rahmenbedingungen gelegen kommen dürfte.

Hyundai Kona N
Uli Sonntag
Wie Hyundai betont, habe man das Kompakt-Sport-Süvchen mit exakt demselben Performance-Fokus entwickelt wie seine Kollegen.

Wobei, was heißt hier üppig? Mit 4,21 Metern Länge und 1,80 in der Breite gehört der Kona definitiv nicht zu denjenigen, die ihren sportlichen Anspruch gleich unter dem Auftritt begraben. Der Radstand ist mit 2600 mm sogar 50 kürzer als beim i30, und auch der Gewichtszuwachs bleibt im Rahmen. Die 1510 Kilo sind zwar alles andere als rekordverdächtig innerhalb der Ateca-T-Roc-Mischpoke, liegen letztlich aber nur 55 kg über dem Kompakt-Cousin – dem Verzicht auf Allradantrieb sei Dank.

Die Vorteile des Frontantriebs überwiegen

Was sehe ich da? Naserümpfen? Gellendes Gelächter? Aufpassen, dass Ihnen das nicht im Halse stecken bleibt. Wenn Sie mich fragen, ist das Frontantriebskonzept das Beste, was dem Sport-Kona passieren konnte. Ich meine, was wäre es wenn, dann wohl für ein Allradantrieb geworden? Dass Hyundai extra für die N-Version einen dieser Um-die-Ecke-Renker entwickelt hätte, ist eher unwahrscheinlich. Also wäre wohl das System aus dem bisherigen Topmodell in die Presche gesprungen, das – verstehen Sie mich nicht falsch – jetzt nicht der größte Entertainer unter der Sonne ist.

Hyundai Kona N
Uli Sonntag
Der Fahrspaß ist weitaus größer als bei der allradgetriebenen Konkurrenz à la VW T-Roc R.

Sicher, die 2,7 Prozent der Kunden, die das SUV, das sie unbedingt wollen, auch unbedingt brauchen, die lockt man mit einem Frontkratzer nicht hinterm Ofen vor – vier Traktionsmodi für lose Untergründe hin oder her. Und auch im Nassen wird es sicherlich ein bisschen Zehenspitzengefühl brauchen, damit sich das ganze Leistungszubrot nicht ungenutzt verkrümelt. Wenn die Bedingungen passen, dann liegen die Traktion der quergesperrten Vorderräder und der quirlige Kraftfluss aber voll auf einer Wellenlänge. Die 235er-Pirellis (spezifisch entwickelte!) quieken nur kurz um Hilfe, zupfen noch ein bisschen in der Lenkung herum, dann fassen sie Fuß und der Zweiliter kann in die Vollen drehen – angefeuert von kernigem Auspuffklang und den kurzen Übersetzungen des serienmäßigen Achtgang-Doppelkupplers, der ab 90 Prozent Last die Schaltintensität erhöht und im Gegensatz zu manch Direktschaltgetriebe der Konkurrenz auch direkt schaltet, wenn man am Paddel zupft.

Prächtige Funktionalität im Cockpit

Besser wird‘s nicht? Oh doch, sobald Kurven ins Spiel kommen. Bock auf ne kleine Runde? Alsdann, rein in die sportlichen, aber nicht übertrieben geschalten Sitze und schnell noch umgeguckt: Zwei 10,25-Zoll-Displays, eines fürs Infotainment, eines für die virtuell realisierten Instrumente, die es in allen Farben und Formen gibt. Sogar mit Schaltanzeige und – uiuiui – Supernova-Animation beim Umschalten des Drehzahlmesser-Looks. Drumherum: leibhaftige Tasten anstelle von Tatschfeldern und sogar Hebel für Handbremse und Getriebe. Archaisch? Fürwahr, aber von prächtiger Funktionalität, zumal die manuelle Schaltgasse richtig belegt ist: Minus vorn, Plus hinten – ja, Hyundai weiß, wie man sich in Sportfahrerkreisen zu benehmen hat.

Hyundai Kona N
Uli Sonntag
Zwei 10,25-Zoll-Displays: Sogar mit Schaltanzeige und – uiuiui – Supernova-Animation beim Umschalten des Drehzahlmesser-Looks.

A propos: Regie führt man über drei Lenkradtasten. Die rote aktiviert den Überholmodus, der für 20 Sekunden alles aus dem kleinen Kerl herauskitzelt, danach aber mindestens 40 Sekunden zum Regenerieren braucht. Über die beiden blauen Knöpfe steuert man derweil die Fahrprogramme. Eco und Normal (nicht Comfort!) bemühen sich um Ruhe in Antrieb und Dämpfung, obgleich die Straßenbeschaffenheit schon permanent mitwippt im Fahrgefühl. Aber: N bestellt, N bekommen, insofern alles gut.

Im Sport-Modus zeigt sich das N

In Sport wird‘s dann richtig knackig. Die homogene Lenkung verfestigt sich nachhaltig, das Getriebe blendet die letzten beiden Gänge aus, das Fahrwerk schaltet in den mittleren seiner drei Härtegrade, die Sperr-Regelung in den schärfsten von zwei. Folge: mehr Schmiss beim Einlenken, mehr Biss beim Rausbeschleunigen und dazu eine Körperkontrolle, die in der kleinen SUV-Klasse ihresgleichen sucht. Kaum Rollbewegungen, kein Getorkel in Wechselkurven. Keine Nachteile? Sagen wir: wenige.

Hyundai Kona N
Uli Sonntag
Im Sport-Modus wird‘s richtig knackig: mehr Schmiss beim Einlenken, mehr Biss beim Rausbeschleunigen und dazu eine Körperkontrolle, die in der kleinen SUV-Klasse ihresgleichen sucht.

Klar, man sitzt ein gutes Stück höher als man wöllte, vielleicht ist auch das Lenkrad etwas arg weit geneigt, ansonsten turnt der Kona aber fast genauso ausgelassen über Landstraßen wie so ein i30 N. Er krallt sich in Kehren, hängt mit allen vier Rädern in der Querbeschleunigung und eben nicht wie der berühmte Schluck Wasser in der Kurve. Selbst Untersteuertendenzen, die einem kopflastigen Quermotorkonzept ja schon zusetzen können, selbst die kriegt man mit einem einfachen Bauerntrick ausgeschwanzt. Einlenken, Gas lupfen und hoppladilob schon schnalzt der Kona jeck mit dem Heck ins Eck.

Fahrspaß also, und zwar verblüffend viel davon. Weil? Weil das N ernst gemeint ist. Und ernst genommen wird. Wie Hyundai betont, habe man das Kompakt-Sport-Süvchen mit exakt demselben Performance-Fokus entwickelt wie seine Kollegen. Größtenteils sogar mit identischer Hardware. Klar, sämtliche Kinematik-Belange wurden hinsichtlich des höheren Schwerpunkts angepasst, folgen in der Ausrichtung aber den i30-Prinzipien. Gleiches gilt für die weitreichenden Versteifungsmaßnahmen an der Karosserie, ja sogar die Schmiederäder und der beträchtliche Negativsturz von 1,7 Grad an der Vorderachse wurden übernommen. Und so passt es am Ende auch ins Gesamtbild, dass der knüppelharte N-Modus nach Rennstrecke schreit.

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Fazit

Hyundai hat es geschafft, das Fahrgefühl des i30 N auf ein höheres Niveau zu hieven. Auf ein höheres Karosserieniveau, na schön. Ausschlaggebend: die kompromissarme Fahrwerksabstimmung mit reichlich Körperkontrolle sowie das Frontantriebskonzept mit geregelter Quersperre. Der Fahrspaß ist jedenfalls weitaus größer als bei der allradgetriebenen Konkurrenz à la VW T-Roc R. Und dazu: deutlich günstiger.