Jaguar F-Pace SVR (Facelift)
550-PS-SUV jetzt noch sportlicher

Mit dem F-Pace-Facelift schickt Jaguar auch die weiterhin 550 PS starke SVR-Version des Haus-Tuners Special Vehicle Operations wieder ins Rennen. Neben dem aufgefrischten Interieur der Serie hat der Power-SUV ein noch standfesteres Getriebe aus dem XE Project 8 sowie zahlreiche Performance-Neuerungen. Wie er fährt, prüfen wir um Nürburg und auf der Grand-Prix-Strecke des Nürburgrings.

Jaguar F-Pace SVR
Foto: A.M. Perkovic

Mit dem Facelift des F-Pace hat Jaguar kürzlich seinen ersten Plug-in-Hybriden auf den Markt gebracht, der einen Vierzylinder mit einem 105-kW-Elektromotor für eine Systemleistung von 404 PS kombiniert. Die Modellpflege folgt aber nicht nur Trends, sondern hält mit dem SVR-Modell auch an der alten Schule fest. Das belastet das CO2-Konto, der 550-PS-SUV dürfte sich für Jaguar Land Rover trotzdem lohnen, schließlich wurden seit der Einführung 2019 rund 4.000 Exemplare verkauft – zu einem ursprünglichen Stückpreis von 100.100 Euro plus Sonderausstattung.

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Jetzt kostet er ab 105.438 Euro, dafür hat sich tatsächlich einiges getan. Neben einer neuen Feder-Stoßdämpfer-Kombination wurden die Motorlager, Bremsbeläge, der Bremskraftverstärker und sogar das Lenkgetriebe ausgetauscht. Zudem steht die Achtgangautomatik zwar weiterhin als "ZF 8HP70" in den technischen Daten, entspricht mit einem noch standfesteren Drehmomentwandler jetzt aber dem Getriebe des Jaguar XE8 SV Project 8 (eine völlig wahnsinnige Rennstreckenlimousine mit Straßenzulassung). Die Drehmomentbegrenzung in den unteren Gängen ist damit passé und der kleine Anstieg von 680 auf 700 Nm somit unproblematisch: Inklusive der neuen Launch-Control sinkt der Nullhundertwert damit um 0,3 auf 4,0 Sekunden. Die Leistung beträgt unverändert 550 PS, liegt jetzt aber nur zwischen 6.250 bis 6.500 Touren an (zuvor: 6.000 bis 6.500/min).

Kein SVR-Schalthebel mehr

Außerdem wurde das Schalthebelkonzept konsolidiert: Das Serienmodell hatte zuvor ein Drehrad für die Getriebebedienung und der SVR einen F-Type-Schalthebel – jetzt haben beide einen Schaltknubbel, dessen Entsperrtaste fürs komfortable Greifen etwas zu hoch positioniert ist. Aus Sicht des Haus-Tuners Special Vehicle Operations ist das auch deshalb ein Nachteil, weil du im SVR zuvor auch mit dem Hebel schalten konntest, jetzt geht’s nur noch per zinklegierter Aluschaltwippen, die am Lenkrad montiert sind.

Grundsätzliche Facelift-Neuerungen betreffen innen vor allem den viel größeren und vertikal leicht gebogenen 11,4-Zoll-Touchscreen. Die Fahrprogramme sind nun über einen ausfahrbaren Drehschalter anwählbar, zusätzlich trägt die neue Klimabedieneinheit zwei Display-Drehregler. Die sehen richtig cool aus und kombinieren überaus clever viele Funktionen: Sobald der Drehring gezogen wird, wechselt die Anzeige von der Temperatur auf die Lüfterstärke. Um die Sitzbelüftung und -heizung zu steuern, muss man den Drehschalter zunächst drücken und dann nach links oder rechts drehen.

Jaguar F-Pace SVR
Jaguar
Neuer Schaltknuppel fürs Getriebe und neue Klimabedieneinheit mit zwei Display-Drehreglern.

Weniger cool: Die gut ertastbaren Einzelknöpfe der Klimabedienung wurden durch Tastenleisten ersetzt – was gleichermaßen für das neue Lenkrad gilt. Außerdem gibt es keinen Knopf mehr für die Parkbremse, zudem kann die Start-Stopp-Automatik nur noch in einem Infotainment-Untermenü gesteuert werden. Was gleich bleibt? Der SVR hat besonders sportlich gestaltete Sitze und überall feinstes Leder, sogar auf dem Boden der Türtaschen.

Außen wurde die Beleuchtung umgestaltet, optional können die LED-Scheinwerfer gegen solche mit Pixeltechnologie für blendfreies Dauerfernlicht ausgestattet werden. Auf die Bremsanlage strömt durch die vergrößerten Öffnungen an der Schnauze mehr Kühlluft, der cW-Wert wurde hingegen von 0,37 auf 0,36 reduziert, der Auftrieb um 35 Prozent.

Kompressor-V8 geht weiter steil

Trotz all dieser Änderungen steht trotzdem felsenfest, was den SVR-SUV ausmacht – nämlich selbstverständlich weiterhin der 5000-cm³-V8 mit seinem Eaton TVS R1900. Was das ist? Der silberne Kasten auf dem Zylinderkopf, also der Roots-Kompressor. Die Aufladungstechnik gibt’s in der Hauptsache noch bei amerikanischen Herstellern, denn effizienter sind Turbolader. Das Twin-Vortex-Gebläse hat allerdings den riesigen Vorteil, nicht auf Ladedruck warten zu müssen: Gaspedal treten und Abfahrt – sofort und aus jeder Drehzahl. 2.133 kg Leergewicht ohne Fahrer? Sind dabei egal.

Was der Dicke am Ausgang von Zweiter-Gang-Kurven veranstaltet, da lachst du dich permanent kaputt. Wegen des absolut nahtlosen Schubs und der neu abgestimmten Klappenabgasanlage, die auch 2021 immer noch erstaunlich laut posaunt: ohne Chinaböllerei, wohl aber mit der gewohnten V8-Interpretation eines Drucklufthammers. Statt sich im Innenraum gleichmäßig auszubreiten, bündelt sich der Auspuffklang im Fahrzeugheck und überspielt den Motor trotzdem deutlich. Im höheren Drehzahlbereich sprintet der Jaguar nicht nur wie bekloppt, sondern dann hört man das Kompressorgeheule auch in der Kabine – das geht ordentlich ab, wenn auch nicht so wild wie bei den Amis (z. B. Jeep Trackhawk/Dodge Hellcat, Corvette C7 Z06, Cadillac CTS-V). Diesbezüglich noch wissenswert ist, dass im SVR auch Antriebs-Sound über die Musikanlage kommt, aber nur unauffällig.

Jaguar F-Pace SVR
A.M. Perkovic
Bei aktiviertem Sportmodus drückt in Kurven auch mal das Heck.

Querdynamisch sind die 2,1 Tonnen dann wieder deutlich relevanter, denn anders als SUV mit aktiven Stabilisatoren und Luftfederung, kann er seine Fettpolster weniger gut verstecken. Das Gewicht spürst du also immer deutlich, trotzdem ist das Grip-Niveau mit den breiten 22-Zoll-Pirellis (265 vorne, 295 hinten) so hoch, dass ausgeprägter Schabernack überhaupt kein Problem ist. Aus den spitzeren Ecken drückt er dann auch mal dynamisch mit dem Hinterteil, zumindest wenn der Sportmodus aktiv ist, in dem 70 Prozent der Kraft pauschal an die Hinterachse gehen (Comfort: 60, Schneemodus: 50 Prozent).

Was können Lenkung und Getriebe?

Die neue Lenkung zeichnet eine passende Servounterstützung und ein harmonisches Rückstellmoment aus, so drängelt die Lenkung etwa nicht in die Mittellage zurück. Informationen zur Fahrbahn und den Radlasten lassen sich am Lenkrad aber tendenziell eher in Extremsituationen sammeln: Beim abrupten Beschleunigen aus Spitzkehren spürst du über eine schlagartig leichtere Lenkung etwa deutlich, dass die Last auf der Vorderachse abnimmt. Wenn der Wagen aber etwa leicht untersteuert, verrät die Lenkung das eher nicht.

Weit über ordentlichem Durchschnitt agiert die Automatik. Zum einen mit zügigen Gangwechseln in beide Richtungen, zum anderen mit einer im Sportmodus treffsicheren Schaltlogik, die beim Bremsen runterschaltet und die Gänge auch dann noch lange genug hält, wenn das Drehzahlniveau etwas länger gleichbleibt. Mehr Spaß macht trotzdem das Zupfen an den hochwertigen und vergleichsweise langen Wippen.

Ein Fahrwerk für Schnellfahrer

Durch die Dörfer fahrwerkt der F-Pace reichlich kommunikativ und überträgt sogar Unebenheiten, die du erst beim zweiten Hingucken überhaupt siehst. Straff ist er also schon, ohne jedoch zu übertreiben. Bei Landstraßengeschwindigkeit massieren die Dämpfer viele Spannungen raus, womit er den Federungskomfort auf ein gutes Niveau hebt. Ob das auch auf der Autobahn gut klappt? Vermutlich schon, zum Verifizieren fehlt der Testroute ein entsprechender Abschnitt.

Jaguar F-Pace SVR
A.M. Perkovic
Auch auf der Rennstrecke liefert der SVR eine klasse Performance.

Freie Fahrt für freie Bürger gibt’s jetzt trotzdem, bloß halt auf dem Grand-Prix-Kurs des Nürburgrings. Hier fetzt der SVR super sanft über die Curbs und selbst die Gittersteine, die den Aufbau typischerweise ordentlich durchrütteln, spürst du im Sitz gar nicht. Per se gilt es natürlich auch hier, die Einlenkgeschwindigkeit im Rahmen zu halten und den F-Pace erst im Kurvenverlauf zu fordern: Dann liefert er für seine Statur schon wirklich mehr als respektabel ab. Seine hecklastige Abstimmung nutzt er hier allerdings nie spürbar, um die Hinterachse zu platzieren. Dafür bleibt er im schnellen Hatzenbach-Bogen unter Volllast stabil, genau wie in allen Bremszonen.

Schwaches Bremspedal-Feedback

Wer gute Rückmeldung vom Bremspedal schätzt, wird auf dem Rundkurs allerdings vom simulierten Bremspedalgefühl des jetzt elektrischen Bremskraftverstärkers enttäuscht. ABS-Pulsieren bleibt vollständig aus, was auch der Beschreibung im F-Pace-Handbuch entspricht. Vor allem erreicht man geschätzt auf gut der Hälfte des Pedalwegs einen Widerstand, der sich fast nach Endanschlag anfühlt. Weil aber im Pedal null Feedback ankommt, bleibt unklar, ob du das Pedal überhaupt bis zu diesem Punkt treten musst. So wird’s vor dem Kurveneingang schwieriger, die Bremse geschmeidig zu lösen, außerdem bleiben als Rückmeldung für die anliegende Bremskraft in der Hauptsache die g-Kräfte – die fühlen sich dafür nach ziemlich heftiger Verzögerung an.

Interessant ist auch, dass ein länger werdendes Bremspedal bei zu heißer Bremsanlage laut Jaguar tatsächlich simuliert wird. Bevor der Algorithmus dazu übergeht, erscheint allerdings eine Warnmeldung inklusive Alarmton, der erst aufhört, wenn man stehen bleibt. Andersrum erscheint irgendwie sinnvoller, denn so musst du die Bremse unter diesem Dauerwarnton kaltfahren.

Materialfahrt auf dem GP-Kurs

Abseits extremer Bremsvorgänge auf dem Rundkurs ist das Bremspedalgefühl deutlich besser – und die Frage ist ja auch, was er dort überhaupt zu suchen hat. Denn obwohl er durchaus talentiert über die Strecke turnt, bedeutet das hohe Gewicht eine fiese Materialschlacht für die Reifen und Verzögerungs-Hardware.

Herausgefunden haben wir trotzdem, dass der F-Pace SVR Rennstrecke kann, wenn er muss. Und wer sagt denn, dass es gleich ein ganzer Tag Dauerdröhnung sein muss? Da verbrät man doch viel lieber mal über den Tag verteilt eine Viererkarte bei den Tourifahrten auf der Nordschleife. Da hat der Fahrer Spaß, das Material wird nicht so gefoltert und im Brünnchen wird gejohlt, wenn der Dicke mit schreiendem Kompressor und brüllendem Auspuff aus Eschbach ankommt und einen auf Leichtathlet macht. Ach so: Im Sinne eines Fahrwerkstests natürlich immer schön über die Gittersteine hämmern. Herrlich.

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Fazit

Im Innenraum ist der F-Pace hochwertiger, schicker und mit dem großen Touchscreen moderner geworden. Verschlechterungen gibt’s allerdings auch, etwa die Bedienung der Start-Stopp-Automatik über den Monitor und der Verlust der einfacher bedienbaren Einzeltasten am Lenkrad und der Klima. Dafür bleibt der Kompressor-V8 so glorreich wie immer schon. Die 20 zusätzlichen Newtonmeter sind prinzipiell so irrelevant wie die Launch-Control: Aber wie cool ist es bitte sagen zu können, dass der Wagen das Getriebe aus dem Jaguar XE Project 8 hat? Das Handling des 286-km/h-SUV überzeugt genau wie der Fahrkomfort bei höherem Tempo. Doch zumindest auf der Rennstrecke stört das rückmeldungsarme Pedal für die starke Bremsanlage. Trotzdem ist’s wieder absolut freudevoll, dass es weiterhin eine so wunderbar bekloppte wie luxuriöse Version des F-Pace gibt.