Jaguar I-Pace
Elektrisiert durch Berlin

Berlin eignet sich nicht für Roadtrips? Wir beweisen das Gegenteil und schlendern mit dem frisch renovierten I-Pace durch die deutsche Elektro-Hauptstadt.

Jaguar I-Pace, Exterieur
Foto: Dani Heyne

Victoria ist früh wach, schickt ein mildes Lächeln in diesen Samstagmorgen. Zu Füßen der Siegessäule eine Horde Elektroroller – auf dem Bordstein verstreut, ausgepowert vom Berliner Nachtleben. Victoria hat die fettesten Partys gut überstanden und weiß um die wohltuende Stille danach, wenn erste Sonnenstrahlen die leer getanzten Straßen der Hauptstadt in weiches, warmes Licht hüllen.

Es ist der Moment, in dem Berlin Luft holt, zur Ruhe kommt. Der passende Moment, um die Tür des aufgefrischten Jaguar I-Pace ins Schloss fallen zu lassen, die mit Windsorleder bezogenen Sitze einzustellen und den Startknopf zu drücken. Das neue Infotainment fährt blitzschnell hoch, die eingeblendete Reichweite klärt unmissverständlich, dass einem Ausflug zum Nordstrand auf dem Darß nichts im Wege steht. Cool!

Unsere Highlights

Gelungener Frühstart

Jaguar I-Pace, Exterieur
Dani Heyne
Angst vor mangelnder Reichweite? Unnötig! Der I-Pace macht klar, dass einem Ausflug zur Ostsee nichts mehr im Wege steht.

Wählhebel auf D, Fuß von der Bremse, schon surrt der I-Pace leise durch die große Stadt. Diese zurückhaltende Art passt zu seinem modernen Auftritt – und untermauert, dass da kein gewöhnlicher SUV anrollt.Jaguar hat bei seiner Entwicklung auf einem weißen Blatt Papier angefangen, und das sehr früh. Zur Freude der Fans und Überraschung der Konkurrenz war der Elektro-SUV bereits 2018 am Start. Mit zwei starken E-Motoren (700 Newtonmeter) und einem 90 kWh großen Akku bestückt, zeigt er seitdem, wie sportlich-elegant sich Premium-E-Mobilität auf fast 4,7 Metern verpacken lässt.

Die rasante Entwicklung kommt übrigens nicht von ungefähr: Als erste und einzige Marke startete Jaguar einen eigenen Markenpokal mit Elektroautos – und sammelte in jener I-Pace eTrophy in den vergangenen zwei Jahren mit Vollspeed Erfahrung zum Thema (mehr dazu auf Seite 16). Kein Wunder, dass die Ingenieure danach fieberten, den I-Pace für das Modelljahr 2021 noch mal etwas zu verbessern. Das gelang ihnen vor allem mit dem neuen Infotainment-System, das schneller reagiert und sich wesentlich intuitiver bedienen lässt. Zudem hat der I-Pace nun das dreiphasige Laden drauf.

Zurück zu Victoria, die nicht länger warten soll. Vom Alexanderplatz bis zur Siegessäule braucht der Jaguar an diesem frühen Morgen keine zehn Minuten. Die Wucht von 700 Newtonmetern ist mit ihm und beeindruckt selbst Berliner Taxifahrer, die ihre Coolness selten verlieren. Heute reckt einer den Daumen – wir grüßen freundlich zurück und stromern entspannt am Brandenburger Tor vorbei.

Reise still und leise

Jaguar I-Pace, Interieur
Dani Heyne
Innen? Gute Ergonomie, tolle, vielfach verstellbare Performance-Sitze und ein modernisiertes Infotainment-System, das dem Jaguar gut steht.

Die wohltuende Gelassenheit kommt zum einen von der beachtlichen Reichweite, aber vor allem durch die Kraftreserven. Mit so viel Punch in den Achsen fährt man automatisch entspannter. Und wer das Spiel mit der Rekuperation erst mal verinnerlicht hat (Verzögerung bis zu 4 m/s2), muss beim I-Pace auch kaum noch aufs Bremspedal treten.

Am Ende der Straße des 17. Juni wartet Victoria. Sie oben auf der Siegessäule, wir unten im leeren Kreisverkehr. Fun Fact: Friedrich Drake erschuf die Bronzeskulptur nach den Zügen von Victoria von Großbritannien und Irland, die zu diesem Zeitpunkt Kronprinzessin in Preußen war. Das wissen wir nach der Online-Suche, die am schnellen Hotspot des I-Pace tadellos funktioniert. Deswegen freut sich Victoria also so über den smarten Briten. Ein Bild noch von den beiden zum Abschied, dann geht die kleine Reise durch Berlin weiter. Uns bleibt noch eine Stunde, bevor die Stadt aus ihrem nächtlichen Koma erwacht.

Der Wind streicht leise um die Karosserie, die E-Motoren sirren – so huscht der I-Pace eine Runde durch Charlottenburg bis zur gläsernen Häuserschlucht des Potsdamer Platzes. Ein Hauch von Manhattan weht um die Außenspiegel des Jaguar, der für ein Foto ausnahmsweise auf den Bürgersteig klettert, denn das Licht spiegelt sich so verlockend in all den Glastürmen.

Die Freunde von der Rennleitung finden das nicht so spaßig und klettern mit ihrem Allrad-Bulli direkt hinterher. Nach einem kurzen Verweis werfen die Ordnungshüter einen längeren Blick auf den Jaguar, outen sich als Autofans und verstehen nun die Dringlichkeit des Motivs. Sie gewähren uns zwei Minuten und geleiten uns anschließend auf den Asphaltstreifen zurück. Sicher ist sicher. Wie viel Reichweite wir noch hätten? Über die 340 Kilometer staunen sie nicht schlecht und geben uns noch einen Fototipp. Direkt vor dem Reichstag wäre es jetzt perfekt.

Gripgewaltiger Abschied

Jaguar I-Pace, Exterieur
Dani Heyne
Der I-Pace geizt nicht mit Rückmeldung, schiebt dank fettem Drehmoment druckvoll an, liefert bei sportiv abgestimmter Luftfederung kompetent Traktion.

Den Reichstag hüllt die Sonne so geschickt ein wie einst das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude. Eine perfekte Kulisse für unsere Tour mit dem I-Pace – und das vorerst letzte Motiv. Jetzt wollen wir ihm nämlich endlich ein wenig Auslauf gönnen. Also rauf auf die Stadtautobahn. Es braucht nicht viel Bewegung im rechten Fuß, und der Jaguar springt nach vorn. Immer wieder.

Egal in welcher Situation man ihn fordert, er kontert reaktionsschnell, gripgewaltig und mit so viel Nachdruck, dass man später beim Cappuccino noch darüber schmunzeln muss. Während dieser Viertelstunde Pause saugt sich der angestöpselte I-Pace übrigens rund 100 Kilometer Reichweite in die Akkus.

Womit die wieder randvoll wären. Und uns das Fernweh packt – wie lang dauert noch mal die Fahrt zum Nordstrand am Darß? Während wir in Gedanken schon mal die 656 Liter Kofferraum des I-Pace füllen, wird der Jaguar von einer Clique Oldtimer-Fans umlagert. Ihre Schätzchen knistern nebenan im Schatten. "Der steht mal sportlich da, ganz anders als diese fetten SUV", meint einer. Sein Kumpel pflichtet ihm bei: "Ich hab gelesen, der geht in unter fünf Sekunden auf Nullhundert und schafft fast 400 Kilometer mit einer einzigen Akkuladung." Anerkennendes Nicken. Dann starten sie ihre Oldies und verschwinden in einer kleinen blauen Ölwolke.

Und wir? Wir machen das jetzt mit der Ostsee. Spontanes Fernreisen geht eben doch schon mit E-Autos. Zumindest mit dem I-Pace.