Jaguar XJ 3.0 Diesel im Fahrbericht
Traditions-Limousine in moderner Ausrichtung

Jaguar hat nun endgültig mit dem Barock gebrochen. Verschnörkeltes Design gehört auch bei der Luxuslimousine XJ der Vergangenheit an. Wir starten zur ersten Ausfahrt mit der 275 PS starken Dieselvariante.

Jaguar XJ 3.0 Diesel
Foto: Hans-Dieter Seufert

Schluss mit Barbour-Jacken, Cream-Tea und Gutsherren-Gehabe: Jaguar hat gelüftet, und der viktorianische Muff ist abgezogen. Der neue Jaguar XJ sieht erstmals wirklich anders aus. Denn bislang waren die großen Limousinen kaum mehr als wiederkehrende Facelifts des Serie 1-Modells aus dem Jahre 1968. Generation acht nimmt nun die stringente Linienführung des Jaguar XF auf und entwickelt sie zu noch höherer Präsenz weiter.

Vor allem im Innenraum hinkte der bisherige XJ hinterher

Denkmalschützer werden dem Classic-Look hinterherheulen, den endgültigen Untergang des Empires beklagen oder zumindest den der Markentradition. Doch die gute alte Zeit wurde von der Moderne längst abgehängt: Vor allem im Innenraum war der bisherige Jaguar XJ im vergangenen Jahrhundert hängengeblieben. Wer dagegen den Wagenschlag des neuen öffnet, spürt den kühlen Hauch der Neuzeit – und fühlt sich in die metropole Welt von subtilem Luxus samt zeitgemäßem Exquisit-Geschmack versetzt. Ohne neureiches Schickimicki-Gehabe oder prahlerisches Wedeln mit Geldbündeln.

Der Fond übt eine magnetische Anziehungskraft aus

Den unvergesslichen ersten Eindruck prägen weite Leder-Flächen, chromumrandeter Klavierlack-Schimmer sowie ein unter dem Scheibenrahmen umlaufendes Holzband, das ans Cockpit eines Riva-Bootes erinnert. Alles scheint aus einem Guss, fügt sich fließend ineinander, nichts wirkt verspielt oder aufgesetzt, nichts Effektheischendes irritiert das Auge. Hier ruht eine Marke in sich selbst, tritt im Bewusstsein auf, den Luxus als Teil der eigenen Geschichte zu führen und ihn nicht mit vordergründigem Prunk beweisen zu müssen.

Wie bei allen Fünf-Meter-Limousinen übt der Fond eine magnetische Anziehungskraft aus. Wer ihr nachgibt, gleitet in perfekt ausgeformte Sitze, rekelt sich und fragt sich, ob er schon mal besser in einem Wagen dieser Klasse untergebracht war. Bevor sich einschläfernde Gemütlichkeit breit macht, registriert der Blick nach vorn Technik auf Höhe der Zeit: Rundinstrumente werden auf einem multifunktionalem 12,3 Zoll TFT-Monitor virtuell angezeigt, und das serienmäßige Navigationssystem stellt seine Karten auf einem berührungsempfindlichen Bildschirm (acht Zoll) in der Mittelkonsole dar.

Man sitzt wie in einem Luxus-Monocoque

Die wenigen Bedienelemente gruppieren sich klar gegliedert um den Fahrersitz, der Arbeitsplatz wirkt luftig, nichts schränkt den Ausblick ein. Ein einladend helles Ambiente, ausgeleuchtet vom Licht, das durch das serienmäßige Glas-Schiebedach fällt. Das macht Lust zum Perspektivenwechsel: Wir schlüpfen hinters Lenkrad und registrieren trotz optischer Weitläufigkeit die Intimität früher Modelle – man sitzt wie in einem Luxus-Monocoque.

Nach dem Druck auf den Startknopf fährt erwartungsfroh der Drehregler zur Steuerung der Automatik aus der Mittelkonsole – als stumme Aufforderung, D wie Drive einzulegen. Mit oberklassigem Nachdruck rollt der Jaguar XJ an, paddelt mit kräftigen Zügen auf die Drehmoment-Welle zu und lässt sich von ihr weit hinauspülen. Spielerisch, geschmeidig und ohne Anstrengung.

ECE-Verbrauch von sieben Liter auf 100 Kilometer

Der Dreiliter-V6 ist wohlerzogen, wird nie vorlaut. Bis etwa 3.000/min dringt nur vielzylindriges Subbass-Murmeln durch. Erst darüber verraten kratzige Frequenzen audiophilen Ohren den Selbstzünder. Dennoch: Es ist einer der am besten gekapselten Dieselmotoren. Und mit einem ECE-Verbrauch von sieben Liter auf 100 Kilometer ein sehr sparsamer. Dank Alu-Bauweise müssen die 600 Nm nur etwa 1.800 Kilogramm anschieben. Was sich nach sanftem Nachdruck anfühlt, bedeutet in Zahlen: null bis 100 km/h in 6,4 Sekunden, 250 km/h Spitze. Voll auf Dynamik setzt auch das serienmäßige adaptive Dämpfersystem mit Namen CATS, das an den geschmeidigen Tritt einer Katze erinnern soll und exzellenten Fahrbahnkontakt vermittelt. Der lang gestreckte Luxusliner wird scheinbar kompakt und hält rege Rücksprache mit dem Fahrer, was das Vertrauen ins Fahrverhalten fördert.

Der XJ wird zu Preisen ab 76.900 Euro ausgeliefert

Leichtfüßig lenkt der Jaguar XJ ein, gut austariert. Doch für diese Gelenkigkeit muss man etwas opfern – hohen Federungskomfort. Zu stark haben die Entwickler in Richtung straff tendiert, selbst im Komfort-Modus. Vor allem mit den optionalen 20-Zoll-Felgen begleitet ständige Unruhe das Langsamfahren, wenn es über schlechte Straßen geht – trotz Luftfederung an der Hinterachse.

Wenn der Jaguar XJ ab Mai in Deutschland zu Preisen ab 76.900 Euro ausgeliefert wird, erwartet Käufer also eine Sportlimousine nach Art des Maserati Quattroporte. Freilich luxuriös ausgestattet: mit Einparkhilfe hinten, Regensensor, elektrisch verstell- und beheizbaren Vordersitzen, Lederausstattung, CD-Radio mit Festplattenspeicher und Navigationssystem, Klimaautomatik sowie Sportmodus für Getriebe- und Motorsteuerung. Dazu gibt Jaguar drei Jahre Garantie ohne Kilometer-Begrenzung.

Eine Hybrid-Version ist vorerst nicht geplant

Eine Hybrid-Version oder zumindest eine Start-Stopp-Funktion sucht man dagegen vergebens im Angebot. Jaguar stellt sie frühestens zur nächsten Modellpflege in Aussicht. Bis dahin sei eine andere Option empfohlen: die luftig klingende Bowers-und-Wilkins-Anlage. Ihre 1.200 Watt schieben selbst dann noch an, wenn den beiden Turboladern die Luft ausgeht.

Technische Daten
Jaguar XJ 3.0L V6D 600 LuxuryJaguar XJ 5.0L V8 Premium LuxuryJaguar XJ 5.0L V8 Kompressor Supersport
Grundpreis80.320 €99.450 €136.090 €
Außenmaße5127 x 1899 x 1448 mm5122 x 1894 x 1488 mm5122 x 1894 x 1488 mm
Kofferraumvolumen520 l520 l520 l
Hubraum / Motor2993 cm³ / 6-Zylinder5000 cm³ / 8-Zylinder5000 cm³ / 8-Zylinder
Leistung202 kW / 275 PS bei 4000 U/min283 kW / 385 PS bei 6500 U/min375 kW / 510 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h
Verbrauch6,1 l/100 km11,3 l/100 km11,3 l/100 km