Lexus UX 300e
Lexus wagt sich an den Stecker

Ein Auto nur mit Elektromotor? Das kam für Lexus bislang nicht in Frage. Doch die Edelmarke von Toyota hat umgedacht und präsentiert mit dem Crossover UX 300e sein erstes reines Elektroauto. Auffällig und kräftig, edel und künftig wohl eher selten. Fahrbericht.

Lexus UX 300e
Foto: Harald Dawo / Toyota

Eigentlich war der 300e, der die UX-Baureihe als drittes Modell neben Benziner und Hybrid ergänzt, nur für den chinesischen Markt gedacht. Doch nun startet er Mitte Januar auch in Deutschland, wo – so sagt Lexus – er keine Zeitenwende markiert, sondern ein neues Zeitalter einläutet. Nach wie vor sei für Lexus der Hybrid "die Antwort auf die Fragen der Zeit", sagt Lexus Deutschland-Geschäftsführer Holger Nelsbach. Daher ist für die UX-Reihe auch ein Plug-in-Hybrid in der Pipeline, unabhängig entwickelt Lexus auch eine rein elektrische Plattform.

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Wenn die Hinterradantrieb ermöglicht, kann das kein Fehler sein, wie die Testfahrt später zeigt. Doch erst noch ein wenig Theorie: Der UX 300e nutzt dieselbe Plattform wie der UX250h, das Hybridmodell. Der 54,3 kWh große Akku mit 288 Zellen sitzt tief unten im Chassis, das wegen des Extragewichts verstärkt wurde. Technologisch spannend: Die Akkuzellen sind nicht wasser-, sondern luftgekühlt, was Vorteile bei Gewicht, Innenraumklimatisierung und Lebensdauer der Akkus haben soll. Die Haltbarkeit des Stromspeichers scheint in der Tat kein Thema zu sein: Serienmäßig garantiert Lexus über acht Jahre und 160.000 Kilometer mit mindestens 70 Prozent Batteriekapazität, gegen Aufpreis sind zehn Jahre und bis zu eine Million Kilometer drin.

Motorengeräusch auf Knopfdruck

Der Lexus UX 300e ist also durchaus für Vielfahrer gedacht – und die dürften ihre Freude an ihm haben. Denn die im besten Lexus-Stil auffällig, aber nicht marktschreierisch geformte Karosserie umschließt einen mit feinen Materialien sehr sorgfältig eingerichteten und verarbeiteten Innenraum. Bequeme Sitze sowie gutes (vorn) bis zufriedenstellendes (hinten) Platzangebot sind ebenso ein Komfortfaktor wie die bei straffer Grundnote komfortable Federung. Die Bedienung ist wie bei jedem UX anfangs anspruchsvoll, denn ein berührungsempfindliches Touchpad zwischen den Vordersitzen steuert viele Funktionen, irritiert ohne Übung aber mit teils hysterischen Reaktionen und geringer Zeitgenauigkeit.

Lexus UX 300e
Harald Dawo / Toyota
Fein eingerichtetes Interieur. Auf Knopfdruck gibt es künstlichen Motorsound auf die Ohren.

Besonders wichtig war den Machern des 300e ein guter Geräuschkomfort: Weil durch das Fehlen eines Verbrennungsmotors Wind- und Rollgeräusche stärker in den Vordergrund treten, wurde hier gegenüber den normalen UX mit zusätzlichen Dammmaßnahmen nochmal nachgebessert. Der UX 300e zählt zu den leisen Vertretern seines Faches, und sogar der synthetische Motorsound, der auf Knopfdruck analog zu Drehzahl und Last über Lautsprecher für Stimmung sorgen soll, ist mit Augenmaß komponiert: nicht zu laut, nicht zu nervig und bei konstantem Tempo im Grunde nicht vorhanden – wie bei einem Verbrenner also.

Überforderte Vorderachse

150 kW (204 PS) und 300 Newtonmeter liefert der Elektromotor, der unverkleidet im Bug wohnt und die Vorderräder antreibt. Diese Power ist in der Theorie gut für 160 km/h Spitze (abgeregelt) und 7,5 Sekunden für den Sprint von Null auf 100 km/h. Klingt spritzig? Ist es auch. So spritzig, dass die rollwiderstandsoptimierten Reifen mit dem Instant-Drehmoment permanent überfordert sind. Wer nur normal von der Ampel wegfahren möchte, erlebt eher regelmäßig als ausnahmsweise, dass die Antriebsschlupfregelung die Leistungs drosselt. Dass die Vorderachse mit dieser Kraft überfordert ist, zeigen auch deftige Antriebseinflüsse im Lenkrad. Ziehen und Zerren sowie aufgeregtes Flackern der ASR-Kontrolllampe sind das tägliche Brot des UX300e-Fahrers, wenn er das Fahrepdal nicht sehr bewusst lediglich streichelt.

Dann kommen womöglich die gut 300 Kilometer Reichweite auf Basis des WLTP-Verbrauchs von rund 17 kWh heraus, die Lexus als realistischen Wert verspricht (nach NEFZ sind es 400 Kilometer). Blöd nur, dass Lexus das Thema Laden trotz ambitionierter App fürs Finden von und Bezahlen an 160.000 Ladesäulen in Europa eher halbherzig gelöst hat: Wechselstrom nuckelt der UX 300e überschaubar schnell mit nur 6,6 kW, beim Gleichstrom ist er mit seinem Chademo-Stecker für bis zu 50 kW auf eine Ladeinfrastruktur angewiesen, die in Europa nicht zukunftsträchtig ist, weil man sich hier auf den CCS-Standard eingeschossen hat.

200 UX 300e will Lexus in 2021 in Deutschland vermarkten. Das sollte gelingen, denn der erste Lexus mit Stecker ist attraktiv und nicht überteuert. Der UX 300e kostet mit 47.550 Euro weniger als ein UX 250h in Topausstattung Luxury Line und dann geht noch die E-Auto Prämie ab.

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Fazit

Der 300e ist eine attraktive Bereicherung der UX-Baureihe. Die Fahrdynamik leidet zwar unter den Traktionsproblemen, doch Komfort, Qualitätseindruck und Design werden dem Premium-Anspruch von Lexus gerecht. Eine Lademöglichkekt per CCS würde den ersten Lexus mit Stecker aber für Europa attraktiver machen – vielleicht ein Fall für die Modellpflege?