Fahrbericht Mazda 3 Skyaktiv-G 2.0 (2019)
Japan-Golf oder Fernost-A-Klasse?

Generation vier des Mazda 3 baut auf einer neuen Skyaktiv-Plattform auf. Außerdem haben sich die Ingenieure intensiv Gedanken gemacht, wie der Fahrer besonders gut mit dem Kompakten zurechtkommt. Mit Erfolg?

Mazda 3 Skyactive G (2019), Karosserie, Exterior
Foto: Mazda

Was Philosophie angeht können Europäer von Japanern lernen. Vor allem, mit welcher Konsequenz sie auf vergleichsweise Profanes wie Autos angewandt wird. Bei Mazda sprachen sie etwa zuerst beim MX-5 von „Jinba Ittai“, der Einheit von Pferd und Reiter. Der Fahrer soll den Roadster so bewegen, wie einst der Mensch sein Ross. Den Mazda 3 soll der Fahrer gar so intuitiv benutzen, wie die eigenen Extremitäten.

Um den Fahrer herumentwickelt?

Dazu haben sich die Japaner beispielsweise intensiv damit beschäftigt, wie Menschen beim Gehen ohne Anstrengung Balance halten, zum Beispiel wenn sie beim Gehen auf ihr Smartphone starren und der Kopf dabei immer auf einer Höhe bleibt, obwohl sich der Körperschwerpunkt währenddessen um etwa fünf Zentimeter nach oben und unten bewegt. Die natürlichen Ausgleichsbewegungen strengen uns offenbar kaum an. Sie gelingen durch die Elastizität unseres aufrechten Beckens und die S-Form unsere Wirbelsäule. Der Fahrer muss im Auto dessen Bewegungen ausgleichen, auch hier ist die Balance des Kopfes – relativ zum Interieur – wichtig. Das sollte möglichst ähnlich anstrengungsfrei sein, wie beim Gehen, so das Bestreben der Mazda-Ingenieure. Entsprechend sind die Sitze geformt – und die sind schon mal sehr bequem.

Unsere Highlights

Genauso wie die Oberschenkelunterstützung und das Lenkrad lassen sie sich ausführlich verstellen. Die Ergonomie ist prima, der Schalthebel perfekt positioniert, der rechte Unterarm liegt auf einer langen, gut gepolsterten Armlehne, die Hand gelangt wie von selbst zum Dreh-Drücksteller für die Infotainment-Bedienung (mit Smartphone-Integration), daneben wartet ein kleiner Drehknopf zur Lautstärkeregelung, mit dem sich per Seitklick der nächste Titel oder Sender anwählen lässt. Die gute Abstützung muss der Fahrer auch nicht aufgeben, um mit ausgestrecktem Arm kleine Felder auf dem Touchscreen anzuvisieren – das Display ist nicht berührungssensitiv und kann daher weit nach vorne rücken, so dass der Augen-Fokus näher der Straße bleiben kann. Fahrrelevante Infos zeigt ohnehin ein gut ablesbares Head-up-Display – oder die Instrumente. Nur deren Tacho ist digital. Am Lenkrad lässt sich seine Darstellung auf eine Zahl für die Geschwindigkeit und eine Grafik für den Abstand des Tempomaten verstellen. Den wiederum bedient man über weitere Lenkradtasten. Bald erkennt man: Alles hängt mit allem zusammen und die Bedienung des Mazda 3 klappt schnell intuitiv, die Sympathie für fernöstliche Weisheiten wächst mit jedem Kilometer.

Hochwertiges und überlegt gestaltetes Interieur

Zumal Mazda den Innenraum mittels Suche nach „optischen Störgeräuschen“ – also Auffälligkeiten, von denen die Aufmerksamkeit des Fahrers abgelenkt wird – aufgeräumt hat: Weniger Knöpfe, größere ruhige Flächen – das sieht richtig gut aus. Der Preis: Die Tasten für Spurhalteassistent oder Start-Stopp-Deaktivierung sitzen ein wenig verloren im Lenkrad-Abseits links. Das verzeiht man, denn dank ansprechender Materialien, gepolsterten Oberflächen und präziser Verarbeitung muss sich das Interieur vor den wenigsten Premium-Konkurrenten verstecken.

Mazda 3 Skyactive G (2019)
Mazda
Es sitzt sich gut und fährt sich schön im Mazda 3

Das muss sich übrigens auch die Standard-Audioanlage nicht: Mazda hat auch hier ein paar Überlegungen mehr investiert – in die Anordnung der Lautsprecher. Mit Erfolg wie eine Hörprobe vor Ort zeigte: Transparente Höhen, druckvoller Bass, klare räumliche Aufteilung. Da kann sich der Käufer die Investition von 750 Euro in die Bose-Anlage getrost sparen.

Nur hinten ist Mazda der Gaul durchgegangen: Das abfallende Dach bietet ausreichend Kopffreiheit nur bis etwa 1,85 Meter Körpergröße, die üppige C-Säule schränkt Rück- und Aussicht für die Fondpassagiere ein, die Ladekante des nur 351 Liter großen Kofferraums liegt zu hoch, der Kofferraumboden dahinter viel tiefer. Noch dazu ist sein Boden nur mit einem labbrigen Teppich bedeckt. Gar nicht premium-like. Die überschaubare Raumökonomie schon eher, wenn auch nachteilig: Der neue Mazda 3 ist zwar etwas kürzer als der Vorgänger, aber exakt 20 Zentimeter länger als der Golf VII. Gefühlt hat er aber im Fond nicht mehr Platz und der Gepäckraum hat Kleinwagenniveau – vier Liter weniger als beim Audi A1.

Dafür ist das Heck hübsch knackig. Nur die großen Blechflächen an der C-Säule sehen aus mancher Perspektive seltsam aus. Dafür erinnert die Front mit dem großen Grill und den scharf gezeichneten LED-Scheinwerfern eher an einen Sportwagen als einen Brot- und Butter-Kompaktwagen.

Komfortabel, aber agil

Dazu passend erfreut der Mazda 3 seinen Reiter selbst beim Parforceritt über kurvige Landstraßen mit welligem Asphalt: Der Fahrbahnkontakt ist prima, der Federungskomfort geschmeidig und die Geräuschentwicklung nicht nur des Fahrwerks auffällig gering. Dank der präzisen Lenkung lässt sich das ziemlich agile Fahrverhalten schön auskosten. Und das alles, obwohl Mazda die Hinterachse von Mehrlenker auf Verbundlenker „downgegradet“ hat. Natürlich nicht ohne „philosophischen“ Hintergrund: Die Konstruktion soll dank größerer Sturzneutralität beim Einfedern einen Anstieg der Seitenführungskräfte sanfter auf die Insassen übertragen. Davon abgesehen hat die einfachere Fahrwerkstechnik positiven Einfluss aufs Gewicht. Der Mazda zählt mit 1.199 Kilogramm (ohne Fahrer) gemessen an Größe und Hubraum zu den leichteren Kompaktwagen.

Zum besseren Abfedern vertikaler Stöße setzt Mazda entgegen dem Trend der letzten Jahre zu immer härteren Reifen auf weichere (von Toyo). All diese Maßnahmen sollen das Fahren in dem neuen Kompaktwagen anstrengungsfreier machen und weniger ermüdend, bei Passagieren soll es seltener zu Unwohlsein führen. Das lies sich bei der ersten Probefahrt zwar nicht bestätigen: Sie war vergleichsweise kurz und der hartgesottene Kameramann weiß vermutlich nicht mal, was Reiseübelkeit sein soll. Insgesamt aber lässt sich das Fahren im Mazda 3 doch als sehr angenehm und unaufgeregt mühelos beschreiben.

Aufwendig gemachter Motor fährt sich durchschnittlich

Der 2,0-Liter-Benziner hat am Fahrvergnügen wenig Anteil. Trotz beträchtlichen Aufwands: Zur skyaktive-typischen hohen Verdichtung hat Mazda dem Vierzylinder-Sechzehnventiler mit Direkteinspritzung eine als Mildhybrid bezeichnete Kombination aus 24-Volt-Riemenstarter und zwischen den Achsen eingebauter Lithium-Ionen-Batterie spendiert. In ihr lässt sich über den Riemenstarter rekuperierte Bewegungsenergie aus Rollphasen elektrisch speichern. Sie dient dann der Versorgung des Bordnetzes und entlastet so den Motor. Davon bekommt der Fahrer wenig mit – außer dass das Start-Stopp-System den Motor mit dem Riemenstarter super sanft in Gang bringt. Weil der Alumotor sehr leise läuft, kriegt der Fahrer kaum mit, wenn er wieder läuft. Die zurückhaltende Geräuschentwicklung bleibt auch, wenn die Drehzahlen steigen. Das müssen sie allerdings auch, wenn es zügig vorangehen soll. Das maximale Drehmoment von 213 Nm ist zwar für einen Saugmotor ordentlich, liegt aber erst bei 4.000 U/min voll an, so dass die gefühlte Durchzugskraft hinter die der aufgeladenen Konkurrenz zurückfällt. Das vermag die Maschine weder mit übermäßiger Drehfreude noch mit Leistung kompensieren. Mazda hat sie von 165 PS (wie im CX-5) auf 122 PS gezügelt – um Abstand zu halten auf den im Sommer kommenden Skyaktiv X mit Kompressionszündung und Kompressor sowie 180 PS. Der könnte dem Mazda 3 dann allerdings die Sporen geben.

Vermutlich wird er auch beim Normverbrauch auftrumpfen. Der „normalen“ 2,0-Liter aus dem Testwagen muss sich den meisten Konkurrenten mit kleineren Turbomotoren zumindest auf dem Papier geschlagen geben. Gut möglich, dass der Praxisverbrauch vor allem bei größeren Leistungsanforderungen, wo aufgeladene Motoren zu höherem Spritkonsum neigen, günstiger liegt. Das ließ sich aber bei der ersten Probefahrt nicht ermitteln.

Fazit

Mazda hat sich über seinen neuen Kompakten viele Gedanken gemacht. Das merkt man erst beim Fahren: Feine Ergonomie, hochwertiges, geräuscharmes Interieur, eingängige Bedienung, souveränes Fahrwerk – den neuen 3er fährt man gern. Auf dem Papier spricht zunächst weniger für ihn. Dafür sieht er gut aus – und der neue Motor lässt aufhorchen.

Technische Daten
Mazda 3 G 2.0 M Hybrid Mazda 3 G 2.0 M Hybrid Selection
Grundpreis25.890 €27.690 €
Außenmaße4460 x 1795 x 1435 mm4460 x 1795 x 1435 mm
Kofferraumvolumen351 bis 1026 l351 bis 1026 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder
Leistung90 kW / 122 PS bei 6000 U/min90 kW / 122 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit197 km/h197 km/h
Verbrauch5,0 l/100 km5,0 l/100 km