Mercedes G 63 AMG Fahrbericht
Der Vollstrecker

Die Offroad-Ikone von Mercedes geht in diesem Jahr mit 544 PS an den Start. Wir waren mit dem Dampfhammer auf erster Testfahrt unterwegs.

Mercedes G 63 AMG Fahrbericht 2012
Foto: Mercedes

Es sind diese Nüstern: die riesigen Lufteinlässe in der Frontschürze signalisieren beim neuen G 63 AMG schon im Stand, was die Stunde geschlagen hat. Brav sollen die anderen, der hier ist böse. Kopfkino, noch bevor der Schlüssel im Zündschloss steckt. Gleich zwei Turbolader setzen den neuen 5,5-Liter-V8 unter Druck und realisieren damit eine ziemlich aberwitzige Leistungsausbeute: 544 PS, 37 mehr als beim AMG-Vorgängermodell mit Kompressor-V8. Und 760 Newtonmeter Drehmoment. Ein Monster von einem Motor. Und das in einem Gehäuse, das zum Marktstart vor 33 Jahren mit einem 72-PS-Saugdiesel debütierte.

Unsere Highlights

Die umfangreichste Renovierung seit Jahrzehnten

Die Zeiten ändern sich. Nicht nur unter der Haube, auch im Salon, der sich hinter den tresorartig wirkenden Türen eröffnet. Feudale Lounge-Atmosphäre statt Arbeiterviertel. Zum neuen Modelljahrgang wurde der G innen so umfangreich aufgemöbelt wie zuletzt vor 22 Jahren, als die 463er-Baureihe eingeführt wurde. Lediglich die Grundform des Armaturenbords erinnert noch an vergangene Zeiten, doch das an nahezu jedem verfügbaren Fleck mit edlem Leder bezogene Cockpit erreicht zum Modelljahr 2012 eine Wertigkeit und Anmutung, die sich vor der S-Klasse nicht verstecken muss. Am auffälligsten ist der große Farbbildschirm, der über der neu gestalteten Mittelkonsole thront. Unabdingbar für das serienmäßige Comand-Online-System, das es inzwischen an Rechenleistung mit dem heimischen PC aufnehmen kann – bis hin zum Internet-Zugang. Passend dazu: der spacige AMG-Schaltstummel der neuen Siebengang-Automatik.

Mercedes G 63 AMG – Donnergrollen

Anlassen. Innehalten. Was für ein Ballermann! Die beiden Sidepipes entlassen bereits bei Leerlaufdrehzahl ein Donnergrollen, das Passanten unmittelbar nach oben blicken lässt: zieht gerade ein Gewitter auf? Statt synthetischem Sound-Design gibt sich der Muskelmotor akustisch als V8 alter Schule. Gänsehaut-Garantie. Fahrstufe einlegen, festhalten – ohne jeden Ansatz brüllt der V8 los, der G bäumt sich schier auf, um im selben Sekundenbruchteil mit Urgewalt nach vorne zu schießen. So ungefähr muss sich das Dampfkatapult eines Flugzeugträgers anfühlen. 5,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. In einem Mercedes G, mit Starrachsen, Leiterrahmen, einem Leergewicht von 2,5 Tonnen. Rock´n Roll.
 

Mercedes G-Klasse 2012 Daten und Preise
ModellG 350 BlueTECG 500G 500 CabrioG 63 AMGG 65 AMG
Zylinder688812
Hubraum in Kubikzentimeter2.9875.4615.4615.4615.980
PS211388388544612
Nm5405305307601.000
Verbrauch auf 100 km11,2 l D14,9 l S14,9 l S13,8 l S17,0 l S
Preis EUR85.31199.948100.900137.504264.180

Mercedes G 63 AMG mit Speedshift-Automatik

Wie es weitergeht, hängt von der Tageslaune des Fahrers ab. Man kann auf der fetten Drehmomentwelle surfend gemütlich Richtung Horizont davonballern. Oder aber maximal angasen. Für letzteres empfiehlt sich durchaus der Griff zu den Schaltpaddeln hinter dem Lenkrad, um dem Achtzylinder seine Arbeitsweise zu diktieren. Die AMG-Speedshift-Automatik ist im Normalprogramm um kulante Drehzahlen bemüht. Schon leichtes Gaslupfen nach einem Zwischensprint genügt ihr dann, um gleich ein-zwei Gänge hochzuschalten. Im Angriffsmodus deshalb lieber manuell sortieren, Gänge halten, Schub ohne Schaltarbeit. Oder den Sportmodus aktivieren. Der verkürzt die Schaltzeiten, beim Schaltvorgang werden zu diesem Zweck Zündung und Benzineinspritzung kurzzeitig zurückgefahren, entsprechend flinker reagiert das Getriebe.

Der große Spaß hält allerdings nur bis zur nächsten Kurve. Denn trotz des gegenüber der Serie deutlich dynamischer abgestimmten Fahrwerks und der direkter ansprechenden Lenkung mahnt das neu abgestimmte ESP zur Ruhe. Serpentinen im Drift zu erstürmen war einmal, nun wird bereits bei nicht besonders abenteuerlichen Kurvengeschwindigkeiten rigide eingegriffen und der G kräftig eingebremst. Doppelt schade: das Ganze lässt sich nicht abstellen, der ESP-Off-Schalter in der Mittelkonsole ist in der Straßenübersetzung funktionslos.

Gelände geht immer noch – theoretisch

Gelände kann der G 63 AMG zumindest in der Theorie nach wie vor. Schließlich ist er wie seine braveren Brüder mit zwei Achssperren und Gelände-Untersetzung für alle Eventualitäten gewappnet. Allerdings dürfte es wohl die allerwenigsten künftigen Besitzer in unbefestigtes Terrain drängen. Schon der Gedanke an Bodenkontakt oder einen Schwall Schlammbrühe in den tief platzierten Kühlern ist nicht besonders schön, zumal sind die Niederquerschnitts-Gummis im 20-Zoll-Format wenig dazu geeignet, abseits des Asphalts Heldentaten zu vollbringen.
 
Fragen nach dem Verbrauch beantwortet Mercedes mit der Feststellung, der neue sei um 13 Prozent sparsamer als das Kompressor-Vorgängermodell. Helfen soll dabei die neue Start-Stopp-Funktion der Automatik (exklusiv bei der AMG-Variante des neuen G-Jahrgangs), was sich in einem Laborverbrauch von 13,7 Liter niederschlägt. In der Fahrpraxis sollte man diesen Wert schleunigst als illusorisch zu den Akten legen. Wer sparen möchte, kann zum neuen BlueTec-Diesel greifen. Schließlich ist ja auch der Preis für das AMG-Modell der Gelände-Legende nicht unbedingt ein Fall für Menschen, die ein Haushaltsbuch führen.
 
Für den Rest des Jahres sind die Käufer des G 63 AMG noch Eigner des exklusivsten G-Modells aller Zeiten. 2013 wird allerdings noch einmal nachgelegt. Dann startet der Über-Über-G 65 AMG mit Zwölfzylinder, 1.000 Newtonmeter Drehmoment und 612 PS. Es bleibt spannend.

Technische Daten
Mercedes G 63 AMG lang AMG
Grundpreis139.766 €
Außenmaße4662 x 1864 x 1951 mm
Kofferraumvolumen480 bis 2250 l
Hubraum / Motor5461 cm³ / 8-Zylinder
Leistung400 kW / 544 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit210 km/h
Verbrauch13,8 l/100 km