Mercedes S 500 4Matic Coupé im Fahrbericht
Luxus-Liner mit neuer Optik

Luxus ist die Kunst, sich mit so wenig Überfluss zu umgeben, dass es nicht allzu sehr auffällt. Kaum ein Auto beherrscht das so perfekt wie ein S-Klasse-Coupé, das ist auch beim neuen Mercedes S 500 4Matic nicht anders – erster Fahrbericht.

Mercedes S 500 4Matic Coupé, Frontansicht
Foto: Mercedes

Nicht einmal die Tür macht plopp, die serienmäßige automatische Zuziehhilfe zieht sie so sanft ins Schloss – flupp –, dass nur die Stille danach auffällt. Heulende Flugzeugtriebwerke, hupende Taxis, knatternde Zweitakter – die komplexe Geräuschkulisse des Florenzer Flughafens bleibt ausgesperrt. Nur kurz erhält sie wieder Einlass, solange das Fahrerfenster geöffnet wird, um das Parkticket in den Automaten zu schieben. Davor wird sorgfältig gezielt, denn die Parkplatzausfahrt ist eher für Puntos als für Mercedes S-Klassen ausgelegt, und gelbe Betonkanten-Markierungen machen sich bestimmt nicht so gut auf den optionalen 20-Zoll-Rädern (4.284 Euro Aufpreis).

Dann ist es wieder still im Mercedes S 500 4Matic Coupé. Die Musikanlage (Burmester High End, 7.497 Euro) bietet Amy Winehouse oder Red Hot Chili Peppers von der Festplatte, im Radio bequasselt ein aufgeregtes Moderatoren-Duo die WM-Partie zwischen Belgien und Algerien. Dann lieber die wohltuende Stille des Benz. Und die Muße, sich umzuschauen im neuen Mercedes-S-Klasse-Coupé, intern C217 genannt, obwohl es genauso gut C222 heißen könnte, denn es basiert natürlich auf der seit letztem Jahr angebotenen S-Klasse.

Mercedes S 500 4Matic Coupé mit Exklusiv-Paket für 6.747 Euro

Das Head-up-Display (1.202 Euro) weist mit etwas designverliebten Pfeildarstellungen den Weg auf die A1 nach Süden und dann auf die SP69 ins Herz des Chianti-Gebiet, Reiseführer-Toskana aus dem Bilderbuch. Weniger wuchtig als in der Limousine wirkt die Instrumenteneinheit, etwas eleganter schwingt sie sich quer durchs Interieur des Mercedes S 500 4matic Coupé, fein beledert und mit dem gleichen TV-großen Mitteldisplay, das jetzt die Arno-Brücke zeigt.

Wer sich in anderen Mercedes auskennt, wird auch mit der Bedienung des Mercedes S 500 4Matic Coupé keine Probleme haben: Comand-Controller mit Touchpad-Funktion (178,50 Euro Aufpreis), Fahrzeugmenüs über Lenkradtasten, Klima-Bedienleiste unter dem Zentraldisplay, alles wie gewohnt. Neu ist allerdings die Tastenleiste links vom Lenkrad, über die direkter Zugriff auf die Assistenzsysteme möglich ist. Die hätte er gern auch in der Limousine gesehen, gesteht S-Klasse-Baureihenverantwortlicher Hermann-Joseph Storp später, doch das sei dort nicht möglich gewesen.

So weit sind wir noch nicht. Die Strada Provinciale 69 schlängelt sich noch einige Kilometer durch Weinberge, Olivenhaine und Pinien-Alleen, vorbei an Touristenbussen, Iveco-Betonmischern und trödelnden Pandas. Klingt übertrieben, ist aber wirklich so. Ab und zu darf das Mercedes S 500 4Matic Coupé zeigen, was es kann. Dann trompetet es sehr achtzylindrig aus seinen beiden Endrohren und drückt die Insassen äußerst nachhaltig in die gesteppten Designo-Ledersitze (Exklusiv-Paket, 6.747 Euro). 4,6 Sekunden von null auf 100 verspricht die Werksangabe, und es gibt wenig Anlass, daran zu zweifeln. Unaufgeregt und lässig erledigt er Zwischenspurts, und der Siebengangautomatik ist es ziemlich egal, ob der Fahrer sich dabei mit den Schaltpaddels (Serienausstattung) wichtigmacht oder ob er das Getriebe sich selbst überlässt.

Neigetechnik nicht beim 4Matic

Ebenso lässig überbügelt das adaptive Airmatic-Fahrwerk Unebenheiten, zeigt sich nur etwas unwirscher, wenn in den Sportmodus geschaltet wird. Doch selbst so verhält sich das Mercedes S 500 4Matic Coupé nicht bockelhart. Auch das Abrollen gelingt ihm recht geschmeidig, trotz der 20-Zöller. Nur eines kann das Fahrwerk nicht: sich mit der bereits vielfach angepriesenen Neigetechnik in die Kurve legen. Das geht nämlich nur beim Hecktriebler mit ABC (Active Body Control)-Fahrwerk, und der ist noch nicht verfügbar. Zum Verkaufsstart gibt es den C217 nur als 4Matic mit Allradantrieb.

Das ABC führt Hermann-Joseph Storp wenig später in einem Prototyp vor. Er sitzt auf dem Beifahrersitz und freut sich auf die Reaktion des Piloten. Wir düsen durch Wechselkurven und merken: nichts. Gar nichts. Es ist ein wenig so, als müsste man seine Sensoren fürs Kurvenfahren neu kalibrieren. An einem Coupé, das vor uns durch die Kurvenkombination schießt, lässt sich die Neigung gut beobachten. „Maximal 2,65 Grad neigt sich das Auto zur Kurveninnenseite“, erklärt Storp. Wie ein Motorrad. Oder ein Flugzeug. Mit dem gleichen Effekt: Die Insassen werden von der Fliehkraft nicht nur nach außen, sondern durch die Schräglage des Autos auch in die Sitze gedrückt.

Mercedes S 500 4Matic Coupé mit reichhaltiger Serienausstattung

„Es ist eher ein Komfort- als ein Sport-Feature“, erläutert Storp weiter, als wir zum Mercedes S 500 4Matic Coupé zurückkehren. Natürlich könne man damit nicht schneller durch die Kurven fahren. Ziel sei es eher, das Wohlbefinden der Insassen zu erhöhen.

Später umrunden wir die aufgereihten Coupés. Die Mannschaft um Baureihen-Leiter Storp und Interior Designer Hartmut Sinkwitz ist sichtlich zufrieden mit dem Mercedes S 500 4Matic Coupé. Muskulös, aber nicht aufdringlich steht er da, im matten AMG-Grau lackiert (4.153 Euro extra), viel schlanker und kleiner wirkend, als er eigentlich ist. Die rund fünf Meter Länge und zwei Meter Breite kaschiert er sehr geschickt. Dass er kein billiges Auto ist, sieht man ihm schon eher an.

Ab 125.961 Euro steht das Mercedes S 500 4Matic Coupé in der Preisliste, allerdings bereits sehr reichhaltig ausgestattet. Airmatic, LED-Licht, Comand-Navi und Metallic-Lack sind beispielsweise immer an Bord. Buchhalter-Minimalausstattung beim Coupé, das war früher. Und da war ja bekanntlich doch nicht alles besser. 60 Kilometer sind es zurück nach Florenz. Flupp.

So neigt sich das Mercedes S 500 4Matic Coupé

Um die Karosserie gegen die Querbeschleunigung zur Kurveninnenseite zu neigen, bedient sich das Mercedes S 500 4Matic Coupé der Hardware des ABC-Fahrwerks, der Kamera des Magic Body Control mit Surface Scan und der Querbeschleunigungssensoren. Erkennt der Rechner eine Kurve, werden die Stahlfedern in den ABC-Federbeinen auf der kurvenäußeren Seite über sogenannte Plungerzylinder angehoben, auf der kurveninneren Seite abgesenkt. Resultat: Das Fahrzeug neigt sich wie ein Motorrad in die Kurve, die Querbeschleunigung drückt die Insassen nicht nur nach außen, sondern auch nach unten in die Sitze. Dabei benötigt das Coupé keine neuen Systeme, das Kurvenneigen funktioniert mit der bereits an Bord befindlichen ABC-Technik und -Software.

Fazit

Feiner Komfort, bulliger Hightech-V8, da kann ja eigentlich nicht viel schiefgehen. Das neue S-Klasse-Coupé lässt kaum Wünsche offen. Es ist ein großartiger Reisewagen, handwerklich hochwertig, mit sehr ordentlichem Platzangebot und modernster Antriebs- und Fahrwerkstechnik. Was ihm fehlt? Ein eigenständiger Name, wie früher CL etwa.

Technische Daten
Mercedes S 500 4Matic Coupé Mercedes S 63 AMG 4Matic Coupé AMG
Grundpreis127.509 €172.134 €
Außenmaße5027 x 1899 x 1411 mm5044 x 1913 x 1422 mm
Kofferraumvolumen400 l400 l
Hubraum / Motor4663 cm³ / 8-Zylinder5461 cm³ / 8-Zylinder
Leistung335 kW / 455 PS bei 5250 U/min430 kW / 585 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
Verbrauch9,4 l/100 km10,3 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten