Fahrbericht Renault Mégane R.S. Trophy-R Record
So fährt der Rekord-Halter

Der Renault Mégane R.S. Trophy-R Record hat sich vor kurzem den Fronttriebler-Rekord auf der Nordschleife zurückgeholt. Jetzt dürfen wir die ersten Runden mit dem Hardcore-Kompakten drehen – und schnappen uns gleich den Fronttriebler-Rekord auf der Rennstrecke im belgischen Zolder.

Renault Mégane R.S. Trophy-R Record
Foto: Antonin Vincent

Start-Ziel-Gerade, „Circuit Zolder“ in Belgien. Der Charme vergangener Formel-1-Zeiten um den unvergessenen Gilles Villeneuve rauscht mit dem Renault Mégane R.S. Trophy-R Record auf die erste Kurve der Traditionsrennstrecke mit 60er-Jahre-Patina zu. Einfach herrlich mal wieder auf so einer Old-School-Rennpiste zu fahren, die mit ihren Kiesbetten, Leitplanken und Mauern das sympathische Gegenteil zu Rennstrecken à la Paul Ricard ist. Letztere hat mit ihren asphaltierten Auslaufzonen einen Charakter, der schwer an einen lackierten Aldi-Parkplatz erinnert.

Unsere Highlights

Genauso authentisch wie Piste in Zolder tritt der Renault Mégane R.S. Trophy-R Record an. In Zeiten der immer digitalisierteren Automobile, deren Fahrstil ebenfalls immer digitaler wird, erinnert der französische Kompaktsportler an vergangene Tage, als sich die Hersteller beim Thema Sport noch so richtig etwas getraut haben. Und, liebe Sportwagenanhänger und Trackdayfans – die Truppe von Renault Sport haben sich mit dem Mégane R.S. Trophy-R Record mal richtig etwas getraut.

Den Nachnamen „Record“ trägt der französische Hardcore-Sportler nicht zu Unrecht. Mit 7.40,10 Minuten schnappte der Hardcore-Mégane am 5. April 2019 dem Honda Civic Type R die Nordschleifen-Rekordkrone des schnellsten Serienfronttrieblers weg.

Keramikbremsen in einem Kompaktsportler

Renault Mégane R.S. Trophy-R Record
Antonin Vincent
Keramikbremsanlage? Nein, das war kein Vertipper.

Was für eine Rundenzeit muss man eigentlich für den Fronttriebler-Rekord in Zolder brechen? Das gut sortierte Rundenzeiten-Archiv von fastestlaps.com liefert eine Rundenzeit von 2.01,90 Minuten, die ein Mini Cooper S aufgestellt hat. In meinem Reisegepäck findet sich nur ganz zufällig unser Race-Navigator-Messequipment, da ich von Zolder direkt für den Supertest an die Nordschleife weiterreise. Warum also nicht auch in Zolder eine heiße Runde in den Asphalt brennen? Die spontane Idee ist schnell umgesetzt und der Saugnapf des Messgeräts knutscht die Trophy-R-Frontscheibe.

Schon beim Anbremsen auf die schnelle Linkskurve von Turn 1, die sich im späteren Kurvenverlauf dann doch als langsame, fast rechtwinklige Kurve entpuppt, wird klar, dass der Mégane R.S. Trophy-R Record auch der neue Fronttriebler-König von Zolder wird. Es hat schon etwas von Markenpokal-Rennwagen mit Straßenzulassung, wie der Hardcore-Mégane mit seiner Keramikbremsanlage die 188 km/h Topspeed auf der Start-Ziel-Geraden bis auf 102 km/h am Scheitel zusammenstaucht.

In die Kurve reinbremsen? Dank der gelungenen ABS-Abstimmung, die gut auf das semislickähnliche Gripniveau der Bereifung vom Typ Bridgestone Potenza S007 mit spezieller R.S.-Kennung adaptiert worden ist, liebt dieser R.S. späte Bremspunkte. Habe ich da eben etwas von einer Keramikbremsanlage erzählt? Nein, das war kein Vertipper, sondern ist beim Trophy-R die Realität.

In deutschen Automobilkonzernen haben die Controller solche sportiven Ingenieurs-Ideen bei Fronttriebler-Projekten schon mehrmals mit ihrem Rotstift im Keim erstickt. Viel zu teuer. So sind es eben die Franzosen von Renault Sport, die es sich als erste trauen, einem Kompaktsportler mit Vorderradantrieb optional eine Brembo-Keramikbremsanlage zu spendieren. Erkennungsmerkmal: Die goldenen Bremssättel.

Und wenn du dich mit den französischen Ingenieuren und Projektleitern von Renault Sport über dieses Trophy-R-Projekt unterhältst, fühlt es sich fast ein bisschen so an, wie damals in Jugendzeiten, als du mit deinen Kumpels über frisierte Kisten an der Nordschleifen-Touristenzufahrt gefachsimpelst hast. Mit kindlicher Freude stellt die R.S.-Mannschaft ihr Projekt vor und feiert beispielsweise mit glänzenden Augen jedes Kilogramm, dass sie gegenüber dem normalen Trophy-Modell eingespart haben.

Gewichtskur auf 1.306 Kilogramm Leergewicht

Renault Mégane R.S. Trophy-R Record
Antonin Vincent
Die Rücksitzbank weicht einer Plastikwanne. Das spart satte 25,3 Kilo.

Und da gibt es viel zu feiern. Insgesamt 130 Kilogramm soll der Trophy-R leichter geworden sein. Die Gewichtskur soll ihn auf ein vergleichsweise geringes Gewicht von 1.306 Kilogramm runtergehungert haben. Allein die neue Hinterachskonstruktion, ohne die bei R.S. und dem normalen Trophy verbaute Hinterachslenkung, spart 39 Kilo ein. Im Innenraum purzeln die Pfunde ebenfalls rapide. Eine Plastikwanne anstelle der Rücksitzbank führt zu einer Gewichtsreduzierung um 25,3 Kilo. Manuell verstellbare Fiberglas-Vollschalensitze von Sabelt mit Sechspunktgurten liefern mit packendem Halt nicht nur Rennsport-Feeling auf der Landstraße, sondern reduzieren auch das Gewicht um 15 Kilo gegenüber den bekannten, elektrischen R.S.-Sportsitzen.

Doch damit in Sachen Gewicht nicht genug. Angesichts der ganzen Technikdetails und des Gewichtsfeintunings hat man so ein bisschen das Gefühl vor einem Porsche 911 GT3 RS im Kompaktsportlergewand zu stehen. Die Carbon-Haube mit den NACA-Luftöffnungen kennen wir beispielsweise von GT2 RS und GT3 RS. Beim Renault Mégane R.S. Trophy-R Record spart die Carbon-Haube 8 Kilogramm ein.

Anders als bei den Porsche-GT-Modellen sind die NACA-Öffnungen beim Trophy-R nicht zur Bremsenkühlung sondern zur Motorkühlung entwickelt worden. Auch die Aerodynamik konnte durch die neuen Luftöffnungen optimiert werden. An der Hinterachse soll ein neuer Heckdiffusor die aerodynamische Balance verbessern. Im Vergleich zum normalen Trophy sinkt das Gewicht durch das Heckdiffusor-Bauteil aus Kohlefaser um 2,7 Kilo.

Ein absolutes Technik-Highlight, das es noch nie bei einem Kompaktsportler gegeben hat, sind die optionalen Vollcarbon-Räder. Mit 7,5 Kilo reduzieren sie das Gewicht gegenüber den serienmäßigen Trophy-R-Rädern um 2,25 Kilogramm pro Rad. Zum Vergleich: Die Räder des normalen Trophy-Modells wogen 11,5 Kilo pro Rad.

Und für die absoluten Leichtbau-Junkies hier noch weitere Details im Schnelldurchlauf, wie penibel die Renault-Sport-Entwickler an das Thema Gewicht rangegangen sind. Verzicht auf Heckwischer: minus 1 Kilo, Gummileisten statt Chromleisten am Fensterrahmen: minus 0,25 Kilo, Wegfall ISOFIX: minus 0,75 Kilo, kleinerer RS-Monitor (7 Zoll statt bisher 8,7 Zoll): minus 0,25 Kilo, Schalthebel: minus 0,75 Kilo, leichtere Seitenscheiben: minus 1,25 Kilo, kleinere Mittelkonsole als beim normalen Trophy: minus 4 Kilo (nur bei Linkslenkermodellen).

Jetzt aber genug der Diätdiskussion, konzentrieren wir uns bei unserem spontanen Fronttriebler-Rekordprojekt in Zolder auf „Sterrenwachtbocht“ und „Kanaalbocht“. So heißen die beiden nächsten Rechtskurven von Turn 2 und 3, die der R.S. Trophy-R Record neutral unter Last abfrühstückt.

Klingt fast wie ein Markenpokalrennwagen

Renault Mégane R.S. Trophy-R Record
Antonin Vincent
Trotz OPF: Die Akrapovic-Titanabgasanlage liefert ordentlichen Klang.

Dritter, Vierter, dritter Gang – Anbremsen und Runterschalten auf Kurve 4 (Lucien Bianchibocht). Das Streckenlayout von Zolder erfordert mit seinen engen, teils fast rechtwinkligen Kurvenverläufen viele Schaltvorgänge und ist damit prädestiniert für den neuen Rekordhalter. Und auch dafür muss man den Mégane R.S. Trophy-R Record lieben: Es gibt ihn ausschließlich mit Handschalter. Das manuelle Sechsgang-Getriebe glänzt mit kurzen Schaltwegen und präziser Gassenführung.

Rausbeschleunigen auf die Gegengerade. Wie der normale Trophy trägt auch das neue R-Modell den intern MR18 genannten 1,8-Liter-Vierzylinder-Turbo mit 300 PS. Wenn man an dem französischen Kompaktsportler etwas rumkritisieren will, dann ist es das Triebwerk, dessen Leistungsentfaltung nicht mehr ganz so brachial wie beim F4Rt-Zweiliter der R.S.-Vorgängermodelle verläuft. Nicht nur im unteren Drehzahlbereich wirkte der Zweiliter frischer, sondern auch bei Ausdrehen gen Drehzahlgrenze.

Immerhin imitiert der Eins-Achter des Mégane R.S. Trophy Record die Stimme des Zweiliter, der einst unter Volllast bestialisch fauchte. Trotz OPF verleiht auch die Akrapovic-Titanabgasanlage dem heißen Kompaktsportler fast den Klang eines Markenpokalrennwagens. Beim Lupfen bollert und brodelt es, als ob der Franzose auf sämtliche Zulassungsregularien pfeifen würde. Ach ja, hatten ich ganz vergessen: Die Titanabgasanlage wiegt mit insgesamt nur 10 Kilo rund 6 Kilo weniger als die des normalen Mégane R.S..

Die Gegengerade ist Geschichte, der Mégane R.S. Trophy-R Record pfeffert gerade im zweiten Gang durch die enge Schikane deren Name Programm ist: „Kleine Chicane“. Dank mechanischer Torsen-Differenzialsperre gibt es keine Traktionsklagen beim Herausbeschleunigen. Weiter geht’s zur über die aufregendste Streckenpassage in Zolder – die uneinsehbare Links namens „Butte“, die über die Kuppe führt. Kein Problem für den Nordschleifen-Rekordhalter – er bleibt auch hier sehr fahrstabil.

Jetzt auch Rekordhalter in Zolder

Renault Mégane R.S. Trophy-R Record
Antonin Vincent
Für Rekorde gemacht: 1.50,74 Minuten reichen für den Fronttriebler-Rekord in Zolder.

Insgesamt ist die Balance des Trophy-R sehr gut gelungen. Für einen Fronttriebler hält sich der Hang zum Untersteuern in nahezu allen Fahrzuständen stark in Grenzen. Und das Einlenkverhalten und die Lenkung? Beides knackig und präzise. Die Hinterachse bleibt dabei weitgehend stabil, aber nicht zu stabil. Auf der Bremse oder bei Lastwechseln kann der französische Kompaktsportler, dank leicht eindrehendem Eigenlenkverhalten, perfekt für den weiteren Kurvenverlauf ausgerichtet werden.

Im Vergleich zum normalen Trophy-Modell reduziert das neue, einstellbare Öhlins-Gewindefahrwerk deutlich die Seitenneigung und fällt durch seine rennsportähnliche Härte auf. Nicht nur die Fahrhöhe kann justiert werden, auch die Zug- und Druckstufe der Dämpfer kann individuell eingestellt werden. Mit einem Vorderachssturz von -2°05‘ geht der Trophy-R mit rund einem Grad mehr Negativsturz an den Start als das normale Trophy-Modell. Hatte ich ja bereits erwähnt, dass diese Rennsemmel als Markenpokalrennwagen durchgehen könnte.

„Gilles Villeneuve Chicane“, „Terlamenbocht“, Bolderberghaarspeldbocht„, “Jochen Rindt Bocht„, “Jackie Ickx Bocht„ – fünf Kurven später ist es amtlich, was heute eigentlich schon zu Beginn der schnellen Runde klar war. Der Renault Mégane R.S. Trophy-R Record schnappt sich mit einer Rundenzeit von 1.50,74 Minuten auch den Fronttriebler-Rekord in Zolder.

Wenn Sie auch einmal auf Rekordjagd gehen wollen, dann müssen sie schnell sein. Der Renault Mégane R.S. Trophy-R ist auf 500 Exemplare limitiert. Die Preise stehen noch nicht fest. Bei rund 60.000 Euro soll das Modell ohne Optionen beginnen. Mit allen Extras soll der Preis bei bis zu 85.000 Euro liegen – auch das ist für ein Kompaktsportler absolut rekordverdächtig.

Fazit

Schon nach dem ersten Treffen mit dem Renault Mégane R.S. Trophy-R Record ist klar, dass er im Moment die Benchmark im Segment der Kompaktsportler ist. Schlüssel zum Erfolg? Ein knackiges Gewindefahrwerk mit sportlicher Fahrwerksabstimmung, gripfreudige Sportreifen und ein Leichtbaukonzept, welches das Gewicht gegenüber dem normalen Trophy-Modell um rund 130 Kilo verringert hat.