Toyota Mirai im Fahrbericht
Brennstoffzellen-Auto - teuer kaufen, gratis tanken

Die Brennstoffzelle fürs Auto kam und ging – und kommt wieder: Toyota bringt mit dem Mirai das erste Serienauto mit Wasserstoff-Antrieb. Probefahrt – mit dem Antrieb und dem Auto der Zukunft?

Toyota Mirai, ams, Fahrbericht
Foto: Toyota

Autojournalisten kennen den Mirai schon: Auf bestimmt den letzten vier Messen stand bei Toyota ein Ufo namens FCV, bei dem mancher dachte: „Sieht so schlimm aus, muss der neue Prius sein“. Das Wasserstoffauto Toyota Mirai (japanisch für „Zukunft“) ist für europäische Sehgewohnheiten schwer zu ertragen – und bleibt damit ganz in der Tradition zukunftsweisender Modelle von Toyota: Beim Prius war das vor allem zu Beginn genauso. Hohn und Spott vor allem englischer Motormagazine begleiteten den Prius über Jahre. Anders als der kompakte Hybrid-Pionier hat das Brenstoffzellen-Auto Toyota Mirai mit 4,89 Meter Länge das Format von in unseren Augen wohlgestalteten Stufenhecklimousinen wie Audi A6 oder BMW 5er. Aber der Mirai polarisiert mit seinen ungewöhnlichen Kanten, Fugen und Schnitten mindestens genauso wie mit seinem Antrieb.

Unsere Highlights

Wasserstoff – nach 20 Jahren zahlloser Forschungsmodelle und Testbaureihen hat Toyota als erster Autohersteller den Mut, ein Serienmodell mit Brennstoffzelle auf den Markt zu bringen. Der Toyota Mirai tankt das explosive Gas pur in einen Hochdrucktank. In einem 370-Zellen-Stack entsteht aus dem Wasserstoff und dem Sauerstoff der Umgebungsluft elektrische Energie und Wasserdampf. Der Strom versorgt dann zum einen den unter dem Laderaum untergebrachten Nickel-Metall-Hydrid-Akku oder direkt den Elektromotor mit Energie. „Was in den ersten hundert Jahren der Automobilindustrie das Benzin war, wird in Zukunft der Wasserstoff sein“, lehnt sich Toyotas Chairman Takechi Uchiyamada, Vater des Prius, aus dem Fenster, „doch es wird seine Zeit brauchen. Wir haben für die erste Million Hybridfahrzeuge auch 10 Jahre benötigt.“

Toyota Mirai ist innen schöner als der Prius

Nicht ganz so futuristisch wie von außen zeigt sich der Toyota Mirai von innen. Im Cockpit wirken aber vor allem die großen Touch-Oberflächen ein bisschen wie Raumschiff Enterprise. Es gibt Platz für vier Personen und eine edlere Verarbeitung als im lieblosen Prius. Während der Stack der Brennstoffzelle unter den vorderen Sitzen in einer crashsicheren Struktur untergebracht ist, befinden sich die beiden Tanks vor und hinter der Hinterachse, was die vergleichsweise hohe Sitzposition erklärt.

Für den Vortrieb des Toyota Mirai sorgt ein Elektromotor der mit dem aus dem Toyota Prius verwandt ist. Er ist im Vorderwagen untergebracht, leistet 114 kW/155 PS und schafft damit auf Tempo 100 in 9,6 Sekunden sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 178 km/h. Der Antritt des 1.850 Kilogramm schweren Fronttrieblers ist dank 335 Nm maximalen Drehmoments gerade im zuschaltbaren Power-Modus kräftig. Speziell beim Zwischenspurt macht das Zukunftsmobil auf dem amerikanischen Highway einen überzeugenden Eindruck.

Die Zukunft kommt auf leisen Sohlen

Die Lenkung ist zwar nicht direkt, aber auch nicht mehr derart synthetisch wie noch vor Jahren. Und das Fahrwerk ist inzwischen überraschend stramm abgestimmt. Im Vergleich zu einem Elektroauto ist die Brennstoffzelle im Innern des Mirai während der Fahrt durchaus im Hintergrund zu vernehmen. Ansonsten gefällt das sehr geringe Geräuschniveau – und dass sich der Toyota Mirai davon abgesehen wie ein ganz normales Auto fährt.

Neben dem Elektromotor stammen auch Akkus und Bordelektronik von hauseigenen Hybridmodellen. Neigt sich die Reichweite von bis zu 500 km dem Ende, können die beiden Hochdruckstanks, die mit ihren 122,4 Litern zusammen 5 kg Wasserstoff schlucken, an der Wasserstoff-Zapfsäule in fünf Minuten nachgetankt werden. Probleme wie Kaltstart oder das Abdampfen bei längeren Parkpausen wurden von Toyota in den letzten Jahren ausgeräumt. „Letztlich ist es ein ganz normales Auto“, bekräftigt Satochi Ogiso, „eben wie damals auch der Prius. Und wird daher auch zu einem Erfolg werden.“ Hoffentlich wird der Toyota Mirai nicht von der betagten Fußfeststellbremse gebremst. Die hat in der Zukunft nichts zu suchen.

Die Brennstoffzelle vielleicht schon. Sie sollte zwar von einem Dutzend Autohersteller bereits mehr als ein Dutzend Mal auf den Markt kommen. Aber außer Kleinserien, Testbussen, Gabelstablern und umfangreichen Entwicklungserkenntnissen ist nicht viel geblieben.

Toyota Mirai ab 79.000 Euro in Deutschland erhältlich

Hersteller wie BMW, Honda, General Motors oder Daimler verbrannten Milliarden, das erste Serienauto kommt jetzt von Toyota – was weitere Milliarden kosten dürfte: Der Ex-EU-Präsident Pat Cox schätzt, dass Toyota bei jedem verkauften Mirai 50.000 bis 100.000 Euro zuschießen muss. Ein Riesen-Rabatt – der den Mirai aber nicht zum Super-Schnäppchen macht: In Deutschland wird der Toyota Mirai ab dem kommenden Jahr für knapp 79.000 Euro angeboten. Dafür gibt es zwei BMW i3, ein Tesla Model S oder einen sparsamen Mercedes S 300 Dieselhybrid. Die 50 bis 100 Mirai-Fahrzeuge, die 2015 und 2016 nach Europa kommen sollen, erscheinen angesichts der Nachfrage von Energieunternehmen und zu Werbezwecken allemal möglich; viel mehr dürften es angesichts dieses Preises und der maximal 50 Tankstellen in Deutschland trotz der maximalen Reichweite von rund 500 Kilometern jedoch kaum werden.

Traum aller Autofahrer: Tanken gratis

In Japan und insbesondere den USA sind die Voraussetzungen für den Toyota Mirai deutlich günstiger. Der Kunde hat zumindest in Kalifornien die Wahl, ob er das erste Serien-Brennstoffzellenauto der Welt für 57.500 Dollar (umgerechnet 46.000 Euro) kauft und bis zu 14.000 Dollar an Subventionen einstreicht oder ihn für günstige 499 Dollar pro Monat mietet. Getankt werden kann zwischen San Diego und Sacramento an 100 Tankstellen, die derzeit aufgebaut werden, kostenlos und es gibt einen telefonischen Concierge-Service rund um die Uhr, wenn Probleme auftreten sollten. Während es in den USA acht Jahre Garantie auf die Wasserstoffkomponenten gibt, bekommen die Europäer nur derer drei. Da liegen auch bei den Bedingungen für Brennstoffzellenautos Welten dazwischen.

Nur 3.000 Toyota Mirai bis 2017

Im nächsten Jahr sollen weltweit 700 Toyota Mirai verteilt werden und bis Ende 2017 ist deren Zahl auf 3.000 Stück begrenzt. „Größere Stückzahlen versprechen wir uns erst in den 2020er Jahren“, räumt Takechi Uchiyamada ein und verweist auf die höchst unterschiedlichen regionalen Wasserstoffverbreitungen. Doch trotz kleiner Stückzahlen und hoher Preise ist Toyota überzeugt von der Brennstoffzelle und will im Gegensatz zum einstigen Hybridimpuls 1997 einen Schulterschluss mit der Konkurrenz, die das Thema Wasserstoff ebenfalls nicht begraben hat.

BMW beispielsweise soll im Rahmen der Kooperation mit Toyota ebenfalls Zugriff auf den zentralen Stack haben. Im Vergleich zum Erprobungsträger Toyota Highlander FCV konnten die Kosten um 95 Prozent reduziert werden. „Doch es ist ein bisschen wie beim Kampf von Don Quijote“, lacht der Entwicklungsverantwortliche Satochi Ogiso, „viele halten Wasserstoff für Blödsinn. Aber das haben viele auch beim Prius gedacht.“

Technische Daten
Toyota Mirai
Grundpreis78.600 €
Außenmaße4890 x 1810 x 1535 mm
Kofferraumvolumen361 l
Höchstgeschwindigkeit175 km/h
Verbrauch0,7 kg/100 km