VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion im Fahrbericht
Kann der Alltrack wirklich alle Wege?

Der frisch modellgepflegte Passat Alltrack bringt uns schnell, komfortabel und sicher auch über den Rand des Abenteuers hinaus. Etwa wenn der Straße der Asphalt verloren geht – oder dem Schnee das Gespür für die passende Jahreszeit.

VW Passat Alltrack, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Der Weg zu den Korallenriffs führt über Fernpass, die Autostrada Brennero und endlich bei Brixen ostwärts durch ein tiefes Tal, bis sie wie Wände vor uns aufragen: Schneebedeckt recken sie ihre Gipfel in den abendrötlichen Himmel, während die Nacht langsam ihre Flanken emporkriecht. Wir sind – Sie ahnten es – in den Dolomiten, denen das Gestein Dolomit den Namen gibt. Es stammt von Korallenriffs aus dem Neotethys, einem Ozean, der verebbte und dessen Grund sich zu den Alpen aufstaffelte, als die afrikanisch-indische Erdplatte mit der eurasischen zusammenschepperte. Dieser Prozess begann vor 100 Millionen Jahren, sei jedoch, wie uns Wissenschaftler versichern, seit fünf Millionen Jahren im Abklingen begriffen.

Unsere Highlights

Dass der Fels eigentlich ein Riff ist, passt so gut zu dem Auto, mit dem wir auf ihm herumfahren – dem Passat Alltrack, der eben etwas anders ist als nur ein hochgesetzter Variant. Er ist das ziemlich perfekte Allroundtalent und war das schon, bevor er so hieß. Seine Karriere reicht nämlich eigentlich zurück bis ins Jahr 1983. Damals präsentierte VW auf der IAA den Passat Tetra – einen allradgetriebenen und sacht hochgeschürzten Variant. Er sei der Volkswagen für alle, die meinten, wo ein Wille sei, sei auch ein Weg, verhieß VW damals.

Der umsichtige Draufgänger

Wobei der Alltrack bei aller Allradkompetenz und Eigenständigkeit eben zuallererst ein Passat Variant war – schon in der Vorgängergeneration, in welcher er 2012 startete. Deswegen bekommt natürlich auch der frisch modellgepflegte Alltrack all die Neuerungen der anderen Modellversionen. Das Draufgängerische im Auftritt kombiniert er mit Umsicht. Das bisher schon breit aufgestellte Assistenzteam ergänzt nun der Travel Assist. Der erkennt Tempolimits und passt die Geschwindigkeit automatisch daran an, wie auch an Kurven, Kreuzungen und Kreisverkehre. So teilchauffiert uns der Alltrack entspannt über die A 7 und durch Österreich. Hinter der italienischen Grenze dagegen informiert der Passat, dass die vorausschauende Tempoanpassung in diesem Land nicht verfügbar sei – wobei wir erst nicht wissen, ob das nun eine technikspezifische Aussage ist oder eine ganz allgemein auf das Land bezogene, was ja so falsch auch nicht wäre.

VW Passat Alltrack, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Mit 17,2 Zentimetern Bodenfreiheit kommt der Alltrack selbst über größere Brocken ungestreift hinweg – und überhaupt eigentlich immer viel weiter, als man sich das von so einem Allradkombi erwartet.

Hinter Brixen folgt die Straße strudelnden Bachläufen, windet sich an Felsen entlang und konzentriert sich dabei nicht mehr auf Oberflächlichkeiten. Wobei der Alltrack komfortabel über runzligen Asphalt fährt, selbst herbe Unebenheiten sanft wegsteckt. Wer es noch komfortabler als im Comfort-Modus haben mag, kann nun die Kennlinien der Adaptivdämpfer über die bisherigen Pole hinaus verschieben, im selbst konfigurierbaren Individual-Modus – gerade beim Alltrack nützlich, wenn der Straße mal die Fahrbahn ausgeht.

So wie ein Stück links hinter Abbia den Berg hoch, am trockenen Flussbett entlang, wo der Asphalt verebbt und nur mehr Schotter den Weg bedeckt. Wobei Schotter ein eher freundlicher Begriff für die Trümmer ist, die hier auf dem Boden herumliegen. Doch mit 17,2 Zentimetern Bodenfreiheit kommt der Alltrack selbst über größere Brocken ungestreift hinweg – und überhaupt eigentlich immer viel weiter, als man sich das von so einem Allradkombi erwartet. Auf trockener gerader Strecke schickt das elektronisch geregelte Allradsystem 4Motion das meiste der vielen Motorkraft an die Vorderräder. Droht der Grip da abzureißen, schaltet das System über die Haldex-Kupplung die Hinterräder zu. So grippt sich der Passat den steilen Schotterpfad empor. Käme es noch gröber, könnte der Unterfahrschutz an Bug und Schwellern das Garstigste abfangen. Doch diesem Weg gelingt es nicht, das Offroad-Talent des Alltrack derart zu strapazieren. Nun, morgen ist ja auch noch ein Tag.

Riff in die Trickkiste

Eine Erkenntnis, mit der wir nicht alleine sind. Obwohl wir früh losfahren, öddeln Busse und Bagger vor uns den Berg empor. Wobei die kurzen und nicht sehr geraden Geraden lang und gerade genug zum Überholen sind mit den 500 Nm des TDI und dem alerten Doppelkupplungsgetriebe, das seine sieben Stufen treffsicher und fugenlos durchsortiert. Im Sport-Modus mit gestrafften Kennlinien für Dämpfer, Gaspedal und Antrieb kurvt der Alltrack trotz des etwas höheren Schwerpunkts fast so agil wie die anderen Modelle durch die engen Serpentinen – das bekommen die meisten SUV nicht so überzeugend hin.

VW Passat Alltrack, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Der neue zentrale Touchscreen des Passat wurde im Alltrack mit allerlei Informationen für das Fahren abseits befestigter Straßen versehen.

Beim Herausbeschleunigen aus den engen Kehren drücken jetzt automatisch zugeschaltete Hinterräder mit. So hangelt sich die Strada Provinziale 24 mit durchaus vehementem Tempo den Berg und auf über 2.100 Meter empor. Die sechste Tornante, die siebte, die achte. Dann sind wir auf der Hochebene. Und mittendrin im Winter. Der hat sich in den Alpen ja derzeit etwas in der Jahreszeit vertan. Was uns die Möglichkeit gibt, die Anzahl unterschiedlicher Untergründe, auf denen wir unterwegs sind, zu vervollständigen. Schotter hatten wir mit dem Alltrack, dazu trockene und nasse Straßen. Fehlen nur Schnee und Eis. Prego!

Hinter dem alten Bunker windet sich ein Sträßchen ins Irgendwo, mit allem drauf, was uns gerade noch fehlt: Schnee, Eis, Schneematsch und jede Zwischenform. Ja klar, der Passat hat Sommerreifen drauf, aber man wird doch auch mal etwas ausprobieren dürfen. Also Offroad-Modus aktivieren – nun reagieren Motor und Getriebe sanfter, die Traktionskontrolle lässt etwas voranbringenden Schlupf zu – und vorsichtig hinein. Mit Allrad könnte der Passat selbst auf Schnee vehement beschleunigen, aber wegen der Sommerreifen forsches Tempo nur schwer wegbremsen. Daher fahren wir nur ein kleines Stück den Weg hinein. Der strebt einem Horizont entgegen, an dessen Ende sich die Marmolata – mit 3.342 Metern höchster Gipfel der Dolomiten – in den strahlblauen Himmel reckt, als wolle sich das Panorama als Motiv für eine Fototapete bewerben.

Wir fahren noch eine Runde über Passo Falzarego und di Giau mit dem Alltrack, dem Passat für alle Wetter, Straßen, Gelegenheiten und Unwägbarkeiten. Für ihn ist so ein Korallenriff 2.200 Meter über dem Meer genau der allerbeste Ort, um zu zeigen, dass er voll auf der Höhe ist.