Aston Martin V8 Vantage S im Fahrbericht
Baby-Aston mit mehr PS und weniger Kilos

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Nur die Fotos versprechen Sonnenschein, während die Wildleder-Rennschuhe noch trocknen. Beim ersten Rennstreckenbesuch mit dem Aston Martin V8 Vantage S in Südspanien herrschte Eifelwetter. Doch auch bei Dauerregen beweist der nachgewürzte Baby-Aston Dynamik-Talent.

Aston Martin V8 Vantage S, Seitenansicht, schräg hinten
Foto: Aston Martin

„Wir wollen als englische Marke ja zu unseren Wurzeln stehen“, sagt Ulrich Bez lächelnd, während draußen scheinbar ein Monsun über Südspanien tobt. Der Mann mit schwäbisch-britischem Charme kommt gut an: Ob als Manager am Limit beim 24-Stunden-Rennen im verschwitzten Renn-Overall oder wie heute als Journalisten-Motivator bei sintflutartigen Regenfällen auf der Rennstrecke in Ascari – Bez ist kein Retorten-Boss wie andere bei so manchem Massenhersteller.

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Den Verkauf der seit 2005 gebauten und zuletzt im Modelljahr 2009 überarbeiteten Vantage V8-Baureihe will der Aston-Chef nun mit dem Sondermodell V8 Vantage S noch stärker ankurbeln. Mit Kohlefaser-Splitter und einem modifizierten Diffusor-Ansatz trägt der Kleine nun das Kleid des V12 Vantage zur Schau.

Aggressiver Aston mit zehn PS mehr

Der Aero-Feinschliff soll außerdem die aerodynamische Balance verbessern und den Auftrieb an Vorder- und Hinterachse minimieren. Ein insgesamt drei Kilogramm leichterer 19-Zoll-Radsatz im Zehn-Speichen-Design reduziert zudem die ungefederten Massen. „Für uns ist wichtig: Evolution ist besser als Revolution“, erklärt Ulrich Bez. Die erotisch-heisere Stimmlage des 4,7-Liter-Achtzylinders Aston Martin V8 Vantage S hebt ein modifizierter Schalldämpfer noch leidenschaftlicher hervor.

Moderate Eingriffe an der Motorelektronik und eine veränderte Zündung hauchen dem V-Motor mit klassischem 90-Grad-Zylinderbankwinkel des Aston Martin V8 Vantage S ein bisschen mehr Pep ein. Die moderate Leistungsspritze um zehn auf 436 PS ist jedoch bei 7 Grad und Eifelwetter in Ascari nahe Málaga genauso gut spürbar wie das angeblich mildere Klima zwischen Olivenbäumen und Fincas.

Doch der Aston Martin V8 Vantage S geht auch ohne fühlbar mehr Punch deutlich aggressiver ans Werk als seine soften Modellverwandten. Dank einer direkter übersetzten Lenkung (15 : 1 statt 17 : 1), 0,2 Grad mehr Negativ-Sturz an der Vorderachse sowie einen Zentimeter breitere Reifen pariert der Aston Lenkbefehle so zackig wie die Leibgarde Anordnungen Ihrer Majestät.

Siebenganggetriebe und Sportshift-Schaltung

„An der Vorderachse fahren wir identische Feder- und Dämpferraten wie beim normalen V8 mit Sports Pack, an der Hinterachse haben wir die Federraten um zehn Prozent weicher abgestimmt“, erklärt der Chief Engineer für den Aston Martin V8 Vantage S, Paul Barritt.

Dank etwas mehr Vorspur an der Hinterachse wollen die Techniker ein neutraleres Fahrverhalten erreichen. Auf Lastwechsel antwortet der Aston Martin V8 Vantage S bei den ersten schnelleren Runden bei Nässe mit nur leicht einknickendem Heck. Deutlich rustikaler legt dagegen das neue automatisierte Siebenganggetriebe von Graziano los.

Auch wenn die neue Sportshift-Schaltbox rund 20 Prozent schneller schalten soll als das bisher bekannte Sechsganggetriebe, nickt der Fahrer bei jedem Gangwechsel bedächtig mit dem Kopf. Emotionalität hin oder her – die spürbaren Schaltunterbrechungen sind zu stark. Wie wär’s mit einer Doppelkupplung?

Sportliches S-Modell ist kein Leichtgewicht

Doch für den ehemaligen Porsche-Entwicklungschef Bez, der schon in den Achtzigern früher als die meisten in der Automobilindustrie im Dunstkreis der Rennlegenden 962 das DKG-Thema inhaliert hat, steht fest: „Eine Doppelkupplung ist bis zu 50 Kilogramm schwerer und kostet bis zu 5.000 Euro mehr – wir bleiben daher erst mal beim Sportshift-Getriebe.“

Für Zahlenverliebte: Das Siebenganggetriebe im Aston Martin V8 Vantage S wiegt mit 80 Kilogramm rund 24 Kilo weniger als die bisherige automatisierte Vantage-Schaltbox mit sechs Stufen. „Durch eine effizientere Luftführung unter dem Fahrzeug ist das neue Getriebe nur luftgekühlt. Der Verzicht auf Ölkühlung samt Ölpumpe und Kühlkreislauf spart Gewicht“, erklärt Entwickler Barritt.

Mit 1.610 Kilogramm Leergewicht wiegt der Aston Martin V8 Vantage S zwar rund 30 Kilo weniger als die Standardversion – ein Leichtgewicht sieht allerdings anders aus. Damit ist das Straßenmodell rund 300 Kilo schwerer als beispielsweise der in der GT4-Klasse der VLN eingesetzte Renn-V8.

Guter Sound und viel Technik im V8 Vantage S

„Wir in der Entwicklung würden gerne eine Light-Version des Aston Martin V8 Vantage S für die Straße bauen. Das wird auch irgendwann bestimmt kommen“, blickt Dave Doody, Chef-Entwickler der neuen Virage-Baureihe, in die Zukunft. Bis dahin beißt erst einmal der Aston Martin V8 Vantage S zu und hechelt brüllend von Kurve zu Kurve.

Die Bremsanlage mit 380er-Scheiben (Basis-V8 Vantage: 355 mm) an der Vorderachse spricht mit knackigerem Druckpunkt an als beim Standardmodell mit etwas teigigem Pedalgefühl. Auf der Rennpiste in Südspanien kämpft das ABS von Conti Teves dabei mit Bravour gegen die Nordschleifen-ähnlichen Sturzbäche.

Ein neuer hydraulischer Bremsassistent im Aston Martin V8 Vantage S soll bei einer Vollbremsung den Bremsweg verkürzen. Die erstmals bei Aston Martin eingesetzte Berganfahrhilfe (Hill Start Assist) ist weniger für Rennstrecken-Fans und mehr für Tiefgaragen-Parker sowie Alpen-Liebhaber interessant. Ein Detail, das Ulrich Bez bei der Präsentation geflissentlich übergeht.

Wen wundert’s, wie bei sport auto geht auch beim gebürtigen Stuttgarter der Renn-Virus um: „Wenn ich die Fuchsröhre runterdonnere, sind Schaltpaddles für die höchste Fahrkonzentration perfekt“, sinniert der Aston-Boss lächelnd weiter. Auch die hat der neue Aston Martin V8 Vantage S natürlich an Bord – und zwar aus Magnesium.

Technische Daten
Aston Martin Vantage S Coupé 4.7 V8 S
Grundpreis125.495 €
Außenmaße4385 x 1865 x 1260 mm
Kofferraumvolumen300 l
Hubraum / Motor4735 cm³ / 8-Zylinder
Leistung321 kW / 436 PS bei 7300 U/min
Höchstgeschwindigkeit305 km/h
Verbrauch12,9 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten