BMW i8 im Fahrbericht
Hybridsportler unter der Sonne Kaliforniens

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In der Theorie ist der BMW i8 der längst überfällige Nachfolger des M1 – und gleichzeitig der fortschrittlichste Sportwagen der Welt: Er baut auf einem Carbonchassis auf und wird von einem Hybridsystem angetrieben. Sieht so die Zukunft der Supersportwagen aus?

BMW i8, Frontansicht
Foto: BMW

Da kündigt BMW endlich den lang ersehnten Sportwagen an – wenn man so will, als Nachfolger des M1. Und dann ist von einem Hybridler mit Elektromotor sowie Funktions-Dreizylinder die Rede, worüber sich bereits viele enttäuscht zeigten. Doch wirklich schockierend schien für die meisten Autofans erst der Blick auf die Reifenkonfiguration: Vorne sollten schmalbrüstige 195er die Seitenführung sicherstellen. Kann so etwas gut gehen?

Mit dem BMW i8 in und um Los Angeles

Um diese Frage zu beantworten, sind wir im Fahrbericht in und um Los Angeles unterwegs. Nicht dass dort das Himmelreich für Fahrdynamiker wäre. BMW vermutet vielmehr in der kalifornischen Metropole ein großes Interesse an zukunftsträchtigen Autokonzepten, wie es der BMW i8 bietet. Schließlich gilt der Westküstenstaat als Hochburg grüner Geisteshaltung.

Und BMW preist den i8 als ersten Sportwagen der Welt, der nur so viel Treibstoff wie ein Benziner-Kleinwagen verbraucht. Für die Fabelwerte soll der Elektromotor an der Vorderachse sorgen: Er leistet maximal 96 kW und kann den Zwei-plus-zwei-Sitzer auf bis zu 120 km/h beschleunigen. Vorausgesetzt, dass die Akkus mit regenerativem Strom gefüllt wären, könnte der BMW i8 37 Kilometer lang rein elektrisch und damit ohne Kraftstoffkosten unterwegs sein.

Danach hat der Fahrer im BMW i8 die Wahl, per Verbrenner weiterzufahren – es springt der Dreizylinder an der Hinterachse ein. Dieser kann auch die leer gesaugten Batterien wieder füllen, dann wird sozusagen Benzin in Strom umgewandelt, was allerdings keinen guten Wirkungsgrad verspricht. Oder der BMW i8 muss wie die anderen Plug-in-Hybride auch an die Steckdose. Das elektrische Fahren selbst funktioniert übrigens erstaunlich gut: Zum Beschleunigen in der Stadt steht immer genug Drehmoment zur Verfügung (320 Nm). Und selbst am Ortsschild beantwortet der BMW i8 Gasgeben mit ausreichendem Vorwärtsdrang.

Bremspedal des BMW i8 lässt sich wunderbar dosieren

Interessant auch: Das Bremspedal lässt sich wunderbar dosieren, hier geht dem BMW i8 die Ruppigkeit anderer Hybridbremsen völlig ab. Genug mit dem gutmenschlichen Elektrogleiten. Wir wollen schließlich wissen, ob der flügeltürige BMW i8 nicht nur einen auf Supersportwagen macht – sondern ob er auch so fährt. Also legen wir das Fahrprogramm Sport ein und geben Gas.

Sofort springt der Dreizylinder an. Er stammt wie die Sechsgangautomatik aus dem Mini. Dank größerem Turbolader erstarkt der 1,5-Liter auf 231 PS, was einer respektablen Literleistung von 154 PS entspricht. Das hat auf jeden Fall Supersport-Charakter. Der Ton des Verbrenners dagegen kaum. So sehr sich die Ingenieure auch bemüht haben, den Motor wichtig erscheinen zu lassen, so sehr klingt er doch nur wie ein Dreizylinder mit Bassboost – was er auch ist:

Über eine Membran neben dem Endrohr links werden Frequenzen zwischen 80 und 400 Hz verstärkt, was zusätzliches Hubvolumen vortäuscht und im krassen Gegensatz zum Sirren des Elektroantriebs steht. 362 PS Systemleistung sowie 570 Nm Drehmoment liegen im Sportmodus maximal an, und sie müssen rund 1,5 Tonnen bewegen. Für den Standardsprint auf Tempo 100 verspricht BMW 4,4 Sekunden. Überprüfen können wir diesen Wert in den USA nicht, da muss man bis zum Test in Deutschland warten. Wohl aber können wir den Schub subjektiv beurteilen.

BMW i8 legt vehement los, und lässt dann nach

Zunächst legt der BMW i8 elektrisch unterstützt vehement los, und es zieht die Mundwinkel freudig nach oben – Erwartung voll erfüllt. Trotz verhältnismäßig großem Lader spricht der Antrieb gut an – mit ihrer Instant-Power kaschiert die parallel laufende E-Maschine das Turboloch ebenso wie die verhältnismäßig gemächlichen Gangwechsel. Doch mit steigender Drehzahl des Dreizylinders lässt der Vortrieb im BMW i8 merklich nach: Die Drehmomentkurve des Elektromotors ebbt stärker ab, als die des Verbrenners aufbrandet.

Trotz der relativ schmalen Reifen steht genügend Traktion zur Verfügung: Der BMW i8 ist zwar kein klassischer Allradler, aber front- und hinterrad getrieben mit den beiden Motoren direkt auf den Achsen. Somit verteilt sich das Drehmoment genauso wie das Gewicht nahezu ideal. Ohnehin bringt das i8-Konzept beste Voraussetzungen für einen Sportwagen mit: Die Hochvolt-Akkus kauern tief unter dem Mitteltunnel, das Chassis aus kohlefaserverstärktem Kunststoff wirkt steif wie bei einem Rennwagen.

Legt man die lauten Abrollgeräusche zugrunde – sie drängen sich vor allem beim elektrischen Gleiten ins Bewusstsein -, dann sind die Fahrwerkselemente erfreulich direkt angebunden. Das Leergewicht beziffert BMW mit 1.485 Kilogramm, was angesichts der aufwendigen Hybridtechnik mit der schweren Batterieeinheit ein hervorragender Wert ist.

BMW i8 im Fahrbericht mit Optionsbereifung

Unter anderem sorgen Kunststoffe statt Stahl für das relativ niedrige Gewicht, die Karosseriebeplankungen bestehen aus Thermoplast. Nur die Außenhaut der spektakulären Flügeltüren ist aus Aluminium gefertigt. Serienmäßig rollt der Zwei-plus-zwei-Sitzer mit 195/50 R 20 vorn und 215/45 R 20 hinten vom BMW-Band. Wir sind im Fahrbericht allerdings mit der Optionsbereifung (215er vorn und 245er hinten) unterwegs und registrieren sofort das direkte Einlenkverhalten des Hybridsportlers.

Der kurvige und ziemlich einsame Canyon oberhalb von Malibu erscheint uns als perfektes Revier, um dem Fahrwerk auf den Zahn zu fühlen. Tatsächlich bestätigt sich schon beim Abbiegen vom Pacific Coast Highway der erste Eindruck aus der Stadt: Ganz so, wie es sein niedriger Schwerpunkt vermuten lässt, dreht der BMW i8 ohne spürbaren Verzug und ohne Wankbewegung ein.

Durch die tiefe Sitzposition fühlt man sich wunderbar ins Auto eingebunden. Weil die Lenkkräfte nicht hoch sind, gelingt das Fahren selbst ausgesprochen leicht. Das alles macht Lust auf mehr, und wir ziehen auf der kurvigen Landstraße das Tempo an. Der Grenzbereich dürfte noch in weiter Ferne liegen – der Tacho zeigt nur unwesentlich mehr an, als die übervorsichtige amerikanische Tempolimitierung vorgibt -, schon fangen die Vorderreifen an zu wimmern. Vermutlich sind sie noch nicht angewärmt, und wir bringen sie mit dem Sportfahrerslalom auf Temperatur.

Markenuntypisches Verhalten

Nächster Versuch: Wieder quietschen die Reifen. Um auszuschließen, dass es sich dabei um ein rein akustisches Phänomen handelt, forcieren wir erneut das Tempo – und der BMW i8 rutscht im Fahrbericht über die Vorderräder: Untersteuern wie aus dem Lehrbuch, das sich nicht einmal durch Lastwechsel beheben lässt. Auch leichte Anstellversuche straft der BMW mit markenuntypischem Verhalten.

Interessant dabei: Das Chassis selbst hat alle Anzeichen eines Kurvenkillers – es rollt nicht, es wankt nicht. Schwachstelle sind die Reifen, die nicht genug Seitenführungskräfte aufbauen. Im Moment müssen wir die Frage, ob die schmalen Vorderreifen für den futuristischen Sportwagen taugen, mit einem klaren Nein beantworten.

Technische Daten
BMW i8 Coupé
Grundpreis134.000 €
Außenmaße4689 x 1942 x 1291 mm
Kofferraumvolumen154 l
Hubraum / Motor1499 cm³ / 3-Zylinder
Leistung266 kW / 362 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch2,1 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten