Cabrio-Vergleich Mini JCW und Bentley CSC
Oben-Ohne-Brüder nicht nur im Geist

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Was der Bentley Continental Supersports Convertible und das Mini John Cooper Works Cabriolet gemein haben? Na – die langen Namen beispielsweise. Und die erfolgreiche deutsch-britische Zusammenarbeit und das Beschwören einer hier wie da illustren Vergangenheit. Eine Geschichte von Liebe und Leidenschaft.

Bentley Continental Supersports Convertible trifft Mini John Cooper Works Cabriolet
Foto: GARGOLOV

Großbritannien ist eine stolze Nation. Ein Königreich. Siegreich im Gros seiner Feldzüge. Eine in den Wirren der Geschichte um ihre überseeischen Ländereien gekommene Kolonialmacht mit klar artikuliertem Führungsanspruch. Nicht ohne Grund gilt das vom Komponisten Thomas Augustine Arne und den Textern James Thomson und David Mallet im Jahr 1740 anlässlich eines patriotischen Theaterstücks zu Papier gebrachte Lied „Rule Britannia“ bis heute als inoffizielle Nationalhymne des aus England, Schottland, Wales und Nord-Irland bestehenden Inselstaates. Grundsätzlich ist dessen im Refrain artikulierte Beschwörungsformel „Britons never, never, never will be slaves“ auch erhört worden – von einzelnen unseligen Entführungsopfern einmal abgesehen.

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Erfolgreiche britisch-deutsche Zusammenarbeit

Als solches sah eine kleine Minderheit der englischen Bevölkerung wohl vorübergehend auch die britische Automobilindustrie. In englischen Internet-Foren wurde beklagt, dass allzu unkritische Landsleute den Le Mans-Sieg des Bentley Rennwagens im Jahr 2003 bejubelten, ohne sich des Umstandes gewahr zu sein, dass dieser mit Hilfe eines Ur-Deutschen Innenlebens gewonnen habe. Jenem Motor nämlich, der zwischen 2000 und 2002 schon den Audi R8 zum Erfolg getragen hatte. Womit wir auch schon beim Thema wären: die Deutschen und der britische Automobilbau. Eigentlich eine Erfolgsgeschichte – und doch ein Stachel im Fleisch der Angelsachsen. Ob Rolls-Royce, Bentley, Mini, Aston Martin oder seit Neuestem auch Lotus – wer heute auf der Insel noch erfolgreich Autos baut, hat an der Spitze meist einen oder mehrere Germanen stehen.

Einzige Ausnahme ist der Markenverbund Jaguar/Land Rover. Hier schwingt seit geraumer Zeit ein betuchter Inder die Peitsche – was Traditionalisten kaum weniger schmerzen dürfte. Globalisierung at it‘s worst sozusagen, Ausdruck einer Verschiebung der Machtverhältnisse. Die ehemals Kleinen setzen zum Sprung an, bedrängen die Großen. Verkehrte Welt. In Letztere mögen sich auch jene verschlagen wähnen, die am Kiosk einen Blick ins Inhaltsverzeichnis dieses Heftes geworfen haben. Bentley Continental Supersports Convertible trifft Mini John Cooper Works Cabriolet? „Was für ein Schmarren“, würde der Bayer sagen, „good heavens!“ der Brite.

Worin unterscheiden sich Mini und Bentley Cabriolet?

630-Biturbo-V12-PS gegen die Kräfte eines mit 1,6 Liter Volumen vergleichsweise schmalbrüstigen, aufgeladenen Vierzylinders. Allrad- gegen Frontantrieb, 800 gegen 280 Newtonmeter maximales Drehmoment und – last but not least – der Chrom und Stahl gewordene Gegenwert von 241.451 Euro auf der einen und jener von 32.150 Euro auf der anderen Seite. Das muss einem erst einmal einfallen. Stimmt! Deshalb sind wir auch stolz darauf, dass ausgerechnet wir uns mit dieser etwas eigenwilligen Feder schmücken dürfen. So verschieden, wie die genannten Differenzen glauben machen, sind der Bentley Continental Supersports Convertible und das Mini Cooper JCW Cabriolet dann nämlich doch wieder nicht. Ein paar Gemeinsamkeiten gefällig?

Bitte schön. Neben dem Umstand, dass sowohl die Marke Bentley als auch das Mini-Label das Schicksal teilen, der deutschen Fremdherrschaft anheimgefallen zu sein – in Crewe herrscht das VW-Imperium, in Oxford die BMW Group – drängt sich spontan das gemeinschaftliche Festhalten am konventionellen Softtop auf. Das ist zu billig? Okay – wie wär‘s dann damit: Beide Autos haben jedes auf seine Weise und beispielhaft für ihre Klasse ungemein viel Stil. Sie sind Charaktertypen und zitieren mit ihren stilistisch ähnlichen Firmen-Badges auf der Motorhaube daher vielleicht auch nicht ganz zufällig eine gewisse Nähe zueinander – ausgebreitete Schwingen hier wie da, einmal mit dem Bentley-B im Mittelpunkt, einmal mit dem Mini-Schriftzug.

Bentley verbraucht 18,2 Liter auf 100 Kilometer

Auch im Innenraum gibt es Gemeinsamkeiten. Eine liebevolle Reminiszenz an die ur-britische Heritage wird in Crewe und Oxford nicht ohne Grund gepflegt. In Form der an den legendären Blower erinnernden Ziehhebel zur Belüftungsregulierung beim Continental Supersports Convertible, als nostalgisch-metallene Kipphebel zur Bedienung der elektrischen Fensterheber, der Türverriegelung und der Nebelscheinwerfer beim Mini John Cooper Works Cabrio. Alles sehr funktional versteht sich, aber eben auch sehr liebevoll gemacht. Wer eine schöne Vergangenheit hat, soll sie auch zeigen. Dass der Bentley dabei seiner Klasse entsprechend gediegen-edel, der Mini aber jugendlich-verspielt auftritt, passt ins alles in allem sehr stimmige Bild. Das trägt dazu bei, dass man sowohl im Bentley als auch im Mini stets und überall gut angezogen ist.

Ein Umstand, der insbesondere im Fall des großen Briten durchaus erstaunt. Obwohl der Bentley Continental Supersports Convertible in jeder Beziehung ein wirklich dickes Ding und in der Folge auch nicht wirklich sparsam zu bewegen ist (18,2 Liter Minimalverbrauch auf 100 Kilometer im Testbetrieb sprechen für sich), schlägt ihm nirgendwo und zu keiner Zeit jenes missliebige Kopfschütteln entgegen, das SUV-Piloten zuweilen Auskunft über die Ungebührlichkeit ihres Auftritts gibt. Der trotz seiner stattlichen Ausmaße dem internen Ranking nach „kleine“ Bentley hat Klasse und ist in der Folge auf sympathische Weise klassenlos.

Wendiger Mini lässt Bentley alt aussehen

Er ist auffallend unauffällig, wird oft erst auf den zweiten Blick als britische Luxus-Karosse enttarnt, und wenn es hart auf hart kommt, ist der Bentley Continental Supersports Convertible sowieso einer von uns. Wo VW-Technik drinsteckt, wird die Sache schon in Ordnung gehen, nicht wahr? Beim Mini JCW Cabrio gibt es diesbezüglich ohnehin keinen Grund zum Aufregen. Angesichts seiner kompakten Abmessungen und des dem Downsize-Gedanken entsprechenden 1,6-Liter-Vierzylinders unter der Haube scheint Kritik in diesem Fall gänzlich unangebracht zu sein. Und wen beim Blick in die Preisliste dann doch schon mal der Schreck ereilt, den beruhigt ein Zwinkern der runden Kulleraugen: Wer so unschuldig dreinschaut, kann einfach nichts Böses im Schilde führen.

Dabei hat es der knuffig-kleine Brite mit den bayerischen Genen kaum minder faustdick hinter den Ohren als der nur optisch gediegen-zurückhaltend auftretende, unter niedersächsischen Einfluss geratene Verwandlungskünstler aus dem mittelenglischen Crewe. Im eng gesteckten Slalomparcours tanzt der quirlige 3,73-Meter-Zwerg dem stattlichen 4,80-Meter-Gleiter mit 67,2 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit gar gehörig um den stämmigen Leib.

Rundenzeit-Differenz: 2,3 Sekunden

Und auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim macht der Mini John Cooper Works Cabrio, der mit seinen 1.280 Kilogramm ziemlich genau halb so schwer, aber nur ein Drittel so stark ist wie der Bentley Continental Supersports Convertible, auch eine wirklich gute Figur: 1.19,3 Minuten – diese Zahlenkombination kann sich in Anbetracht des mit 6,1 Kilogramm pro PS deutlich schlechteren Leistungsgewichts des Cooper (Bentley 3,9 kg/PS) mehr als sehen lassen (Bentley Continental Supersports Convertible: 1.17,0 Minuten).

Na ja – werden Kenner einwenden – dafür hoppelt und boppelt man dann auf schlechtem Geläuf aber auch gehörig dahin. Richtig ist, dass der Mini in JCW-Spezifikation beileibe keine Sänfte ist. Wenngleich das Cabrio eine Spur sanfter ans Werk geht als das Coupé. Richtig ist aber auch, dass der Continental Supersports Convertible seine Passagiere gleichfalls nicht in Watte packt. Bentley hat schon immer sportliche Autos gebaut und wird diesem Anspruch auch mit dem Continental Supersports Convertible gerecht. Mit seinen optional 20 Zoll großen Rädern erstattet auch der Bentley recht unverhohlen Bericht über den Zustand des jeweiligen Untergrunds. Nein – bei dem stattlichen Briten besticht ein ganz anderer Umstand: Wer im Bentley Continental Supersports Convertible die ersten Strahlen der Frühlingssonne genießt, wird kaum glauben mögen, wie leichtfüßig 2,5 Tonnen durch die Kurven turnen.

Fazit: Es ist eine Frage des Preises...

Dass der Bentley weder unhandlich noch träge ist, ist seinen Erbauern als besonderes Verdienst anzurechnen. Wie wäre also folgendes Szenario? Den großen Deutsch-Briten als offenen Cruiser mit staatsmännischem Flair und den kleinen als pfiffig-sympathischen Pausenclown für die launige Spritztour. Auf die knapp 40.000 Euro, die ein gut ausgestattetes Mini John Cooper Works Cabriolet kostet, kommt es beim Preis des stärksten „kleinen“ Bentley schließlich auch nicht mehr an.

Technische Daten
Bentley Continental Supersports Convertible Mini Cabrio John Cooper Works John Cooper Works
Grundpreis241.451 €32.900 €
Außenmaße4804 x 1945 x 1388 mm3758 x 1683 x 1414 mm
Kofferraumvolumen370 l125 bis 660 l
Hubraum / Motor5998 cm³ / 12-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung463 kW / 630 PS bei 6000 U/min155 kW / 211 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit325 km/h235 km/h
Verbrauch16,3 l/100 km6,8 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten