Ford GT von Matechsports im Fahrbericht
V8-Vorschlaghammer aus der Eifel

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Geburtstage zu vergessen, kommt nie gut an, vor allem wenn es der Fünfzigste ist. Doch Sportwagenlegenden vergessen wir bei sport auto nicht so schnell. 50 Jahre Ford GT40 und zehn Jahre Ford GT – wir begießen das Jubiläum mit viel Hochoktanigem und einem 1.113 PS starken Biturbo-GT von Matechsports.

Matechsports-Ford GT, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Die Geschichte aus dem Jahr 1964 ist bekannt: Henry Ford II wollte zu Werbezwecken wieder in den Motorsport einsteigen. Der Plan, um gleich vorne mitzufahren, die komplette Firma Ferrari zu übernehmen, scheiterte jedoch, da sich Ford nicht mit Enzo Ferrari einigen konnte. Angetrieben vom Ehrgeiz beschloss Ford, sein eigenes Sportwagenprogramm aufzubauen, um Ferrari beim 24h-Rennen von Le Mans zu besiegen – die Geburtsstunde des Ford GT40. Von 1966 bis 1969 gewann Ford anschließend viermal in Folge den französischen Langstreckenklassiker an der Sarthe.

Matechsports Ford GT am Black Forest Airport

739 Kilometer ist Le Mans heute entfernt, die mattgrünen Stahltüren der Feuerwache des Black Forest Airport im badischen Lahr schwingen quietschend auf und geben einen Blick auf die legendäre Silhouette frei. Wir feiern heute nicht nur 50 Jahre GT40, sondern auch den zehnten Geburtstag seines Nachfolgers Ford GT. Von den zwischen 2004 und 2006 insgesamt 4.038 gebauten Exemplaren treffen wir heute ein besonderes: Welcome, Ford GT von Matechsports.

Flugplatz Lahr – warum kein glamouröserer Ort zur Jubiläumsfeier? Die Frage beantwortet sich von selbst, als der riesige Heckdeckel des Matechsports Ford GT im Format einer halben Tischtennisplatte aufklappt. Heute brauchen wir entweder einen Dragstrip – oder die 2,5 Kilometer lange Gerade unseres Testflugplatzes.

Ladedruck-Freaks aufgepasst

Den Motorraum, der so groß ist, dass er einen Smart schlucken könnte, dominieren hier schwarz beschichtete Edelstahl-Verrohrungen und begraben den 5,4-Liter-V8 fast unter sich. Auf der Airbox prangt der Schriftzug „Heffner Performance“. Vor uns steht ein Matechsports Ford GT mit GT1000TT-Kit aus der amerikanischen Turbo-Schmiede in Sarasota, Florida.

Der Lysholm-Kompressor des Serienmodells wurde beim Matechsports Ford GT gegen zwei Garrett-GT35R-Turbolader getauscht. „Aus 550 Serien-PS werden mit bis zu 2 bar Ladedruck über 1000 PS“, erklärt Sascha Faßbender, der zusammen mit Michael Lechner die Firma Matechsports im Gewerbegebiet Meuspath am Nürburgring ins Leben gerufen hat. Neben der Betreuung und dem Einsatz von Rennfahrzeugen ist das Duo im Bereich Ford-GT-Tuning für Straßenfahrzeuge aktiv. „Der Heffner-Kit erforderte viel Anpassungsarbeit von uns. Doch es lohnt sich, im vierten Gang drehen bei 180 km/h die Räder noch durch“, sagt Lechner.

Ein Leerlauf-Beat zum Wachwerden

Kupplung treten, roten Startknopf drücken, kurzes Anlasserjaulen – dann zittert der GT wie bei einem Erdbeben, als der V8-Meiler des Matechsports Ford GT dunkel aufbrüllt und anschließend in röchelnden Leerlauf-Beat verfällt. Die komplette Edelstahl-Abgasanlage mit 100-Zeller-Sportkats ist eine Eigenentwicklung von Matechsports und ein Grund, warum sich das frühe Aufstehen am heutigen Tag schon gelohnt hat. „Die Kats sind schweineteuer und können 600 PS pro Kat“, brüllt Sascha Faßbender gegen das V8-Leerlaufrotzen des Power-Ford GT an.

Kolben, Pleuel, Kurbelwelle – die Innereien blieben unangetastet. Wird schon schiefgehen, der Serien-V8 ist ja ein rustikaler Ami. Ansonsten wird die Airport-Feuerwehr aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Während sich der Matechsports Ford GT mit der Zurückhaltung eines 42-zylindrigen Sternmotors warm läuft, wecken der Tunername und der rennsportähnliche Sound Erinnerungen.

Aus Rennteam Matech wird Matechsports

Motorsportfans werden sich noch an das Schweizer Rennteam Matech erinnern, das ab 2007 zunächst in der FIA-GT3-EM die Legende wiederbelebte und mit eigens entwickelten Ford-GT-Rennwagen antrat. Für die Saison 2010 baute das Team eine GT1-Rennversion und startete in der FIA-GT1-WM.

Neben dem heutigen F1-Piloten Romain Grosjean startete unter anderem der Deutsche Thomas Mutsch für Matech. Während Grosjean das Team nach Querelen frühzeitig verlassen musste, wurde Mutsch GT1-Vizeweltmeister. 2010 startete Matech außerdem mit zwei Ford GT in Le Mans. „Eine tolle Zeit“, blickt Faßbender zurück, der zusammen mit Lechner damals Teil der Renntruppe war. Nach der Teamauflösung 2011 konnten beide nicht loslassen und gründeten Matechsports.

Neben dem rund 35.000 Euro teuren Motorumbau bietet die GT-Tuningtruppe außerdem ein interessantes Facelift für den Matechsports Ford GT an. „Wir haben die komplette Front verändert und auf die GT1-Rennwagenoptik von 2010 umgebaut. Allerdings mit einer etwas kürzeren Frontlippe, die vorne aufgrund der StVZO mit der Front abschließen muss“, erklärt der Matechsports-Mann.

Facelift für den Ford GT

Plug and Play? Einfach mal die originale GT-Front entfernen und die Rennwagenschnauze installieren ist nicht möglich. Zeitaufwendige Anpassungsarbeiten waren nötig. „Der Radstand beim GT1 war länger, und das komplette Radhaus hätte nicht mehr gepasst“, erklärt Faßbender nur eine Hürde. Doch die Arbeit hat sich gelohnt – so martialisch sah bisher kaum ein Straßen-Ford GT aus. Die Kotflügelbacken wuchsen beim Matechsports Ford GT pro Seite um zehn Zentimeter in die Breite. Seitenschweller aus Sichtcarbon, ein Gurney Flap und das Heck ohne Stoßstange runden den Auftritt ab.

Klack, der erste Gang ist drin. Die Kupplung sowie die Getriebeübersetzung der PS-Bestie aus der Eifel sind noch auf Serienstand. Kein giftiges Zuschnappen, kein Ruckeln – die Anfahrfußübung ist daher so ein Kinderspiel wie in einem Polo 1.2 TSI. Im unteren Drehzahlbereich fährt sich der Matechsports Ford GT so gemütlich wie ein Kleinwagen.

Böser V8-Vorschlaghammer in 15,9 s auf 300

Doch dieser Matechsports Ford GT kann auch richtig böse werden: Ambitioniertes Anfahren gelingt kaum ohne Michelin-Autogramme auf dem Asphalt. Im Vergleich zum Serienkompressor mit nahezu gleichmäßiger Leistungsentfaltung verläuft diese hier im Ferrari-F40-Stil – untenrum mausetot, ab 5.000 Touren mit der Streicheleinheit eines Vorschlaghammers. Dabei verwandelt sich das kernige V8-Bollern schlagartig in ein wildes Biturbo-Fauchen. Zweiter, dritter, vierter Gang – plötzlich ist die Höllengangart vorbei. Der Matechsports Ford GT rollt gemütlich aus.

Ob die Werksangabe für den Sprint von null auf 300 km/h in 15,9 Sekunden (Bugatti Veyron 16.4 Super Sport: 0–300 km/h in 17,9 s) wirklich stimmt, werden wir heute nicht mehr rausfinden. Später wird beim Matechsports Ford GT eine defekte Benzinpumpe diagnostiziert. Die gute Laune kann uns das beim GT-Jubiläum allerdings nicht verderben. Schließlich gehört es auch zu einer gelungenen Geburtstagsparty, dass mal das ein oder andere Bier umfällt.

Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten