Kampfansage von Ferrari
Leclerc reichen drei Siege nicht

Die Wende kam in Zandvoort letztes Jahr. Seit dem Rennen, das Ferrari opferte, um sein Auto besser zu verstehen, herrscht ein neuer Geist im Team. Charles Leclerc hofft, dass ihn die Erkenntnisse in der neuen Saison zu mehr als nur zwei oder drei Siegen tragen.

Immer wieder Zandvoort. Obwohl es vom Ergebnis her einer der Tiefpunkte für Ferrari in der letzten Saison war, hat der GP Niederlande im Team etwas bewegt. Für Charles Leclerc war es der Wendepunkt nach einer ersten Saisonhälfte in unruhigem Fahrwasser. "Als wir von Zandvoort zurückkamen, da haben alle gespürt: Jetzt haben wir die Probleme verstanden, jetzt ergibt alles Sinn, jetzt wissen wir, was zu tun ist. Seit diesem Moment herrscht ein neuer Schwung in unserem Team."

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Teamchef Frédéric Vasseur bestätigt, dass es diesen Weckruf gab. "Vom Termin her fällt dieses Erwachen auf Zandvoort, aber tatsächlich war es ein längerer Prozess. Wir haben in Zandvoort ein Wochenende geopfert, um unsere Probleme besser zu verstehen. Im Rückblick war es die richtige Entscheidung. Sie hat mitgeholfen, wieder auf die Füße zu kommen."

Die Stimmung im Team war danach eine andere als vorher. Plötzlich funktionierten Dinge, die vorher schiefgingen. Plötzlich war wieder Selbstvertrauen da, und die Angst Fehler zu machen war verschwunden. Und in dieser Aufbruchstimmung erzielte auch das einzige Upgrade, das Ferrari in der zweiten Saisonhälfte ans Auto schraubte, den gewünschten Effekt. "Der neue Unterboden in Suzuka hat die Fahrcharakteristik positiv verändert und das Auto schneller gemacht", lobt Leclerc.

Charles Leclerc - Carlos Sainz - Ferrari - GP Niederlande 2023 - Formel 1 - Rennen - 27. August 2023
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Der GP Niederlande 2023 war für Ferrari der Wendepunkt in der vergangenen Saison.

Ist gutmütig auch schneller?

Der neue Ferrari SF-24 ist quasi ein Produkt dieser Wende. Zumindest sagt das der Simulator und das Gefühl nach der ersten Probefahrt in Fiorano. "Es ist ein besseres Auto als letztes Jahr. Damals habe ich schon in den ersten Runden gespürt, dass es mit der Fahrbarkeit Probleme gibt. Das neue Auto ist einfacher zu fahren. Es fühlt sich gesünder an. Ob es auch schneller ist, werden wir erst wissen, wenn wir die anderen in Bahrain treffen", bremst Leclerc.

Auch sein Teamchef will sich nicht allein auf die Zahlenwelt und erste Eindrücke verlassen. "Wir haben im Vergleich auf uns selbst Fortschritte gemacht, aber das ist nichts wert, wenn die Schritte der anderen noch größer sind. Wenn du zwei Sekunden schneller bist und die anderen drei, bist du der Depp. Sind die anderen nur eine Sekunde schneller, bist du der Held", warnt Vasseur.

Für Ferraris Capo ist 2024 kein Übergangsjahr, auch wenn es sich für viele so anfühlt, eine Saison bevor Superstar Lewis Hamilton in Maranello andockt. "Für uns ist 2024 ein wichtiges Jahr. Wir wollen Rennen gewinnen und uns beweisen, dass der Weg, den wir Mitte letzten Jahres eingeschlagen haben, der richtige ist", beteuert Vasseur.

Frederic Vasseur - Formel 1 - 2023
Wilhelm

Teamchef Frédéric Vasseur will 2024 Ferrari-Siege in der Formel 1 sehen.

Vasseur predigt Normalität

Leclerc geht noch einen Schritt weiter. "Mit zwei oder drei Siegen wäre ich nicht zufrieden. Nach einer Saison ohne Sieg bin ich hungrig nach Erfolg. Ich will wieder ganz oben auf dem Treppchen stehen." Vasseur beruhigt den fünffachen GP-Sieger: "Wer ein paar Rennen gewinnen kann, hat automatisch auch eine Chance auf den Titel."

Bei allem, was mit Ferrari in dieser Saison passiert, es wird überschattet von dem Sensationstransfer in diesem Winter. Lewis Hamilton steht vor der Tür. Deshalb versucht Vasseur mit Händen und Füßen eine Normalität herbeizureden, die es nicht gibt, ja gar nicht geben kann. "Wir müssen uns auf 2024 konzentrieren und uns so wenig wie möglich von dem ablenken lassen, was 2025 passiert."

Der 55-jährige Franzose glaubt nicht, dass der Teamgeist unter der Abschiedstournee für Carlos Sainz leidet. "Carlos wird bis zur letzten Runde des letzten Rennens voll motiviert sein", ist Vasseur überzeugt. Das muss der Spanier auch. Schon aus Eigeninteresse. Für Sainz ist es wichtig, sich möglichst gut ins Schaufenster zu stellen, um 2025 auf dem Transfermarkt die besten Karten zu haben.

Sainz & Hamilton - GP Kanada 2022
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Lewis Hamilton ersetzt ab 2025 Carlos Sainz bei Ferrari.

Noch ein Titel in Rot

Carlos Sainz brauchte nach eigenen Worten ein paar Tage, um die schlechte Nachricht zu verdauen. Jetzt gibt er sich schon wieder kämpferisch: "Es ist ein Privileg für Ferrari zu fahren. Und ich habe ja noch ein Jahr vor mir. Danach habe ich vier Jahre bei Ferrari verbracht, habe Pole Positions geholt und Rennen gewonnen. Alle wissen, was ich kann. Mit dieser Visitenkarte kannst du zu jedem Team gehen."

Der Spanier ist zuversichtlich, dass ihm ein gutmütigerer Ferrari die Chance gibt, in seinem letzten Jahr noch einmal zu glänzen. "Ich hatte in den letzten Jahren viele Duelle, bei denen ich mich mehr verteidigen musste, als angreifen zu können. Deshalb hoffe ich, dass mir dieses Auto die Gelegenheit gibt, das umzukehren. Ich glaube weiter daran, dass ich Weltmeister werden kann. Und noch habe ich eine Chance, es in Rot zu schaffen."

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