Mercedes AMG W15 für F1-Saison 2024
Erstes Fahrbild enthüllt Frontflügel-Trick

Mit dem Mercedes W15 will das Werksteam endlich wieder auf die Siegerstraße zurückkehren. Dafür wurde der Silberpfeil einmal technisch auf links gedreht. Und auch bei der Lackierung schlägt Mercedes ein neues Kapitel auf.

Die Mercedes-Fans hatten in den letzten beiden Jahren nicht viel Grund zu feiern. Der deutsch-britische Rennstall verzettelte sich lange mit der Suche nach dem richtigen Konzept. Erst als man Mitte 2023 auf die Linie der Konkurrenz umschwenkte, schienen die Ingenieure die Tücken der Groundeffect-Ära besser zu verstehen.

Doch weil der schwarz lackierte Silberpfeil in der zweiten Saisonhälfte auch einige schwache Vorstellungen ablieferte, wusste man nie so genau, ob sich Mercedes wirklich schon auf dem richtigen Pfad befindet. Hier wird erst der neue AMG W15 die Antwort liefern, in den die Techniker alle Lehren der vergangenen beiden Jahre gesteckt haben.

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Mercedes AMG W15 - F1-Auto 2024
Mercedes

Die silberne Nase setzt nun etwas höher am Frontflügel an.

Mercedes-Silber feiert Comeback

Am Mittwoch (14.2.) ließ das Team nun endlich die Hüllen fallen. Beim ersten Blick fiel zunächst die neue Lackierung ins Auge. Der Silberpfeil trägt seinen Namen jetzt wieder zurecht. Zumindest an der Nase und direkt hinter dem Cockpit wurde etwas helle Farbe aufgetragen. Beim restlichen Auto ist aber auch immer noch viel nacktes Carbon zu sehen, um das Gewicht zu drücken.

"Bei der schwarzen Lackierung im letzten Jahr stand für uns immer die Performance im Vordergrund", erklärt Teamchef Toto Wolff. "Das Gewicht ist ein entscheidender Faktor in dieser Fahrzeuggeneration. Aber wir wussten, dass wir das Mercedes-Silber zurückbringen würden, sobald wir dazu in der Lage sind."

Wichtiger als die Lackierung ist natürlich die Technik. Laut Wolff wurde der alte Rennwagen einmal auf links gedreht: "Das neue Auto ist ganz anders. Nicht nur bei der Aerodynamik, sondern auch bei der Mechanik haben wir viel Arbeit reingesteckt. Das Ziel war vor allem, das Auto gutmütiger zu machen, damit die Fahrer mit mehr Vertrauen ans Limit gehen können."

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Mercedes

Bei der Hinterrad-Aufhängung haben die Ingenieure das Layout komplett verändert.

Fokus auf stabilere Hinterachse

Wie bei den meisten anderen Teams wurde in Brackley für 2024 ein komplett neues Monocoque und ein neues Getriebegehäuse konstruiert, damit man beim Volumen der Kanäle im Unterboden und der Ausdehnung des Diffusors endlich mit Red Bull mithalten kann. Der Abtriebsgewinn durfte aber nicht auf Kosten des Luftwiderstands gehen.

Mit dem neuen Chassis wurde auch die Grundarchitektur des Autos angepasst. Lewis Hamilton hatte sich letzte Saison mehrfach beschwert, dass er nicht richtig spüren kann, wie das Auto reagiert, weil er zu nah an der Vorderachse sitzt. Mit dem W15 soll das Cockpit nun wieder ein paar Zentimeter nach hinten gewandert sein.

Wie von den Technikpartnern Williams und Aston Martin vorweggenommen, setzt Mercedes nun auf eine Hinterradaufhängung im Pushrod-Layout. Auch hier kopierte man ein Konzept von Red Bull. "Wir haben hart gearbeitet, um sicherzustellen, dass beide Achsen, aber vor allem die Hinterachse, eine bessere Kontrolle über den Reifen haben als beim W14", verrät Technikchef James Allison.

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Die Einlässe am Seitenkasten sind nun wie ein "P" geformt. Der Undercut dahinter ist extrem breit.

Extrem breiter Undercut

Die Vorderachse hatte man schon in der Vorsaison umfassend renoviert. Hier schwenkte Mercedes in der Winterpause nicht auf die Red-Bull-Linie um. Es bleibt bei einem eher konventionellen Pushrod-System. Die Querlenker sind nach wie vor so angeordnet, dass das Auto beim Bremsen stabil bleibt und nicht so stark eintaucht.

An den Seitenkästen sind dagegen größere Umbaumaßnahmen zu erkennen. Die Einlässe sind jetzt ähnlich wie beim neuen Alpine P-förmig gestaltet. Auf eine nach vorne geschobene Unterkante, wie es viele andere Autos zeigen, verzichtet der Silberpfeil jedoch. Der Unterschnitt des Seitenkastens ist breiter als bei allen anderen Autos. Dafür ziehen sich die Rampen extrem flach und weit nach hinten.

An der Front wurde ebenfalls Hand angelegt. Die Nase setzt nun nicht mehr am Hauptblatt an, sondern am zweiten Element des Frontflügels. Sie läuft an der Spitze auch nicht mehr ganz so spitz zusammen, sondern ist am vorderen Ende etwas abgeflacht. Daran angepasst wurde auch der Frontflügel, der zentral am Hauptblatt eine große Mulde zeigt. Die Experten sprechen hier von einer Löffel-Form.

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Auf dem ersten Bild des richtigen Autos ist nicht leicht zu erkennen, dass der oberste Flap nicht mit der Nase verbunden ist.

Trick mit dem Frontflügel

Auch bei den einzelnen Flaps sind neue Formen zu erkennen. Dabei gibt es zwischen den Computer-Renderings und den Bildern des echten Silberpfeils einen entscheidenden Unterschied. Der oberste Flap ist innen nicht mehr an der Nase befestigt. Zwischen dem Außenteil des Elements und dem Chassis entsteht dadurch eine Lücke, durch die Luft ungehindert durchströmen kann. Diese Lösung haben wir in der Form bei noch keinem anderen Auto gesehen.

Laut Allison wird Mercedes 2024 auch noch mit einem neuen Heckflügel und geänderten Radträgern antreten: "Wir haben an den Bereichen gearbeitet, an denen wir noch Raum für Verbesserungen sahen, darunter der DRS-Effekt und die Performance beim Boxenstopp. Der Radwechsel dauerte bei uns immer drei bis vier Zehntel länger als bei den besten Teams. Wir haben uns hier hoffentlich in die richtige Richtung bewegt."

Wie üblich schickte Mercedes seine beiden Piloten am Tag der Enthüllung auch gleich auf die Strecke. Zusammen mit McLaren hatte man den Grand-Prix-Kurs in Silverstone für den Shakedown reserviert. Allerdings spielte das britische Winterwetter in der Früh nicht so mit, wie es sich die Ingenieure erhofft hatten. Nach einigen Schauern mussten Regenreifen für die ersten Funktionschecks aufgezogen werden.

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