Konsequenz aus F1-Rekordsaison
Red Bull muss bluten

Zehn Teams kämpfen jedes Jahr um den Formel-1-Titel. Doch die Meisterschaft in der Königsklasse hat auch ihre Schattenseiten. Der Marktführer muss hohe FIA-Gebühren bezahlen und wird bei der Entwicklung eingebremst.

Red Bull - Max Verstappen & Sergio Perez - Meisterfoto - 2023
Foto: Red Bull

Die Formel 1 befindet sich gerade in einer Boom-Phase. Doch mitten in den Aufschwung startete Red Bull eine der größten Erfolgsserien der F1-Geschichte. Nicht alle Fans freuten sich über 19 Verstappen-Siege in einem einzigen Jahr. Die Königsklasse ist berechenbar geworden. Und im Sport ist bekanntlich nichts schlimmer als Langeweile.

Vor allem die US-Fans verlangen nach Abwechslung und guter Unterhaltung. Nicht umsonst arbeiten die großen Profiligen auf der anderen Seite des Atlantiks mit Formaten, die längere Dominanzphasen eines Teams unmöglich machen. Wer zu oft gewinnt, muss der Konkurrenz bei der Auswahl der besten Nachwuchsspieler den Vortritt lassen. Und bei den Gehältern des kompletten Kaders gibt es strenge Obergrenzen.

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Eine Ausgabenbeschränkung haben wir in der Formel 1 mittlerweile auch. Doch die Gehälter der Fahrer und der drei höchstdotierten Teammitglieder sind im Budget-Cap ausgenommen. So können die Champions ihre Meisterprämie direkt in das Top-Personal investieren und den kleineren Gegnern talentierte Piloten und Ingenieure abwerben.

Red Bull - Christian Horner, Max Verstappen & Sergio Perez - Meisterfoto - 2023
Red Bull

In Milton Keynes wurde die Meisterschaft 2023 gebührend gefeiert. Diese Ausgaben gehen zum Glück nicht in den Budgetdeckel ein.

Rekordgebühren an die FIA

Es gibt aber auch in der Formel 1 Bemühungen, die Klassenbesten etwas einzubremsen, um für mehr Ausgeglichenheit zu sorgen. So wurden die erfolgreichsten Punktesammler von der FIA zum Beispiel schon immer am intensivsten zur Kasse gebeten. Nach der Rekordsaison 2023 muss Red Bull die Rekord-Einschreibegebühr von 7,4 Millionen US-Dollar an den Weltverband abdrücken.

Bei gleichzeitigen Einnahmen von rund 170 Millionen Dollar aus den F1-Prämientöpfen plus Sponsorengeldern, die sich ebenfalls in dreistelliger Millionenhöhe befinden dürften, ist diese Ausgabe sicher zu verkraften. Außerdem gehören die FIA-Gebühren nicht zum Budgetdeckel und schmälern die Entwicklungsressourcen damit nicht.

Übrigens muss auch Max Verstappen selbst ordentlich bluten. Die FIA verlangt von Formel-1-Piloten eine jährliche Gebühr für die Ausstellung der notwendigen Superlizenz. Hier stehen am Ende 2.100 Euro pro Punkt in der Rechnung – das macht bei der Rekordausbeute von 575 Zählern auch eine Rekordgebühr von 1,2 Mio. Euro. Zum Vergleich: Vizemeister Sergio Perez muss "nur" die Hälfte berappen.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Abu Dhabi 2023
Red Bull

Dass ein F1-Champion mehr als doppelt so viele Punkte sammelt wie der Vize-Meister, ist einmalig. Entsprechend rekordverdächtig ist auch Verstappens Gebühr für die Superlizenz.

Aero-Entwicklung eingeschränkt

Es gibt in der Formel 1 aber auch Konsequenzen, die sportlich schmerzen und die besten Teams wenigstens ein wenig einbremsen. So werden schwächere Teams bei der Aerodynamik-Entwicklung bevorteilt. Die Nulllinie liegt beim siebtbesten Team, in der abgelaufenen Saison also Williams. Das Team aus Grove bekommt 100 Prozent der erlaubten Windkanal-Läufe (320) und Computer-Simulationen (2.000).

Das schlechteste Team (Haas) bekommt einen Aufschlag von 15 Prozent – darf also 368 Mal den Windkanal anwerfen und 2.300 Elemente mit den CFD-Programmen untersuchen. Für Red Bull am oberen Ende der Skala schreiben die sogenannten "Aerodynamic Testing Regulations" (ATR) eine Reduzierung auf 70 Prozent vor – also nur 224 Windkanal-Runs und 1.400 CFD-Durchläufe.

Zu viel sollte sich die Konkurrenz von diesem Nachteil aber nicht versprechen. Nach den Budget-Cap-Verstößen aus der Saison 2021 wurde die Aero-Entwicklung von Red Bull für 2023 zusätzlich um weitere zehn Prozent reduziert. Geschadet hat es aber nicht. Der RB19 war vom Start weg so überlegen, dass man sich neben dem entspannten Titelgewinn sogar noch ausreichend Windkanalzeit für das 2024er-Modell aufheben konnte.

Red Bull Windkanal
Red Bull

Weniger Windkanalzeit und geringere Investitionen – als F1-Champion wird man bei der Entwicklung eingebremst.

Strengeres Investitionslimit

Nach Angabe der RB-Ingenieure sei der Nachteil höchstens noch bis zum ersten größeren Upgrade der kommenden Saison zu spüren. Red Bull hatte im Vorjahr aus Kostengründen freiwillig darauf verzichtet, mögliche Entwicklungsschritte auch in die Tat umzusetzen. Die Konkurrenz befürchtet, dass mit dem neuen RB20 nun alles auf einmal kommt. McLaren-Boss Zak Brown warnt: "Das könnte eine böse Überraschung geben."

Einen weiteren Nachteil, den Red Bull als Spitzenteam hinnehmen muss, sind die reduzierten Kapitalinvestitionen. Das sogenannte "CapEx"-Limit, das die Investitionen in die Infrastruktur begrenzt, liegt bei den drei Spitzenteams Red Bull, Ferrari und Mercedes bei 51 Millionen Euro über die kommenden vier Jahre.

Zum Vergleich: Die vier unteren Teams in der WM-Wertung dürfen im gleichen Zeitraum 65 Millionen für neue Entwicklungstools wie Windkanäle oder Simulatoren ausgeben. Allerdings haben sie auch den größten Nachholbedarf, weshalb die Großen der Branche diesem Kompromiss auch freiwillig zugestimmt haben.

Fazit

Wer erfolgreich ist, wird in der Formel 1 bestraft. Allerdings fällt der Nachteil nicht so hoch aus, wie in den eingangs erwähnten US-Profiligen. Sollten Red Bull und Verstappen die Formel 1 aber weiter in Grund und Boden fahren, könnte der Druck steigen, an dem bestehenden System etwas zu verändern.

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