Formel E in New York 2022
Cassidy feiert ersten Formel-E-Sieg

Die Formel E sorgte in New York für Schlagzeilen: Regenchaos im ersten Lauf am Samstag mit viel Schrott und einem spektakulären Rennen am Sonntag. Nick Cassidy und António Félix da Costa schnappten sich die Siege. Mercedes-Fahrer Stoffel Vandoorne ist wieder WM-Führender.

Formel E New York 2022
Foto: Motorsport Images

Den Amerikanern wird nachgesagt, dass für sie das Spektakel im Vordergrund steht und nicht der Sport. Nach diesen Maßstäben dürften die Zuschauer die Rennstrecke in New York äußerst zufrieden verlassen haben. Die Formel E bot im Stadtbezirk Brooklyn an beiden Renntagen ein Spektakel. Vor dem Start ins Wochenende stand der WM-Kampf im Vordergrund.

Nach dem E-Prix von Marrakesch hatte Venturi-Pilot Edoardo Mortara im Kunden-Mercedes die Führung von Mercedes-Werksfahrer Stoffel Vandoorne übernommen. Der Belgier reiste lediglich als WM-Dritter in den Big Apple. Auf Rang zwei lag Jean-Éric Vergne, während der Neuseeländer Mitch Evans im Jaguar auf Platz 4 lauerte. Spannung vorprogrammiert.

Unsere Highlights
Formel E New York 2022 - Stoffel Vandoorne
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Stoffel Vandoorne war der große Profiteur der beiden Formel-E-Rennen in New York.

Cassidy fliegt im Envision

Das Qualifying am Samstag lieferte einen ersten Vorgeschmack auf das Drama, welches sich im Rennen am selbigen Tag noch ereignen sollte. Zunächst war die in Red Hook gelegene Strecke im Hafen von Brooklyn sehr staubig. Dadurch war klar, dass sich die Piste mit jeder gefahrenen Runde verbessern würde. Sérgio Sette Câmara zeigte sich jedoch ungeduldig und schmiss seinen Dragon-Penske in der schnellen Linkskurve vor der Ziellinie in die Wand. Der Brasilianer beschädigte das Auto so stark, dass er nicht am Rennen teilnehmen konnte. Die Rennleitung unterbrach das Qualifying für einige Minuten, um die Bande zu reparieren.

Verwachst hatten die WM-Kandidaten Mortara, Evans und Vergne. Alle drei qualifizierten sich nicht für die K.o.-Phase. Lediglich Stoffel Vandoorne und sein Mercedes-Team zeigten sich fehlerlos. Der Belgier stellte seinen Rennwagen auf Platz zwei. Die Pole Position hatte sich Nick Cassidy im Envision-Audi gesichert. Lucas di Grassi startete von Rang drei mit seinem Venturi.

Als die Ampeln um 13 Uhr Ortszeit erloschen, nutzte Nick Cassidy seine Position am besten. Di Grassi schob sich dahinter, Vandoorne fiel sogar auf Platz 4 zurück. Auf dem dritten Platz lag überraschend Sébastien Buemi, der im Nissan bereits ein starkes Qualifying gezeigt hatte. Pascal Wehrlein wiederum verlor ein paar Plätze.

Aquaplaning und Rennabbruch

Nach fünf Minuten aktivierten mit Robin Frijns (Envision-Audi) und Wehrlein im Porsche die ersten Piloten aus der Spitzengruppe den Attack Mode. Im Rennen am Samstag standen den Fahrern zwei Attack Modes für jeweils vier Minuten zu. Cassidy zog nur eine Runde später nach und verlor kurzzeitig den ersten Platz an Lucas di Grassi. Der Brasilianer setzte nur einen Umlauf später die Zusatzleistung ein und Cassidy schlüpfte wieder an die Spitze.

Nach der ersten Welle der Attack Modes zündete wiederum Robin Frijns als erster Fahrer aus der Spitzengruppe die zusätzlichen 30 kW, eine Runde später sein Teamkollege Nick Cassidy. Einen weiteren Umlauf wartete di Grassi. Vandoorne überholte nach Ablauf seines zweiten Attack Modes mit dem Fanboost di Grassi und lag auf Platz zwei. Rund 13 Minuten vor Ende des Rennens begann es zu tröpfeln. In der Zwischenzeit hatte sich der WM-Führende Mortara bis auf Rang 5 vorgearbeitet.

Acht Minuten vor Schluss überschlugen sich die Ereignisse. Wegen des starken Regens hatte Rennleiter Scot Elkins Full-Course-Yellow verhängt. Auf dem Weg zu Kurve 6 kreiselten die Führenden mit Aquaplaning dennoch nacheinander von der Piste und knallten in der Auslaufzone in die Mauer. Lediglich Robin Frijns behielt die Kontrolle. Cassidy, di Grassi und Vandoorne nicht. Mortara landete bereits vor Kurve 6 in der Mauer, während Buemi mit voller Wucht in Wehrlein knallte. Danach brach der Rennleiter ab.

Für Konfusion sorgte Elkins, der das Rennen zunächst neu starten lassen wollte, sich dann aber dagegen entschied. So bestimmte die Runde vor dem Abbruch das Ergebnis. Nick Cassidy jubelte trotz Unfalls über seinen ersten Sieg in der Formel E: "Es fühlt sich sehr, sehr gut an. Natürlich ist es nicht ganz so, wie wir es uns gewünscht hätten, aber ich werde es auf jeden Fall annehmen." Zweiter wurde Lucas di Grassi vor Robin Frijns.

Formel E New York 2022 - António Félix da Costa
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António Félix da Costa sprang vor Freude über seinen ersten Saisonsieg in den Hudson-River.

Reparatureinsätze

Für die Teams bedeutete der Schrott vom Samstag viel Arbeit, um die Autos für den Sonntag wieder aufzubauen. Im Qualifying setzte erneut Nick Cassidy die Bestzeit. Von der Pole Position starten durfte der Neuseeländer dennoch nicht. Sein Team hatte einen Batteriewechsel an seinem Envision-Audi vorgenommen. Dafür musste Cassidy ans Ende des Feldes. Auch hier bekleckerte sich die Rennleitung nicht mit Ruhm, da die Entscheidung während der Quali-Gruppen A und B getroffen wurde, aber Cassidy dennoch an der K.o.-Phase teilnehmen durfte.

António Félix da Costa erbte die Pole und startete vor Alexander Sims (Mahindra) und André Lotterer. Der Porsche-Fahrer verwachste den Start zum zweiten Lauf und fiel bis auf Rang elf zurück. Vandoorne schob sich von Platz 5 an die dritte Stelle. Im zweiten Rennen hatten die Fahrer einmal den Attack Mode für acht Minuten zur Verfügung. Das frühe Aktivieren von Piloten aus der Spitzengruppe führte dazu, dass die anderen Fahrer schnell nachzogen und die Zusatzenergie abriefen.

Für Aufregung sorgte Nyck de Vries. Der Weltmeister rempelte sich mit Feindkontakt an Mitch Evans vorbei. Als der Neuseeländer ihn kurz darauf überholen wollte, drückte der Mercedes-Pilot Evans fast in die Wand. Auf einer Bodenwelle verlor Evans das Auto, fing es aber kurz vor dem Einschlag noch ab. Wenig später versuchte de Vries Sims an der gleichen Stelle zu passieren, fuhr selbst über die Bodenwelle und berührte sogar leicht die Wand – nur um einige Umläufe später mit Sam Bird auf Tuchfühlung zu gehen. Jaguar-Mann Mitch Evans zeigte sich von den Aktionen de Vries‘ wenig begeistert: "Ich denke, das war ein ziemlich billiger Move von Nyck."

An der Spitze kontrollierte Félix da Costa das Rennen und ließ sich nicht beeindrucken. Es war der erste Sieg des Jahres für den DS-Techeetah-Fahrer, dementsprechend jubelte der Portugiese im Anschluss: "Ich fühle mich großartig. Wir haben auf dieses Ergebnis hingearbeitet." Das Podium vervollständigten Stoffel Vandoorne und Mitch Evans.

Großer Profiteur in New York war Mercedes-Pilot Vandoorne. Der Belgier übernahm wieder die WM-Führung und liegt nun elf Punkte vor Mortara und 16 Zähler vor Evans. Jean-Éric Vergne hingegen dürfte sich nach zwei Nullern in Brooklyn aus dem WM-Kampf verabschiedet haben.