Formel E New York 2018
Vergne krönt sich zum Meister

Jean-Éric Vergne und Audi Sport haben es geschafft: Der Franzose im Techeetah kürte sich schon beim Samstagrennen zum Fahrer-Champion. Am Sonntag holte sich Audi in einem extrem spannenden Finale die Krone in der Teamwertung.

Jean-Eric Vergne - Formel E - New York 2018
Foto: Michelin

Zwei Kilowatt zu viel Leistung. 202 statt der erlaubten 200 Kilowatt. Dies wurde Tabellenführer Jean-Éric Vergne beinahe zum Verhängnis. Die Kommissare strichen dem Titelkandidaten und auch seinem Techeetah-Teamkollegen André Lotterer alle Zeiten in der Qualifikation. Die beiden fanden sich ganz im Süden der Zeitenliste wieder.

Knapp fünf Stunden später, nach einem extrem unterhaltsamen Rennen, war der ganze Frust vergessen. Vergne zeigte seine Klasse und schaffte es tatsächlich, von ganz hinten noch auf Platz 5 nach vorne zu fahren. Das ergab acht Punkte, gerade genug, um seinem Verfolger Sam Bird (DS-Virgin) uneinholbar zu entwischen, und schon vor dem letzten Saisonrennen am Sonntag den Titel in der Formel E klarzumachen. Das Kunststück der Techeetah-Mannschaft verdient Applaus. Sie hielten zusammen, behielten die Nerven und schafften es tatsächlich, den mächtigen Werksteams eine lange Nase zu drehen. Ein kleines Team schlägt die Großen: Das wird im Profi-Motorsport immer seltener.

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Vergne hat seinen Titelgewinn aber nicht nur der eigenen Tüchtigkeit und seiner Konstanz zu verdanken, sondern auch dem Umstand, dass viele seiner Gegner schwächelten. Mahindra verlor nach einem hervorragenden Saisonstart mysteriöserweise stark an Speed. Renault kam nach drei Teamtiteln in Folge kaum in Schwung. Erst beim Finale fanden die Franzosen wieder zu alter Stärke zurück: Buemi holte in New York zweimal die Pole-Position. Am Samstag wurde der Schweizer hinter dem haushoch überlegenen Audi-Duo Lucas di Grassi und Daniel Abt Dritter, am Sonntag reichte es für Platz vier.

Audi wacht zu spät auf

Audi hatte zu Saisonbeginn geschwächelt. Nach dem ersten Saisondrittel hatte Titelverteidiger Lucas di Grassi gerade einmal einen Punkt auf dem Konto. Ungehörige Vibrationen hatten den Inverter des Öfteren lahmgelegt. Doch ab dem fünften von zwölf Rennen lief es für Audi wie am Schnürchen: Daniel Abt gewann in Mexiko und Berlin. Di Grassi besuchte sogar sieben Mal in Folge das Podium, fünf Mal als Zweiter, in Zürich und in New York als Sieger.

Das Samstagrennen schien eine sichere Beute für Daniel Abt zu sein. Doch nach dem Autotausch startete di Grassi einen Überraschungsangriff auf den führenden Deutschen. Abt war außer sich. Audi-Teamchef Allan McNish zappelte unruhig herum. Bei der Siegerehrung würdigte Daniel Abt seinen Teamkollegen keines Blickes. Sein bitterer Kommentar: „Ich freue mich für Audi.“ Ein Gegenangriff sei nicht infrage gekommen, sagte Abt. „Es ging ja noch um die Team-Meisterschaft.“ Da habe man keinen Ausfall riskieren dürfen.

Durch den Doppelsieg reduzierte Audi den Rückstand von 33 Punkten auf fünf Zähler. Das Rennen am Sonntag wurde zum Thriller. Beide Techeetah wurden verdächtigt, Frühstarts fabriziert zu haben. Nach langen Debatten belangten die Stewarts aber lediglich Lotterer mit einer Zehn-Sekunden-Stop&Go-Strafe.

Vergne kämpfte in der Startkurve Buemi nieder und er konnte seinen Platz an der Sonne gegen die heftig drängelnden Audi verteidigen. Lotterer besserte das Techeetah-Konto als Neunter noch mit zwei Punkten auf. Zu wenig für das chinesische Rennsport-Start-up. Am Ende gewann Audi die Teamwertung mit zwei Punkten Vorsprung. Ein Erfolg, mit dem im März wohl nicht mal die kühnsten Optimisten gerechnet hätten.