Formel E Jakarta 2022
Evans siegt im Jaguar

Das Debüt der Formel E in Jakarta erlebte einen abgezockten Sieger: Mitch Evans blieb mit seinem Jaguar in der Hitze von Indonesien ganz cool. Die WM entwickelt sich zu einem Vierkampf. Porsche ist nach dem Wochenende in Jakarta fast raus aus dem WM-Rennen.

Formel E Jakarta 2022
Foto: Motorsport Images

Stolz präsentierte Mitch Evans die Nationalflagge seines Landes. Für einen Tag eroberte der Neuseeländer mit seinem Sieg die provisorische Rennstrecke in Jakarta. Der 27-Jährige behielt bei tropischer Hitze kühlen Kopf und siegte knapp vor Jean-Éric Vergne und Edoardo Mortara. Damit meldete sich der Jaguar-Pilot im Kampf um den Titel zurück. Evans fährt seit 2016 in der Formel E. Bis zu dieser Saison gewann er zwei Rennen für die englische Traditionsmarke. Mit dem Triumph in Indonesien feierte er bereits seinen dritten Saisonsieg – mehr als jeder andere Pilot.

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Den Grundstein legte der Mann aus Auckland im Qualifying, als er seinen E-Rennwagen auf den dritten Startplatz stellte. In der ersten Reihe standen Meisterschaftskonkurrent Vergne und dessen Teamkollege António Félix da Costa von DS-Techeetah. Beide Piloten kamen auf der neuen Strecke mit insgesamt 18 Kurven und einer Länge von 2,370 Kilometern am besten zurecht. Neben Evans qualifizierte sich Berlin-Sieger Mortara im Kunden-Mercedes von Venturi auf Rang vier. Der WM-Führende Stoffel Vandoorne im Werks-Mercedes erreichte lediglich Startplatz sieben.

Die positive Überraschung des Qualifyings war Nissan-Pilot Sébastien Buemi auf Platz sechs. Damit erreichte der Schweizer die beste Startposition des Teams in dieser Saison. André Lotterer im Porsche verpasste hingegen zum ersten Mal in diesem Jahr die K.O.-Phase. Teamkollege Pascal Wehrlein musste wegen einer Strafe, die er aus Berlin nach Jakarta schleppte, um fünf Plätze nach hinten und startete von Rang elf.

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Die Witterungsbedingungen in Jakarta verlangten den Fahrern physisch alles ab.

Glutofen in Jakarta

Bereits vor dem Debüt in der Millionen-Metropole war klar, dass das Rennen Mensch und Maschine fordern würde. Im Land herrscht gerade Regenzeit, die Luftfeuchtigkeit und Temperaturen sind extrem hoch. Am Samstag zeigte das Thermometer mehr als 30°C an. Die Luftfeuchtigkeit lag zum Start bei 65 Prozent und kletterte im Verlauf des Rennens weiter nach oben. Das merkte auch der schweißgebadete Mitch Evans im Siegerinterview an: "Das war ein heißes, hartes Rennen." Der E-Prix in Jakarta war für den Neuseeländer "eine ganz andere klimatische Herausforderung". Mortara stimmte dem Sieger zu: "Es war sehr schwierig. Die Temperaturen waren so hoch."

Den Start um 15 Uhr Ortszeit entschied Pole-Mann Vergne für sich. Dahinter gab es kaum Veränderungen. Lediglich Pascal Wehrlein schob sich auf Platz neun. Nach einer Runde musste das Safety-Car ausrücken, da sich Oliver Rowlands Rad nach einer Kollision im hinteren Mittelfeld selbstständig gemacht hatte. Am Ende verlängerte die Rennleitung den E-Prix wegen der Safety-Car-Phase um 1:30 Minuten. Nach dem Re-Start konzentrierten sich die Piloten zunächst auf das Energie-Management.

An der Spitze schnappte sich Evans den zweitplatzierten António Félix da Costa, der dem Jaguar-Piloten noch ans Heck rempelte. Aus der Spitzengruppe setzte Vergne als erster Pilot den Attack-Mode (zweimal vier Minuten in Jakarta) nach zehn Minuten Rennzeit ein. Evans zog eine Runde später nach. Hinter dem Duo lag nun Edoardo Mortara, der wie in Berlin lange wartete, um die Zusatzleistung abzurufen.

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Mercedes-Pilot Stoffel Vandoorne behält nach seinem fünften Rang die WM-Führung.

Evans überrascht Vergne

Nach 19 Minuten aktivierte der Schweizer dann seinen Attack-Mode. Zu diesem Zeitpunkt hatte Félix da Costa in seinem DS-Techeetah bereits den zweiten Boost gezündet. Eine ähnliche Strategie wie Mortara hatte Vandoorne gewählt, und den ersten Attack-Mode lange hinausgezögert.

Früh aktivierte Vergne ein zweites Mal die Zusatzleistung und verlor kurzzeitig die Führung an Evans. Der Neuseeländer selbst entschied sich wie Verfolger Mortara erst 15 Minuten vor Rennende, seinen zweiten Attack-Mode einzusetzen. Zwar verkürzte Evans den Abstand zu Vergne, an ihm vorbei kam er trotz der zusätzlichen 30 kW jedoch nicht. Hinter den Führenden versuchte sich Félix da Costa vor Mortara zu halten. Dafür zündete er seinen Fanboost – doch Mortara kämpfte sich am Portugiesen vorbei.

Sechs Minuten vor Schluss schnappte sich Evans dann den Führenden: In Kurve 7 ließ Vergne die Tür offen und der Jaguar-Pilot presste sich innen vorbei. Den Franzosen abschütteln konnte er sich jedoch nicht. Das lag an den Hinterreifen, die überhitzten und nicht mehr ausreichend Grip boten. Dadurch fand auch Mortara wieder Anschluss an die beiden Führenden. Aber Evans behielt die Nerven, fuhr als Erster über die Ziellinie und jubelte vor der Siegerehrung in die Mikrofone: "Das ist genau das, was wir brauchten. Wir sind zurück!"

In der WM-Wertung verkürzte er mit seinem Sieg den Abstand zum Führenden Stoffel Vandoorne auf zwölf Punkte. Der Belgier hält nach Rang fünf bei 121 Zählern. Fünf Punkte dahinter folgt Vergne, weitere zwei Zähler dahinter rangiert Mortara. Die Porsche-Fahrer André Lotterer und Pascal Wehrlein dürften nach dem Wochenende raus aus dem Kampf um den Titel sein. Das nächste Rennen findet am 2. Juli in Marrakesch statt. Vielleicht wirft sich Mitch Evans dann wieder die neuseeländische Flagge über die Schultern.