Formel E Valencia 2021
Elektro-Autos ohne Energie

Die Formel E präsentierte sich in Valencia nicht von ihrer besten Seite. Am Samstag rollte mehr als das halbe Feld ohne Energie vorzeitig aus. Am Sonntag sorgte der Quali-Modus für ein reines Lotteriespiel.

Safety-Car - Formel E - Valencia - 2021
Foto: FE

Das dritte Rennwochenende des Jahres stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Schon vor der Abreise nach Valencia hatte es ordentlich Negativ-Schlagzeilen gehagelt. Die permanente Rennstrecke, die wegen Corona unplanmäßig ins Programm rückte, sei für die Formel-E-Rennen ungeeignet, schimpften die Fahrer.

Der Mangel an harten Bremszonen erschwerte die Rückgewinnung von Energie. Die Piloten mussten auf den Geraden noch früher vom Gas als sonst. Am Ende entschieden sich die Veranstalter dazu, den Circuit Ricardo Tormo mit zusätzlichen Mauern, einer provisorischen Kurzanbindung und einer künstlichen Schikane auf der Zielgeraden in einen echten Mickey-Maus-Kurs zu verwandeln.

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Einen ersten großen Aufreger produzierte schon die Qualifikation zum Samstagsrennen. Stoffel Vandoorne hatte zwar die schnellste Runde gedreht, musste in der Startaufstellung aber nach ganz hinten, weil Mercedes bei der Angabe der Reifen-Prüfnummern einen Zahlendreher eingebaut hatte.

Am Ende spielte der Bürokratie-Fehler für das Ergebnis aber nur eine untergeordnete Rolle. Genauer gesagt hätten sich die Fans sogar die kompletten ersten 43 Minuten des Rennens schenken können. Was danach passierte, ließ selbst eingefleischte Freunde des Elektro-Rennsports sprachlos zurück.

Maximilian Günther - Formel E - Valencia - 2021
Mercedes
Auf der feuchten Strecke in Valencia rutschten einige Piloten aus - hier Maximilian Günther. Aber auch die Strategen kamen ordentlich ins Schleudern.

Chaos im Finale

Auf feuchter Strecke war der fünfte Saisonlauf unverständlicherweise hinter dem Safety-Car gestartet worden. Doch im Gegensatz zur Rennleitung gingen die Fahrer nicht auf Nummer sicher. André Lotterer krachte schon in der ersten Runde Sebastien Buemi ins Heck, weil er im Duell mit Norman Nato den Bremspunkt verpasst hatte. Nico Müller legte sich kurze Zeit später mit seinem alten DTM-Rivalen René Rast an. Maximilian Günther rutschte mit blockierter Hinterachse ins Kiesbett von Kurve 1. Und Mitch Evans schickte Sérgio Sette Câmara ins Aus.

Entscheidend für das Ergebnis war aber nur die letzte Safety-Car-Phase. Lotterer hatte sich nach einem Duell mit Edoardo Mortara im Kies eingebuddelt, weshalb die Rennleitung das Geschehen noch einmal neutralisieren ließ. Erst kurz vor Ende der 45-minütigen Renndauer wurde das Rennen wieder freigegeben.

Doch anstatt mit dem Restart zu warten, bis die Uhr abgelaufen war, gab der zu diesem Zeitpunkt führende António Félix da Costa aus der Zielschikane plötzlich Gas. Das ganze Feld musste also noch zwei Runden im Renntempo drehen. Parallel dazu wurde von der FIA aber auch noch die übliche Energie-Reduktion nach Safety-Car-Phasen vorgenommen, was dazu führte, dass plötzlich 13 von 24 Autos mit leeren Akkus ausrollten.

Nyck de Vries & Stoffel Vandoorne - Formel E - Valencia - 2021
Mercedes
Mercedes berechnete die Energie-Menge richtig und führt beide Meisterschaften an.

Mercedes und Audi kalkulieren richtig

Nur wenige Teams hatten die Extra-Runde und den Energie-Abzug korrekt in ihre Reichweitenberechnung einbezogen. Mercedes-Pilot Nyck de Vries übernahm die Spitze und fuhr ganz entspannt zum ersten Saisonsieg. Dahinter überholten Müller und Vandoorne ein gestrandetes Auto nach dem anderen und sicherten sich die weiteren Podiumsplätze. Auch Audi hatte gut kalkuliert und wurde mit den Plätzen fünf und sieben belohnt.

Der letzte Pilot, der sich im Kriechgang ins Ziel rettete, war Jean-Eric Vergne – mit 4.19 Minuten Rückstand. "Als Nyck schon Interviews gegeben hat, war ich immer noch auf der Strecke", scherzte der zweifache Formel-E-Champion. "Ich habe versucht meiner Mutter zu erklären, was da abgelaufen ist, aber das war nicht so einfach."

Die FIA verteidigte den Energie-Abzug in letzter Minute, der zu dem ganzen Chaos beigetragen hatte. "Das war natürlich nicht das, was wir wollten", so Rennleiter Frederic Bertrand. "Aber die Regeln waren vorher klar. Ich hoffe, dass jeder seine Lektion gelernt hat." Das Chaos auf der Strecke dürfte vor allem den Marketing-Verantwortlichen der Hersteller auf den Magen geschlagen sein. Eigentlich sollte die Formel E Werbung für Elektromobilität machen. Nun blieb mehr als die Hälfte des Feldes ohne Energie auf der Strecke liegen.

Jake Dennis - Formel E - Valencia - 2021
BMW
Am Sonntag feierte Jake Dennis einen souveränen Start-Ziel-Sieg.

Die Letzten werden die Ersten sein

Auch beim zweiten Rennen am Sonntag gab die Serie kein gutes Bild ab. Der besondere Qualifying-Modus, bei dem die Fahrer nach Platzierung in der WM in einzelne Gruppen eingeteilt werden, sorgte für noch mehr Lotterie als sonst. Auf der abtrocknenden Piste blieben die besten Fahrer, die als Erstes auf die Bahn mussten, chancenlos. Stattdessen belegten die schlechtesten sechs Piloten der WM-Wertung geschlossen die Plätze in den ersten drei Reihen.

BMW-Pilot Jake Dennis gewann am Ende souverän von der Pole Position. Genau wie Lotterer auf Rang zwei hatte der Brite in den fünf Rennen zuvor nicht einen einzigen WM-Punkt gesammelt. Alex Lynn komplettierte das Podium. Der Mahindra-Pilot hatte im Rennen lange auf Rang zwei im Windschatten von Dennis gelegen, musste seine Sieghoffnungen aber nach einem Schubser von Norman Nato unfreiwillig begraben. Nato, der als Zweiter über den Zielstrich gerollt war, bekam nachträglich eine Fünf-Sekunden-Strafe aufgebrummt, die ihn auf Position fünf zurückwarf.