Formel E Jakarta 2023
Porsche und Wehrlein schlagen zurück

Das Porsche-Werksteam hat in Jakarta die perfekte Antwort auf das Monaco-Debakel gefunden: Pascal Wehrlein kehrte dank seines Siegs am Samstag und eines soliden Sonntags an die WM-Spitze zurück. Der Maserati-Pilot Maximilian Günther schrieb parallel Geschichte.

Formel E - Jakarta 2023 - Pascal Wehrlein - Porsche
Foto: Motorsport Images

Der Abwärtstrend ist gestoppt. Nach mehreren schwierigen Renn-Wochenenden zeigte Porsche wieder die Stärke des Saisonstarts und sammelte bei der doppelten Hitzeschlacht im indonesischen Jakarta massiv Punkte. Die Grundlage bereitete man bereits in den Trainings und in der ersten Qualifikation vor.

Pascal Wehrlein startete am Samstag vom dritten Rang – seine beste Quali-Platzierung in dieser Saison. Die Pole-Position ging an Maximilian Günther (Maserati-DS), der vorher schon die beiden Trainings angeführt hatte. Es war die erste für ihn und Maserati. Jake Dennis (Andretti-Porsche) schob sich zwischen die beiden.

Unsere Highlights
Formel E - Jakarta 2023 - Start Rennen 1
Formel E
Maximilian Günther startete zum ersten Mal in seiner Formel-E-Karriere auf der Pole-Position.

Deutsche Doppelführung zu Beginn

Dank der etwas besseren linken Linie konnte Pascal Wehrlein am Start außen an Dennis vorbeiziehen. Nach einer versuchten Attacke auf Günther ordnete er sich zunächst hinter dem führenden Allgäuer ein. Jake Dennis musste sich derweil hinter dem amtierenden Weltmeister Stoffel Vandoorne (DS Penske) auf dem vierten Rang anstellen.

Einen ordentlichen Beginn erwischte der WM-Spitzenreiter Nick Cassidy (Envision-Jaguar). Der Neuseeländer, der im Vorfeld seinen Renn-Ingenieur an das Aston-Martin-Formel-1-Team verloren hatte, fuhr vom zehnten auf den achten Platz vor.

Im vierten von 36 geplanten Umläufen ging Wehrlein erstmals an Günther vorbei, aktivierte aber kurz darauf seinen eröffnenden Attack-Mode, wodurch Günther wieder nach oben rückte. Dennis etablierte sich im Hintergrund als Dritter. Die spannende Grundlage für ein taktisches Rennen war gelegt.

Formel E - Jakarta 2023 - Abt-Cupra
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Angesichts der Hitze und des recht technischen Kurses gilt das Jakarta-Gastspiel als extrem kräftefressend.

Dennis ärgert sich über Wehrlein

Maximilian Günther wählte früh mit sechs Minuten die längere Option des Zusatzboosts und wurde von Pascal Wehrlein im Zuge dessen wieder überholt. Da es aber bei diesem einzigen Platzverlust verblieb, sah es gut hinsichtlich eines dringend nötigen Podiums für das leidgeplagte Maserati-Team aus. Hinter den Deutschen setzte sich das Duell zwischen Dennis und Vandoorne fort.

In der zweiten Rennhälfte eines zügig durchlaufenden Auftakts stand zunächst der WM-Führende im Fokus. Der auf Rang 6 gesprungene Nick Cassidy versuchte verzweifelt, weiter nach vorne zu kommen, und ging im Duell mit DS-Mann Jean-Éric Vergne fast zu viel Risiko ein. Final wurde er Siebter.

Nur etwas weniger hart lief der Kampf um die Top 3 ab. Jake Dennis hatte sich dank des Attack-Mode wieder zwischen Wehrlein und Günther geschoben. Im 24. Umlauf griff der Brite nach der Spitze, wurde aber von Wehrlein nachhaltig im Versuch gestoppt. Später schimpfte der Porsche-Kunde über ein "lächerliches Manöver".

Formel E - Jakarta 2023 - Pascal Wehrlein - Porsche - Jake Dennis - Andretti-Porsche
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Pascal Wehrlein und Jake Dennis lieferten sich ein hartes Duell. Die Gemeinsamkeiten hören beim Antriebsstrang auf.

Ultimatives Jaguar-Debakel

Obwohl Vandoorne aufschließen konnte, fuhr das Trio schlussendlich in dieser Konstellation ins Ziel ein. Für Pascal Wehrlein war es der erste Sieg seit dem zweiten Saudi-Arabien-Rennen (28. Januar). Er berichtete: "Wir haben sehr viele Runden geführt, dadurch waren die anderen im Windschatten und konnten Energie sparen. Doch dank unserer guten Strategie konnten wir die Führung verteidigen."

Den dramatischen Schlusspunkt setzten ausgerechnet die beiden Jaguar-Piloten. Sam Bird räumte seinen in der WM deutlich besseren Teamkollegen Mitch Evans erneut ab und machte ihn so zum einzigen (!) Ausfall. Porsche konnte in der Teamtabelle sowohl Envision überholen als auch das Jaguar-Werksteam distanzieren.

Formel E - Jakarta 2023 - Mitch Evans - Sam Bird - Jaguar
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Kurz vor der Katastrophe: Mitch Evans liegt vor Sam Bird.

Trainings-Weltmeister Günther

Wie an den Vortagen war Maximilian Günther auch in den Zeittrainings des Sonntags unschlagbar. Er holte sich im Quali-Turnier vor Jake Dennis und Mitch Evans die zweite Pole-Position. Pascal Wehrlein wurde Sechster, der nur noch mit zwei Zählern führende Nick Cassidy Zehnter.

Der zweite Lauf umfasste zwei zusätzliche Runden und stellte so die Effizienz noch mehr in den Vordergrund. Wohl auch deswegen hielten sich die meisten Piloten am Start zurück. Diesen gewann Maximilian Günther, der die Spitze aber bald durch den ersten Attack-Mode räumte.

Jake Dennis und Mitch Evans machten es ihm zügig nach. Während Günther sich wieder an Evans vorbeischieben konnte, blieb Dennis vorerst auf dem Platz an der brütend heißen Sonne. Doch in der zweiten Aktivierungsphase zog Günther dank einer smarten Strategie vorbei und davon.

Formel E - Jakarta 2023 - Maximilian Günther - Maserati-DS
Formel E
Maximilian Günther legte direkt die zweite Pole-Position nach. Aber reichte es endlich zum Sieg?

Cassidys Rennen zerfällt

In der 19. Runde fingen die Kameras den dramatischsten Moment des Sonntags ein. Cassidy hatte sich bei einer ungestümen Attacke auf Pascal Wehrlein vertan und so sein Rennen zerstört. Der konservativ fahrende, aber trotzdem in reichlich Chaos verstrickte Wehrlein freute sich abschließend über einen soliden sechsten Rang.

An der Spitze endete das Rennen, wie es begonnen hatte. Die Plätze neben dem dominanten Maximilian Günther belegten Dennis und Evans. Der Deutsche schenkte Maserati somit den ersten Formel-Triumph seit Juan Manuel Fangio auf dem Nürburgring 1957. Das entlockte dem eher nüchternen Günther, der den diesjährigen Pole-Fluch der Serie besiegt hatte, ein ungewohntes Jubel-Feuerwerk.

"Dieses fast perfekte Wochenende mit einem Sieg am Sonntag zu krönen, fühlt sich unglaublich gut an. Wir waren in allen Sessions sehr stark. Den ersten Maserati-Sieg in der Formel E einzufahren, ist eine große Ehre. Nach den Schwierigkeiten in der ersten Saisonhälfte haben wir nie aufgegeben, hart gearbeitet und uns stetig verbessert."

"Jetzt schöpfen wir unser Potenzial voll aus und zeigen, dass wir ganz vorn mitfahren. Durch die Hitze und Luftfeuchtigkeit waren es die beiden anstrengendsten Läufe der Saison und entsprechend erleichtert bin ich über das Ergebnis. Insgesamt sind wir sehr stolz auf dieses Wochenende. So muss es weiter gehen!"

Formel E - Jakarta 2023 - Maximilian Günther - Maserati-DS - Jake Dennis - Andretti-Porsche
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Mit dem ersten Maserati-Formel-Sieg seit 1957 schrieb Maximilian Günther Geschichte. Jake Dennis würde es in Form eines WM-Titels auch gerne tun.

Freud' und Leid für Deutsche

Für die anderen deutschen Fahrer verlief der Indonesien-Trip wenig ertragreich. David Beckmann, der bei Andretti den Le-Mans-Piloten André Lotterer vertrat, wurde im hinteren Feld von der wenig nachsichtigen Konkurrenz aufgerieben. McLaren-Mann René Rast verpasste ebenfalls die Punkte.

Pascal Wehrlein führt nun mit 134 Zählern die Fahrer-WM an. Doch nur einen Punkt dahinter hat sich Jake Dennis platziert. Dass der englische Kunde nicht wirklich Sympathie für das Werk empfindet, sollte spätestens nach dem Samstag klar sein. Nick Cassidy befindet sich mit 128 Zählern weiter im Titelkampf. Das gilt auch für Mitch Evans (109) und mit Abstrichen für Jean-Éric Vergne (97).

Bei noch fünf ausstehenden Rennen (einmal Portland (USA) und jeweils zweimal Rom sowie London) zieht der Druck jedoch spürbar an. Das Debüt der E-Serie an der nördlichen Westküste ist für den 24. Juni terminiert.

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