Audi TT RS und Nissan 370Z
Zwei Gebrauchtwagen mit über 300 PS

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Flach, breit und über 300 PS stark: Audi TT RS und Nissan 370Z versprechen Fahrspaß pur, bringen aber technisch völlig unterschiedliche Voraussetzungen mit. Ihre Stärken und Schwächen als Gebrauchtwagen.

Audi TT RS, Frank Mühling
Foto: Arturo Rivas

Früher, ja früher war alles anders. Vor rund zwanzig Jahren gab es viele erschwingliche Sportcoupés aus Fernost. Heute hält allein Nissan die weiß-rote Fahne hoch und stellt sich dem von Deutschland dominierten Segment. Mit dem Nissan 370Z kämpfen die Japaner wacker gegen Audi, BMW, Porsche und Co. Über 300 PS aus sechs Zylindern und Heckantrieb lautet die stimmige Mischung. Erfolge auf der Rennstrecke mit dem Nismo-Programm sorgen für zusätzliche Anziehungskraft. Preisvorteile von 15.000 bis 30.000 Euro bei den Neuwagen gegenüber den deutschen Wettbewerbern stimmen nachdenklich. Und vor allem: Wie wirkt sich dieser Vorteil auf die Gebrauchtwagen aus?

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Gebrauchter Audi TT RS für 39.800 Euro

Keine 25.000 Euro soll der Nissan 370Z von Autohaus Schmidt im schwäbischen Sachsenheim kosten. Das mattschwarz folierte Coupé aus erster Hand ist gut vier Jahre alt und hat 87.000 Kilometer runter. Der Seitenblick zu Autohaus Schümann nach Schwäbisch Hall zeigt den Gebrauchtwagen Audi TT RS für 39.800 Euro.

Das Topmodell ist zwar schon knapp fünf Jahre alt, dafür stehen erst 32.000 Kilometer auf dem Tacho. Rund 15.000 Euro Preisunterschied also zwischen den beiden Gebrauchtwagen-Sportlern. Interessant. Vor allem wenn man noch die Neupreise der beiden vergleicht: Der Audi-Besitzer hat seinen TT RS für 66.500 Euro übernommen, das sind rund 10.000 Euro über dem Grundpreis. Bis auf das Doppelkupplungsgetriebe und das magneticride-Fahrwerk kommt das Exemplar mit Vollausstattung daher.

Dem Nissan-Eigner war sein Nissan 370Z exakt 47.600 Euro wert, also gut 4.000 Euro über dem damaligen Listenpreis. Und die seidenmatte Folierung hat weitere 2.800 Euro gekostet. Dieses Sümmchen ist nach vier Jahren wertmäßig leider – wir ahnen es – verloren. Nebenbei bemerkt: Dass die Japaner kürzlich den Einstandspreis für ihren Sportler drastisch gesenkt haben, dürfte die Preise für die Gebrauchten eher weiter drücken. Aktuell kostet das Nissan 370Z-Basismodell nur noch günstige 32.900 Euro.

Beim gebrauchten Audi TT RS wird einem Warm ums Herz

Doch natürlich ist die ellenlange Extra-Preisliste des Audi TT RS ebenso „Schuld“ am heftigen Preisunterschied wie die von Haus aus beinahe vollständige Serienausstattung des Nissan 370Z. Genug theoretisiert und kopfgerechnet, jetzt wird gefahren. Nebel, feuchte Straßen und minus ein Grad Celsius – es gibt definitiv besseres Wetter für eine Testrunde mit dem gebrauchten Audi TT RS. Doch sobald sich der Fünfzylinder-Turbo des Gebrauchtwagens akustisch vom Gehörgang bis ins Großhirn und in die Magengrube vorarbeitet, wird einem ohnehin warm ums Herz. Schon auf den ersten Kilometern mit kaltem Motor und leichtem Gasfuß lässt das TT-Topmodell sein Potenzial aufblitzen.

90 Grad Öltemperatur, jetzt zeigt der Bayer, was er kann. Unbarmherzig packt der Turbomotor zu und feuert das gebrauchte Coupé nach vorn. Leistungsentfaltung und Durchzug begeistern bei jedem Gasstoß. Dazu der Sound: Der Urquattro lässt grüßen! Vor allem, wenn man die S-Taste gedrückt hat. Dank Quattro geht kein einziges PS in Rauch auf, der Allradantrieb wandelt die schiere Kraft des Triebwerks kompromisslos in Vortrieb um:

Im sport auto-Test war Tempo 100 im 4,6 Sekunden abgehakt. Doch auf der Rennstrecke muss in jedem Fall mit Untersteuern gerechnet werden, denn der Audi TT RS verfügt nicht eben über die beste Gewichtsverteilung. Dem quer vor der Vorderachse eingebauten Reihenmotor sei „Dank“. Das sorgt im Extremfall für eine starke Belastung der Vorderräder.

Gebrauchter Audi TT RS so straff wie ein Neuwagen

Immerhin teilt er nicht das Problem mit seinem Plattformbruder RS3, der mit rasch verschleißenden Pneus negativ auf sich aufmerksam machte. Ein Problem jedoch betraf beide Sportler: Die Bremsanlage nervte anfangs durch verzögertes Ansprechen bei Nässe, Ruckeln, Quietschen und hohen Verschleiß. Beim Audi TT RS waren gut 6.000 Fahrzeuge des Modelljahres 2010 betroffen. Doch Audi konnte den Fahrzeughaltern mittels kostenlosen Teiletauschs und neuer ESP-Software helfen. Theoretisch müssten alle auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge umgerüstet worden sein, „im Zweifel können die Audi-Händler online feststellen, ob ja oder nein“, so Jonas Hadaschik vom Autohaus Schümann.

Unser gebrauchter Audi TT RS verhält sich diesbezüglich völlig unauffällig und fühlt sich so straff und präzise an wie ein Neuwagen. Die penible Verarbeitungsqualität und der makellose Pflegezustand des grauen Gebrauchtwagen-Coupés beeindrucken nachhaltig. Nochmals Jonas Hadaschik: „Der Vorbesitzer ist ein echter Audi-Fan, er sammelt S- und RS-Modelle. Jetzt hat er hat sich gleich zwei TT RS plus mit 360 PS geholt – als Coupé und Roadster!“

Ein ehemaliges Fan-Mobil ist auch der Nissan 370Z von Autohaus Schmidt. „Der Familienplanung halber musste sich der Besitzer schweren Herzens von seinem 370Z trennen. Er war jede freie Minute mit seinem Nissan unterwegs. Jetzt fährt er einen Murano“, schmunzelt Verkäufer Daniel Crönertz.

Nissan 370Z zahmer als der TT

Nun, auch dieser ist wie der Nissan 370Z kein Auto von der Stange. Der 3,7 Liter große V6-Saugmotor leistet je nach Modelljahr und Abgasnorm zwischen 328 und 331 PS. Im seit 2013 verfügbaren Nismo-Topmodell sind es 344 PS. Das nur 80 Mal gebaute Sondermodell „Nürburgring Edition“ von 2010 hatte sogar 360 PS. Auch wenn das Leistungsdefizit der Standard-Varianten gegenüber dem Audi TT RS auf dem Papier recht gering ausfällt, im direkten Fahrvergleich gibt sich der Japaner doch zahmer.

Verantwortlich ist zum großen Teil der Drehmomentvorteil des Audi TT RS: Stemmt er doch 450 Newtonmeter auf die Kurbelwelle, der Nissan bleibt mit deren 366 zweiter Sieger. Die Stärken des 370Z-Antriebs sind das feinnervige Ansprechverhalten und das zupackende Wesen bei mittleren Drehzahlen. Oben heraus wirkt der kernig tönende Sechszylinder dagegen etwas kurzatmig. Der Spurt von null auf 100 km/h dauert eine gute Sekunde länger als beim TT RS.

Eine Geschmackssache ist die Sechsgang-Automatik im mattschwarzen Gebrauchtwagen-Testexemplar. Zwar verfügt sie über feststehende Lenkradpaddles wie ein Ferrari 458 Italia. Außerdem soll die Zwischengasfunktion den Sportfahrer bei Laune halten, doch die Direktheit eines manuellen Schaltgetriebes kann sie leider nicht bieten. Verkäufer Crönertz: „Das Coupé verkaufen wir häufiger mit Automatik, beim Roadster liegt der Handschalter vorn.“

Ehrlicher Naturbursche

Der gebraucht Japaner gibt sich als ehrlicher Naturbursche zu erkennen. Das Fahrwerk hart, die Fahrgeräusche hoch – Langweile wird im engen Nissan 370Z-Cockpit sicher nie aufkommen. Die Vorderachse folgt Spurrillen, die Hinterachse sucht nach Grip, wenn es rutschig wird. Dank Visko-Sperre sind Drifts kein Problem. Entertainment pur. Der Zustand des gut drei Jahre alten gebrauchten 370Z von Autohaus Schmidt wirkt dem Kilometerstand entsprechend. Dank Pack-Ausstattung inklusive 19-Zöllern, Bose-Anlage und Rückfahrkamera scheinen die 24.900 Euro fair zu sein. Wie beim gebrauchten Audi TT RS sind Garantie und neue Inspektion inklusive.

Wer sich nach einem gebrauchten 370Z umsieht, sollte bei der Probefahrt auf ein pulsierendes Kupplungspedal achten. Möglicherweise ist ein neues Ausrücklager fällig. Vereinzelt macht das Getriebe Probleme mit den Synchronringen des sechsten Gangs, allerdings ist die Schaltbox des 370Z unauffälliger als die des Vorgängers 350Z. Bis Baujahr 2012 gab es Ärger mit der Wegfahrsperre und dem Lenkradschloss. Lässt sich der Motor nicht mehr starten, ist ein Austausch fällig.

Wofür entscheiden? Für die streberhafte Perfektion des Audi oder für die kumpelhafte Raubeinigkeit des Nissan? Na ja, die Geschmäcker sind eben verschieden. Fest steht: Der Nissan 370Z bietet sehr viel Auto und PS pro Euro, egal ob neu oder aus Vorbesitz. Das ist eine traditionelle Stärke der Japaner und eine Schwäche der Deutschen – gestern wie heute.

Vertrauensfrage: Das liebe Geld

Darf es ein bisschen mehr sein? Dann einfach den teuren Audi kaufen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Versicherung und Steuer fallen beim Nissan kostspieliger aus. Ein diffuses Bild liefern die Preise für Ersatz- und Verschleißteile. Negative Ausreißer beim Audi TT RS sind die Bremsen, der Auspuff und die Inspektionen. Der 370Z kontert mit hohen Tarifen für die Felgen und die Scheinwerfer. Gegenüber dem Vorgängermodell 350Z wurden dafür die Bremsen und die Inspektionen drastisch günstiger. Beim Verbrauch liegen beide in etwa gleichauf: 16 Liter fließen bei forcierter Gangart gerne mal durch durch die Einspritzdüsen.

Sportliche Alternativen

BMW Z4: Da BMW beim aktuellen Z4 auf eine echte M-Version verzichtet, stehen die aufgeladenen Sechszylinder 35i und 35is im Fokus. Mit 306 bzw. 340 PS stimmt das Leistungsangebot, doch leider verhindert die softe Fahrwerksabstimmung eine betont sportliche Gangart. Wie bei vielen BMW können defekte Zündspulen für Verdruss sorgen. Ab 25.000 Euro verfügbar.

Porsche Cayman/Boxster: Die Porsche-Sportler Cayman und Boxster sind speziell als S-Modelle interessant. Die Boxermotoren leisten je nach Modell und Alter 280 bis 320 PS. Das Angebot ist riesig und startet bei gut 18.000 Euro. Technisch auffällig sind unter anderem der Kurbelwellen-Simmerring, die Schaltzüge und die Wasserpumpe. Weitere Infos in der sport auto-Kaufberatung, Ausgabe 8/2013.

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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten