Extreme Varianten des VW Golf
So abgefahren kann Golf sein

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Der VW Golf  beherrscht seit 1974 als Volumenmodell die Kompaktklasse. Doch nicht alle Modelle sind Massenware, wie die Ansammlung der Golf-Exoten ab Werk zeigt.

Impressionen GTI-Treffen Wörthersee 2015
Foto: Thomas Gerhardt

Der VW Golf war bereits in den 80ern ein Selbstläufer, dennoch dachte man bei VW an Marketingaktionen, die dem Golf noch mehr Aufmerksamkeit bescheren sollten. Man erdachte 1983 den See-Golf, eine schwimmfähige Version des VW Golf I Cabrio. Angeschraubte Schwimmer konnten hydraulisch betätigt werden. Der Serienmotor erstarkte bei Oettinger auf 150 PS und trieb zu Wasser über eine Kardanwelle eine Schiffsschraube im Heck an. Der See-Golf war damit bis zu 30 km/h schnell. Auf dem Landweg wird diese einfach entkoppelt. Einen trockenen Standplatz hat der See-Golf heute im VW Museum.

Unsere Highlights

Golf G60 Limited - 16V und G-Lader

Eine unscheinbare Motorsportplakette am Heck und eine im Kühlergrill sowie ein blau gehaltener Kühlergrillrahmen kennzeichnen den wohl außergewöhnlichsten VW Golf der 80er Jahre - den VW Golf Limited. Eine viertürige Golf II-Karosse trifft auf den Allradantrieb des Synco und den noch nie dagewesenen Motormix GTI 16V mit G60 Lader. Fein aufeinander abgestimmt standen so bereits 1989 satte 210 PS und 252 Nm Drehmoment parat um den Limited in 7,4 Sekunden auf 100 km/h und bis zu 229 km/h zu beschleunigen. Im Mittel jagte der vollausgestattete Limited dann aber auch 14,6 Liter durch die Einspritzdüsen. Der VW Golf Limited entstand in einer Auflage von 70 Exemplaren und wurde zum Preis von 68.500 Mark an Freunde des Hauses verteilt. Bis heute haben allerdings nur wenige Exemplare überlebt, eines davon ist in Wolfsburg zu bewundern.

Golf Syncro Turbo - unauffällig schnell

Wer glaubt mit dem Limited hätte der Golf II schon seinen Leistungszenit erreicht, der täuscht sich. Bereits 1988 war ebenfalls bei VW Motorsport eine Turboversion des VW Golf 16 V Synco aufgelegt worden. Abgeleitet vom Pikes Peak-Renner sorgten 0,9 bar Ladedruck für 226 PS und 238 Nm Drehmoment. Der optisch völlig unauffällige Turbo-Golf spurtete in 5,8 Sekunden auf 100 km/h und war 233 km/h schnell. Der Testverbrauch lag seinerzeit bei 14,8 Liter, der Benzinpreis umgerechnet allerdings auch noch bei 50 Cent.

Bergrenner mit 652 PS

Pikes Peak öffnet ein weiteres Kapitel der VW Golf-Geschichte. 1987 griffen die Wolfsburger mit einem Bi-Motor-Golf ins Renngeschehen in Colorado ein. Der Twin-Golf basiert auf dem Golf GTI und ist mit zwei unabhängig von einander arbeitenden Motoren - ein Motor vorn, ein Motor hinten - ausgerüstet. Dieses Antriebskonzept erlaubte wahlweise Front-, Heck- oder Allradantrieb. Die beiden 16 V-Motoren wurden von Turboladern unter Druck gesetzt und leisteten so jeweils 326 PS. Insgesamt kam der auf nur 184 km/h übersetzte Pikes-Peak-Golf so auf 652 PS. Am Pikes Peak blieb er aber unter Jochi Kleint erfolglos, wurde vom Defektteufel eingebremst und dann als Projekt eingemottet. Auch der Bi-Moto-Golf steht in Wolfsburg im Museum.

A59 - beinahe in Serie

1993 hatte mit dem VW Golf III Rallye A59 ein weiterer besonderer Golf seinen Auftritt. Der Prototyp wurde von einem Zweiliter-Turbovierzylinder mit 275 PS befeuert, der den Allradler auf bis zu 270 km/h trieb. Ausgestellte Kotflügel, fette Schürzen und ein stark perforierter Vorderbau ließen die Motorsportambitionen klar erkennen. Gebaut wurde das Fahrzeug bei der Firma Schmidt in Cadolzburg bei Nürnberg, die auch schon für Audi Rallyefahrzeuge gefertigt haben. Der VW Golf A59 wurde unter Walter Röhrl intensiv getestet. Aus der Händlerschaft wurden Rufe nach einer Kleinserie laut. Über 2.500 Exemplare zum Stückpreis von 80.000 Mark wurde nachgedacht. Dann wurde das Projekt allerdings eingestellt. Insgesamt wurden zwei Prototypen  gebaut, einer steht noch heute im VW-Museum in Wolfsburg, der andere im Autohaus Schmidt in Cadolzburg. 

Zwölfzylinder für den Wörthersee

Die spektakulärste Golf-Variation konnte man aber wohl auf dem VW Golf GTI-Treffen 2007 am Wörthersee bewundern. Unter einem stark in die Breite gewachsenen und mit Be- und Entlüftungsöffnungen durchsetzten VW Golf V-Karosseriekleid pflanzten die Wolfsburger einen Sechsliter-W12-Motor. Weil der nicht unter die vordere Haube passt, wanderte er als Mittelmotor hinter die Passagiere. Mit seinen 650 PS und 750 Nm feuert er nur noch zwei Personen voran. Die aber mit Wucht. Die 100 km/h-Marke soll nach 3,7 Sekunden fallen, die Höchstgeschwindigkeit stellt sich bei 325 km/h ein. Das Monster vom Wörthersee ruht nun als Einzelstück im Museum in Wolfsburg.

VW Golf Design Vision GTI in 3,9 Sekunden auf Tempo 100

Zum Wörthersee-Treffen 2013 stellten die VW-Ingenieure mit dem Golf Design Vision GTI ein weiteres Extrem-Modell. Unter der Haube musste der Zweiliter-TFSI einem V6-Benzindirekteinspritzer weichen, der aus drei Litern Hubraum samt zwei Turboladern satte 503 PS quetscht. Das maximale Drehmoment des Design Vision GTI beläuft sich auf 560 Nm. Die Kraft wird via Doppelkupplungsgetriebe (DSG) an alle vier Räder geleitet. So gerüstet, spurtet das Showcar in 3,9 Sekunden auf 100 km/h, das maximal Machbare liegt jenseits der 300er-Grenze.

Auch an der Optik wurde kräftig gefeilt. Um Platz für deutlich größere Spurweiten und 20 Zoll große Leichtmetallfelgen mit 235er Pneus vorn und 275er-Walzen hinten zu schaffen, zog man die C-Säulen und die Seitenschweller extrem in die Breite. Ergänzend sorgen eine markante Schürze vorn und ein mächtiges Diffusor-Element am Heck für den vollendeten Rundstreckenlook. Im Race-Look ist der VW Golf Design Vision GTI dann nur noch 4.253 mm lang und 1.385 mm hoch. Die Breite legte dagegen auf 1,87 Meter zu.

VW Golf GTI Roadster auf Basis des GTI Cabrio

Ein Jahr später ließ VW den nächsten Kracher-Golf folgen. Für das Wörthersee-Event 2014 packte der Konzern die Studie VW Golf GTI Roadster aus, ein Kompaktsportler, der für die Rennsimulation Gran Turismo 6 entworfen wurde. Der offene GTI basiert auf dem VW Golf GTI Cabrio, und wird befeuert von einem Dreiliter-V6-Triebwerk mit Biturboaufladung, das dem Fahrer 503 PS und 665 Nm Drehmoment zur Verfügung stellt.

Natürlich werteten die VW-Designer auch die Optik auf: Sie verpassten dem VW Golf GTI Roadster neue Schürzen vorne und hinten, neue Seitenschwellerverkleidungen, ein Diffusorelement und einen mächtigen Spoiler. Die Radkästen wurde erweitern, in ihnen drehen sich 20 Zoll große Leichtmetallfelgen mit 235/35er Pneus vorn und 275/30er Walzen hinten. Besonders markant: die stark gekürzte, seitlich umlaufende und rahmenlose Frontscheibe. Verzögert wird der VW Golf GTI Roadster von einer Keramik-Bremsanlage mit 380er Scheiben vorn und 356er Discs an der Hinterachse.

VW GTI Supersport Vision GT

Ein weiterer Konsolen-Renner, den VW für das Wörthersee-Treffen 2015 in die Realität überführt, ist der VW GTI Supersport Vision GT. Seine Attribute: breit, aggressiv, leistungsstark und sauschnell. Die rassige Kompaktsportlerstudie soll in 3,6 Sekunden auf 100 km/h powern und weit jenseits der 300er Marke dem Luftwiderstand trotzen. Möglich macht’s eine ausgefeilte Aerodynamik.

Die achtbaren Beschleunigungs- und Vmax-Werte ermöglicht ein doppelt aufgeladener Dreiliter-VR6, der im GTI Roadster bereits wütete. Der hohen Leistung entsprechend formt VW die Karosserie des Supersport Vision GT: dickes Kühlermaul, breite Schultern, schmale Seitenspiegel, ausgeklügelter Diffusor, Doppelrohre und XXL-Dachkantenspoiler.

VW Golf R400 wird in Serie gehen

Ob der VW GTI Supersport Vision GT jemals zum Serienmodell reift? Wohl eher nicht. Ein Hardcore-Golf, der allerdings kommen wird, ist der Golf R400, wie VW-Technik-Vorstand Heinz-Jakob Neußer bestätigte. Wie die Zahl im Namen bereits verrät, presst das Fahrzeug aus dem Zweiliter-Vierzylinder exakt 400 PS. Mit dem aufgepäppelten Aggregat lässt der VW Golf R400 die Tachonadel nach 3,9 Sekunden über die 100er-Marke im Ziffernblatt rauschen.

Aber bleibt es bei dem Über-Serien-Golf. Oder legt VW etwa noch nach? Möglich wäre es. Mit einem 420 PS starken 2.0 TFSI, bekannt aus dem Audi TT Quattro Sport Concept.

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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten