Carlos Ghosn-Affäre
Manager gibt Renault-Chefposten auf

Automanager Carlos Ghosn sitzt in Japan seit November in Untersuchungshaft. Ihm wird Betrug und Unterschlagung vorgeworfen. Nissan hatte ihn darauf von seinem Chefposten bei den Japanern enthoben. Jetzt hat Ghosn auch seinen Posten bei Renault aufgegeben.

Manager gibt Renault-Chefposten auf
Foto: dpa

Der in Japan inhaftierte Auto-Manager Carlos Ghosn (64) ist als Konzernchef von Renault zurückgetreten. Zunächst bestätigten Kreise des Autoherstellers eine entsprechende Aussage von Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, später erklärte der Verwaltungsrat von Renault offiziell das Rücktrittsgesuch von Carlos Ghosn erhalten zu haben.

Die Ablösung Ghosns in Frankreich kam laut Handelsblatt nicht überraschend. Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire hatte zuvor mit deutlichen Worten eine Nachfolge gefordert. Es müsse eine neue Etappe geben, wenn Ghosn dauerhaft verhindert sei. Der Staat ist bei Renault ein wichtiger Spieler, er hält 15 Prozent der Anteile. Der Verwaltungsrat hat in seiner Sitzung beschlossen, Renault eine neue Führungsstruktur zu geben und bei dieser Gelegenheit eine Trennung der Funktionen des Verwaltungsratsvorsitzenden und des Vorstandsvorsitzenden vorzunehmen. Neuer Verwaltungsratsvorsitzender wurde Jean-Dominique Senard, zum neuen CEO von Renault wurde Thierry Bolloré ernannt.

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Kelly wieder frei

Der Nissan-Manager Greg Kelly hingegen ist seit Ende Dezember 2018wieder auf freiem Fuß. Er saß etwas mehr als einen Monat in Japan in Untersuchungshaft. Ein japanisches Gericht ordnete die Freilassung an, allerdings musste Kelly dafür eine Kaution in Höhe von 70 Millionen Yen (aktuell umgerechnet zirka 555.000 Euro) hinterlegen. Den Einspruch der Staatsanwaltschaft gegen die Freilassung wies das Gericht zurück. Kelly weist nicht nur alle Vorwürfe von sich, er weist auch darauf hin, krank zu sein und medizinische Hilfe zu benötigen.

Kellys Frau Dee hatte zuvor in einem über einen Anwalt veröffentlichten Video gegen die Haft ihres Mannes protestiert und sich besorgt über dessen Gesundheitszustand gezeigt. Ihrer Meinung nach ist Greg Kelly Opfer von Nissan internen Machtkämpfen. Außerdem würden sie mehrere US-Regierungsbeamte in ihren Bemühungen unterstützen, ihren Mann in dessen Heimat nach Brentwood im US-Bundesstaat Tennessee zurückzuholen. Brentwood liegt nur etwas mehr als 14 Fahrkilometer von Nissans nordamerikanischem Hauptquartier in Franklin entfernt. Zu den Unterstützern von Dee Kellys Freilassungsbemühungen zählen unter anderem der US-Botschafter in Japan Bill Hagerty, die Senatoren des US-Bundesstaates Tennessee Lamar Alexander und Bob Corker sowie das US-Außenministerium.

Greg Kelly, Nissan
Nissan
Greg Kelly, ranghoher Nissan-Manager und Vertrauter von Carlos Ghosn, wurde aus japanischer Untersuchungshaft entlassen.

Nach seiner Freilassung darf Greg Kelly Japan nicht verlassen und sich auch dort nur innerhalb eines bestimmten Gebietes bewegen. Kelly ist ein Mitarbeiter und Vertrauter des Ex-Nissan-Chefs Carlos Ghosn, der weiterhin in Haft bleibt.

Verhaftung am 19. November 2018 auf Flughafen

Die Verhaftung des Ex-Nissan-Verwaltungsrats-Chef Carlos Ghosn und des Nissan Managers Greg Kelly am 19. November 2018 bei einer Landung in Tokio kam überraschend – Verstöße gegen Börsenauflagen sowie Betrug und Unterschlagung standen im Raum. Die Vorwürfe kamen von Nissan selbst. Am Donnerstag (20.12.2018) hatte ein Tokioter Bezirksgericht noch eine Haftverlängerung für Ghosn abgelehnt. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft nach einem Spiegel-Bericht aber einen weiteren Haftbefehl gegen Ghosn erwirkt, der die Untersuchungshaft um 48 Stunden verlängert. Die Staatsanwaltschaft wirft Ghosn nun auch vor, persönliche Verluste bei Investitionen auf Nissan übertragen zu haben. Einen Prozesstermin im Fall von Ghosn gibt es noch nicht. Auf Verstöße gegen Finanzgesetze stehen in Japan bis zu zehn Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe in Höhe von zehn Millionen Yen.

Der 64-jährige ist nach wie vor Vorstands- und Verwaltungsratschef bei Nissans französischem Allianzpartner Renault – und Renault hatte kürzlich ohnehin erklärt, bisher kein Fehlverhalten seines Chefs festgestellt zu haben.

Allerdings will scheint die japanische Staatsanwaltschaft nach wie vor von einer Schuld Ghosns überzeugt zu sein. Laut japanischen Medienberichten hat Carlos Ghosn alle Anschuldigungen gegen ihn zurückgewiesen – fragliche Geldzahlungen hätten beispielsweise erst nach seinem Ausscheiden aus dem Konzern getätigt werden sollen und waren zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht endgültig vertraglich geregelt.

Wolfgang Groeger-Meier
Ex-Nissan-Chef Carlos Ghosn bleibt weiterhin in Haft. Seinen Posten als Renault-Chef hat der Manager vorerst behalten.

Konkrete Vorwürfe

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, soll Ghosn in Wertpapierberichten an die Tokioter Börse sein Gehalt geringer als sein tatsächliches Salär angegeben haben. Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo meldete, soll Ghosn über fünf Jahre insgesamt 5 Milliarden Yen (rund 40 Millionen Euro) zu wenig angegeben haben. Nissan macht dem Erfolgs-Manager aber noch weitere Vorwürfe. Er soll unter anderem Unternehmensgeld für persönliche Zwecke ausgegeben haben. Der mutmaßliche Betrug sol in Form von Wohnhäusern in verschiedenen Städten über unterschiedliche Firmen abgewickelt worden sein, meldet das Handelsblatt. Ein von Nissan in den Niederlanden gegründetes Unternehmen habe wiederum eine Tochterfirma auf den britischen Jungferninseln etabliert, die für 500 Millionen Yen eine Villa in Rio de Janeiro gekauft haben soll. Mit einem eine Milliarde Yen teuren Anwesen in Beirut war demnach noch eine weitere Firma betraut. Wie der Autobauer Nissan mitteilte, wurde das Unternehmen durch Hinweise eines Whistleblowers auf die mutmaßlichen Verstöße aufmerksam. Der wurde wohl aktiv, weil Ghosn seit einiger Zeit eine Fusion zwischen Renault und Nissan vorbereitete, die er laut Insidern schon in den kommenden Wochen abschließen wollte. Hiergegen gab es beträchtliche Opposition im Hause Nissan, da die Japaner in der Allianz deutlich mehr Auto verkaufen, aber dennoch quasi Junior-Partner sind.

Nissan und Mitsubishi werfen Ghosn raus

Nissan droht seinem Vorsitzenden mit dem umgehenden Rauswurf. Am Donnerstag (22.11.2018) hat das Nissan-Management Ghosn von seinen Aufgaben entbunden. Auch Greg Kelly wurde seines Postens enthoben. Bereits am Montag (19.11.2018) wurde Ghosn von der Staatsanwaltschaft verhört. Nach Nissan hat auch Mitsubishi Ghosn aus seinem Verwaltungsrat geworfen. Das teilte der Autobauer am Montag (26.1..2018) mit. Bei Renault darf Ghosn vorerst weiter als Vorstandschef fungieren.

Aktienkurse stürzen ab

Nissans geschäftsführender Direktor (CEO) Hiroto Saikawa wolle dem Vorstand empfehlen, Ghosn umgehend als Vorsitzenden zu entfernen, heißt es in einer Pressemitteilung des Autobauers. An den Verfehlungen ist nach Nissans Angaben auch der repräsentative Direktor Greg Kelly beteiligt, der am Montag (19.11.2018) gleichsam festgenommen wurde.

Wie die Zeit berichtet, gerät die Allianz mit den Vorwürfen nun in eine schwere Krise. An der französischen Börse zeigen sich bereits Auswirkungen der Nachricht: Nach Bekanntwerden der Vorwürfe stürzte die Aktie des französischen Autobauers Renault um zeitweise 14 Prozent ab. Die in Japan notierten Titel von Nissan brachen auf der Handelsplattform Tradegate zwischenzeitlich um 16 Prozent ein.

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